Was macht eigentlich… Harald Egel?

Herr Egel, Sie haben die st-computer jahrelang als Chefredakteur geleitet. Wie kam es damals zur Entwicklung der stc?

Ursprünglich hatten 1985 vier Studenten der FH Frankfurt, Uwe Bärtels, Marcelo Merino, Harald Schneider und Harald Egel beim Heim Verlag in Darmstadt einen Buchvertrag unterzeichnet. Der Atari ST war gerade auf den Markt gekommen und es war dringender Bedarf an Literatur, Das Buch ging zügig voran und wir sahen schon bald, dass es viel mehr Sinn machen würde, eine regelmäßige Publikation, die ST-Computer, auf den Markt zu bringen. Nach Gesprächen mit dem Verlag erschien dann im Januar 1986 die 64-seitige Erstausgabe mit allgemeinen information, Programmlistings und Hardwaretipps.

Sie haben während dieser Zeit die Höhen und Tiefen des Atari-Markts miterlebt. Was waren für Sie rückblickend die Hoch- und Tiefpunkte des Markts?

Ich denke, man muss da zwischen der Technik und dem Marketing von Atari differenzieren. Die größte Verbreitung hatten die st-computer und auch die Atari-Rechner sicherlich zur Zeit der Mega STs. Die Maschine war robust und ließ auch für Hardware-Drittanbieter jede Menge Möglichkeiten offen. Mit dem TT und dem Falcon hielt die Multilayer-Technik Einzug auf den Atari-Platinen, was dies deutlich erschwerte. Rein markttechnisch betrachtet war der Atari zu dieser Zeit ein MUSS für jeden Musiker und jedes Tonstudio. Firmen wie Steinberg und Emagic lieferten die passende Profisoftware. Aber auch durch die Tatsache, dass sich die "großen" Firmen wie z.B. Microsoft nicht um den Atari kümmerten, entwickelte sich vor allem in Deutschland ein Softwaremarkt, von dem viele noch heute profitieren. Ehemalige Atari-Softwareentwickler und ihr effektiver Programmierstil finden sich in vielen großen Unternehmen wieder. Auch bei MAXON nützen wir diese Ressourcen immer wieder.

Die Tiefpunkte waren später dann die unverständlichen Entscheidungen des amerikanischen Managements von Atari und die ewigen Wartezeiten auf neue Maschinen. Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, als mal gerade wieder keine Monitore verfügbar waren, und wir auf Anfrage bei Atari die Mitteilung bekamen, dass das Schiff mit diesen untergegangen wäre. Solche Katastrophenmeldungen waren nicht gerade selten.

Wieviele Redakteure beschäftigte die st-computer zu ihrer gesündesten Zeit, wie hoch war die Auflage?

Die Frage kann man so eigentlich gar nicht beantworten, da Computerzeitungen in der Regel auf freie Redakteure zurückgreifen. Wir hatten also einen grossen Stab an externen Mitarbeitern, die monatlich ihre Artikel bei uns ablieferten, intern arbeiteten wir zu zweit und betreuten den externen Stab.

Die höchste Auflage betrug, soweit ich mich erinnern kann, so um die 100.000 Exemplare.

Was hat Ihrer Ansicht nach die Popularität des Atari ST ausgemacht?

Der Atari war sehr robust und einfach zu bedienen. Können Sie sich heutzutage vorstellen, einen Rechner einzuschalten, der nicht erst einmal minutenlang hochfährt und Megabytes von Betriebssystem-Software benötigt? Keine lästigen Treiberprobleme, kein Herunterfahren, sondern einfach ein- und ausschalten?

Außerdem kam der Atari als eine Art "Volksrechner" auf den Markt. Die computererfahrenen Anwender kamen meist vom Vorgänger Atari 800 oder vom C=64. Für Neueinsteiger war er einfach zu bedienen. Er war im Gegensatz zu PCs und Macs erschwinglich und war mit grafischer Oberfläche und am Anfang satten 512 KByte Speicher eine technische Revolution für den "kleinen" Mann.

Welchen Aufgaben gehen Sie heute nach?

Ich bin heute immer noch einer der Geschäftsführer von MAXON Computer und kümmere mich dort vor allem um das Auslandsgeschäft und das Produktmanagement unserer 3D-Grafik-Produkte CINEMA 4D und BodyPaint 3D.

Verfolgen Sie - vielleicht am Rande - die Atari-Welt noch etwas mit?

Nein, ich bekomme fast gar nichts mehr davon mit. Ich weiß nur, dass einer unserer Entwickler die st-computer immer noch im Abo bezieht.

Womit verbringen Sie Ihre Freizeit, wenn alle Computer ausgeschaltet sind?

Badminton, Musik, Kochen, Lesen. Ich bin eigentlich sehr vielseitig, und Langeweile ist mir ein Fremdwort.



Aus: ST-Computer 04 / 2001, Seite 58

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