Datenaustausch (3): PARCP

In der dritten Folge schauen wir uns das Programm PARCP an. Mit PARCP kann ein Mini-Netzwerk über die parallele Schnittstelle aufbauen.

PARCP dient zum kopieren von Dateien zwischen zwei Computern über das Parallelkabel. Damit wird ein kleines Netzwerk aufgebaut, wobei abgesehen vom Kabel alles über die Software konfiguriert wird. Das Programm gibt es derzeit für den ST und dazu kompatible Rechner und den PC. Auf dem PC wird MS-DOS oder Linux/i86 benötigt, PARCP läuft auch in der DOS-Box von Windows 9x/ME und OS/2.
Mit Einschränkungen läuft PARCP auch unter WindowsNT/2000/XP, benötigt dann aber das kommerzielle Programm ParPort.

Auf dem PC existieren zwei verschiedene Parallelports: unidirektional und bidirektional. Ersterer hat einige Einschränkungen beim lesen von Daten, so das nur 4 Bit auf einmal gelesen werden können. Zusammen mit einem Uni-Bi-Interface kann PARCP die vollen 8-Bit benutzen, um mit der vollen Geschwindigkeit zu laufen. Ist ein sogenannter erweiterter Parallelport eingebaut (ECP oder EPP), ist keine zusätzliche Hardware erforderlich. Manchmal muß diese Erweiterung aber erst im BIOS-Setup des PCs eingeschaltet werden.
Der Aufbau des Kabels wird ausführlich in der Anleitung beschrieben, wer sich vor dem Bastelaufwand scheut, kann das Kabel auch einfach kaufen. Anders ist es bei dem Uni-Bi-Interface für den PC. Da dieser Adapter von Petr Stehlik stammt, ist er nicht so einfach im Laden zu kaufen.

Anforderungen

PARCP benötigt mindestens einen 386. Da nicht jeder weiß, was für eine Art Parallelport vorliegt, gibt es – außer für Linux - das Konfigurationsprogramm PARCPCFG. Dieses bestimmt auch automatisch die Portadresse.
Die Anleitung empfiehlt, den Parallelporttyp im Setup auf EPP zu stellen.
Für den Atari gibt es zwei verschiedene Versionen, die sich nur dadurch unterscheiden, das die eine für den 68000 und die andere für den 68030 compiliert wurde. Der Parallelport muß ST-kompatibel sein, was aber bei auch bei den Clones der Fall sein müßte.

Die Übertragung

PARCP unterscheidet zwischen dem Client und dem Server. Der Server erhält oder sendet Dateien auf Kommando durch den Client. Eine komplizierte Konfiguration ist nicht erforderlich, sondern es ist lediglich eine Frage, welcher Rechner zur Bedienung von PARCP dienen soll. Die Anleitung empfiehlt den PC als Client, da die Textausgabe schneller ist. Um einen Computer als Server festzulegen, muß PARCP mit dem Parameter –s gestartet werden. Alternativ reicht auch der Aufruf von PARSERVE. Der Server geht nun in Wartestellung, bis der Client ihm Kommandos schickt. Unter SingleTOS wird natürlich der Computer blockiert, bis der Server beendet wird. Bei Multitasking-Betriebssystemen wie z.B. MagiC kann die Übertragung im Hintergrund erfolgen.

Ein Client wird durch das Starten von PARCP ohne Parameter erzeugt. Es ist wichtig, das nicht aus Versehen beide Computer zu Clients gemacht werden, da es dann zu Komplikationen kommen kann. Nach dem Starten versucht der Client den Server zu kontaktieren. Ist nach zehn Sekunden noch keine Verbindung aufgebaut, beendet sich PARCP ist. Bevor die Shell gestartet wird, kann noch eine eventuell vorhandene Script-Datei ausgeführt werden.
Ein netter Vorteil von PARCP ist die Beibehaltung von langen Dateinamen. Dabei muß das Dateisystem nicht identisch sein, auch ein Austausch zwischen VFAT (Win95) und minix-fs (MiNT) ist problemlos möglich, aber das war auch schon bei der Lösung, die in Teil zwei vorgestellt wurde, der Fall.

Die Übertragung erfolgt entweder über Kommandos oder über die ParShell, die starke Ähnlichkeiten mit dem Norton Commander hat. Die Bedienung ist auf allen Plattformen gleich.

Kommandozeilen

Die Kommandos von PARCP lehnen sich an FTP an, da aber die meisten FTP über eine grafische Oberfläche (Fiffi, DrFTP, ...) betreiben, dürfte die Umgebung etwas ungewohnt ausgehen. Um z.B. das Directory des Servers anzuzeigen, dient der DIR-Befehl:

DIR *.*

Viele der Kommandos sind aus anderen CLIs oder MS-DOS bekannt. Einige Kommandos gibt es doppelt, wobei sich das erste auf den Server und das zweite auf den Client bezieht. Sogar ein Uhrenvergleich ist möglich, PARCP stellt dann die Uhrzeit automatisch ein. Wenn ein Kommando mit einem “L” beginnt, bezieht es sich nur auf den Client.
PARCP versteht Wildcards, die kompatibel zum grep-Kommando von Unix sind:

DIR *.[p-z]*[g-p]

listet z.B. PINGUIN.ZIP, ST.PRG oder LIESMICH.PAP.
Das aktuelle Arbeitsverzeichnis wird wie in praktisch jedem CLI mit dem CD-Kommando (Change Directory) geändert.

Komfortabler ist die ParShell, auch wenn Kommandozeilen-gestählte Anwender vermutlich mit dem CLI schneller ans Ziel kommen werden. Die eingebaute Hilfsfunktion kann mit F1 aufgerufen werden, die Belegung der Funktionstasten ist in einer Leiste am unteren Bildschirmrand aufgelistet. Der Rest des Bildschirms ist zweigeteilt und stellt links den Client und rechts den Server dar. Mit den Cursor-Tasten und der Insert-Taste werden die gewünschten Dateien ausgewählt. Zwischen Client und Server wird einfach mit TAB gewechselt.
Alle anderen Tasten werden als gewünschte Maske interpretiert (Autolocator), das bedeutet, das die Eingabe von *.ZIP alle ZIP-Dateien auswählt.

Dokumentation

Die Dokumentation von PARCP ist komplett in Englisch und leicht verständlich. Sollten Fragen offen sein, stehen die Entwickler zur Verfügung.

Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit von PARCP ist durchaus beeindruckend. So erreicht ein Falcon030 mit CT2 als Client zusammen mit einem Pentium II/350 MHz eine Übertragungsgeschwindigkeit von 102 KB pro Sekunde. Eine Tabelle mit den Geschwindigkeitsrekorden befindet sich auf der PARCP-Homepage.

Preis

PARCP kostet 20 Euro, die Bar oder per Scheck gezahlt werden können. Nach der Registrierung werden einige Programmfunktionen freigeschaltet, wie zum Beispiel der Batch-Transfer.

Im Vergleich

Gegenüber der in der vorletzten Ausgabe vorgestellten Lösung per Null-Modem-Kabel/Terminalprogramm hat PARCP einen Vorteil: die Verzeichnisse von Client und Server sind – zumindest bei ParShell – ständig sichtbar. Ein umständliches Wechseln zwischen den zwei Computern entfällt damit.
Ein Nachteil ist, das keine Dateien per Drag & Drop übertragen werden können. Für den Mausverwöhnten Atari-Anwender erscheint selbst die ParShell ziemlich altertümlich.

Fazit

Wer häufig Dateien zwischen zwei Rechnern austauscht und den Aufwand scheut, mit MiNT ein richtiges Netzwerk aufzubauen, sollte sich PARCP einmal näher anschauen.

http://joy.sophics.cz/parcp/


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 07 / 2002, Seite 36

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