Datenaustausch (4): Musik und Sound

Auf vielfachen Leser-Wunsch, werden wir in loser Folge auf das Thema Datenaustausch zwischen dem ST und PC bzw. Mac eingehen.

Ebenso wie bei Grafik-Dateien gibt es auch bei Sound-Dateien verschiedene Dateiformate. Einige davon sind rechnerspezifisch, während andere sich auf diversen Systemen verbreiten konnten. Zum Glück halten sich die Unterschiede zwischen den Formaten in Grenzen, so das bei einer Konvertierung höchstens ein paar Textinformationen verloren gehen können.

Sound-Samples

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Der Hauptdialog von 5-to-5.

Grundsätzlich ist jeder Computer, der irgendwie einen Ton erzeugen kann, auch zur Ausgabe von Samples fähig. Findige Programmierer hatten es sogar geschafft, auf dem 1-Kanal-Piepser früher PCs Sprachausgabe zu erzeugen. Auch auf den 8-Bit-Rechnern und -Konsolen gab es Sample-Experimente. Der Nachteil ist, das beim Abspielen die CPU "mithelfen" muss und somit ein ganzes Stück Rechenzeit verloren geht. Beim bekannten Spiel "Impossible Mission" wird daher jede Bewegung gestoppt, sobald ein Sample ausgegeben wird. Selbst auf dem VCS wird gesprochen - neben den zwei bereits bekannten Spielen hat es ein Programmierer in diesem Jahr geschafft, "Berzerk" mit dem Sound aus der Spielhalle auszustatten.

Sound-Samples aus der 8-Bit-Welt haben für gewöhnlich eine niedrige Qualität (4-Bit, 6,2 KHz) und sind ungepackt, damit nicht auch noch Zeit beim entpacken verloren geht. Deshalb könnte der Sample durch laden des ganzen Programms in einen Sample-Editor (z.B. ZeroX auf dem Atari, Goldwave auf dem PC) ausfindig gemacht werden. Leider werden 4-Bit-Samples bei der Konvertierung von kaum einem Sample-Editor unterstützt. Das Resultat: der Sample wird in einer falschen Qualität abgespielt. Die Lösung: ein Emulator. Die besseren Emulatoren bieten häufig eine "Sound-Shot" Funktion, mit der die Soundausgabe des emulierten Rechners in eine WAV-Datei geschrieben wird. Diese Datei sollte dann gleich im Sample-Editor passend geschnitten werden. "Sound-Shot" eignet sich natürlich nicht nur für Samples. Über diese Funktion können z.B. auch Sounds aus Spielen für das NES, SNES etc. gerippt werden - ein Fest für Freunde elektronischer Musik.

Der Schritt zum Atari ST ist eigentlich kein so großer - wie schon seine 8-Bit-Vorgänger, kann auch der ST Sound-Samples nicht direkt ohne Rechenzeitverlust über die Hardware abspielen. Allerdings ist der ST so schnell, das Samples während des Spiels abgespielt werden können. Um dennoch möglichst viel Rechenzeit für das Spiel übrig zu behalten, liegen die Samples in niedriger Qualität vor (z.B. 8-Bit). Bei vielen Spielen muss gar kein Ripper herangezogen werden, da die Samples als einzelne Dateien vorliegen. Eine Datei mit der Endung SPL oder RAW kann problemlos in einen Sample-Editor geladen werden. Bei der Abspielfrequenz ist dann etwas raten erforderlich.
Bei den Nachfolgemodellen STE, TT und Falcon wird das Abspielen von Samples durch die Hardware unterstützt. Die Samples liegen bei den Spielen in dementsprechend höherer Qualität vor, die sogar über CD-Qualität hinausgehen kann. Da die Rechner genug Reserven haben, finden sich häufiger gepackte Samples.

Sample-Formate

Von einzelnen Sample-Formaten zu sprechen, ist eigentlich schon falsch, denn einige Formate haben etliche Unterformate - ähnlich wie TIFF in der Grafikwelt. Wenn das Programm einen eigentlich unterstützten Sample-Typ nicht abspielen kann, liegt wahrscheinlich ein exotisches Unterformat vor.

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Einmal roh bitte: Bei unbekannten Formaten verlangt 5-to-5 nach Infos.

Fünf ist Trümpf

Für den Atari gibt es schon seit 1994 ein hervorragendes Sample-Konvertierprogramm: 5-to-5. Mit diesem Programm können die Formate DVSM, AVR, HSN, Fortune, SND/AU, WAV und AIFF ineinander konvertiert werden. Außerdem ist das Programm in der Lage, Rohdaten zu laden.

Die Homepage des Programms ist mittlerweile nicht mehr online, vermutlich weil die Programmierer ihr Studium abgeschlossen haben. Das Archiv sollte jedoch auch auf chapelie zu finden sein.

Nach dem Start und der Shareware-Erinnerung erscheint der kompakte Hauptdialog. Bei einem Klick neben "Filename" erscheint die Dateiauswahl. Wird das Dateiformat von 5-to-5 nicht unterstützt, werden die Sampledaten automatisch als Rohdaten interpretiert und das Programm fragt Frequenz und Format des Samples. Bei der Frequenz stehen die Standard-Atari-Frequenzen (u.a. 32 kHz, 49kHz), gebräuchliche PC- und Mac-Frequenzen und CD sowie DAT zur Auswahl. Sollte immer noch nicht das passende dabei sein, kann auch eine eigene Frequenz eingegeben werden.

Da 5-to-5 keine Wiedergabefunktion hat, kann das Finden der richtigen Frequenz bei Rohdaten sehr zeitraubend sein. Es ist daher besser, statt 5-to-5 ein Samplebearbeitungsprogramm zu nehmen. Notfalls reicht dazu sogar das Atari-SAM, besser ist aber ZeroX.
Wenn ein bekanntes Format gewählt wurde, erscheint neben dem Dateinamen das Dateiformat, z.B. "WAVE 11025 Hz MonoSign16Int".

Im Export-Bereich kann der gewünschte Dateityp gewählt werden. Die Auswahlmöglichkeiten im Format-Popup werden entsprechend angepasst. Es kann auch die Frequenz konvertiert werden, was insbesondere bei den etwas seltsamen Standard-Atari-Frequenzen sinnvoll ist. Generell wird die Qualität eines Samples aber nicht durch das Exportieren in einer höheren Frequenz besser. Da eine echte Umrechnung stattfindet, bleibt die Geschwindigkeit gleich.
Beachten Sie, das manche Programme auf bestimmte Frequenzen bestehen. So gibt es MP3-Encoder und CD-Brennprogramme, die bei allem, was nicht 16-Bit und 44100 Hz (CD-Qualität) hat, mit einer Fehlermeldung abbrechen.

Alle Formate, die 5-to-5 anbietet, sind verlustfrei, d.h. es gehen keine Audio-Informationen verloren, solange die Frequenz beibehalten oder erhöht wird. Anders verhält es sich mit Kommentaren und Extra-Informationen, die einige Formate unterstützen. Diese zum Abspielen der Datei nicht notwendigen Daten gehen verloren, was in den meisten Fällen zu verschmerzen sein sollte.

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Hier kann die Soundaufzeichnung in Steem gestartet werden.

Musikdateien

Völlig unübersichtlich ist die Lage bei den Musikdateien. Es gibt sehr viele Formate und da diese sich sehr voneinander unterscheiden kein Konvertierprogramm wie 5-to-5. Für einige Formate existiert ein Konverter nach MIDI, der allerdings mit Verlusten arbeitet.

Wie bekommt man Formate wie HIP, HIW, SID in das angesagte MP3-Format? Eigentlich ganz einfach, auch wenn ein Umweg über ein Zwischenformat erforderlich ist. Wer nebenbei einen PC besitzt, kann WinAmp und seine vielen Plugins benutzen, um z.B. SID-Dateien (C64) in das Wave-Format zu konvertieren. Auch SID-Player haben oft diese Funktion.

Es gibt auch ein Plugin für ST-Chipsounds im SND-Format. Die "Spezialformate" vom ST werden nicht durch WinAmp-Plugins abgedeckt.
Um diese Sounds zu konvertieren, kann zum Beispiel der STe-Emulator Steem verwendet werden. Auf diesem wird JAM gestartet, ein ST-Soundplayer, der viele Chipsoundformate unterstützt. In Optionen/Sounds kann die Soundausgabe von Steem in eine Wave-Datei gelenkt werden. Bei der Aufnahme ist zu beachten, das der Emulator genügend Systemressourcen hat, da es sonst unschöne Aussetzer gibt, wenn dem PC einfällt, wieder einmal die Auslagerungsdatei zu bearbeiten.
Die entstandene Wave-Datei wird sehr groß werden, da selbst komprimierte Wave-Dateien nicht sonderlich gut komprimiert sind. Diese Datei kann weiterverarbeitet und z.B. mit Aniplayer ins MP3-Format konvertiert werden.

http://steem.atari.org/
http://www.creamhq.de/
ftp://ftp.chapelie.rma.ac.be/


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 09 / 2002, Seite 34

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