Radio Free Atari - Falcon als Weltempfänger

MP3 hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem der meistgenutzten Audio-Formate weltweit entwickelt. Während viele Anwender dabei zunächst an Musik in CD-Qualität denken, wurde bei der Entwicklung des Formates vor allem darauf geachtet, auch bei niedrigen Bitraten eine noch annehmbare Qualität zu erreichen. Diese Eigenschaften kann man sich nun zunutze machen, um Audiodaten direkt - also ohne vorherigen kompletten Download - über das Internet zu übertragen. Allgemein wird solch ein Verfahren als "Streaming" bezeichnet. So lassen sich auch Echtzeitübertragungen wie z.B. Internetradio realisieren.

Shoutcast und Icecast sind zwei "Broadcasting"-Systeme, die auf diese Weise MP3s streamen. Seit Version 1.06 ist FalcAMP in der Lage, auf diesen Systemen basierende Radiosender zu empfangen.

Voraussetzungen

FalcAMP setzt einen Atari Falcon und einen STiK-kompatiblen Internet-Stack voraus. Je schneller dabei der Falcon ist, desto besser - gerade wenn man vorhat, nicht nur Radio zu hören. Eine schnelle Internetverbindung ist empfehlenswert aber nicht zwingend notwendig. Für den folgenden Test wurden STiK sowie Iconnect + iFusion in der jeweils aktuellen Version verwendet. Die Verbindung zum Netz wurde via ISDN hergestellt.

FalcAMP [1 ] ist momentan bei Version 1.09 angelangt, und die neusten STiK-Versionen findet man auf der Homepage von Dan Ackerman [2].

Vorbereitungen

Ist die nötige Software beisammen, geht es an die Installation, die sich sehr einfach gestaltet. In CAB muss lediglich FalcAMP als externes Programm für die Dateitypen *.M3U (Icecast) und *.PLS (Shoutcast) angemeldet werden. Hierbei handelt es sich um Playlist-Dateien, die die Adresse(n) enthalten, über die der MP3-Stream gesendet wird. Radiosender bieten normalerweise einen Link auf diese Dateien an. Seltener wird die Adresse direkt angegeben.

Um nun einen ersten Radio-Probelauf zu starten, muss ein wenig gesurft werden. Als Ausgangspunkt bieten sich die Shoutcast- und Icecast-Webseiten an.

Hinter Shoutcast steckt der WinAMP-Entwickler Nullsoft. Neben Informationen über das Verfahren und die Software findet der Surfer auf dieser Seite auch ein umfangreiches Verzeichnis mit Radiostationen, die auf Shoutcast basieren. Die Qual der Wahl lässt sich dabei durch Vorgaben wie Musikrichtung und Bandbreite einschränken. Eine weitere interessante Möglichkeit bietet die Suchfunktion. Über sie kann nicht nur nach Sendernamen, sondern auch nach Musikstücken und Interpreten gesucht werden. Die Seite spuckt anschlies-send Sender aus, die in den letzten 30 Minuten das Stück bzw. den Interpreten gespielt haben oder es gerade sogar spielen.

Zu jedem Sender erhält der Anwender Informationen wie die Homepage-Adresse, Musikrichtungen, die vorrangig gespielt werden, was momentan läuft und mit welcher Bitrate übertragen wird. Bei 64.000 Baud ISDN liegen Sender bis 48 Kilobit pro Sekunde (kbps oder kBit/s) im Bereich des Möglichen. Der Kasten "Bitraten" gibt eine kleine Übersicht, zu welcher Übertragungsgeschwindigkeit welche Bitrate passt.

Ist die Wahl getroffen worden, kann über den "Tune in"-Button der Sender direkt eingeschaltet werden.

Icecast ist ein Open Source-Projekt, und auch hier bietet die Homepage ein Verzeichnis mit Icecast basierten Sendern. Die Auswahl ist allerdings nicht ganz so groß. Es gibt ein paar grobe Rubriken, die durchgesehen werden können, und eine Suchfunktion. Zu jedem Sender erhält man die gleichen Angaben wie beim Shoutcast-Verzeichnis, und die Übertragung kann ebenfalls direkt gestartet werden.

Weitere Möglichkeiten an einen Sender zu kommen bieten u.a. die Seiten mp3.de und AudioFind (audiofind.com). Mit Suchmaschinen und Suchbegriffen wie "Netradio" oder "Webradio" kann man auch weiterkommen. Allerdings ist hier nicht gewährleistet, dass die Radiosender, die ausgespuckt werden, auf Ice- bzw. Shoutcast basieren.

On Air

Das Einschalten eines Senders besteht - wie bereits erwähnt - normalerweise aus einem Link auf eine Playlist-Datei. Diese wird von CAB heruntergeladen und an FalcAMP weitergereicht. Vor dem Start muss der Anwender sich noch einen Augenblick gedulden, da zunächst ein Puffer angelegt wird, der Schwankungen oder Aussetzer des Datenstroms ausgleichen soll. Wenn alles gut geht, sollte kurze Zeit später das Radioprogramm aus dem Lautsprecher erklingen. Als kleiner Extraservice wird bei vielen Sendern der Name des aktuellen Programms oder gespielten Stückes in Form von Fake ID3-Tags mitgeschickt und von FalcAMP eingeblendet.

Während diverser Tests hat sich das Gespann FalcAMP/STiK als recht zuverlässiges Radio erwiesen. Der Empfang von Sendern bis 40 bzw. 48 kBit/s war ohne Aussetzer möglich, sodass die ISDN-Leitung sehr gut ausgenutzt wurde. Allerdings hängt ein reibungsloser Empfang auch davon ab, ob das Netz momentan überhaupt in der Lage ist, die Daten schnell genug zu liefern.

Mit IConnect und iFusion sieht es hingegen schlecht aus. Auch bei niedrigsten Bitraten (16 kBit/s) setzt der Empfang immer wieder aus.

Wer einen Standard-Falcon besitzt, wird außer Radio hören jedoch nicht mehr viel machen können. Dafür verschlingt der Empfang einfach zu viele Systemressourcen. Mit einer schnelleren CPU dürfte die Situation schon besser aussehen.

Natürlich ist es mühsam, jedes Mal, wenn man einen bestimmten Sender hören möchte, erst eine Homepage oder ein Radioverzeichnis aufrufen zu müssen. Daher bietet es sich an, die Playlist-Funktion von FalcAMP zu nutzen um die Lieblingssender immer schnell griffbereit zu haben. Dies gestaltet sich momentan allerdings noch etwas schwierig, da per Hand (Texteditor) eine Playlist angelegt werden muss, in die man die Adressen, über die der Radiosender sendet, einträgt. Die Adresse kann den PLS-/M3U-Dateien entnom-

men werden, wenn man sie bspw. mit CABs Download-Modul herunterlädt. Etwas leichter geht es, wenn man sich der Hotlist von CAB bedient und dort einfach die Links auf die PLS-/M3U-Dateien einträgt.

Fazit

FalcAMP bietet Falcon-Usern eine interessante neue Möglichkeit, das Internet zu nutzen. Auf der einen Seite gibt es die klassischen Radiosender, die ihr Angebot zusätzlich über das Netz ausstrahlen. Hier hat man nun die weltweite Auswahl. Auf der anderen Seite gibt es viele Hobby- bzw. Amateur-Sender. So ist es relativ leicht, einen eigenen Server aufzustellen und ihn für Internetradio zu nutzen. Internetseiten wie Iive365 (Iive365.com) bieten diesen Service sogar kostenlos an. Damit eröffnet sich ein riesiges Radio-Angebot mit einem großen Spektrum an neuen Themen und Bereichen, die das klassische Radio so nicht bietet bzw. bieten kann. Wann kommt wohl der erste Atari-Sender?

Vielleicht gibt es in Zukunft ja auch eine Lösung, die mit Aniplayer zusammenarbeitet, damit Internetradio nicht nur Falcon-Besitzern vorbehalten bleibt.

[1] http://falcamp.atari.org/
[2] http://netset.com/~baldrick/

Erreichbare Übertragungsqualitäten
Verbindungsgeschwindigkeit mögliche Bitrate Qualität
14.400 Baud 8 kBit/s 11.025 Hz, Mono
19.200 Baud 16 kBit/s 11.025 Hz, Mono
28.800 Baud 20 kBit/s 11.025 Hz, Stereo
33.600 Baud 24 kBit/s 11.025 Hz, Stereo
48.000 Baud 32 kBit/s 11.025 Hz, Stereo
64.000 Baud ISDN 48 kBit/s 22.050 Hz, Stereo
96.000 Baud ISDN 56 kBit/s 22.050 Hz, Stereo
328.000 Baud ISDN 64 kBit/s 44.100 Hz, Stereo
384.000 Baud DSL 128 kBit/s 44.100 Hz, Stereo
Quelle: shoutcast.com
Jan Daldrup
Aus: ST-Computer 12 / 2001, Seite 28

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite