Stateside-Report - Tot oder lebendig?

In unregelmäßigen Abständen berichtet Bengy April, Betreiber des beliebten Online-Angebots MagiC Online von Entwicklungen, Meinungen und Gedanken rund um den amerikanischen Atari-Markt.

Ein Atari-Werbeprospekt aus dem Jahr 1990 preist den Mega STE folgendermaßen an: „Egal, ob es sich um einen Brief, eine Studienarbeit oder eine lange technische Bedienungsanleitung handelt: der Atari Mega STE kann damit umgehen.“. Im Grunde nutzen viele Atari-Anwender ihre STs immer noch für diese Aufgaben – von einigen kleinen Unterschieden einmal abgesehen. Aber 12 Jahre stetiger Entwicklung haben die ST-Linie in eine Ecke gedrängt eine kleine, staubige Nische, die nur noch Hobbyisten und nostalgiesüchtige Männer mittleren Alters interessiert?

Hare Atari

Wie bei den meisten Aspekten unserer vielfältigen Welt liegt die Antwort auf die obige rethorische Frage irgendwo in einer debattierbaren Grauzone. ST und die dazu kompatiblen Rechner können nach wie vor die meisten Aufgaben erfüllen, die ein Heimanwender erledigen möchte - das sagen jedenfalls überzeugte Ataristi . Und ein kurzer Blick in das erwähnte Prospekt unterstreicht dieses vielrezitierte Mantra. Ganz sicher gab es auch keinen Mangel an Software: 1990 gab Atari die Anzahl der verfügbaren Programmen mit über 4000 Titeln an. Die reine und anwendbare Prozessorleistung scheint auch dagewesen zu sein, denn laut Atari wendeten erfolgreiche Performer wie The Beach Boys, Madonna und Janet Jackson genau den Rechner an, der die an ihn gestellten Aufgaben am schnellsten handhabte. Zu dumm, dass ich in der Gegenwartsform schreibe...

Die erwähnten 4000 Software-Titel zeigen Alterserscheinungen. Madonnas Studio baut auch nicht mehr auf den Atari. Sogar die ruhmreiche Atari Corporation existiert nicht mehr als das, was sie einmal war. Und dies könnte mit Sicherheit den baldigen Tod unserer heiß geliebten Plattform bedeuten.

Und das ist eine Schande. Diesen Artikel mit papyrus - einem Office-Paket, das nach Meinung vieler Anwender in vielen Punkten, Microsofts Word hoch überlegen ist -, zu schreiben, war eine reine Freude. Genausoviel Freude machte die Nachricht vom Update vieler meiner favorisierten Programme: EMailer, MagiC PC und Calamus. Und ich muss gestehen, dass ein stolzes Lächeln um meine Mundwinkel huschte, ich von der Gründung der Atari/TOS Software Foundation (ATSF) las. Diese Stiftung ist, falls Sie es noch nicht wissen, eine für die Gemeinde gegründete Initiative, die Entwickler motivieren soll, den Atari-Markt wieder oder weiter zu unterstützen.

Wenn man von neuer und alter fantastischer Software und einer breiten Unterstützung der Community absieht, ist der am schwersten zu ertragende Aspekt am drohenden Verlust unserer Plattform, dass er kurz vor einer vielversprechenden Zeit stattfinden könnte. Wir haben die ATSF, wir haben Software-Updates und in Polen soll sogar ein neues Atari-Magazin erscheinen. Und vergessen wir nicht das xTOS-Projekt, ein revolutionärer Plan für einen modernen Atari, der sich immer noch in Entwicklung befindet.

Amiga? Meine Universität hat gerade Millionen von Dollars in eine neue Computerausstattung investiert. Die Unterrichts- und Multimedia-Labore sind angefüllt mit Power Macs. Die Studenten der Computer Science wurden mit schnellen Wintel-Maschinen belohnt. Die Videoschnittplätze überquellen mit Amigas. Amigas?

Erinnern Sie sich noch an den Amiga? Der amerikanische Kolumnist Lamont Wood hat beschreibt ihn folgendermaßen: „Der Amiga war einer der Homecomputer der 80er Jahre, der sich mit dem Commodore 64 und dem Atari um die Marktdominanz prügelte, bis er vom PC weggefegt wurde. Aber der Amiga ist nie ganz verschwunden. Die 32-Bit-Plattform war nicht nur ihrer Zeit weit voraus, sondern bot auch Videomöglichkeiten, die noch heute unerreicht sind. Sie wird nach wie vor angeboten und verkauft und es gibt Leute, die immer noch darauf schwören, obwohl ihre Technologie mittlerweile so alt ist, dass sie in der Computerwelt eine Antiquität darstellt.“

Wenn man das magische Schlüsselwort ändert, könnte die obige Beschreibung auch auf den Atari passen. Wenn eine moderne Universität noch Verwendung für eine Antiquität findet, heißt das dann auch, dass noch Leben in unseren alten Ataris ist?

Fazit

Wieder einmal findet sich die Antwort auf die obige Frage in einer Grauzone. Aber eines ist auf jeden Fall sicher: Madonna hat bessere Musik gemacht, als sie Ataris nutze.


Bengy Collins Thomas Raukamp (Übersetzung)
Aus: ST-Computer 03 / 2002, Seite 40

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