Sweet Sixteen - Süße 16 oder schon erwachsen?

MIDI-Bearbeitung ist nach wie vor eines der Hauptanwendungsgebiete des Atari. Umso schmerzlicher vermissen heutige Anwender einen aktuell erhältlichen Sequenzer. Aus Schweden kommt jedoch nach wie vor Sweet 16.

Ein kleiner Tipp für Anwender, die Interesse an Sweet 16 gefunden haben: Auf unserer aktuellen stc-Diskette findet sich neben der Demo-Version eine neue Ressource-Datei für das MIDI-Programm, die die Oberfläche etwas aufmotzt und unter MagiC weitere Tastaturbefehle hinzufügt.

Der Markt der MIDI-Sequenzer hat sich in den letzten Jahren ähnlich dem der Textverarbeitung entwickelt. Während die Grundbedürfnisse bei den meisten Privatanwendern gleich geblieben sind, sprechen die erweiterten Möglichkeiten in erster Linie den Profi an. Längst nicht jeder Anwender legt zum Beispiel auf ausgefeilte DTP- und Grafikbearbeitungsfunktionen Wert, wenn er mit seiner Textverarbeitung schnell einmal einen Brief tippen möchte. Trotzdem bezahlt er unfreiwilligerweise die von ihm nicht benötigten Funktionen mit. Ebenso spielt bei weitem nicht jeder MIDI-Musiker mit dem Gedanken, mehrere Audio-spuren zu nutzen oder ein komplexes Aufnahmestudio plus virtueller Instrumente fernzulenken. Besonders im Live-Bereich ist ein „simpler" Sequenzer oftmals mehr als ausreichend, Audiospuren sind „Musik-Schwindlern" wie Bro'Sis und Konsorten Vorbehalten. Haben nicht auch schon Sie den Spruch «Eigentlich ist Cubase für mich schon völlig überdimensioniert» gehört? In der Tat: Ich selbst arbeite seit Jahren mit dem Notator SL auf dem Atari und habe bisher vielleicht dreißig Prozent der vorhandenen Funktionen ausgenutzt (trotz umfangreicher weiterführender Literatur). Und hier schließt sich der Kreis: Im Büro arbeite ich mit Microsoft Word auf einem Macintosh, wobei ich bisher höchstens 20 Prozent der Möglichkeiten genutzt habe (in diesem Fall soll es vor lauter Grausen auch dabei bleiben).

Der MIDI-Sequenzer Sweet 16 bringt seine Funktionen komplett in einem GEM-Fenster unter und funktioniert daher auch auf Grafikkarten und unter Emulationen wie STEEM.

Der Atari hat ohne Zweifel nach wie vor viele Fans unter Musikern. Viele nutzen den ST zum Beispiel für das Festhalten spontaner Ideen, bevor sie auf einem ausgeklügelten System erst die Feinheiten ausarbeiten. Leider wird diese „stille Präsenz" gern von den großen Musik-Fachmagazinen wie Keys oder Keyboards verschwiegen. Trotzdem ist das System - nicht nur privat - nach wie vor im Einsatz. Wer passable MIDI-Software sucht, wird mittlerweile oftmals im Internet fündig - besonders, wenn es um Sound-Editoren für die verschiedensten Synthesizer und Spielereien wie algorithmische Kompositionshilfen geht. Einen wirklich guten Sequenzer ist den Atari-Anwendern der Free- und Sharewaremarkt allerdings bisher schuldig geblieben. Während in den verschiedenen anderen Softwarebereichen im Atari-Markt immer öfter ehemals kommerzielle Programme von ihren Herstellern zur Freeware erklärt werden, da diese keinen wirklichen Nutzen (sprich: Gewinn) mehr daraus ziehen, hält sich der ehemals professionelle MIDI-Bereich seltsam bedeckt. Weder Steinberg noch Emagic (oder sollten wir sagen: Apple) haben sich bisher durchringen können, ihre angesehenen Applikationen Cubase bzw. Notator freizugeben - wahrscheinlich scheuen sich besagte Firmen deshalb, da deren Nachfolgeprodukte den PC-und Macintosh-Markt beherrschen und eine Freigabe eventuell sogar des Quellcodes Einblicke in aktuelle Entwicklungen geben könnte. Außerdem ist eines nicht zu unterschätzen: Viele Musiker haben im Keller durchaus noch einen Atari schlummern - was würde sie also davon abhalten, diesen zu reaktivieren, wenn sie zum Beispiel Cubase Audio auf diesem Gerät nutzen und somit zum Teil mehrere Tausend Euro sparen könnten?

Wie auch immer: Die Situation hat dazu geführt, dass gebrauchte Sequenzer-Software für den Atari bei eBay zum Teil horrende Preise erzielt - ein weiterer Beweis für das ungebrochene Ansehen des Atari im Audiobereich. Doch sowohl Cubase als auch der Notator haben in den zumeist angebotenen Versionen das Problem, dass sie zwingend die Auflösung ST-High voraussetzen. Erst spätere Versionen arbeiten auch in anderen Auflösungen und auf Grafikkarten. Einige Versionen der Sequencing-Boliden setzen sogar einen ST voraus - Falcon und TT sehen nur allzu oft in die buchstäbliche Röhre.

Dass es auch anders geht, zeigt ein Produkt aus Schweden, das von 1992 bis immerhin 1999 ständig weiterentwickelt wurde und besonders in Deutschland nie den Ruhm seiner großen Konkurrenten erlangen konnte. Die Rede ist von Sweet 16, einer Sequenzer-Software aus dem Hause Roni Music, die derzeit zwar nur in der Windows-Version aktiv weiterentwickelt wird, aber als Atari-Variante nach wie vor zum Verkauf bereit steht. Anfragen haben ergeben, dass bei Problemen ein sehr schneller und freundlicher Support in englischer Sprache angeboten wird. Grund genug also, sich diesen längst aus den Augen verlorenen Klassiker sehr genau anzuschauen.

Voraussetzungen

Sweet 16 sollte auf jedem Atari laufen, der mit mindestens 512 KBytes RAM ausgerüstet ist - hier kann man also von echtem Minimalismus reden, den wohl selbst im Atari-Markt niemand mehr einfordern wird. Das Programm arbeitet in Auflösungen ab ST-Medium. Das heißt konkret: Im Gegensatz zu vielen anderen MIDI-Programmen ist es nicht an die üblichen 640 mal 400 Pixel gebunden. Möglich wird dies (welch' innovative Idee), indem die Applikation seine Ausgaben innerhalb eines GEM-Fensters tätigt und damit völlig auflösungsunabhängig agieren kann - warum wird dies nicht von vielen anderen MIDI-Programmen praktiziert? Ein weiterer netter „Nebeneffekt" dieser systemkonformen Programmierung ist, dass es ebenfalls nicht auf dem originalen TOS besteht.

Konkret: Wir haben Sweet 16 zum Beispiel auf einem Mega STE 4 unter MagiC 6.1 und NVDI 5 auf der Grafikkarte Crazy Dots II unter 256 Farben bei einer Auflösung von 928 mal 688 Bildpunkten ohne Probleme laufen lassen - MIDI-Sequencing unter MagiC also, durchaus eine Anwendung mit Seltenheitswert!

Dokumentation

Sweet 16 liegt eine sehr ausführliche Dokumentation im ASCII-Format bei. Leider wurde diese bisher nicht in eine Online-Hilfsdatei im ST-Guide- oder HTML-Format umgesetzt. Der Anwender kommt also eigentlich um einen Ausdruck des Dokuments nicht herum. Das mag nicht das Schlechteste sein, allerdings hat Roni Music keinerlei Seitenangaben vermerkt, sodass das Suchen nach den gewünschten Kapiteln recht mühselig werden kann. Der Anwender macht sich am besten eigene Notizen. Es steht zu hoffen, dass die Entwickler die Textdatei zumindest in ein PDF-File mit eingearbeiteten Links verwandeln. Das zweite Problem ist, dass die Dokumentation (wie das Programm selbst) komplett in englischer Sprache gehalten ist. Wer kein Englisch kann, bleibt also außen vor.

Wer sich auf die englische Dokumentation einlässt, wird jedoch sehr zufrieden sein. Sie ist wirklich umfangreich und bietet auch einen Schnelleinstieg in das Programm. Hinzu kommt, dass jeder MIDI-Musiker, der schon einmal den Creator oder Notator genutzt hat, auch mit Sweet 16 recht schnell zurecht kommen sollte, da das Konzept sehr ähnlich ist.

Übrigens kann ein gedrucktes englisches Handbuch jederzeit bei Roni Music zum Preis von US-Dollar 10.— nach- oder zusätzlich bestellt werden.

Im Grid-Editor werden Notwerte auf einer Pianowalze und auf dem Keyboard dargestellt. Das Verschieben passiert komplett mit der Maus.

Leistungen

Gleich vorweg: Sweet 16 schickt sich nicht an, „große" Systeme wie Cubase und Notator in allen Lagen zu ersetzen. Vielmehr will es einfach „nur" ein guter und schnell zu verstehender MIDI-Sequenzer ohne viel Schnickschnack sein. Dies bedeutet nun nicht, dass nur rudimentäre Funktionen vorhanden wären. Vielmehr wird Sweet 16 die meisten Hobby- und Live-Musiker durchaus zufrieden stellen können. Allerdings muss auf zusätzliche Funktionen wie zum Beispiel die Notendarstellung bzw. -bearbeitung und natürlich auch auf Audiofunktionen verzichtet werden. Dies ist aber zu verschmerzen, wenn man bedenkt, dass mit Music Edit und Score Perfect Professional hervorragende Notenlayoutprogramme bereit stehen, die durchaus auch aktuell noch angeboten und speziell im Fall von Music Edit auch weiterentwickelt werden.

Der Produktname „Sweet 16" schickt den Anwender eigentlich auf eine etwas falsche Fährte. In der aktuellen Version 2.73 beherrscht das Programm immerhin 24 Suren gleichzeitig. Sweet 16 ist dabei ähnlich aufgebaut wie der originale Notator (nicht Logic) und verzichtet daher auf eine Timeline zugunsten der Pattern-Darstellung bzw. -Arbeitsweise. Dies mag nicht jedermanns Geschmack sein, und in den PC- und Mac-Märkten mag sich die Zeitspur durchgesetzt haben, allerdings bevorzuge ich persönlich die Pattern-Darstellung, da sie mich gezielter arbeiten lässt. Nicht zu vergessen ist auch, dass viele Atari-Besitzer keine Grafikkarte nutzen und somit auf allzu hohe Auflösungen verzichten müssen. Eine Aufnahme auf einer Zeitspur kann dabei in einer Scroll-Orgie enden. Doch bei den 24 Spuren pro Pattern ist nicht Schluss. Sweet 16 bietet zusätzlich ein parallel laufendes Pattern an, das selbst 24 Spuren beherrscht. Dies eignet sich besonders für Drum-Loops, MIDI-Programmwechselbefehle, Solis etc.

Punktgenaues Arbeiten lässt der Event-Editor zu. Hier kann jeder Wert einzeln editiert werden.

Erster Eindruck

Die erste Beschreibung von Sweet 16 lässt ein relativ modernes Programm vermuten, was in Bezug auf die reine Leistungsfähigkeit auch ohne Zweifel stimmt. An der Oberfläche nagt mittlerweile allerdings der Zahn der Zeit. Zwar erscheint das Arbeitsfenster wie erwähnt multitaskingfreundlich komplett in einem eigenen GEM-Fenster, die eigentliche Benutzung ist allerdings nicht mehr auf dem neuesten Stand und sieht aus, als wäre sie Anfang der 90er Jahre stecken geblieben, was seinen Grund darin haben dürfte, dass keine aktuellen GEM-Bibliotheken bei ihrer Gestaltung eingesetzt wurden. Die Buttons sind zum Beispiel zweidimensional. Die verschiedenen Bedienungselemente teilen sich ein gemeinsames Ar-beitsfenter. Alles in allem sieht Sweet 16 etwas danach aus, als wäre der Notator in ein GEM-Fenster gepackt worden, um auch auf Grafikkarten vernünftig zu laufen - sicher der Traum vieler Anwender. Auch die verwendeten Dialogboxen sind in die Jahre gekommen und stecken in Flydials. Hier wird also das Konzept, einen multitaskingfähigen Sequenzer zu erschaffen, zumindest auf den zweiten Blick ausgebremst. Für ein 100 Prozent multitaskingsfähiges Programm wäre eben die konsequente Nutzung von GEM-Fenstern auch für die Dialoge notwendig gewesen - hier zeigt sich, dass die Weiterentwicklung eben doch schon seit gut drei Jahren stillsteht.

Auch das eigentliche Arbeitsfenster ist verbesserungswürdig. So lässt es sich nicht in der Größe verändern, obwohl entsprechende Fensterelemente durchaus vorhanden sind. Angezeigt werden daher jeweils nur die ersten 16 Spuren eines Patterns. Wer die restlichen acht sehen will, muss den Scrollbalken bemühen. Sollte sich der schwedische Hersteller Roni Music doch noch einmal an die Atari-Version setzen, sollte hier schnellstens nachgearbeitet werden.

Übrigens hat sich unsere Autorin und Entwicklerin Mia Jaap bereits an den Ressource-Editor gesetzt, um die Oberfläche von Sweet 16 etwas nachzuarbeiten. Wieweit sie allerdings kommt, ohne die Sourcen zu besitzen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall wurde durch ihr bereits die Tastaturunterstützung des Programms optimiert. Eine entsprechendes Ressource-Datei finden Sie auf der aktuellen stc-Diskette sowie auf unserer Webseite [1],

Die obigen zwei Absätze sollen nun aber nicht als Totalverriss der Oberfläche von Sweet 16 gelten - dies hat diese nun doch nicht verdient. Positiv ist anzumerken, dass die Oberfläche trotz der Zentrierung innerhalb eines einzigen GEM-Fensters recht leicht überschaubar ist und die Einarbeitung besonders für Notator- bzw. Creator-Benutzer schnell vonstatten gehen wird - Roni Music scheint sich hier einigermaßen am großen Vorbild orientiert zu haben.

Aufteilung und Arbeitsweise. Schauen wir uns das Haupt-Arbeitsfenster einfach nochmals etwas genauer an - immerhin kennt längst nicht jeder Anwender den Notator (es soll ja auch noch Neueinsteiger in die Musikwelt geben).

Im Mittelpunkt des Arbeitsfensters steht natürlich die Pattern-Box. Hier wird das gerade aktive Pattern zur Bearbeitung angezeigt. Innerhalb der Pattern-Box sind die 24 verschiedenen Spuren aufgelistet, auf die der Anwender direkt zugreift. Nochmals sei hier bemerkt: Die Verwandtschaft zum Notator ist unübersehbar. Jeder Spur ist selbstverständlich ein eigener MIDI-Kanal zugeordnet, sodass alle Spuren unabhängig voneinander Daten aufzeichnen und wiedergeben können - wer schon einmal mit einem Sequenzer gearbeitet hat, wird dieses Prinzip kennen.

Links neben der Pattern-Box werden die Einstellungen für Takt, Geschwindigkeit, den Groove usw. vorgenommen. Sweet 16 lässt übrigens eine Auflösung von 192 Taktschlägen pro Viertelnote (PPQ oder PPQN) zu, was ein angenehm hoher Wert ist, der alle Bedürfnisse erfüllen sollte. Praktisch ist auch die Möglichkeit, mit Hilfe der Funktionstasten [Fl] bis [F4] bis zu vier verschiedene Sprungmarken innerhalb der Patterns bzw. des aktuellen Songs zu setzen.

Mix it, Baby: Im Mischpult können nicht nur Volume-Werte für die einzelnen MIDI-Kanäle geregelt werden.

Bedienung

Sweet 16 lässt sich selbstverständlich komplett mit der Maus bedienen, wobei die Hauptfunktionen (Start, Stop, Aufnahme etc.) unter der Pattern-Box angelegt und somit jederzeit leicht erreichbar sind. Alle Transportfunktionen lassen sich auch mit dem numerischen Tasten des Atari bedienen. Auch hier wurde die Belegung des Creator bzw. Notator übernommen. Wer oft mit dem Programm arbeitet, wird hier schnell die Kombinationen verinnerlicht haben.

Weitere Funktionen sind in der Menüleiste untergebracht. Die Aufteilung ist recht gelungen, sodass jeder Anwender schnell zurechtkommen sollte. Im Gegensatz zu so manchem „großen" System wirken die Menüs auch nicht überladen und machen somit ein Auffinden der gesuchten Funktionen angenehm einfach.

Achtung, Aufnahme!

Sweet 16 kennt zwei verschiedene Arten der Aufnahme. Im „Replace"-Modus werden alle eventuell auf der Spur bereits aufgezeichneten Daten durch die neu eingehenden ersetzt. „Overdub" fügt neue ergänzend hinzu, lässt also die bereits vorhandenen Daten bestehen. Letzterer eignet sich also besonders für das Ausfeilen von Solis und der Entwicklung komplexer Schlagzeug- und Percussion-Spuren. Der „Ersetzen"-Modus wird mit einem Linksklick auf das Aufnahmesymbol, der „Hinzufügen''-Modus durch einen Rechtsklick gestartet.

Zum Verständnis der Arbeitsweise innerhalb von Sweet 16 ist auch das Erfassen der verschiedenen Startmodi wichtig. Der reine „ Pattern Modus lässt die Aufnahme immer am Anfang des jeweiligen Patterns starten. Im „Song"-Modus wird die Aufnahme an der Position der aktuellen Position im Arrangement gestartet. Im „Cycle"-Modus wird immer wieder zwischen zwei Sprungmarken aufgenommen. Diese Arbeitsweise hilft besonders bei der Programmierung komplexer Drumspuren. Bei jeder Runde kann auf Wunsch die eingestellte Quantisierung bereits angewendet werden.

Während der Aufnahme wird wird der Bildschirm invers dargestellt, was auch auf Crafikkarten beim Zurückkehren in die normale Darstellung keine Probleme bereitet. Natürlich kann ein Metronom-Kücken und eine Anzahl-Zeit gesetzt werden.

Bearbeitungsmöglichkeiten

Natürlich ist Sweet 16 kein reines Aufnahmemedium für MIDI-Daten, auch zur Bearbeitung stehen zahlreiche Funktionen bereit. Jegliche Veränderungen werden in Echtzeit vorgenommen. Die Veränderungen beeinflussen die ursprünglichen Daten nicht, der Anwender kann also immer wieder zu seinen Originalen zurückkehren, was natürlich den kreativen Prozess fördert, da es zum Experimentieren einlädt.

Sweet 16 enttäuscht nicht bei der Auswahl der Grundfunktionen. Spuren können stummgeschaltet und solo abgespielt werden. Die Transponierfunktion arbeitet über 64 Halbnoten. Mit Hilfe der Loop-Funktion werden Teile einer Spur wiederholt, unerlässlich zur Programmierung des Schlagzeugs. Die Funktion arbeitet dabei intelligent und zeigt automatisch Warnungen an, wenn die Aufteilung der Loops nicht in den Takt passt. Auch eine Delay-Funktion sucht der Anwender nicht vergebens. Daten können also mit einer Verzögerung oder etwas früher an die angeschlossenen MIDI-Geräte ausgegeben werden.

Die Einstellung erfolgt nach Takten. Direkt bearbeitet bzw. begradigt werden können auch die Werte für die Anschlagdynamik.

Sehr wichtig für das MIDI-Sequencing sind natürlich die Möglichkeiten des Quantisierens. Der Computer begradigt hier die eingespielten Daten, sodass auch eine Aufnahme, die nicht immer ganz den Takt trifft, im Nachhinein perfekt wirkt. Sweet 16 quantisiert bis zu einer 48tel Note - wahrlich ausreichend auch für professionelle Anwender.

Vorbildlich ist die Übersicht. Die verschiedenen Einstellungen werden direkt in der Pattern-Box vorgenommen. Zumeist muss nicht einmal auf die Tastatur zurückgegriffen werden. So klappt beim Linksklick auf die Quantisierungs-Einstellungen ein kleines Auswahlmenü auf, das die verschiedenen Notenwerte anbietet - komfortabler könnte es auch eine Neuentwicklung nicht machen.

MIDI-Mixer

Um die Lautstärke der verschiedenen MIDI-Kanäle festzulegen, bedient sich Sweet 16 der Nachbildung eines Mischpults. Der Anwender kann also die Werte für jeden der 24 Kanäle anhand eigener Slider festlegen. Damit aber nicht genug: Auch die Werte für die Verteilung im Stereo-Raum, für das Reverb, den Chorus und den MIDI-Programmwechsel können hier direkt beeinflusst werden und haben ihre eigenen Einstellungen im virtuellen Mischpult.

Wer mit den Möglichkeiten des Mixers etwas herumspielt, wird auch hier einige nette zusätzliche Möglichkeiten finden. So lassen sich verschiedene MIDI-Kanäle zusammenfassen, damit sie zum Beispiel gleichzeitig in der Lautstärke verändert werden. Wer zum Beispiel das Piano auf mehrerer Kanäle verteilt hat, braucht nicht jeden Kanal einzeln zu justieren.

Das Mischpult sendet nicht nur MIDI-Daten, sondern kann diese auch empfangen. Dies wird auch grafisch umgesetzt: Die verschiedenen Slider reagieren automatisch zum Beispiel auf die eingehenden Lautstärkewerte.

Oftmals ist es schwer, sich zu entscheiden, welche Mischpult-Einstellungen für einen Song am optimalsten sind. Sweet 16 erlaubt die Speicherung von bis zu vier unabhängigen Einstellungen, sodass der Anwender diese jederzeit miteinander vergleichen kann. Ergänzt wird dies mit einer einfachen Undo-Funktion, wobei hier ärgerlicherweise nicht die [Undo]-Taste auf der Atari-Tastatur unterstützt wird.

Event-Editor

Für die direkte Darstellung und Beeinflussung der einzelnen MIDI-Daten bietet Sweet 16 den MIDI-Event-Editor, der reichlich Möglichkeiten bietet. Dargestellt werden alle MIDI-Events, also Notenwerte, Programmwechsel-Daten usw. Der Anwender kann sich hier Ereignis nach Ereignis vorknöpfen.

Etwas ärgerlich ist, dass innerhalb der Events des jeweiligen Patterns direkt mit den Cursortasten ge-scrollt werden muss. Der Slider am Rand des Fensters hat leider keinerlei Wirkung, was mehr als unverständlich ist.

Grid-Editor

Zwar bietet Sweet 16 keine Notendarstellung, als Alternative wird aber ein Keyboard-Editor geboten, der Noteneingaben ähnlich wie eine Pianowalze anhand ihrer Werte auf einer Tastatur darstellt. Die Noten werden als vertikale Blöcke angezeigt. Der Anwender kann nun die Notenwerte direkt editieren und mit der Maus innerhalb des Rasters verschieben. Natürlich können auch mehrere Noten gleichzeitig ausgewählt und verschoben werden. Mit ein paar Mausklicks kann der Anwender auch die Länge einzelner Noten verändern. Auch die Anschlagdynamik kann auf einen Wert zwischen 0 und 12Z festgelegt werden. Hinzu kommen Möglichkeiten der Quantisierung und der Step-by-Step-Eingabe von Notenwerten. Theoretisch kann der Anwender also komplexe Soli nachbearbeiten oder komplett eingeben, wenn ihm die Notenwerte vorliegen.

Leider funktioniert die Benutzung des Grid-Editor nicht unter MagiC. Beim Aufbau der Pianowalze friert der Computer ganz einfach ein. Unter TOS 2.06 gab es hingegen keinerlei Probleme.

Kritikpunkte

So vielfältig die Möglichkeiten der verschiedenen Editoren auch sind, so offenkundiger wird speziell bei ihnen, dass Sweet 16 eigentlich in der Optik und der Bedienung dringend generalüberholt werden müsste. Wird nämlich ein Editor aufgerufen, so wird das sonstige Arbeitsfenster komplett überschrieben, parallele Eingaben sind also nicht möglich. Weitaus eleganter wäre es gewesen, die Editoren in unterschiedlichen GEM-Fenstern zu öffnen, sodass sie sich gegenseitig nicht blockieren. Aber hier wäre eben doch ein etwas tieferer Eingriff in den Quellcode notwendig...

Und sonst? Alle Möglichkeiten von Sweet 16 an dieser Stelle zu beschreiben, würde sicherlich den Rahmen sprengen.

Ergänzt wird der Leistungsumfang um zahlreiche weitere Möglichkeiten. So können selbstverständlich systemexklusive Daten bearbeitet werden. Neben der Speicherung im eigenen Format ist auch die Möglichkeit vorhanden, MIDI-Files vom Typ 0 und 1 direkt zu lesen und zu schreiben. Sweet 16 ist somit auch ein recht preisgünstiger MIDI-File-Player. Mit Hilfe der Verarbeitung von externen Synchronisations-Daten können externe Module auf den Punkt synchronisiert werden - durch Interpolation in voller Auflösung. Hinzu kommen Hilfsmöglichkeiten zur Aufzeichnung von besonders komplexen Material.

Der Einstellungs-Dialog von Sweet Sixteen.

Fazit

Sweet 16 ist sicher eines der am meisten unterschätzen Applikationen im MIDI-Markt des Atari. Zu den Glanzzeiten des Notator, Creator und von Cubase ist dieser etwas kleinere Ansatz wohl etwas untergegangen - und das zu unrecht, wie ich finde: Wer einen sicheren und unkomplizierten Sequenzer sucht, der jedoch auch einige ausgefeilte Möglichkeiten bietet, wenn in die Tiefe gegangen werden soll, der kann sich mit dem schwedischen Programm durchaus anfreunden.

Für mich persönlich war Sweet 16 in gewisser Hinsicht die Erfüllung mehrerer Wünsche: Lange suchte ich nach einem Sequenzer, der sowohl unter MagiC als auch auf meiner Crafikkarte läuft und bei dem ich dazu noch meine Erfahrungen mit dem Notator nutzen kann. Sweet 16 vereint diese Eigenschaften, wenn auch in Sachen Oberfläche und Multitasking mit einigen Abstrichen. Auf Features wie Audio-Recording und Notensatz kann ich hingegen locker verzichten, da ich diese sowieso kaum oder nie nutzen würde.

Die Entwicklung von Sweet 16 steht derzeit still. Trotzdem wird das Programm verkauft und die Entwickler stehen gern mit Rat und Tat zur Seite. Trotzdem hoffe ich etwas darauf, dass nach diesem Testbericht vielleicht noch einige Anwender mehr Interesse an dem Produkt haben, sodass Roni Music zumindest ein „Facelifting" der Oberfläche in Betracht zieht und dazu notfalls die Sourcen aus der Hand gibt. Würde die Oberfläche modernisiert und alle Dialoge und Editoren konsequent in eigene GEM-Fenster gepackt werden, könnte ich mir vorstellen, dass auch Besitzer von Clones, Emulatoren (Steem) und mit Crafikkarten ausgestatteten klassischen Ataris einen Kauf des bei Weitem nicht zu teuren Sequenzers, der voll multitaskingfähig ist und auch unter MagiC und MiNT-Systeme läuft, in Betracht zögen.

Ich jedenfalls bin vom Notator SL auf Sweet 16 umgestiegen, da ich viele der Funktionen des großen Bruders nicht nutze und es leid bin, extra für dieses eine Programm einen SM 124 anzuschließen und TOS zu nutzen. Sweet 16 macht mir da trotz des etwas gekürzten Leistungsumfangs einfach mehr Spaß. Hoffentlich gibt es eine Zukunft... stc

Preise:
US-Dollar 30.- Handbuch: US-Dollar 10.—

Versand kann bei Herunterladen aus dem Internet gespart werden, ansonsten weltweit $ 5.-.

Eine Demoversion zum Testen steht bereit.

Roni Music, Pysslinggatan 6, S-212 38 Malmoe, Sweden http://www.ronimusic.com


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 01 / 2003, Seite 40

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