Auch andere Systeme bekommen schöne Clones: C64-Jünger fiebern dem C-One entgegen.
Es ist etwas ungewöhnlich, denn der C64 wurde trotz seines Erfolgs nie nachgebaut. Selbst aus Südamerika kamen keine Clones, obwohl dort so ziemlich alles nachgebaut wurde und wird, was CPU und Soundchip hat. Somit haben sich C64-Besitzer damit begnügt, ihre Rechner mit Turbokarte (bis 20 MHz) und zugehöriger Speicherkarte (bis 16 MB) zu bestücken und als Bonus eine SCSI-Platte anzuschließen.
Den Anspruch, den ersten C64-Clone zu produzieren, hatte Jeri Ellsworth, Besitzerin einer Computershop-Kette in den USA. Extra für ihren Traum verkaufte sie ihre Ladenkette. Spontan erinnert sie damit an Nolan Bushnell. Der Name "Commodore One" spielte natürlich auf den Amiga One an, allerdings war auch klar, dass der fertige Computer anders heißen musste - schließlich ist "Commodore" nach wie vor ein verwendeter Markenname, z.B. für Aktenvernichter.
Aus dem Commodore One wurde der C-One und dieser geht derzeit in Produktion. Im C-One dreht sich alles um FPGAs, die Wunderchips, die auch im ACP oder der Super-VIDEL-Karte von Nature stecken. Das Projekt "Atari 2600 on a Chip" setzt auch auf eine FPGA. Die Original-Chips des C64 konnten im C-One nicht mehr verwendet werden, da sie zum Teil nicht mehr hergestellt werden. Im C-One stecken zwei FPGAs, die programmierbar sind. Ein FPGA kann z.B. so programmiert werden, dass er sich exakt wie der C64-Soundchip verhält. Eine Emulation findet nicht statt.
Für eine Veränderung der Hardware muss noch nicht einmal der Computer geöffnet werden. Von der Festplatte, Diskette oder einer Compact Flash-Karte werden neue FPGA-Programme geladen. Plötzlich entsteht ein C64 mit Pokey-Soundchip. Nur die CPU befindet sich auf einer Karte, da deren Implementation in einer FPGA zu aufwändig wäre.
Durch seine Flexibilität wird der C-One zum "Super-Clone" - ob C64, VC20, Plus/4, Atari 2600/XL/XE, Spectrum, TI99/4a, CPC oder andere: sie können vom C-One nachgebildet werden. Da die Original-Chips durch die FPGAs nachgebildet werden, können die Leistungsmerkmale fast beliebig erweitert werden. Ein FPGA-Programm, dass den VC20 nachbildet, soll bereits fertig sein.
Ausgeliefert wird der C-One mit einer 65c816-Prozessorkarte. Der 65c816 ist der 16-Bit-Nachfolger des 6502 und wird in diversen Turbokarten, dem Apple IIGS und dem nie fertig gestellten Commodore 65 verwendet. Die Geschwindigkeit der CPU lässt sich herunterregeln, denn immerhin ist der 65c816 über 20-mal so schnell wie ein 6502. Prozessorkarten für einen Z80, 6809 und Z85180 sind möglich.
Das Board des C-One ist im ATX-Format und passt daher in jedes Gehäuse, dass dieser Form entspricht. Schade ist natürlich, das damit der Retro-Charme verloren geht - obwohl es sicher schon Tüftler gibt, die an etwas besserem arbeiten.
Auf einen TV-Anschluss muss ebenfalls verzichtet werden, denn hinten ist ein VGA-Anschluss. Maus und Tastatur werden über PS/2 angeschlossen, ein Standard-Parallelport nimmt Kontakt mit dem Drucker auf. Da die am C-One beteiligte Firma Individual Computers bereits eine PCI-Karte mit SID-Chip und Atari-Joystickports herausgebracht hat, verwundert es nicht, das sich auch am C-One letztere befinden. Erweiterbar ist der C-One über PCI-Slots.
Der ausgelieferte C-One enthält zunächst die nötige Software, um einen C64 nachzuahmen. Dieser wurde aber erheblich erweitert.
Der SuperVIC kann jetzt bis zu 128 MB ansprechen. Seine Auflösung geht bis zu 1280x1024 bei 60hz. Gleichzeitig darstellbar sind 256 Farben aus einer Palette von 65536. Ein sogenannter Chunky-Modus erlaubt den Zugriff auf die gesamte Palette - das dürfte wohl so etwas sein wie der HAM-Modus des Amiga. Im SuperVIC ist auch ein Copper enthalten, der anhand einer Kommandoliste die Videoregister mit neuen Werten füttert. Wem das bekannt vorkommt: so etwas gab es schon auf den Atari 8-Bit-Rechnern und dem Amiga.
Die Hardware unterstützt das ziehen von Linien und ausfüllen von Flächen. Wer einmal ein C64-Programm beim Ausfüllen eines Kreises gesehen hat, wird dafür dankbar sein. Dank eines Video Expansion Connector können die Fähigkeiten noch erweitert werden.
Der SID ist einer der begehrtesten Bausteine und für Musiker gibt es inzwischen sogar schon Synthesizer mit eingebautem C64-Soundchip. Der Monster-SID ist die konsequente Weiterentwicklung. 16 SID-Stimmen in Stereo sind beeindruckend. Samples können in CD-Qualität wiedergegeben werden. Auf der Platine befinden sich noch zwei Sockel für die klassischen SID-Chips. Wer will, kann die Ausgabe des Monster-SID durch die analogen Filter der SIDs lenken.
Ein Atari XL mit 1 GB RAM? Durchaus möglich, denn das Motherboard nimmt ein Standard-SD-RAM-Modul auf. Als Minimum werden 16 MB angegeben. Zusätzlich gibt es noch den sogenannten Multimedia-Speicher für SuperVIC und Monster-SID, der bis zu 128 MB groß ist.
Das System arbeitet entweder mit Compact Flash-Karten (bis zu 512 MB) oder einer Festplatte. Dank der Unterstützung von FAT können Daten problemlos vom PC übertragen werden.
An das Board kann auch ein Diskettenlaufwerk angeschlossen werden und - das wird einen bestimmten Leser jetzt bestimmt freuen - der Kontroller unterstützt sogar das ED-Format (was heute aber nicht relevant sein sollte). Der Einschub für Compact Flash gehört fest zum Board.
Neben den bis zu zwei PCI-Schnittstellen, gibt es außen noch einige weitere. Ein voll kompatibler C64 Modulport nimmt die mehr oder weniger beliebten Steckmodule des C64 auf. Die PS/2 Maus emuliert die Commodore-Maus 1351. Ein IEC-Serieller-Anschluss unterstützt alle Floppys und Drucker für den C64. Mit einem Adapter kann der Parallelport als C64-Userport arbeiten.
Neben dem klassischen C64-Bluescreen gibt es WiNGS. WiNGS nutzt den 16-Bit-Prozessor aus und sieht Windows 3.1 ähnlich. Derzeit wird es für den C64 mit Beschleunigerkarte entwickelt, daher wird die Oberfläche sicherlich noch farbiger werden.
Im C-One ist nur ein Prozessorslot vorhanden, d.h. um etwa einen Sinclair Spectrum nachzuahmen, muss die 65c816-Karte gegen eine Z80A-Karte ausgetauscht werden.
Die FPGA-Programme werden von den C-One-Produzenten verkauft, sollen allerdings relativ günstig sein. Das lässt schon darauf schließen, dass der C64 wohl nicht der letzte klassische Computer im C-One sein wird. Tatsächlich wird relativ schnell ein VC20-Clone rauskommen. Da die Atari 8-Bit-Computer in den USA sehr beliebt waren, wird sich auf dem Gebiet vielleicht auch etwas tun. Die Sprache zur Programmierung der C-One-FPGAs ist dokumentiert und jedem zugänglich.
Offen bleibt noch, wie leicht es ist, andere (nicht C64-)Peripherie anzuschließen. Ein Atari-User möchte sicherlich nicht auf den SIO-Bus, den Modulport oder gar den Peripherie-Anschluss verzichten.
Der C-One ist von allen 8-Bit-Revival-Projekten das faszinierendste. Lediglich klassische Gehäuse fehlen noch. Vielleicht wird in einer späteren Board-Revision das Motherboard auch so weit schrumpfen, das es problemlos in die klassischen Gehäuse passt.
Käufer des C-One müssen neben knapp 250 Euro noch weitere Ausgaben einplanen: Gehäuse, ATX-Netzteil, PS/2-Keyboard und -Maus, SVGA-Monitor und ein Laufwerk.