Songbird im Gespräch

Jaguar- und Lynx-Fans schauen über den großen Teich, wenn Sie neue Spiele für ihre Lieblingskonsolen erwarten. Songbird Productions hat sich in den vergangenen Monaten einen hervorragenden Ruf als Produzent für Ataris Raubkatzen erarbeitet, myatari.net unterhielt sich mit Carl Forhan.

Games & Gebete

Carl, wann begannst du Dich für Computer zu interessieren. Wann bekamst du Deinen ersten Atari und was war das für eine Maschine?

Mein Vater arbeitete als Vertreter für Xerox und erwarb Anfang der 80er einen der ersten Xerox-PCs. Ich lernte schnell, wie man simple textbasierende Spiele auf dieser monochromen Maschine in CBasic spielte und auch selbst programmierte - und seitdem ist es um mich geschehen.

Es war auch mein Vater, der ungefähr zu dieser Zeit unseren ersten Atari 2600 kaufte. Ich erinnere mich noch gut daran, immer und immer wieder Spiele wie Laserblast und Pitfall zu spielen. Was für ein tolles System mit einer eindrucksvollen Grafik! Einige Spiele wie z.B. Defender II begeistern mich noch heute mit ihrer Geschwindigkeit, den Animationen und ihrem Klang.

Was hat Dich dazu bewegt, eigene Software zu entwickeln? In welchen Programmiersprachen hast du seitdem programmiert, und welche benutzt du heute?

Nach dem Xerox PC kauften wir uns einen Texas Instruments TI-99/4A, also einen Homecomputer, der an den Fernseher angeschlossen werden konnte. Das war damals wirklich cool. Wir konnten Sprites manipulieren, unsere eigenen Zeichen erstellen usw. Die Spiele, die ich damals zusammen mit meinem Bruder erstellte, waren zwar lausig, wurden aber mit der Zeit immer besser.

Ich verlor jedoch für einige Jahre das Interesse am Programmieren von Spielen, als ich zum College ging. Das gute daran war jedoch, dass ich anfing, mich mit der Programmiersprachen FORTRAN (die ich aber nie benutzte) und C zu beschäftigen. C benutzte ich dann beruflich für mehr als acht Jahre. Außerdem lernte ich auch C++. Ich schnupperte darüber auf dem College und auf dem Atari Jaguar in Assembler hinein.

Was für Software hast du entwickelt?

Meistens Spiele. Ich habe eigentlich nie viel Lust gehabt, DTP-Programme, Organizer, Kalender oder so etwas zu entwickeln. Wenn ich schon Zeit am Computer verbringe, dann möchte ich doch jedenfalls Spaß haben...

Wann und warum hast du angefangen Spiele für Jaguar und Lynx zu entwickeln?

Nach meiner Collegezeit und einigen beruflichen Jahren entdeckte ich das Internet für mich. Ich war nicht nur äußerst erstaunt darüber, dass Atari nach all den Jahren immer noch Spielkonsolen herstellte, sondern fand auch heraus, dass ein paar ergebene Individualisten sogar als Hobby Software für diese Systeme entwickelt.

Ich selbst begann dann für den Lynx zu entwickeln, da ich mich immer für die klassischen 2D-Spiele begeistern konnte. Die gezwungene Umgebung auf dem Lynx sah außerdem nach einer guten Gelegenheit aus um einfach anfangen zu können ohne von einer Vielzahl von Features überwältigt zu sein.

Später erweiterte ich dann mein Interesse auf den Atari Jaguar und ich wandte ich an Firmen, die an nicht veröffentlichten Spielen gearbeitet hatten. Ich fand heraus, dass nicht nur die Chance da war um fertige Spiele zu lizenzieren, sondern auch um ein Spiel (Protector), das erst zu 90% fertig war zu komplettieren.

In erster Linie ist die Unterstützung dieser beiden Systeme natürlich an erster Stelle eine Arbeit aus Liebe, ja, ich erhalte hin und wieder etwas zurück für meine Arbeit, aber dieser Betrag ist klein verglichen mit den vielen hundert Stunden, die ich diesen Systemen jedes Jahr geopfert habe. Und es ist sehr befriedigend, wenn ein Fan über die neuen Spiele glücklich ist.

Wie kamst du eigentlich auf den Firmennamen „Songbird“?

„Songbird“ ist ein alter Spitzname, den ich auf dem College bekam, weil ich Musik über alles liebe. Als ich dann im Alter von 20 Jahren mein Leben dazu widmete, meinem Herrn Jesus Christus zu dienen, wurde der Name sogar noch passender, da ich nun meine Begeisterung für die Musik dafür benutze ihm zu dienen. Ich habe mir immer gesagt: «Wenn ich einmal ein eigenes Geschäft aufmache, werde ich es Songbird nennen». Und so ist es gekommen...

Wie bist du an die Systemdokumentationen für den Jaguar und den Lynx gekommen?

Bastian Schick war so nett eine HTML-Version der Atari-Spezifikationen auf seiner Webseite zum Herunterladen anzubieten. Außerdem schickte er mir einen Ausdruck noch bevor die Seiten online gingen.

Wie produzierst du die Cartridges -immerhin ist dies um einiges teurer als die Produktion und Duplizierung einer CD-ROM?

Das stimmt. Es war ein große Investition im Vorweg nötig um die Cartridges herstellen zu lassen. Wir brauchten ein komplett neues PCB, eine Firma, die uns mit den lausenden von Chips versorgte, jemanden, der diese Chips zusammensetzte usw.

Welches Entwicklungsequipment nutzt du derzeit?

Ich verwende einen Amiga und den PC für den Lynx und eine Flash-Cart und das Alpine-Board für den Jaguar.

Welche Jaguar- und Lynx-Spiele hast du eigentlich bereits geschrieben? Gibt es irgendwelche speziellen Voraussetzungen?

Alle Spiele, die Songbird bisher hergestellt hat, laufen auf allen Systemen. Für den Lynx haben wir SFX, Ponx, Lexis, Remnant: PW3D, Champioship Rally und Crystal Mines II: Buried Treasure veröffentlicht. Für den Jaguar haben wir Hyper Force, Protector, Skyhammer und Soccer Kid veröffentlicht.

An welchen Projekten arbeitest du im Moment? Wann werden sie erhältlich sein?

Cybervirus für den Lynx ist mein nächstes Projekt. Es wurde ursprünglich von Beyond Games entwickelt, aber nie fertig gestellt. Ich hoffe außerdem, dass ich in diesem Jahr auch zu einigen neuen Jaguar-Projekten komme, kann aber bisher noch nichts ankündigen.

Der günstigste Weg für den Lynx zu entwickeln ist entweder der Handy-Emulator oder ein BLL-Download-Cart. Championship Rally hat ein BLL-Feature im Tournament-Menü und ist direkt bei Songbird erhältlich.

Beim Jag ist eine Flash-Cartridge oder ein BJL-Jaguar der günstigste Weg um einzusteigen. Vielleicht gibt es aber in Zukunft einen einfacheren und günstigeren Weg mit der Programmierung zu beginnen.

Der beste Weg um an Flash-Carts und andere ungewöhnliche Teile zu kommen ist es, ein Auge auf die Auktionen bei eBay zu haben oder in Diskussionsgruppen herumzufragen. Gute Adressen sind „games.video.atari“ oder atarihq.com/interactive.

Was sind Deine persönlichen Gedanken zur Vergangenheit und Zukunft der Atari-Szene und den Jaguar- und Lynx-Plattformen? Gibt es etwas, was Atari-User tun können um Songbird zur weiteren Entwicklungen zu ermutigen?

Klar - kauft neue Spiele! Aber mal im Ernst: Unterstützende eMails und Vorschläge für zukünftige Projekte sind zwar auf vielerlei Weise sehr nett, aber das beste, was ein Atari-Fan tun kann um neue Spiele zu fördern ist die vorhandenen zu kaufen. Ich habe mein Bestes getan um Spiele in den verschiedensten Genres anzubieten - Sport, Action und Arkade - sodass ich denke, dass für jeden etwas dabei ist.

Kannst du Hard- und Software empfehlen, wenn unserer Leser selbst anfangen möchten für Jaguar und Lynx zu entwickeln?

Ich denke, wir können noch einige neue Spiele für diese Systeme sehen, wenn die Fans sie weiterhin unterstützen und neue Veröffentlichungen kaufen. Besonders die Qualität der Spiele für den Atari Lynx hat sich in den letzten Jahren dramatisch verbessert und ist teilweise auf der Höhe der „professionellen“ Veröffentlichungen. Ich erwarte das dies mit der Zeit auch auf neue Jaguar-Veröffentlichungen zutrifft. Es ist meine ehrliche Hoffnung, dass weiterhin neue Spiele für Lynx und Jaguar veröffentlicht werden können. Die Atari-Gemeinde kann dies ermöglichen!

Danke für das Interview. Es macht immer wieder Spaß sich über Atari zu unterhalten.

Songbird Productions, 1736 Chippewa Drive NW, Rochester, MN 55901, USA www.songbird-productions.com

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung von www.myatari.net.


Thomas Raukamp (Übersetzung)
Aus: ST-Computer 03 / 2001, Seite 52

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