Die Arbeit mit gepackten Dateien wird durch einfach zu bedienende Shells vereinfacht. In diesem Preview stellen wir ein neues Packer-Tool für alle Ataris vor.
Der Umgang mit gepackten Dateien ist auch auf dem Atari einfach. Moderne Desktops wie z.B. jinnee unterstützen das automatische Starten des benötigten Entpack-Programms und vereinfachen so die Arbeit immens. Hinzu kommt, dass die Standard-Packer STZip und LHarc mit eigenen GEM-Oberflächen - also sogenannten Packershells - dienen können, die recht gut umgesetzt sind.
Trotzdem ist natürlich alles noch verbesserungswürdig. Das dachte sich auch der Schweizer Entwickler Philipp Donzé und programmierte seine eigene Shell für die verschiedensten Packerformate.
Bevor wir richtig loslegen und uns die Innereien von Arc-View anschauen, sei am Rande die Erklärung des Programmautors zur Veröffentlichung des Programms im Public-Beta-Status erwähnt. Dieses ist nicht etwa geschehen, damit ahnungslose Atari-Anwender kostenlose Betatests durchführen, sondern damit wissbegierige Neuigkeiten-Jäger bemerken können, dass es für den Atari durchaus aktive Entwickler und neue Software gibt. Dies ist ganz sicher die richtige Vorgehensweise, denn immerhin erhält der Anwender nicht nur eine vage Vorankündigung, sondern gleichzeitig auch ein tatsächliches Programm, das er testen und eventuell sogar schon voll nutzen kann. Durch die Möglichkeit der Rückmeldung kann er außerdem aktiv zur weiteren Richtung der Entwicklung beitragen. Philipp Donzé ruft im Begleittext zu Arc-View sogar direkt dazu auf, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Sollten nicht genügend Rückmeldungen bzw. nicht ausreichendes Interesse vorhanden sein, würde Arc-View nicht über die derzeitige Version 0.5 hinaus weiter entwickelt werden. Auch neue Projekte des Autors stünden in Frage. Was sich hier etwas nach der „Pistole auf der Brust“ anhört, ist durchaus nachvollziehbar. Immerhin kann zurzeit kein Händler mit Sicherheit bestimmen, wie groß der Atari-Markt überhaupt noch ist und wie groß das Interesse an Neuentwicklungen unter den verbliebenen Anwendern ist.
Also: Sofort ran an die Tasten und mitmachen!
Genug der Vorrede. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Test um ein Preview und nicht um ein Review handelt, was im besten Hochdeutsch aussagen will, dass wir über ungelegte Eier gackern und das Programm noch nicht fertig ist. Eventuelle Fehler muss man dem Programmautor deshalb nachsehen, immerhin bastelt er noch.
Arc-View sollte auf jedem Atari laufen, vom ST bis hin zum Milan. Erfolgreich testen konnten wir es unter MagiC auf Mega STE, Falcon 030 und Macintosh G4 unter MagiCMac. Auf keinem Rechner gab es irgendwelche Beanstandungen, was angesichts der sehr frühen Betaversion sehr erfreulich zu werten ist.
Auch in Sachen Speicher dürfte es mit Arc-View eigentlich keinerlei Probleme geben. Das Hauptprogramm selbst ist derzeit gerade einmal 43 KB groß, was wohl auch noch die Lauffähigkeit auf einem 260 ST garantieren dürfte.
Den besten Eindruck von einem Programm gewinnt man immer dann, wenn man es frisch, froh und fromm einfach einmal per Doppelklick startet. Was wir auch gemacht haben. Gleich als erstes öffnet sich eine Dateiauswahlbox, die das Wählen eines Archivs ermöglichen soll. Hat der Anwender nun eine gepackte Datei ausgewählt, so öffnet Arc-View ein GEM-Fenster, in dem diese angezeigt wird.
Die weitere Bedienung erschließt sich dem Anwender geradezu intuitiv. Vor den Inhalten des Archivs ist ein kleiner Pfeil angezeigt, der auf einen Doppelklick wartet um den Inhalt der enthaltenen Unterverzeichnisse darzubieten. Insofern lässt Arc-View also das Stöbern wie in ganz normalen Verzeichnisfenstern auf dem Desktop zu.
Hat man ein Verzeichnis geöffnet, so wird in demselben Fenster dessen Inhalt angezeigt. Ein kleiner Rücksprung-Pfeil steht jederzeit bereit, um wieder auf eine höhere Verzeichnisebene zu wechseln. Besonders Anwender von Desktops wie jinnee und Thing! kommen natürlich auf Anhieb bestens klar, immerhin sind ihnen die Piktgramme und ihre Funktion bereits bestens bekannt.
Arc-View ist selbstverständlich nicht die einzige Packershell für den Atari. Gegenüber ihren Mitbewerbern kann sie jedoch einige Vorteile auf sich vereinen. Zunächst einmal wäre hier anzumerken, dass endlich ein Exemplar dieser Kategorie bereitsteht, dass lange Programmnamen unterstützt. Ein weiterer Vorzug offenbart sich, wenn eine gepackte Datei auf ein Programmfenster gezogen wird. Die Datei wird automatisch gepackt und dem Archiv hinzugefügt. Wenn eine Datei entpackt werden soll, zieht man sie einfach in das gewünschte Zielverzeichnis in einem jinnee-Fenster. Einfacher geht es eigentlich nicht mehr.
Vor die einfache Arbeit hat der Herr (in diesem Falle der Herr Donze) jedoch die Konfiguration gesetzt. Und die ist nicht so einfach wie die nachfolgende Bedienung. Der Anwender muss sich nämlich ganz genau im Klaren über die Optionen des jeweiligen Packers sein, was einem Normalsterblichen ja schließlich nicht angeboren wird. Besonders müßig ist hier das Bestimmen der Kommandopfade für die Packer. Glücklicherweise sind für die Formate ZIP (hier sollten Zip bzw. Unzip und ausdrücklich nicht STZip verwendet werden), LZH, ARC, AR), ZOO und TAR die Kommandozeilen schon vorkonfiguriert, sodass wohl alle für den Atari relevanten Formate bereits „erschlagen“ sind und Sie sich wieder zurück lehnen können.
Die Oberfläche zum Einstellen der Packerpfade bzw. -kommandozeilen ist recht übersichtlich gelungen. Einige Funktionen sind per Radiobuttons an-bzw. abschaltbar, in einem Aufklappmenü werden die gewünschten Funktionen (Packen, Entpacken und Löschen) ausgewählt.
Auch der Zeichensatz, den Arc-View nutzen soll, ist einstellbar. Wie es sich für ein modernes Programm gehört, erfolgt die Auswahl über die MagiC-Fontauswahlbox.
Bisher noch etwas umständlich: Die Konfiguration der einzelnen Packer mittels der Kommandozeile. Hier ist Fachwissen vorausgesetzt. »
Wie oben erwähnt, bittet der Programmautor ausdrücklich um Ideen und Rückmeldungen aus der Praxis mit Arc-View. Zunächst einmal wäre es schön, wenn die Bedienung der Anzeigefenster noch weiter an die des Desktops jinnee angepasst würde. So ist es etwas verwirrend, dass nach einem Doppelklick auf den das Verzeichnis öffnenden Pfeils nur der Inhalt eben dieses Verzeichnisses angezeigt wird. Korrekter wäre es, wenn der Inhalt unter dem Pfeil aufklappt, der restliche Inhalt des Archivs aber nach wie vor dargestellt wird - immerhin ist dies z.B. unter jinnee der Sinn der Umschaltung zwischen Listen- und Piktogrammdarstellung innerhalb der eigenen Fenster.
Um das Programm zu perfektionieren, wäre vielleicht auch der Ausbau zu einem kompletten Packverzeichnis-Managers wie WinZip unter Windows oder X-Arc unter AmigaOS wünschenswert. Die wichtigsten Programmfunktionen sind hier als Piktogramme innerhalb des stets dargestellten Arbeitsfensters dargestellt. Dies erfordert in erster Linie die Entwicklung einer kompletten Oberfläche, der „Unterbau" stimmt ja schon.
Etwas risikoreich ist es bisher, dass alle Funktionen komplett ohne Netz und doppelten Boden arbeiten. Eine Sicherheitsabfrage z.B. beim Löschen von Dateien aus Archiven existiert nicht. Diese Funktion - vielleicht auch an- und abschaltbar - einzuarbeiten, kann kein großer Auswand sein.
Eine weitere Einschränkung besteht (bisher!!!) darin, dass Dateien nur auf jinnee-Fenster, die einen absoluten Pfad anzeigen, gezogen werden können. Lautet der Name eines Fenster z.B. „Meine Programme", so gibt Arc-View eine Fehlermeldung aus.
Für eine erste fertige Version sollte außerdem noch eine Online-Hilfe angefertigt werden.
Arc-View ist ein äußerst interessantes Tool, dass sich besonders unter dem Desktop jinnee bestens in das System einfügt und vielleicht sogar zum Standardlieferumfang zukünftiger jinnee-Versionen dazu gehören sollte. Jeder Atari-Anwender sollte sich das Programm einmal anschauen und den Autor mit Ideen und Anmerkungen versorgen.
Status: Freeware
Philipp Donzé, Rue de Industrie 7, 1020 Renens, Schweiz/Suisse
philippdonze.atari.org