Scene-Report: Diskmags

Nach wie vor gibt es für den Atari aktive Diskmagazine. Alive! und Chosnek haben wir uns einmal näher angeschaut.

Eigentlich ist der Ausdruck "Diskmagazin" etwas unpassend, denn schließlich ist der Hauptvertriebsweg dieser Magazine nicht mehr die Diskette, sondern das Internet. Artikel werden nicht von einer festen Redaktion erstellt, sondern von vielen Freiwilligen. Dem internationalen Geiste tragen die Diskmagazine inzwischen Rechnung: zumindest Chosnek und Alive! sind komplett in englischer Sprache.

Alive!

Die Alive [1] ist aus einer Fusion des Undercover Magascene und der Maggie entstanden. Die Ausgaben erscheinen unregelmäßig und jeweils dann, wenn ein erwünschter Umfang erreicht wurde. Die aktuelle Ausgabe Nummer 4 enthält siebzig Artikel. Das Magazin läuft sowohl auf STs als auch auf dem Falcon in RGB und VGA.

Das Intro-Bild wurde von Exocet gepixelt, der vor kurzem auch sein erstes ST-Spiel, die Memory-Variante "Mem", veröffentlicht hat. Das Bild zeigt, das er mit 16 Farben gut umgehen kann.

Nach einem Klick erscheint schon das Hauptmenü, untermalt mit ST-Chiptunes. Während im oberen Bildschirmteil das Magazinlogo zu sehen ist, befinden sich ganz unten einige Hilfsfunktionen, z.B. eine Musikauswahl. Ein Artikel wird einfach per Mausklick ausgewählt.

Ganz am Anfang stehen die Scene-News. Hier erfährt man auch einiges, was nicht auf den DHS-Seiten zu finden ist. Gerüchte besagen, das an einer Konvertierung von Tempest 2000 für den Falcon gearbeitet wird...

Einen großen Raum nehmen die Party-Reports ein, in diesem Fall von der ALT3 und der Paracon 3. Auf ersterer wurde das neue Spiel der Reservoir Gods, Godpey, in einer fast fertigen Version gezeigt. Godpey basiert auf einem Spiel für den Bandai WonderSwan. Kaum nähert sich Godpey der Fertigstellung, wird schon ein nächstes Projekt in Angriff genommen: eine weitere Konvertierung eines bekannten Spiels wird in Kooperation mit einer französischen Atari-Crew erscheinen. Die Party-Berichte sind echte Erlebnis-Berichte und dementsprechend lang.

Erstaunlich umfangreich sind die Hardware-Testberichte. Als erstes wird ein Plädoyer für die CT60 gehalten, mit dem Fazit, das GEM-Programmen die Geschwindigkeit eines 060 gut bekommen würde. Nützlicher Nebeneffekt wäre es auch, das endlich Petr Stehliks Portierung von Atari800 endlich in Originalgeschwindigkeit laufen könnte. Als nächstes gibt es einen Test der Eclipse-Karte. Diese ist tatsächlich kein Phantom, sondern höchst real, hatte aber beim Tester noch diverse Treiberprobleme, die das Betreiben von vielen Programmen zu einer wackeligen Angelegenheit machte. Lustig wird es mit dem TOSter-Projekt: dieser Atari-Clone ist nicht etwa ein verspäteter April-Scherz, sondern ein durchaus ernst geplanter Rechner, von Flash-Labs. Die technischen Daten waren:

Der Artikel über den TOSter ist eine gute Zusammenfassung einer Diskussion, die im atari.org-Forum in wüste Beschimpfungen ausartete.

Die Interview-Sektion enthält Interviews mit dem Highwire-Team, Spex of ESCAPE, Mr Pink und MSG of Reservoid Gods, Remo, Carl Forhan, Matt'USalem und ST Cooper.

Im Demo-Bereich tut sich nicht allzuviel. Neben einigen Intros, Slideshows und Musikdemos, wird mit Illusion 64 das neue Demo von Paranoia vorgestellt, das ein paar nette Effekte bietet.

Der Spiele-Teil stellt Arctic Moves, Cyberdrome und Mem. Auf dem Jaguar werden die Prototypen Space War 2000 und Speedster 2 sowie das sich in Entwicklung befindliche Star Alliance angespielt. Erstaunlich ist die Meldung, das die PC Zone, ein britisches PC-Magazin, die Atari-Version von Chu Chu Rocket vorgestellt hat.

Fazit

Die Alive ist für diejenigen, die etwas Englisch können, absolut lesenswert. Die Schriftart des Magazin-Programms ist aber etwas gewöhnunsbedürftig.

Chosneck

Nach einer längeren Pause präsentiert Mystic Bytes nicht etwa ein neues Demo, sondern ein neues Diskmagazin. Obwohl der Name durchaus anderes vermuten läßt, ist Chosneck komplett in englischer Sprache. Neben dem etwas ungewöhnlichen Namen überrascht auch die Größe des Downloads: knapp 7 MB wollen aus dem Internet auf die Festplatte geschaufelt werden. Das ZIP-Archiv enthält die Dateien, die mit dem Programm Splitter zu einem ZIP-Archiv zusammengefügt werden. Die geteilten Dateien innerhalb des Archives passen problemlos auf je eine HD-Diskette.

Ist das auseinanderpacken erst einmal erledigt, kann das "shell.prg" gestartet werden. Es erscheint eine GEM-Dialog, in dem die gewünschte Grafik- und Soundqualität eingestellt werden kann. Wer das Intro schon einmal gesehen hat, kann es gleich am Anfang überspringen.

Das Intro ist zeigt am Anfang ein paar 3D-Zooms, die stark an die Mode-7 Effekte vom Super Nintendo erinnern. Anschließend geht es noch ein bißchen in Voxel-Grafik über eine Hügellandschaft mit Seen.

Nachdem Intro erscheint das Magazin und da es speziell für den Falcon gecodet wurde, werden alle Grafiken im hochauflösenden Modus gezeigt. Die Ladezeit für Text und Grafiken wird durch eine Kaffeetasse dargestellt, die Artikelansicht kommt hingegen wieder konventionell daher. Etwas umständlich ist das Zurückblättern mit der Undo-Taste.

Im Editorial findet sich eine ganz interessante Artikel. Unter "Creative people need your help" werden Coder suchen hier Feedback oder sonstige Unterstützung und das ganze soll ein e regelmäßige Rubrik werden. Sqward/Mystic Bytes plant einen GEM-Tracker mit Plugin-Schnittstelle, 32 Kanälen oder mehr, XM-Playback... in diesem Fall ist Feedback gefragt, da Sqward sonst dieses Projekt gar nicht erst anfängt. Ein anderes interessantes Comeback plant Sikor Soft, ein kommerzieller Anbieter von XL/XE-Spielen aus Polen.

In der Leserbriefecke finden sich einige Reaktionen auf die "Nullnummer" der Chosneck.

Als nächstes folgen die üblichen Partyreports, u.a. von der Error in Line 2001. Die Bilder, die dort geschossen wurden, sind schon eher ungewöhnlich, aber wer schon immer mal Democoder auf Toilette sehen wollte...

Auf der Interview-Seite steht ein Gespräch mit den Autoren von STeem und STew, sowie einigen Scenemembern. Zwar gibt es durch die Interviews keine neuen Erkenntnisse, aber dafür erfährt man einiges über den Werdegang der einzelnen Coder.

Eine andere Rubrik berichtet über die Fortschritte, die 8-Bit-Maschinen machen. Hinter ATOS verbirgt sich "ATari Operating System" und ist eine Benutzeroberfläche für den XL/XE. Das Projekt ist schon soweit gediehen, das viele Desktop-Hintergründe Icons herunterladbar sind [3]. Des Weiteren wird eine Lösung vorgestellt, die Chats im IRC mit dem XL ermöglicht (allerdings nur zusammen mit einem PC) und "Doom" für den ZX Spectrum.

Ein interessantes Projekt ist die Ankündigung einer Atari Source Code Central von Trophy. Dort soll jeder mögliche Atari-Source gesammelt werden, vom einfachen Bumpmapping-Effekt bis zum ausgewachsenen Programm. Angepeilter Starttermin ist Juni/Juli 2002.

Fazit

Feine Trackermusik und schöne HiRes-Grafiken machen die Chesnock zum optisch und akustisch ansprechenderen Magazin. Dafür müssen aber auch längere Wartezeiten in Kauf genommen werden. Ein paar Ungereimtheiten existieren noch im Programm selber, z.B. ist der Mauszeiger manchmal schwer zu erkennen oder es muß mit der Undo-Taste zurückgeblättert werden.

Mit einem kleinen Trick können auch diejenigen ohne Falcon an die Artikel-Texte kommen: die Texte liegen unverschlüsselt in der Datei data.zip. In der gleichen Datei liegen auch die beiden MOD-Dateien. Wer also eine alternative Shell für die Chesnock schreiben will, kann es somit relativ problemlos tun.

Gesamtfazit

Beide Magazine sind klassische Scene-Magazine und testen bspw. keine Textverarbeitungen oder ähnliches. Eine Konkurrenz stellen sie kaum zueinander dar, eine Rivalität scheint auch nicht zu existieren und Falcon-Besitzer sollten sich ohnehin beide herunterladen.

[1] http://alive.atari.org/
[2] http://dhs.nu/
[3] http://cth.dtdns.net/


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 05 / 2002, Seite 54

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