Es gibt nur einen Weg, wie unsere Plattform neue Anwender anzieht, neue Technologien einführt und wieder im Ozean der Popularität schwimmt: Programmentwicklung. Es muss möglich sein, ICQ zu nutzen, während wir MP3-Songs abspielen. Es muss möglich sein, Real Audio aus dem Internet abzuspielen und wir müssen kompatibel sein zu Standardapplikationen wie Microsoft Office. Und keine Plattform kann sich selbst entwicklungsfähig nennen, bevor sie nicht PDF-Dateien erzeugen und darstellen kann. Wenn Sie irgendeinen Atari-Anwender fragen, was an seinem System in erster Linie nicht stimmt, wird die fehlende Software-Entwicklung ganz oben auf seiner Liste stehen.
Dabei ist es Atari-Anwendern möglich, die obigen Aufgaben ohne Ausnahme mehr oder weniger elegant zu erledigen. Und ohne Ausnahme war jeder einzelne Punkt aus der obigen Liste bis vor kurzem entweder ganz und gar unmöglich oder noch in weiter Zukunft für die meisten Anwender. ICQ war etwas für unsere Freunde mit einem PC. MP3 gehörten dem Rest der Welt. PDF-Dateien mussten im Büro erzeugt werden. Wenn wir tatsächlich ohne jegliche Programmentwicklung sind, wie haben wir es dann geschafft, an solche Standards anzuschließen?
Offensichtlich ist die Entwicklung neuer Programme auf unserer Plattform gar nicht so ein großes Problem wie die meisten Leute dies bemängeln. Immer noch werden einige kommerzielle Pakete weiterentwickelt und Atari-Shareware ist in ihrer legendären Qualität nach wie vor reichlich vorhanden. Wenn uns die fehlende Software-Entwicklung also nicht am Boden hält, ist es etwas anderes...
Die Anwendergruppe "The Atari International Organization" glaubt, dass es sich bei diesem anderen Grund um die fehlende öffentliche Aufmerksamkeit handelt. Wir wissen alle, dass wir eine ernstzunehmende Plattform nutzen, die Herausforderung ist jedoch, auch den Rest der Welt davon zu überzeugen. Diese Herausforderung ist umso größer, weil wir Waisen sind; wir haben keine Mutterfirma mehr, die uns unterstützt oder finanziert. Deshalb stoßen unsere zahlreichen Pro-Atari-Kreuzzüge auch so oft auf taube Ohren. Wir erzeugen Rauch aber keine Flamme. Wir streiten mit anderen Atari-Anwendern anstatt zusammenzuarbeiten. StiNG, I-Connect, STiK, WenSuite und Draconis - alles vergeudete Anstrengungen!
Wo wir gerade bei Verschwendung sind: Windows XP wurde kürzlich veröffentlicht. Die Werbeanstrengungen rund um die Einführung waren riesig: Plakate, so groß wie ganze Häuser, nervende TV-Werbung und sogar komplett in XP-Farben lackierte Taxis haben mitgeholfen, die Veröffentlichung des neuen Windows bekannt zu machen. Unglücklicherweise (für Microsoft) hat sich Windows XP bisher nicht so brillant verkauft wie erhofft. Und dieses Mal liegen die schlechten Verkaufszahlen nicht etwa an einem unterlegenem Produkt als vielmehr an einer schleifenden Wirtschaft.
Wie auch immer: ich versuche immer noch herauszufinden, was eigentlich aus Windows 2000 geworden ist... Und mit ME? Sie erschienen und verschwanden praktisch zur selben Zeit. Bezeichnenderweise warten viele Atari-Anwender auf die Nachricht, ob die aktuelle Version von MagiC PC unter Windows XP arbeitet. Wenn nicht, dann stehen viele professionelle Anwender, die die Leistung des PC nutzen, komplett im Dunkeln. Ebenso warten viele MagiCMac-Anwender mit einem Upgrade auf Mac OS X, bis eine neue Version erscheint, die auch unter Apples neuem Betriebssystem funktioniert.
Eine weitere Veröffentlichung, auf die Atari-Anwender gespannt warten, ist die Centurbo 060. Endlich eröffnet sich für Atari-Liebhaber, die die Leistung des 060-Prozessors haben und nicht auf die Kompatibilität des Falcon verzichten möchten eine brauchbare Lösung ab - zumindest wahrscheinlich. Nordamerikanische Atari-Anwender zögern nach den vorangegangenen Enttäuschungen und dem zum Teil schlechten Service, Geld zu Atari-Firmen über den grossen Teich zu schicken. Und leider ist genau dies notwendig, wenn sie die Centurbo 060 produziert sehen möchten. Einige Anwender weigern sich strikt, für ein Produkt zu zahlen, das sie vielleicht nie zu sehen bekommen. Viele andere - besonders Mitglieder der Demo-Scene - gehen das Risiko ein.
Interessanterweise findet unsere Plattform noch immer einen Weg zu überleben und Atari-Anwender bleiben Atari-Anwender. Anthropologen studieren menschlichen Verhalten, um herauszufinden, warum bestimmte Rituale und Angewohnheiten für eine bestimmte Gruppe von Menschen Sinn machen, während sie von anderen komplett missachtet werden. Wenn ein Anthropologe eines Tages eine Gruppe von Atari-Verfallenen untersucht, wird vielleicht einiges an Licht auf die Gründe fallen, warum man sich mit einem archaischem Computersystem abgibt. Aber: wen interessieren seine Ergebnisse? Wir kennen die Antworten sowieso schon...