Backup-Software für den Atari

Da programmiert Atari-Fan X aus Y seit zwei Jahren an dem ultimativen GEM-Officepacket mit Java und ein Plattencrash macht alles zunichte. Dumm auch, dass die einzige Sicherheitskopie aus einem Testprogramm bestand, das "Hallo Welt" im GEM-Fenster ausgab.

Dieses Beispiel zeigt, das regelmäßige Backups durchaus wichtig sind. Dokumente, Videos und Töne werden zunehmend digital aufbewahrt und für so manche Firma käme ein Computerversagen auch dem Firmenzusammenbruch gleich. Man stelle sich z.B. vor, ein Vertrag mit elektronischer Unterschrift wird durch einen Virus gelöscht. Das eingangs erwähnte Szenario ist ebenfalls nicht unrealistisch, denn es gibt durchaus Programmierprojekte, die auf diese Weise beendet wurden.

Backup-Systeme für den Atari sind fast so alt wie der ST selbst. Die st-computer testete sehr früh passende Streamer-Systeme und auf Messen wurden Industrie-taugliche ST-Umbauten mit Backup-Systemen vorgestellt. Eine Vorstellung einiger Backup-Programme soll dieser Artikel liefern.

GEMAR

GEMAR ist ein Backupprogramm für SCSI-Streamer. Die aktuelle Version 3.06 hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Neben dem ST/TT/Falcon läuft das Programm auch unter Emulatoren und Clones. Die Installation ist sehr einfach und wird in einer Textdatei beschrieben. Vier Dateien werden auf die Festplatte in einen beliebigen Ordner kopiert. Anschließend kann man einen Blick in den PAR-Ordner des GEMAR-Archivs werfen. Dort sind bereits einige fertige Parameterdateien für diverse Streamer (Tabelle). Liegt dort bereits eine passende Datei, so wird diese zu den vier anderen kopiert und das Programm gestartet. Es bedeutet nicht, das GEMAR denn Streamer nicht unterstützt, sollte eine Parameterdatei fehlen, sondern das die passenden Parameter per Hand eingestellt werden müssen. Dies geschieht in GEMAR selber unter einer sauberen GEM-Oberfläche.

Nach dem Start baut GEMAR seinen eigenen Desktop mit den Laufwerkssymbolen auf. Der Desktophintergrund läßt sich einstellen, aber nicht abschalten. Hier zeigt sich das Alter des Programms, aber da man Backup-Programme nach dem Backup meist wieder beendet und nicht die ganze Zeit laufen läßt, kann man dies verschmerzen.

Zuerst sollte dem Parameter-Dialog ein Besuch abgestattet werden. Hier kann man überprüfen und ggf. ändern, ob die Streamer-Adresse stimmt. An SCSI-Adaptertypen werden vier unterstützt: c't DMA-SCSI-Adapter, TT, Falcon und jeder beliebige DMA-SCSI-Adapter.

Mit "Band Laden" im "Streamer"-Menü wird das Band verfügbar gemacht. Es wird nun wie ein normales Laufwerk auf dem GEMAR-Desktop angezeigt. Dies bedeutet auch, dass die Streamer-Adresse stimmt.

Die Laufwerks-Icon lassen sich wie unter GEM üblich öffnen. Im Inhaltsverzeichnis kann man nun Dateien und Ordner selektieren, von denen eine Backup-Kopie erstellt werden soll. Die Selektion ist im Detail etwas anders als gewohnt. Mehrere Ordner werden selektiert, ohne die SHIFT-Taste zu drücken; deselektieren kann man entweder durch erneutes anklicken oder dem Menüpunkt "Auswahl deselektieren". Natürlich steht auch das Radiergummi zur Verfügung. Das die Navigation in den Ordnern schnell geht, ist kein Wunder - GEMAR liest vor dem Anzeigen des Laufwerksfenster alle Dateinamen und ihre Attribute ein. Die Anzeige offenbart auch, das GEMAR lange Dateinamen unterstützt.

Als weitere Selektionsfunktion stehen Markierung nach Namen, Datum und Attribut parat. Ordner werden auf Wunsch mit einbezogen. Die Dateien auf die den Suchparametern entsprechen können entweder zur Auswahl hinzugefügt (Add) oder abgezogen (Sub) werden.

Backup

Im Backup-Dialog läßt sich die Art des Backups einstellen. Wenn keine Dateien selektiert waren, stehen die Backup-Arten Full, Incremental, Daily und Shell zur Auswahl. "Full" sichert alle Dateien der Festplatte, "Incremental" alle, die nach dem letzten vollen Backup verändert wurden und "Daily" alle mit gesetztem Archiv-Bit. "Shell" sichert alle markierten Dateien. GEMAR braucht aus technischen Gründen während des Backups möglichst viel Speicher. Außerdem sollte man unter Multitasking-Systemen nicht auf die Idee kommen, einen Raytracer laufen zu lassen, während das Backup läuft. Zum einen benötigt GEMAR alle Rechenleistung, damit der Transfer von Festplatte zu Streamer reibungslos läuft und zum anderen müssen die Daten gepuffert werden. Unter MiNT sollte GEMAR daher die höchste Priorität zugewiesen werden. Da man kaum alle Prozesse vor dem Backup entfernen kann, sollte man zumindest die beenden, die ohne Zustimmung auf die Festplatte zugreifen (z.B. virtuelle Speichermanager).

Neben dem File-Backup kennt GEMAR das Image-Backup. Hierbei wird eine gesamte Partition auf einem Band gesichert. Man kann daher nur die gewünschten Partitionen auswählen; die Liste wird aus dem Rootsektor gelesen, wobei das Programm die Festplattentreiber AHDI und CBHD unterstützt. Der Vorteil vom Image-Backup ist die Unterstützung alternativer Betriebssysteme, wie z.B. OS9/68000, Minix oder Spectre.

File- und Image-Backup lassen sich nicht auf einem Band mischen.

Parameter

Wer genug Zeit hat und mehr Informationen während des Backupvorgangs benötigt, kann "Verbose" anstellen, womit dann auch z.B. der Pufferfüllungsgrad angezeigt wird. Praktisch bei häufigen Backups ist die Löschung des Archiv-Bits nach dem Sichern auf das Streamer-Band. Der Sicherheit dient das Backup-Passwort. Vor der Sicherung auf das Band können die Daten komprimiert werden.

Schließlich gibt es noch die Speichernutzung zu regeln. Die Größe des Backup- und Restore-Puffer muß nicht identisch sein. Der maximale Speicher bestimmt die Größe des für die Pufferung zu verwendenden Speichers.

Restore

Die Wiederherstellung von gesicherten Daten läuft genauso ab wie das Backup. Die Dateien können natürlich an einen beliebigen Ort kopiert werden.

Streamer-Steuerung

GEMAR hat eine eingebaute Fernbedienung für den Streamer, die vier Aktionen umfaßt: Band neu spannen, zurückspulen, ans Ende spulen und löschen.

Batchfähig

Aktionen können in einem Batch zusammengefaßt werden. Somit können häufig wiederkehrende Aktionen weitgehend automatisiert werden. Per Batch läßt sich der Index einlesen, Dateien (de-)selektieren und das Backup durchführen. Die Batch-Sprache besteht aus ein paar englischen Begriffen, die, mit Parametern, praktisch das ganze Programm bedienen können. Eine Ausnahme bildet lediglich das Wiederherstellen eines Backups, welches aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist - man könnte sonst schließlich mit der Sicherheitskopie versehentlich das Original überspielen. Die Batch-Vearbeitung ist nur in der registrierten Version möglich.

Hilfsfunktion

GEMAR benutzt ein eingebautes Hilfssystem, das aus fast jedem Dialog zu erreichen ist. Die Bedienung entspricht zum großen Teil dem ST-Guide, nur benötigt man einen Doppelklick für die Links. Warum nicht gleich der ST-Guide benutzt wurde liegt vermutlich am geringeren Speicherverbrauch eines internen Systems verglichen mit dem Guide. Zudem dürfte sich das Hilfssystem unproblematischer beim Backupvorgang verhalten.

Oberfläche

Alle Dialoge liegen in Fenstern, die Oberfläche ist größtenteils auch per Tastatur zu bedienen. Mancher Menüpunkt liegt allerdings an ungewohnter Stelle. So sind die Fenster-Funktionen mit im Bearbeiten-Menü untergebracht und die Hilfe versteckt sich im Datei-Menü. Die Laufwerksicons könnte man auch in einem Fenster unterbringen.

Goodie-Bag

Ungewöhnlich ist eine Beigabe von GEMAR: der offizielle GEMAR-Bildschirmschoner für Before Dawn, der sich bekanntlich auch unter dem aktuelleren BUBBLES verwenden läßt. Gemini-Fans finden in einem der Unterverzeichnisse fertige Mupfel-Scripte. GEMAR-Icons für den Desktop liegen ebenfalls bei. XFS-Treiber, um Streamer als logisches Laufwerk anzumelden, liegen für MiNT und MagiC bei.

Fazit

Die leichten Irritationen durch die Benutzeroberfläche sind nicht sonderlich gravierend und so kann man Streamer-Besitzern GEMAR eigentlich nur empfehlen.

Beiliegende Parameter-Dateien

ELFBACK - Houston, wir haben ein Problem

Direkt aus Houston, Texas kommt das neueste Backupprogramm von E.L.F. Software. Im Programmarchiv befindet sich neben einer Version für alle Ataris auch eine spezielle TT-Version, die den 68030 und 68881 ausnutzt auch eine englische Anleitung (13 KB) und Icons für den Desktop.

Elfback versteht sich als Backup-Programm für geringe Ansprüche und geringe Datenmengen. Nach dem Start öffnet sich der Hauptdialog in schicker 80er Jahre Retrooptik. Vier Buttons warten auf den Mausklick: Backup, Restore, Verify und Quit.

Nach dem Klick auf "Backup" erscheint die eingebaute Dateiauswahl. Wer als MagiC- oder N.AES-Benutzer hier nur Verzeichnisse, aber keine Dateien sieht, braucht sich nicht zu wundern: Elfback benötigt ein Standard-GEMDOS-Dateisystem, d.h. lange Dateinamen werden nicht unterstützt! Liegen die gewünschten Dateien in verschiedenen Verzeichnissen, so lassen diese sich leider nicht einfach zu einer Liste zusammenfügen, sondern man muß sich durch mehrere Backup-Vorgänge behelfen. Neben einzelnen Dateien kann auch das gesamte Laufwerk oder Verzeichnis gesichert werden. Hat man sich entschieden, wird der Vorgang mit "Select" fortgesetzt.

Im vorletzten Dialog vor dem Backup kann eine Kompression eingeschaltet und der Name der Backup-Datei festgelegt werden.

Anschließend folgt die Wahl des Backupgerätes: Laufwerk A/B, das Clipboard oder ein Archiv auf Festplatte. Ob man Disketten als Backupmedien noch ernstnehmen kann, sei dahingestellt, auf jeden Fall sollte man keine Diskette nehmen, auf der bereits Daten sind, denn Elfback formatiert die Diskette vor dem Backup. Bei der Formatierung unterstützt das Programm sogar einseitige Disketten mit 360 KB(!) - als Zugeständnis an die Zukunft wurde aber auch an HD-Disketten (1,4 MB) gedacht.

Die Speicherung als Archivdatei kann auf ein beliebiges Laufwerk erfolgen. Nur lange Dateinamen darf es nicht enthalten, denn alles, was nicht nach TOS riecht, wird von Elfback mit einem "Nicht genug Speicher" angebellt.

Wenn eine Datei zu groß für eine Diskette ist, kann sie aufgespalten werden.

Bedienung

Das Programm besteht aus einer Reihe von Dialogboxen durch die man sich durchhangelt. Die Beschriftung der Buttons ist nicht immer logisch. Das Programm kann nicht über die Tastatur bedient werden und wirkt durch Farbwahl und Benutzerführung wie ein Programm der späten 80er. Immerhin hat man die Dialogboxen noch in Fenster verfrachtet, nur der Hilfsdialog wurde vergessen und sorgt mitunter für leichtes Grafikchaos auf dem Bildschirm. In den Fensterdialogen fehlt das Iconify- und oft auch das Schließen-Feld.

Fazit

Elfback bietet kaum Erleichterungen im Vergleich zum "normalem" Backup per Desktop oder Archivierer und ist damit praktisch sinnlos. Die Verbesserungen der v3.0 bestanden im wesentlichen in der Verbesserung des Kompressionsalgorithmus. Elfback ist Shareware.

dbackup

Ein reines Kommandozeilentool ist dbackup. Obwohl dies ein relativ kleines Programm ist, verfügt es über einige Funktionen. Standardmäßig sichert es alle Dateien mit dem Archiv-Flag. Alternativ können auch Dateien mit bestimmten Endungen berücksichtigt werden, z.B. "bak.tmp" oder Dateien mit einer festgelegten Größe. Das Backup kann über ein festgelegtes Archivierungsprogramm komprimiert werden. Eine Batch-Datei wird ebenfalls unterstützt, so das man dbackup fast als Mini-GEMAR bezeichnen könnte. Das Programm ist, im Gegensatz zu Elfback, nicht so stark auf Disketten spezialisiert - Hauptsache das Laufwerk ist irgendwie in das System eingebunden.

Größter Nachteil ist sicherlich, dass der Bedienkomfort praktisch nicht vorhanden ist. Eine passende Shell gibt es nicht und die Anleitung ist auch noch in Englisch.

Hard Disk Backup

Scheinbar gedeihen Backup-Programme im Stile von Elfback in den Staaten ganz beachtlich, denn HDB erinnert ziemlich an die Backuplösung aus Houston. HDB führt Dateibasierte Backups durch und konnte es beim Start gar nicht fassen, das jemand auf die Idee kommt, es drei Monate nach seinem 14. Geburtstag zu starten. Die Nachteile sind in etwa die gleichen wie bei Elfback, Vorteile sind zwar nicht vorhanden, aber trotzdem an dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, HDB!

Weitere Programme

Dies sind bei weitem nicht alle Backup-Programme. Ein paar mußten leider aus den verschiedensten Gründen unter den Tisch fallen.

E-Backup - ein modernes Backupprogramm. Es kann Sicherungen auf beliebige Medien durchführen und kann das Backup nach dem LZH-Algorithmus komprimieren. Die Dateiauswahl erfolgt über ein Fenster, das allerdings wesentlich gelungener aussieht als das von Elfbackup. Die Benutzeroberfläche ist modern, die Dialoge liegen in Fenstern und sich auch mit der Tastatur bedienbar. E-Backup läßt sich wie GEMAR über eine Batch-Datei automatisieren. Das Programm ist komplett in Deutsch, leider lag jedoch zum Test kein Exemplar vor. E-Backup wurde in der Ausgabe 3/96 der Atari Inside getestet.

Hard Disk Utility - reichlich angestaubtes Backupprogramm, das sich mal im Vertrieb von ASH befunden hat. Die Bedienung ist allerdings sehr umständlich und zudem ist das Programm nicht gerade mit Funktionen gesegnet.

Kobold - eigentlich "nur" ein Kopierprogramm, aber Kobold ist so konfigurierbar, das man damit mühelos Backup-Funktionen ausführen. Jobs und Makro-Dateien ermöglichen es bspw. alle Dateien zu kopieren, die nach einem bestimmten Datum geändert wurden. Leider ist auf der ASH-Homepage nur der Updater auf v3.51, aber nicht die Demoversion selber zu finden.

Trends

Backup-Software könnte es - geht es nach dem Willen einiger Welt-Konzerne - bald nicht mehr geben. Microsoft und andere Firmen sind der Meinung, das die Daten der Benutzer nur an einen Platz gehören - ihre Server. Wenn also die wichtigen Dokumente zukünftig auf einem Rechner in Redmond lagern, dann kann man nur hoffen, das dort eine gute Backup-Software installiert wird.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 06 / 2001, Seite 24

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