Midi-Maze-Session: 3D-Shooter einmal anders

Midi-Maze-Sessions sind immer noch hoch im Kurs. Unser Autor Benjamnin Kirchheim hat sich unter das spielwütige Volk gemischt, um Eindrücke zu sammeln.

Kurz vor Weihnachten, am 22.12.2001, fanden sich einige Atari-Fans in Husum zusammen, um in Nostalgie zu schwelgen und gemeinsam Midi-Maze zu spielen. Einige der angeblichen Atarianer outeten sich dann aber schnell als neugierige Amiga-User, die lernen wollten, wie man auf einem richtigen Computer im Netzwerk spielt.

Historie

Im Deutschen Museum in München steht ein Atari ST, und zwar nicht als „erster Computerschrott", wie viele spotten, sondern als erster Rechner mit 3D-Shooter-Netzwerkspiel, nämlich Midi-Maze. Einst hatten ein paar Programmierer die geniale Idee, Ataris über die MIDI-Schnittstelle zu vernetzen. Zum einen bietet die MIDI-Schnittstelle einer höhere Geschwindigkeit als der serielle Port des ST (31.500 Baud versus 19.200 Baud), zum anderen hat die MIDI-Schnittstelle 16 Kanäle, somit sind 16 Spieler möglich.

Dazu werden die Ataris einfach mit 2-poligen-Kabeln mit DIN-Steckern in einem Ring vernetzt. So sind 2 bis 16 Ataris im Netz möglich, wenn genügend Computer und Kabel vorhanden sind. Gespielt wird im Allgemeinen die Version II von Midi-Maze, die besser als die 1er-Version ist. Es gibt auch Midi-Maze III, diese Version wurde jedoch nie fertiggestellt und hat noch zahlreiche Bugs. Im Internet findet man verschiedene, gepatchte Versionen von Midi-Maze II. Gepatched wurde jedoch nur, damit das Kultspiel auf dem Falcon und TT läuft, hinzu kommen bei einigen Patches Sample-Abspielroutinen für bessere Soundeffekte auf STE, TT und Falcon. Midi-Maze kann nur auf originalen Ataris gespielt werden, da nur diese über die MIDI-Schnittstellen mit empfindlichem Timing verfügen.

Das Spiel

Midi-Maze läuft in der Grafikauflösung ST-Low. Gespielt wird in dem sogenannten Maze, einer Art Labyrinth, wovon es verschiedene gibt. Ein Editor ist ebenfalls vorhanden. Mazes bestehen aus Wänden, Türen und unsichtbaren Wänden. Die Spieler werden durch Kugeln mit Smiley-Gesicht dargestellt, wobei die Farben zur Unterscheidung der Spieler variieren. In der Mitte des Bildschirms wird das 3D-Labyrinth dargestellt, in dem sich der Spieler bewegt. Hier hat man dann ein kleines Zielfernrohr, geschossen werden kann normalerweise immer nur dahin, wohin man gerade blickt. So wandert der Spieler durch das Labyrinth und schießt auf alles, was sich bewegt.

Ein Kultspiel ganz ohne Render-Engine und Bombast-Sound: Midi-Maze auf dem Atari.

Trifft man einen Gegner, wird dieser geschwächt und man bekommt einen Punkt. Beim 3. Treffer gibt es 3 Punkte und der Gegner ist „platt", er taucht an einer neuen Stelle im Labyrinth frisch wieder auf. Die Leben sind dabei unbegrenzt. Ist man getroffen, so erholt man sich nach einer gewissen Zeit wieder. Für jeden Punkt gibt es auch Geld. Mit dem Geld lassen sich Extra-Waffen und -Funktionen kaufen, die das Spiel versüßen und komplexer machen, so ist jede Menge Spielspaß garantiert. Im Teamplay werden Punkte gemeinsam gesammelt, jedoch muss man aufpassen, die eignen Teampartner nicht abzuschießen. Bei Midi-Maze gilt wie bei jedem Netzwerkspiel: je mehr Rechner im Netz, desto lustiger.

Das Spiel ist insgesamt sehr einfach gehalten. Keine aufwendigen Texturen, keine großartigen Sounds und nicht tausende von Waffen. Doch gerade das macht das Spiel reizvoll. Es ist alles da, was man zum Spaß haben braucht.

Unwägbarkeiten

Nach diversen Terminschwierigkeiten fand die Midi-Maze-Session in Husum doch statt.

Erst sollte diese am 26.12. sein, dann wurde sie auf den 22. vorverlegt. Wenige Tage vor dem Termin wurde die Session abgesagt, weil der Veranstalter keine Lust mehr hatte. Einen Tag vorher dann die gute Nachricht: ein neuer Veranstalter hat seine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt. So trafen nach und nach Atari-Fans aus Schleswig-Holstein von Flensburg über Husum bis Glückstadt ein. »

Hindernisse

Ein Sammler brachte 8 Atari STs, STEs, MEGA/STEs und TTs mit, ein anderer seinen Falcon. Von den 8 Ataris wollten jedoch nicht alle so recht laufen, ln einem großen Chaos wurden die Rechner nach und nach aufgebaut und getestet, wobei ein zu schwach dimensionierter Tapeziertisch in die Brüche ging, die darauf positionierten Ataris haben es zum Glück mitsamt den Monitoren überlebt. Letztendlich liefen 5 der 8 Ataris sowie der Falcon nach einigen Umsteck- und Lötarbeiten. Die 6 Rechner wurden vernetzt, und es konnte losgehen.

Man hörte jedoch während der ganzen Session hier und da Flüche, denn einige Joysticks zeigten Altersschwächen und funktionierten manchmal nicht richtig. So wurde so mancher unverhofft zum leichten Ziel.

Die Party

Die Aufbauarbeiten dauerten bis spät abends, leider kamen nicht alle Leute, die vorher zugesagt hatten. So teilten sich 12 Leute und 6 Ataris einen 20 qm großen Raum, in dem sogar ein RGB-Beamer installiert ist, der zweite Raum blieb ungenutzt. Vor Beginn der eigentlichen Spiele wurde zur Einstimmung ein Video einer Session von vor 10 Jahren abgespielt - natürlich mittels Beamer. Tatsächlich erkannte man einige der Teilnehmer wieder, nur sind sie inzwischen älter und „umfangreicher" geworden.

Nun ging es endlich los. Die Regeln wurden erklärt, Disketten verteilt und Zettel mit den wichtigen Tastaturkommandos für Zusatzfunktionen und Waffen ausgehändigt. Mittels einiger Übungsspiele wurden die neuen Spieler eingewöhnt. Midi-Maze ist nicht schwer zu spielen, nur das Gewinnen ist nicht einfach. So zeigte sich schnell, wo die Profis und wo die Anfänger saßen, besonders die einzige Frau hatte es schwer, sich gegen die Männerübermacht zu behaupten.

Einer der Anfänger entpuppte sich aber als sehr begabt und hatte schnell einige Spiele gewonnen sowie Höchstpunktzahlen erzielt - ein Naturtalent eben.

Eine spaßbegabte Runde hatte sich in Husum gefunden, um Midi-Maze zu spielen.

Dann wurden Turniere gespielt. Die Spieler wurden auf Zettel aufgeschrieben und in einer Tabelle die erzielten Punkte sowie gewonnenen Spiele notiert (gewonnen hatte immer derjenige, der zuerst eine gewisse Geldsumme zusammengespart hatte). So sollte neben dem „Winner des Abends" (die meisten gewonnen Spiele) auch derjenige gekürt werden, der die beste Durchschnittspunktezahl erreicht hatte. Fortan hörte man Flüche und Drohungen durch das kleine Zimmer hallen. Besonders oft fielen Ausdrücke wie «Ich mach dich platt!» oder «Asche!». Mangels ausreichender Rechnerplätze setzten einige Spieler ab und zu aus -aber die Pausen taten gut, besonders den Rauchern.

Nach einigen Einzelturnieren wurden 5 Zweierteams gebildet, die gegeneinander spielen sollten. Auch hier war geplant, ein Gewinnerteam zu küren. Die Turnierspiele erwiesen sich als besonders lang andauernd, es ging hart an die Grenze zu Krämpfen in den Händen, die den Joystick hielten, aber der Spaß war hier am größten. Schnell galten einige Rechner als besser, weil gerade hier immer Gewinner saßen. Das war jedoch purer Zufall, an den gleichen Rechnern erzielten anschliessend andere Personen Minusrekorde und fanden überhaupt nicht ins Spiel. Es lag eher daran, ob gerade ein erfahrener Spieler am Rechner saß oder einem anderen wertvolle Tipps gab.

Fazit. Wie bei allen Partys gab es Bier, Cola, Salate, Chips und Schokolade zur Stärkung der Spieler. So wurde bis morgens um 5 Uhr Midi-Maze gespielt,

Bier getrunken und mehr oder weniger philosophisch und weltpolitisch diskutiert. Leider waren dann alle so müde, dass es letztendlich keine Siegerehrung gab. Machte nichts, alle hatten ihren Spaß.

Bis zum nächsten Jahr, in dem wieder eine Session stattfinden soll, dann mit mehr funktionierenden Ataris und mehr Spielern für noch mehr Spaß!

Midi-Maze im Internet:
midimaze.atari.org midimaze.de


Benjamin Kirchheim
Aus: ST-Computer 03 / 2002, Seite 54

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