Porthos 2: Mehr PDF für den Atari

Porthos liegt m seiner offiziellen Version 2 für alle Ataris vor. Welche Neuerungen sind in das Update eingeflossen?

invers Software konnte Ende letzten Jahres mit dem PDF-Darstellungsprogramm Porthos eine echte Lücke in der Atari-Welt schließen. Endlich konnten PDF-Dokumente auch auf dem Atari schnell und unkompliziert dargestellt werden. Zwar existierte schon vorher eine GhostScript-Portierung für TOS-Systeme, diese arbeitet jedoch so langsam, dass sie auf Classic Ataris praktisch nicht nutzbar ist.

Die Vorteile von Porthos lagen dabei auf der Hand: Durch die exklusive Entwicklung für den Atari konnten schnelle Darstellungsroutinen entwickelt werden. Ergänzt wurde dieser Ansatz durch ein attraktives GEM-Interface, das eine unkomplizierte Navigation in den Dokumenten zulässt. Und so dauerte es nicht lange, bis sich Porthos als neuer Standard unter Atari-Environments durchsetzen konnte.

Dass bisher nicht noch mehr Anwender das Programm installierten, lag in erster Linie an dem von vielen als zu hoch empfundenen Verkaufspreis für einen reinen Viewer. So wurde zum Beispiel in Diskussionsrunden im Internet immer wieder der Vergleich zu anderen Plattformen wie Windows oder Mac OS gezogen, für die der Acrobat Reader kostenlos erhältlich ist. Dass dieser Vergleich hinkt, sollte klar sein: Adobe ereilte nicht etwa ein Anflug von Nächstenliebe, als das amerikanische Unternehmen sein Darstellungsprogramm kostenlos bereitstellte. Vielmehr wollte man damit das hauseigene PDF-Format weit verbreiten - denn wem hilft schon ein Dokumentformat, das niemand darstellen kann? Außerdem beschleunigte man so den Verkauf von Erstellungsprogrammen wie dem Adobe Distiller.

Bereits bei der Präsentation von Porthos 1 .x wurde eine Version 2.x angekündigt, die nicht nur zur reinen Darstellung dienen sollte. Zwar ließ sie durch andere Verpflichtungen des Entwicklers (unter anderem Module für Calamus) etwas auf sich warten, doch dafür wurde auf eine Update-Gebühr entgegen erster Pläne verzichtet. Man hat sich also den Unmut vieler Anwender über den hohen Preis der ersten Version zu Herzen genommen. Im Klartext: Wenn Sie schon für die Version 1 .x haben registrieren lassen, können Sie die Aktualisierung auf die Version 2.x frei aus dem Internet laden. Nun soll erst wieder für die Version 3 kassiert werden.

Voraussetzungen

An den Mindestvoraussetzungen hat sich wenig geändert. Verlangt wird ein System, das sich heute wohl guten Gewissens als Standard bezeichnen lässt. Generell wird ein Multitasking-System wie MagiC oder MiNT vorausgesetzt, obwohl Porthos für MagiC optimiert wurde. Ferner muss ein NVDI ab der Version 5.0 installiert sein. Außerdem sollten Sie genügend Speicher in Ihrem Atari haben, damit auch umfangreiche PDF-Dokumente dargestellt und zwischengespeichert werden können. 8 MBytes könnten hier als unterste Grenze gelten.

Das Handbuch von Porthos liegt - wie sollte es anders sein - im PDF-Format vor und wurde von Ulf Dunkel geschrieben. Es umfasst mittlerweile nicht weniger als 36 Seiten und führt umfassend in Porthos ein. Wer lieber etwas in der Hand hält, kann das Handbuch auch in hoher Qualität 1:1 ausdrücken - PDF macht's möglich.

Der obligatorische Qualitätsvergleich: Das Bild links zeigt Porthos, das Bild rechts den Acrobat Reader unter Mac OS 9.2.

Navigation

Eine erste Neuerung ist das Navigations-Fenster, das auf der rechten Bildschirmseite eingeblendet werden kann. Zwar sollte dies schon unter der Version 1.x funktionieren, allerdings blieb das entsprechende Icon in der Piktogramm-Leiste zumindest auf unserem MagiCMac-System wirkungslos.

Behandlung von Rastergrafiken

Ein weiteres Manko der Version 1 .x von Porthos war ohne Zweifel, dass der Anwender für den Export von Rastergrafiken zwingend auch Papillon von Application Systems Heidelberg installiert haben musste. Dadurch wurde der Preis für das gesamte Programm eventuell also nochmals erhöht. Mittlerweile haben die Entwickler Abhilfe geschaffen, denn Rastergrafiken lassen sich nun direkt aus Porthos heraus als TIFF-Crafik exportieren. Hierbei kann der Anwender wählen, ob für jede Grafik eine eigene Datei angelegt wird oder ob alle Grafiken in eine gemeinsame TIFF-Datei gespeichert werden. Weitere Einstellungen lassen sich aber nicht vornehmen, sodass von Pack-Möglichkeiten etc., die das Format TIFF grundsätzlich anbietet, kein Gebrauch gemacht wird. Aber sei's drum: Für den einfachen Export wurde hier eine gute Lösung gefunden.

Behandlung von Vektorgrafiken

Die wohl auffälligste Erweiterung von Porthos ist die Möglichkeit, Vektorobjekte zu exportieren. Dabei stehen zwei verschiedene Formate bereit: AI 3.0 (Adobe Illustrator) und CVG 1.1 (Calamus). Besonders durch das letztere prädestiniert sich Porthos als optimales Zulieferungs-Werkzeug für den Publishing-Profi Calamus. Erfreulicherweise wurde mit dem Illustrator-Format jedoch auch die Software-Welt außerhalb von invers Software bedacht. Da sich die Vektorobjekte einer PDF-Seite nicht getrennten Grafikobjekten zuordnen lassen, werden immer komplett alle Vektorobjekte einer Seite exportiert.

ArtWorx, das wohl derzeit auf dem Atari beliebteste Vektorgrafik-Programm, wird leider nicht direkt unterstützt, allerdings ist das Programm aus dem Hause ASH in der Lage, das Illustrator-Format direkt einzulesen, um es zur Weiterverarbeitung anzubieten. Hier überflügelt Porthos sogar den Acrobat Reader, der derart umfangreiche Exportmöglichkeiten zum Zwecke der Weiterverarbeitung gar nicht vorsieht.

Auch der Export von Texten ist vorgesehen, wird aber in der aktuellen Version noch nicht unterstützt. Schön wäre es, wenn es hier wie im Acrobat Reader möglich wäre, Text direkt mit der Maus zu selektieren, um ihn dann z.B. an das GEM-Clipboard zu übergeben, wie dies von Textverarbeitungen und -edito-ren her bekannt ist.

Dokument-Informationen

Ein weiterer Neuzugang in der Version 2 von Porthos ist die Möglichkeit, Dokument-Informationen gezielt zu editieren. So können Sie z.B. den Dokumentnamen oder Stichwörter für eine Suchfunktion festlegen. Hinzu kommen Informationen zum Autor sowie zum Erstellungs- bzw. Erzeugungsprogramm.

Die Editierung wird in einem übersichtlichen GEM-Fenster erledigt - ein externer Editor ist also nicht notwendig.

Durch den Adobe Illustrator-Export können Vektorgrafiken zum Beispiel mit ArtWorx 2.x weiterbearbeitet werden.

Skizzen

Ich muss sagen, dass ich mir zunächst unter dem Begriff „Skizzen" in Verbindung mit einem PDF-Dokument herzlich wenig vorstellen konnte, als ich diesen zum ersten Mal im „Bearbeiten"-Menü entdeckte. Dahinter verbirgt sich jedoch nichts anderes als die Thumbnail-oder Vorschau-Darstellung der einzelnen Seiten am Rand des GEM-Fensters neben der eigentlichen Dokument-Darstellung.

Viele PDF-Dokumente liefern ein Thumbnail-Übersicht bereits mit und erleichtern so die Navigation im Dokument ganz erheblich. Bei anderen Dokumenten muss diese Übersicht nachträglich generiert werden. Dabei kann der Anwender wählen, ob nur die Übersicht der gerade angezeigten Seite (um damit zum Beispiel ein Lesezeichen zu setzen) oder des gesamten geladenen Dokuments erzeugt werden soll. Je nach der Geschwindigkeit der Hardware, auf der Porthos läuft, braucht dieser Prozess natürlich unterschiedlich lange. Der Fortschritt der Erzeugung wird jedoch mittels eines Balkens angezeigt.

Ansonsten

Nicht ganz unerwähnt bleiben darf die Qualität der dargestellten PDF-Dokumente. Diese lässt sich nach wie vor als befriedigend bis gut bezeichnen. Die Texte sind durchweg gut lesbar, die Qualität der Grafiken weiß zu überzeugen. Trotzdem muss die Bemerkung erlaubt sein, dass PDF-Dokumente im Acrobat Reader durchweg besser aussehen. In erster Linie dürfte dies am Anti-Alias-Verfahren des Originals liegen.

Als weiteres Manko empfinde ich persönlich immer noch den fehlende Resize-Button (also das kleine Piktogramm zur Veränderung der Fenstergröße) am rechten unteren Fensterrand. Porthos nutzt zur Anzeige von Dokumenten immer den gesamten Bildschirm. Besonders bei Großbildschirmen eher ärgerlich. Warum ein sonst so hervorragend in GEM eingebundenes Programm dieses Standard-Feature nicht nutzt, ist mir nicht ganz klar... Innerhalb von Porthos muss der Anwender beim Verändern der Fenstergröße die [STRG]-Taste halten.

Weiterhin fehlt derzeit eine Möglichkeit zum Blättern zwischen Dokumenten, falls mehrere PDFs gleichzeitig angezeigt werden. Hier könnte man sich die Verwaltung mittels Karteikartenreiter innerhalb von Luna oder papyrus WORD kurzerhand abschauen.

Es darf aber die Aussage gelten, dass der Atari-Anwender keine wirklich wichtigen Einschränkungen bei der Darstellung von PDF-Dokumenten hat.

Fazit

Die Entwickler von Porthos haben ihr Programm intelligent erweitert. Besonders Calamus-Anwender erhalten nun ein praktisches Werkzeug, das sich gut mit dem Publishing-Profi versteht. Acrobat-Anwender werden immer noch einige Features vermissen, aber der Verkaufspreis darf nun durch die zusätzlichen Bearbeitungsmöglichkeiten guten Gewissens als gerechtfertigt bezeichnet werden.

Wir dürfen gespannt sein, was der Freeware-PDF-Viewer MyPDF (2) in seiner endgültigen Version bieten wird. Bis dahin bleibt Porthos erste Wahl auf dem Atari.

Preis: EUR 35.-

invers Software Vertrieb, Alter Postweg 6, D-49624 Löningen

calamus.net
dsd.net



Aus: ST-Computer 07 / 2002, Seite 43

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