zBench 0.9 – Atari-Tachometer im Test

Das Rufen geplagter st-computer-Redakteure nach einem zeitgemäßen Benchmark-Programm ist erhört worden: zBench will der neue Standard werden. Wir haben dem Computer-Tachometer auf den Zahn gefühlt.

Schnell, schneller, zBench

Spätestens mit Erscheinen der G3- bzw. Coprozessoren und dem Durchbrechen der GHz-Grenze durch Pentium-CPUs hat auch die Emulation des Atari-Systems ultraschnelle Flügel bekommen. MagiCMac saust wie ein gut geschmierter Porsche über die Leiterbahnen und auch MagiC PC oder der STEmulator sind kaum zu bezähmen. Wenn dieser neue Geschwindigkeitsrausch jedoch in konkrete Zahlen gefasst werden sollte, zeigt sich, dass die herkömmlichen Werkzeuge meist hoffnungslos überfordert reagierten. Der bisherige Standard-"Chronometer GEMBench zeigte z.B. auf einem iMac unter MagiCMac kurzerhand Minuswerte bei der Prozessorgeschwindigkeit an, da er mittlerweile in die Jahre gekommen ist und auf derart rasante Hardware zur Atari-Beschleunigung nicht vorbereitet ist. Hinzu kommt das Ärgernis, dass als Vergleichswerte nur solche angeboten werden, die allerhöchstens noch belustigenden bzw. statistischen Wert haben - wer hat schon etwas davon, zu wissen, dass der G4 einem ST mit 8 MHz nun wirklich haushoch überlegen ist? Ein Vergleich mit einem 060-Atari wäre hier wohl relevanter.

zBench

Ein neues Geschwindigkeits-Analyseprogramm ist zBench. Das Programm wird im Gegensatz zu GEMBench als Freeware herausgegeben. Es ist mit der Vorgabe entwickelt worden, auf jedem Atari-System zu arbeiten und dabei auch moderne Hardware wie Clones und Emulationen zu berücksichtigen.

zBench enthält eine Online-Hilfe im ST-Guide-Format. Diese liegt bisher leider nur in englischer Sprache vor. Durch die intuitive Benutzeroberfläche sollte sich das Programm jedoch auch ohne Handbuchstudium bedienen lassen.

Da zBench einen OpenGL-Test durchführt, wird im Archiv eine für den jeweiligen Prozessortyp passende OpenGL-Routine mitgeliefert. Bei der Installation sollten Sie also die entsprechende Datei ins Programm-Hauptverzeichnis kopieren. Wenn Sie nun noch die ST-Guide-Online-Hilfe in Ihr eventuell vordefiniertes Guide-Verzeichnis kopieren, ist die Installation abgeschlossen. Schön wäre es, wenn diese Installationen in Zukunft von einem Skript für den Atari-Standard-Installer GEM-Setup automatisch durchgeführt würde.

Look & Feel

Gleich beim ersten Programmstart ist unübersehbar, dass zBench ein Programm neuerer Generation ist. Die attraktive GEM-Oberfläche wurde äußerst attraktiv gestaltet, die wichtigsten Funktionen sind über eine Piktogrammleiste mit modernen Icons erreichbar. Die einzelnen Testkategorien sind übersichtlich im eigentlichen Ergebnisfenster aufgelistet. Als Referenzsystem gilt ein Atari Falcon mit dem Hardware-Beschleuniger Centurbo II - durchaus eine zeitgemäße Wahl, da sich die Centurbo in Kreisen leistungshungriger Atari-Anwender weit verbreiten konnte. Außerdem können zwei weitere Referenzsysteme zum Vergleich hinzu geladen werden. Es stehen hier derzeit ein Falcon 030 mit FPU und 32 MHz, ein Hades 060, eine Medusa T40 sowie ein Apple Powerbook mit 500 MHz und MagiCMac bereit. Diese Liste ist zugegebenermaßen noch etwas kurz, und somit bittet der Programmentwickler um Zusendung weiterer Vergleichsdateien. Je weiter zBench sich also verbreitet, umso umfangreicher sollte die Liste der Referenzsysteme werden. Vielleicht sollte der Entwickler dann aber darüber nachdenken, mehr als drei Vergleichswerte simultan darstellbar zu machen; besonders bei umfangreichen Tests von Hardwareentwicklern und in Redaktionen wäre dies sicherlich hilfreich.

Vroooom!

Nun soll aber das lustige Kopf- an Kopfrennen endlich gestartet werden. Die verschiedenen Tests können über die erwähnte Piktogrammleiste oder über die Menüleiste nacheinander aufgerufen werden. Leider scheint keine Möglichkeit zu bestehen, alle Tests automatisch zu starten, sodass diese selbständig nacheinander ablaufen.

Nach Bestätigung des jeweiligen Teststarts legt zBench mit seinen Berechnungen los. Der zeitliche Verlauf der Tests wird mittels eines kleinen Fortschrittbalkens dargestellt, der dem Anwender eine gewisse Rückmeldung gibt, da einige Tests auf einem langsamen System schon einmal einige Minuten in Anspruch nehmen können. Das Testergebnis wird neben dem jeweiligen Vergleichssystem übersichtlich in einem Balkendiagramm dargestellt. Im Detail werden folgende Tests durchgeführt:

Während die Hardware-Berechnungen natürlich ohne Ausgabe bleiben, öffnen die Grafik- und die OpenGL-Berechnung ein GEM-Fenster mit passenden grafischen Ausgaben. Besonders beeindruckend ist hier die OpenGL-Routine, die einen rotierenden dreidimensionalen Würfel zeigt. Übrigens weist der Entwickler von zBench darauf hin, dass er mit Erscheinen des AGP-/PCI-Moduls für die Centurbo 060 die OpenGL-Treiber auf den Atari anpassen möchte. Da diese Arbeit durch Therapy Seriouz Solutions anscheinend versackt ist, besteht hier tatsächlich großer Nachholbedarf.

Alle Ausgabefenster sind übrigens mit einer voneinander unabhängigen Zoom-Funktion ausgestattet, sodass zu große Balken (bei sehr schnellen Systemen oft der Fall) komfortabel wieder in Relation zu den Vergleichswerten gesetzt werden. Noch eleganter wäre es allerdings, wenn die Ergebnisdarstellung immer korrekt und ohne zusätzliches Zoomen automatisch angepasst würde, denn besonders bei der ersten Programmnutzung ist der Anwender schon leicht verwirrt, wenn offensichtlich unterschiedliche Werte gleich hohe Balkengrafiken erzeugen, weil beide aus dem Fenster herausragen.

Warum eigentlich OpenGL?

Warum wird eigentlich eine Messung der Leistung unter dem 3D-Standardsystem OpenGL durchgeführt, wenn dieses noch gar nicht auf den Atari portiert wurde? Nun, laut Aussagen des Entwicklers ist eine solche Messung äußerst interessant, da sie drei ansonsten unabhängige Komponenten für ihre Berechnung benutzt: die CPU für das Dithering und die Übersetzung des OpenGL-Codes, die FPU für geometrische Transformationen und die Videologik für die Ausgaben. Da der Autor wie erwähnt auch die Portierung der OpenGL-Treiber auf den Atari plant, ist die Testmöglichkeit auch ein kleiner Vorgeschmack auf die Zukunft und für dementsprechende Tests der Software auf verschiedenen Plattformen geeignet.

Details

Über die Menüleiste lassen sich verschiedene Detailsergebnisse der durchgeführten Tests aufrufen. So sind hier Einzelheiten zur Leistung der CPU zu finden. In erster Linie werden Werte zur Speichergeschwindigkeit ausgegeben. Hinzu kommen Ergebnisse beim reinen Rechnen und die grundsätzliche Systemleistung in MIPS. Letzterer Wert darf allerdings in seiner Richtigkeit bezweifelt werden, denn einem 68060-Chip wird hier mehr Leistung zuerkannt als einem G4-Prozessor. Vielleicht liegt dies aber auch an der Emulation und dem so nicht nutzbaren Prozessor-Cache.

Ebensolche Diagramme werden bei der Detaildarstellung des Grafiktests ausgegeben. Wünschenswert wäre bei den einzelnen Werten jedoch eine Sprechblasenhilfe durch BubbleGEM, denn besonders technisch nicht versierte Anwender müssten hier etwas an die Hand genommen werden. In diesem Zusammenhang steht auch eine Lokalisierung der ST-Guide-Hilfe durch einen engagierten Anwender zu hoffen.

Um die zusätzlichen Optionen abzurunden, kann zBench die Systemspezifikationen ausgeben. Angezeigt werden die Geschwindigkeit von CPU, FPU und DSP (sofern vorhanden), das ST- und TT-RAM und grundsätzliche Daten zur Hardware und dem benutzen Betriebssystem. Unter der Emulation durch MagiCMac wird die CPU übrigens korrekt als MC68020 erkannt. Der im Test angezeigte Wert liegt jedoch knapp 100 MHz unter dem tatsächlichen Wert - knapp daneben ist auch vorbei.

Fazit

zBench hat den Sprung zum Atari-Standard in einem einzigen Satz geschafft. Nachdem GEMBench nun seit Jahren nicht mehr gepflegt wird, steht ab sofort wieder ein Benchmark-Programm bereit, das auf scheinbar allen vorhandenen Systemen für aussagekräftige Geschwindigkeitstests herangezogen werden kann. Die inhaltliche wie optische Umsetzung weiß zu überzeugen. In Zukunft soll z.B. noch eine automatische Erkennung von Erweiterungskarten hinzu kommen. Dass zBench Freeware ist, macht es nur noch sympatischer. Abstürze waren nicht festzustellen. Wir werden unsere Tests jedenfalls in Zukunft mit zBench durchführen.

http://the.zorro.free.fr


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 01 / 2002, Seite 44

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