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TOS-Rechner auf G4-Basis aus Amerika?

Der Tsunami soll auf Wunsch in einem Mini-Tower aus Stahl lieferbar sein.
Die Tastatur arbeitet mit sensitiven Tasten.

Merlancia plant Multi-OS-Rechner. Das amerikanische Unternehmen Merlancia Industries plant die Veröffentlichung eines neuen TOS-Rechner auf Basis des PowerPC G4 von Motorola. Wie uns Ryan Czerwinski, CEO von Merlancia, in einem Telefonat bestätigte, basiert der "MMC Tsunami" auf dem C4-Board der deutschen Firma bplan (wir berichteten). Die CPU sei austauschbar. Unter anderem seien der Motorola C4/7410 und der C4/7450 einsetzbar.

Der Tsunami ist das erste Modell einer kompletten Serie von Multimedia-Hardware, die u.a. auch PDAs enthalten soll. Lauffähig sein sollen die Betriebssysteme AmigaOS, AmigaDE, Linux, QNX und vielleicht auch BeOS. Merlancia suchte außerdem via einer öffentlich Mail in der Newsgruppe "comp. sys.atari.st" Kontakt zum Inhaber der Rechte am Atari-Betriebssystem TOS, um dieses auf dem Tsunami läuffähig zu machen. Milan Computersysteme bestätigte uns mittlerweile, dass man als Inhaber der TOS-Rechte Kontakt zu den Amerikanern aufgenommen hätte und grundsätzlich an einer Zusammenarbeit und dem Beisteuern des weiterentwickelten TOS interessiert wäre, sofern Merlancia ein interessantes und ernst zu nehmendes Konzept vorlegen könne.

Das dem Tsunami zugrunde liegende bplan-Board weiß durch moderne Komponenten wie PCI- und ACP-Schnittstellen, USB- und FireWire-Ports usw. zu überzeugen. Von dessen Lauffähigkeit (unter Linux) konnten sich Redaktionsmitglieder unserer Schwesterzeitschrift AMIGAplus bereits vor Ort überzeugen. Weitere Eckdaten in der Übersicht:

Ryan Czerwinski im Interview

Die TOS-Kompatibilität soll durch eine 68k-Emulation (Morph OS) gesichert werden. Diese Software-Lösung existiert bereits und ist auf dem Amiga im Einsatz.

Der Tsunami soll das erste Produkt einer neuen Serie von Multimedia-Hardware namens "Torro" sein, die die Firma Merlancia ab diesem Jahr veröffentlichen will.

Merlancia beschäftigt derzeit 1 3 Mitarbeiter, von denen fünf am Torro-Projekt arbeiten. Besonders stechen unter diesen Mitarbeitern ehemalige hochrangige Entwickler von Commodore und Amiga Technologies hervor, allen voran Dave Haynie. Haynie war z.B. 1983 maßgeblich an der Entwicklung des Commodore TED beteiligt. Außerdem arbeitete er am C=128, dem Nachfolger des C=64 mit. Später wechselte er dann in Commodores Amiga-Division und zeichnete sich hier für wichtige Teile des Amiga 2000 verantwortlich. Er gilt außerdem als "Vater" des Amiga 3000. Im Software-Team von Merlancia findet sich außerdem Chris Aldi, der u.a. das neue Oberflächen-System "ReAction" des AmigaOS 3.5 bzw. 3.9 entwickelt hat.

Auch über die Preisgestaltung gibt es erste Angaben. Realistischerweise will Merlancia den Tsunami etwas unter den Preisen eines G4-Macs ansetzen. So soll der Preis je nach Ausstattung zwischen knapp $ 2000.- und $ 2500.- liegen. Lieferbar sein soll der Tsunami ab Ende November 2001. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits das TOS mitgeliefert wird, sei aber noch nicht klar.

Merlancia wird den Rechner nicht primär für den Atari-Markt veröffentlichen, sondern versteht sich in erster Linie als Unternehmen, das für den Amiga-Markt produziert. Zusätzlich zum AmigaOS und zum AmigaDE sollen auf dem Tsunami jedoch auch andere Betriebssysteme lauffähig gemacht werden, um einen breiteren Markt abzudecken. Dazu gehören in erster Linie Linux und QNX. Ob auch BeOS und sogar Mac OS für den Tsunami angeboten werden, steht derzeit noch nicht fest. Merlancia hat jedoch großes Interesse, auch das TOS auf dem Tsunami laufen zu lassen. Voraussetzung sei hier jedoch die Anpassung und die Zusammenarbeit mit Milan Computersystems als Inhaber der TOS-Rechte.

Ryan, Merlancia Industries ist bisher nur in Amiga-Kreisen ein Begriff. Kannst Du uns das Unternehmen kurz vorstellen?

Merlancia war ursprünglich der Name von Produkten, die ich entwickelte, während ich Teil einer Firma namens "Plainview Electronic Design" war. PED wurde 1977 gegründet und arbeitete als Zulieferer für Firmen wie Atari, Commodore, Apple, Tandy und viele andere. 1986 verließ ich dann PED und gründete Merlancia Industries. Merlancia entwickelt seitdem Industrie- und Endkundenprodukte. In der Amiga-Community dienen wir seit 1983. Derzeit arbeiten wir an einer kompletten Serie von Multimedia-Produkten für Industrie und Anwender. Wir sind dabei mit einigen Partnerunternehmen zusammengeschlossen.

Hat Merlancia auch Wurzeln im Atari-Markt?

Ja, wir haben viele Jahre direkt mit Atari zusammen gearbeitet. Ich hatte geschäftliche Beziehungen zu Jack Tramiel und kenne viele ehemalige Atari-Ingenieure, mit denen ich zum Teil immer noch in Kontakt stehe.

Wie groß war und ist der Atari-Markt in Amerika?

Nun, Atari war in den USA eine sehr lange Zeit die führende Computerspiele-Firma und ist auch heute noch als solche bekannt. Auch der Atari-Computermarkt war eine Zeitlang recht groß, sowohl 8 Bit als auch ST. Der Atari war jahrelang ein harter Konkurrent für den Amiga, und die "Power without the Price"-Kampagne war meiner Ansicht nach eine brillante Idee und deckt sich mit unserer Philosophie.

Heute ist der Atari in Amerika selbst gegen den Amiga ein Zwerg. Dabei besitzen viele Leute noch ein Atari-System, nutzen es aber nicht. Die Ausnahme sind Musiker. Der Falcon hat hier nur sehr wenig Aufmerksamkeit erfahren, und viele Anwender haben hier nie einen Atari-Clone gesehen, wenn sie ihn nicht aus Europa importiert haben.

Warum will Merlancia dann einen neuen TOS-Rechner veröffentlichen?

Wir sind uns des Markts in Europa bewusst und denken, dass die Nachfrage groß genug ist. Die Tatsache, dass wir MIDI-Ports integriert haben, ist kein Zufall. Wir planen das System für die verschiedensten Multimedia-Anwendungen, und der Atari wird immer noch als die Plattform für digitale Musik angesehen.

Merlancia will das TOS auf dem Tsunami zum Laufen bekommen. Gibt es Pläne für die Portierung von MiNT bzw. MagiC?

Wir hoffen jede Betriebssystemerweiterung auf dem Tsunami laufen zu lassen durch unsere 68k-Emulation.

Welches Board nutzt der Tsunami?

Es handelt sich um ein Standard-ATX-Board. Es ist modular aufgebaut, sodass es erweitert und abgespeckt werden kann. Der Tsunami soll dabei die Mittelklasse einer geplanten Serie bilden. Unser Board ist dabei eine Ableitung des bplan-G4-Boards. Wir haben jedoch auch einige eigene Designs in der Hinterhand. Wir sind also nicht von bplan abhängig, sondern nutzen lediglich deren Design. Warum sollten wir auch so ein brillantes Produkt ignorieren? Durch bplan sparen wir Zeit, die wir für andere Aspekte nutzen können.

Du sprachst über die 68k-Kompatibilität…

Ja. Wir werden einen 68k-Übersetzungskernel in die Firmware einsetzen. Ralph Schmidt, der Entwickler von MorphOS, wird zusammen mit unseren Ingenieuren an dieser Firmware arbeiten.

Welche anderen Betriebssysteme sollen auf dem Tsunami arbeiten?

AmigaOS ist unsere Priorität. Außerdem planen wir mit Mac OS, QNX, Linux und BeOS. Wir bieten jedoch auch eine x86-Emulation in unserer Firmware. Man könnte also theoretisch auch Windows einsetzen - obwohl ich persönlich das nicht einmal tun würde, wenn man mir eine Pistole an die Schläfe hielte (lacht).

Im Tsunami soll das G4-Board des deutschen Herstellers bplan zum Einsatz kommen.

Wieviele Leute arbeiten derzeit an dem Projekt?

Insgesamt arbeiten 13 Mitarbeiter daran, 5 kommen dabei direkt von Merlancia. Neben mir (CEO) gehören dazu so bekannte Namen wie Harv Laser (Managing Director), Dave Haynie (CTO), Chris Aldi (Software Atchitect), David Crawford (Programmer), Malcolm J. Brenner (PR), Jon Carroll (Conceptionual Artist) und Gerald Withers (Deutsche Compliance). Am bekanntesten davon ist sicher Dave Haynie, der schon für Firmen wie Commodore, Amiga Technologies, Scala und met@box tätig war. Er entwickelte z.U. den Amiga 3000.

Wie sieht Euer Zeitplan für den Tsunami aus?

Wir haben bereits eine Alpha-Version veröffentlicht. Das Pilot-System für Entwickler wird im August ausgeliefert. Die finale Version erwarten wir im November oder Dezember 2001.

Habt Ihr euch schon Gedanken über den Preis gemacht?

Wir planen mit etwa denselben Preisen, die Apple für einen Mittelklasse-G4 nimmt, vielleicht auch niedriger. Der Preis wird zwischen $ 1999.99 und $ 2499.95 liegen.

Der Tsunami wird dabei nur der erste Schritt einer ganzen Serie von Geräten sein. Dazu gehören Settop-Boxen ebenso wie High-F.nd-Workstations und Handheld-Systeme. Die Spezifikationen finden sich auf unserer Webseite.

Aus dem Konzeptentwurf schließe ich, dass Du Edelstahl magst?

Nun ja, ich überlege derzeit die Wände meiner Wohnung in Edelstahl verkleiden zu lassen. Vielleicht im nächsten Jahr... (lacht).

MagiC 6.2 - Update für alle MagiC-Plattformen

Entgegen aller anderslautender Gerüchte hat Application Systems Heidelberg die Weiterentwicklung seines Betriebssystems MagiC nicht eingestellt.

Wie uns ASH mitteilte, wird in wenigen Wochen das Update auf die Version 6.2 des Multitasking-Systems für Atari, Milan, Macintosh und PC erscheinen. Alle Versionen haben in erster Linie im GEMDOS-Bereich tiefgreifende Veränderungen erfahren, die äußerst aufwändig zu realisieren waren. So wird MagiC 6.2 eine stark erhöhte Kompatibilität zu MiNT aufweisen. Für den Anwender ist eine Konfigurierbarkeit der Geräte im Verzeichnis "u:/dev" hinzu gekommen. Außerdem wurde das Standard-Tool VT 52 überarbeitet, das sich nun auch ikonifizieren lässt. Darüber hinaus wurden viele Fehlerkorrekturen vorgenommen. Das Patchprogramm ist laut Angaben des Hauptentwicklers Andreas Kromke übrigens bereits fertig und befindet sich gerade in der Testphase. Das Update von 6.1x-Versionen wird dabei kostenlos von der Homepage von ASH herunterladbar sein.

Weiterhin in Arbeit ist auch MagiCMac für das neue Apple-Betriebssystem Mac OS X. Hier wird ebenfalls der neue Kernel 6.20 Verwendung finden. Allerdings dämpft ASH hier besonders die Erwartungen in das erste Release: MagiCMac für Mac OS X wird anfangs nicht dem Leistungsumfang der Classic-Version entsprechen können. So läuft das Programm bisher langsamer als die normale Version, außerdem ist NVDI derzeit noch nicht einsetzbar. Die Gründe liegen dabei in der mangelnden Qualität von Apples Carbon-API sowie in der fehlenden Zusammenarbeit mit den Entwicklern von NVDI.

Vor 10 Jahren - die st-computer 07/08-1991

Retro-Stimmung. An dieser Stelle möchten wir die Zeit wieder einmal etwas zurückdrehen und einen Blick in die st-computer von vor 10 Jahren werfen. Thomas Raukamp stieg daher in sein staubiges Kellerarchiv um in Erinnerungen zu schwelgen.

Heute betreiben viele MagiC-Fans ihren "Atari" mittels MagiCMac auf einem Macintosh. In der Ausgabe 07/08-1991 wurde der umgekehrte Weg vorgeführt. Die Version 3.0 des Mac-Emulators Spectre versprach das Betreiben eines Mac Plus auf ST, STE und TT. Die Lösung bestand aus Hard- und Software und kostete 570 DM. Bedenkt man ,zu welch exklusiven Preisen Anfang der 90er noch originale Mac-Hardware den Besitzer wechselte, ein wahrlich günstiger Preis.

Omikron-Software war '91 ebenfalls noch sehr aktiv im Atari-Markt. Die st-computer konnte die Version 4 der Tabellenkalkulation K-Spread vorstellen.

Infektiös war dagegen der "ST Report", der den Atari in der Anwendung zeigt. Vorgestellt wird der ST im medizinischen Bereich bei der Rasterfahndung nach Erregern von Krankenhausinfektionen.



Aus: ST-Computer 07 / 2001, Seite 6

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