DSL und der Atari - Ein Praxisbericht

**In den letzten Monaten haben wir oft Anfragen erhalten, ob und wie DSL mit dem Atari nutzbar ist. Kein Wunder: Übertragungsgeschwindigkeiten bis 768 kbit reizen auch Atari-Anwender. Wir führen Sie in das Thema ein.

Seit über einem Jahr macht die Telekom Werbung für DSL. Angeblich deutschlandweit verfügbar - so ver spricht die Werbung - sieht die Praxis für viele Anwender leider anders aus. Selbst in Großstädten wie Berlin ist DSL noch nicht flächendeckend zu haben. Aber die Telekom bemüht sich, und so sind immer mehr Internetnutzer an DSL angeschlossen. Wer jedoch der Meinung ist, DSL tauge nur für den PC oder Mac, der irrt. Auch mit dem Atari und entsprechender Zusatzhardware ist DSL zugänglich.

Was ist DSL?

DSL ist die Abkürzung für Digital Subscriber Line (Digitale Anschlussleitung) und bezeichnet eine schnelle Internet Anbindung über Kupfer-Telefonleitungen, wie sie an nahezu jedem Telefonanschluss vorhanden sind. Unterschieden wird zwischen ADSL und SDSL. ADSL ist asymmetrisches DSL, d.h die Daten fließen nicht gleichschnell in beide Richtungen, bei SDSL sind Upstream (Daten vom Benutzer zum Internet) und Downstream (Daten vom Internet zum Benutzer) gleich schnell. Das von der Telekom angebotene T-DSL ist ein ADSL-Anschluss mit 768 kbit/sec Downstream und 128 kbit/sec Upstream. Das entspricht 12facher ISDN-Geschwindigkeit beim Downstream bzw. 2 facher Geschwindigkeit beim Up stream, wobei sich bei ISDN-Down- und Upstream 64 kbit/sec teilen müssen. Eine 10 MB große Datei ist so idealerweise in ca 2 Minuten aus dem Internet heruntergeladen.

Unbedingte Voraussetzung ist eine Ethernet-Schnittstelle am Atari, wie z.B. hier mit dem leider nicht mehr erhältlichen Ethernet-Adapter für den ROM Port von Elmar Hilgart.

Anschluss von DSL an den Computer

Wenn die Telekom DSL freigeschaltet und dem Benutzer das Paket mit der zusätzlichen Hardware zugestellt hat, muss diese erst einmal angeschlossen werden. Je nachdem, ob schon ISDN vorhanden war oder nicht, ist es mehr oder weniger aufwändig, alles anzuschließen. DSL ist nur im Paket mit ISDN zu haben.

Das DSL-Paket besteht aus einem Splitter und einem DSL Modem sowie einigen Anschlusskabeln. DSL benutzt eine andere Frequenz als ISDN (deswegen müssen für DSL die Kupferleitungen auch hochwertig genug sein), das Frequenzspektrum wird mittels des Splitters aufgeteilt. Es stehen so DSL und gleichzeitig zwei Telefonleitungen (ISDN) zur Verfügung. An den Splitter werden NTBA für ISDN und das DSL-Modem für DSL angeschlossen. Am Modem befindet sich ein Ethernet-Port (RJ 45 Anschluss) zum Anschluss eines üblichen PCs mit Netzwerkkarte.

Auf dem PC muss noch eine spezielle Treibersoftware installiert werden, denn auf der Verbindung zum DSL-Modem läuft ein spezielles Protokoll. Das Anschließen mehrerer PCs ist nicht ohne weiteres möglich, Treiber für den Atari gibt es (noch) nicht.

Voraussetzungen für DSL auf dem Atari

Da es keine Treiber gibt, muss eine andere Lösung her, und die gibt es auf dem Markt. DSL bietet eine solche Bandbreite, dass ohne Probleme mehrere Benutzer gleichzeitig die Internetverbindung nutzen können, ohne sich gegenseitig besonders zu beeinträchtigen. So ist die Geschwindigkeit selbst bei 10 an geschlossenen Computern noch immer besser als bei ISDN. Um die PCs jedoch unabhängig voneinander mit DSL betreiben zu können, wird ein dafür zuständiger Server oder Router benötigt, an den alle PCs per Ethernet angeschlossen werden. Der Server/Router ist als einziges Gerät direkt mit dem DSL-Modem verbunden und schaufelt die Daten hin und her. Der Server kann ein alter PC mit z. B. zwei Netzwerkkarten sein, zusätzlich wird dann noch ein Hub für das Ethernet benötigt. Das kostet jedoch insgesamt viel Strom, nimmt Platz weg und ist nicht einfach zu konfigurieren.

Als bessere Lösung werden auf dem Markt fertige Router angeboten. Diese sind oft nicht größer als zwei Zigarettenschachteln und müssen nur angeschlossen und einfach konfiguriert werden, danach versehen sie lautlos und stromsparend in einer Ecke ihren Dienst. Für Atari-Benutzer besonders empfehlenswert sind Router mit integriertem Switch, dann nämlich bremst die langsame Atari-Ethernetschnittstelle (meist 10 Mbit) die eventuell angeschlossenen PCs (100 Mbit) nicht aus. Die meisten Router haben eine Firewall integriert, die es Fremden erschwert oder gar unmöglich macht, sich heimlich in die angeschlossenen Computer einzuloggen und diese auszuspionieren. Außerdem werden die Router mit Rj-45 Kabeln angeschlossen, der alte BNC-Anschluss hat ausgedient. Ein Router mit Firewall und Switch mit vier Ports kostet ca. DM 350 -.

Ist der Router angeschlossen, wird er über HTML konfiguriert. Dafür wird, nachdem der Rechner entsprechend mit der richtigen IP versehen wurde, einfach die IP Adresse des Routers in den Browser (z B Cab) eingegeben. Unter anderem muss ggf. die voreingestellte IP des Routers geändert werden. Außerdem ist noch die Eingabe der Zugangsdaten für das DSL erforderlich, denn DSL ist keinesfalls eine Standleitung, sondern die Verbindung wird vom Router - sobald benötigt - aufgebaut.

Kosten

Für DSL gibt es eine Flatrate von T-Online, die DM 49.- kostet. Die Telekom-Tochter 1&1 bietet diese schon für DM 39.- an, dafür kann unbegrenzt im Internet gesurft werden, ohne dass es einen Pfennig mehr kostet. Fertig konfiguriert baut der Router die Verbindung auf, wann immer einer der angeschlossenen Computer auf das Internet zugreifen möchte

DSL am Atari

Auf Atari-Seite müssen natürlich auch noch einige Voraussetzungen erfüllt sein. So benötigt der Atari auf jeden Fall eine Ethernet-Schnittstelle mit entsprechender Treibersoftware. Hier bietet sich z.B STinG oder MiNTnet an. Dem Ethernet-Interface muss lediglich eine IP zugewiesen, die Subnetmaske richtig gesetzt und das Defaultgateway auf die IP des Routers eingestellt werden (siehe Bild mit „rc net" - mit STinG sieht es ähnlich aus, dort wird es aber mit der „route tab" und den CPXen eingestellt).

Diese „minimal rc net" Datei reicht aus, um eine Verbindung zu haben, sie wird bei richtig konfigurierten MiNT Systemen wahrend des Bootvorgangs ausgeführt.

Praxis

Jetzt surft es sich viel angenehmer. Browser, E-Mail Client oder ICQ einfach gestartet, baut sich die Internetverbindung auf, sobald ein Zugriff ins Internet erfolgt, das lästige Einwählen entfallt Der Router hat eine Einstellung, nach einer bestimmten Zeitspanne ohne Internetzugriff die Verbindung zu trennen (ohne Flatrate ist ein Wert von 5 Minuten sinnvoll, mit Flatrate sind 15 Minuten angenehmer, falls man mal eine etwas längere Textseite liest und gleich weiter surfen mochte).

Bei Programmen wie aICQ oder AtarIRC merkt man den Unterschied zu ISDN nicht, diese profitieren nicht von der erhöhten Bandbreite, weil sie sowieso nur einen geringen Teil beanspruchen (Ausnahme: beim DCC-Get/ Send im IRC). Auch bei normalen Text-E-Mails merkt man den Performance-Unterschied nicht, aber wenn längere Dateianhänge ins Spiel kommen - sei es, weil man sie verschickt oder empfängt - ist der Geschwindigkeitsunterschied spürbar (je nach Mailserver allerdings unterschiedlich), immerhin sind E-Mails damit doppelt so schnell verschickt und fast dreimal so schnell empfangen (warum „nur" dreimal, s.u.).

Auch beim Surfen bauen sich die Seiten deutlich schneller auf, da der Browser nicht mehr so lange auf die Daten warten muss. Leider bringt das jedoch nicht den erhofften Geschwindigkeitszuwachs, dem stehen die Schwächen von CAB im Wege. CAB arbeitet seriell, es wird also immer eine Datei zur Zeit geladen, aufgebaut, konvertiert etc. Würde CAB dagegen beim Aufbau eines Bildes gleichzeitig das nächste herunterladen, dann ginge es richtig flott voran - die Daten stünden dann immer sofort (wie auf der eigenen Festplatte) zur Verfügung. Trotzdem ist das Surfen deutlich schneller als mit ISDN.

Als weiteres Handicap steht sich das Internet selbst im Weg. Das Internet besteht aus Millionen von Rechnern, die miteinander verbunden sind. Diese Verbindungen sind unterschiedlich schnell und auch unterschiedlich ausgelastet. So kommt es durchaus vor, dass die Daten nur mit 2 kB/s durch die Leitung kleckern, statt mit 20 oder 80 kB/s. Da hilft auch kein DSL. Besonders zu Stoßzeiten macht sich dies negativ bemerkbar (z.B. zwischen 18 und 22 Uhr abends). Als Faustregel kann gelten: Je näher ein Server am Provider dran ist und je besser dessen Verbindung, desto schneller geht es auch. So sind gute in Deutschland stationierte Server meist sehr schnell, bei Verbindungen nach Osteuropa oder in andere Länder kann es schonmal hakeln.

Besonders prädestiniert ist DSL für den Download größerer Datenmengen, sei es per http- oder ftp-Protokoll. Hier sind 10 MBytes theoretisch in zwei Minuten heruntergeladen - die Festplatten von MP3-Freaks mit DSL füllen sich so recht schnell. Auch Videos sind fix heruntergeladen. Leider jedoch bremst der Atari die Verbindung aus noch ungeklärter Ursache. So war es auf dem Testcomputer nicht möglich, eine Datei mit mehr als 20 kB/s herunterzuladen. Es ist jedoch möglich, die volle Bandbreite zu nutzen, indem mehrere Downloads gleichzeitig ausgeführt werden. Diese laufen dann alle mit bis zu 20 kB/s. Werden also z.B. vier MP3s mit je 20 kB/s gleichzeitig heruntergeladen, ergibt sich in der Summe 80 kB/s. Wohlgemerkt - mit ISDN waren es gerade einmal 8 kB/s.

Im gleichen Netzwerk mit dem gleichen Router wurden von einem angeschlossenen PC übrigens über 80 kB/s beim Download einer Datei erreicht. Auch die Verbindung vom Atari zum PC ist sehr schnell. So wurde beim Download einer Datei vom PC auf den Atari eine Geschwindigkeit von knapp 150 kB/s gemessen - mit dem Ethernetadapter am ROM Port eine beachtliche Geschwindigkeit. Was also genau die Bremse bei der Kombination Atari Router DSL ist, bleibt schleierhaft.

Erst beim parallelen Download mehrerer Dateien kommt DSL auf dem Atari richtig zum Tragen Die Summe aller Downloads ergibt hier 67 562 Bytes/sec - mit einem Modem oder ISDN undenkbar

Weitere Vorteile

Es gibt noch einige weitere Vorteile der Verbindung über DSL. So ist z.B. die serielle Schnittstelle des Ataris während des Surfens frei, so dass hier z.B. gleichzeitig ein Maustausch stattfinden kann oder Bilder einer Digitalkamera heruntergeladen werden können. Auch bremst ein Download die Internetverbindung nicht aus. Während aMail Mails abholt, mit aFTP die neuesten Sparemint-Pakete heruntergeladen werden und Cabload gerade den neuen Lieblingssong saugt, kann ungestört weitergesurft werden. Nicht zu vergessen ist die Bequemlichkeit, dass die Verbindung automatisch auf- und abgebaut wird.

Weiterhin bietet DSL bessere Qualität bei Internetradio Anwendungen (auf dem Atari mit FalcAMP möglich), hier können mit der höheren Bandbreite auch qualitativ bessere Sender empfangen werden. Mit einem kleinen Trick lassen sich auch z.B. MP3-Dateien noch während des Downloads anhören. Handelt es sich um eine Datei, die mit 128 kbit/s enkodiert wurde, und der Download läuft entsprechend mit mindestens 16 kB/s, kann sofort nach Beginn des Downloads die MP3~Datei mit dem Aniplayer abgespielt werden. Dieser hat zwar Probleme mit der Anzeige der aktuellen Position, aber wenn die Daten genauso schnell aus dem Internet fließen, wie Aniplayer sie abspielt, gibt es ungestörten Hörgenuss - ein MP3-Livestrem über Umwege.


Benjamin Kirchheim
Aus: ST-Computer 12 / 2001, Seite 24

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