Prokyon: Programmstarter aus Berlin

Noch ein Programmstarter? Zugegeben, auch wir haben uns im ersten Moment zu dieser Äußerung hinreißen lassen - bis wir Prokyon für ein Preview vorgelegt bekamen...

Programmstarter überfluten seit dem Start-Button von Windows 95 auch die Atari-Welt. Bisher hat sich jedoch kein Standard durchsetzen können. Dieser könnte nun im Hause RGF Software geschaffen werden.

Wer auf der Atari-Messe Anfang 2000 dem Berliner Programmierer Richard Gordon Faika über die Schulter geschaut hat, dem ist vielleicht die elegante Startleiste am rechten Bildrand seines Atari TT bereits aufgefallen. Die Rede ist von Prokyon, einem Programmstarter, der ursprünglich auch für den Milan II geplant war. Da aber dieser wie bekannt einen Absturz erleben musste, hat sich RGF Software entschieden, das Projekt für alle Ataris fortzuführen und in absehbarer Zeit zu veröffentlichen. Wir erhielten von der Softwareschmiede eine Preview-Version, um die grundlegenden Funktionen und Konzepte schon einmal vorstellen zu können.

Grundsätzliches

Prokyon ist in seiner derzeitigen frühen Form ein reiner Programmstarter und bietet als solcher also die Möglichkeit, Applikationen, die sonst über die komplette Festplatte zerstreut sind, übersichtlich und leicht anwählbar zu halten. Bisher ist noch nicht geplant, das Programm zu einer Taskleiste, also einer Übersicht über die laufenden Prozesse zu erweitern. Am ehesten ist Prokyon vielleicht mit dem Standard-Starterprogramm von jinnee, Deskdrop, vergleichbar.

Selbst bei der Beta-Version, die uns vorlag, ist die Installation bereits sehr schnell durchgeführt. Das Programm startet ohne Probleme aus dem eigenen Verzeichnis und macht auch keine Probleme, wenn es zusammen mit seiner Ressource-Datei in den Startordner von MagiC verschoben wird. Die Konfigurationsdatei wird dabei sinnvollerweise aus dem HOME-Verzeichnis ausgelesen. Für finale Versionen wäre es natürlich schön, wenn ein Installationsscript für GEM Setup beigelegt wird, damit der Anwender sich so wenig Gedanken wie möglich machen muss.

Prokyon wurde in GFA-Basic entwickelt und läuft schon in der uns vorliegenden frühen Version sehr stabil auf den verschiedensten Konfigurationen. Getestet wurde es auf einem Falcon 030, einem Powerbook 180c und einem Power Macintosh G4. Als Betriebssystem wurde jeweils MagiC 6.1 verwandt.

Bedienung

Nach dem Programmstart trägt sich Prokyon standardmäßig in den rechten Bildschirmrand ein. Von oben nach unten werden verschiedene Piktogramme im BeOS-Stil angezeigt, die die verschiedenen Programmarten symbolisieren. Der oberste Eintrag verbirgt die Programminformationen und -konfigurationsmöglichkeiten.

In den Voreinstellungen kann das Verhalten und Aussehen des Programms weiter bestimmt werden. So kann z.B. entschieden werden, ob die Leiste vertikal oder horizontal läuft. Besonders elegant ist auch die Möglichkeit, die Startleiste „Windows-alike" nach einer definierbaren Zeit ein- und auszublenden.

Dies geschieht durch einen Scrolleffekt. Auf einem schnellen Rechner (Atari TT mit Grafikkarte, Milan oder heutiger Mac) geschieht dieses Scrollen absolut flüssig, auf einem Falcon 030 ruckelt dieser Vorgang etwas.

Programme hinzufügen

Nach Anwahl eines Piktogramms, das eine Programmgruppe symbolisiert, öffnet sich ein Fenster neben dem jeweiligen Icon, in dem Programmlisten gespeichert werden können. Neue Einträge werden nun einfach per Drag&Drop hinzugefügt - einfacher geht es wohl nicht mehr. Hat man also ein Programmicon aus einem Verzeichnis auf ein geöffnetes Prokyon-Fenster gezogen, erscheint es in der Liste. Auch Deskdrop kann durch diese einfache Bedienung überzeugen, bietet aber bisher noch etwas mehr für's Auge. Wenn nämlich jinnee als Desktop genutzt wird, macht Deskdrop von den installierten Miniicons des Systems Gebrauch. In Prokyon wird jedenfalls bisher immer nur ein gleichbleibendes Piktogramm für die Programmeinträge benutzt, was natürlich weniger übersichtlich ist. Hier wäre eine Nachbesserung für die finale Version wünschenswert.

Jedes Startfenster verfügt an seinem linken Rand zusätzlich über vier zusätzliche Buttons, die erst teilweise belegt sind und Programminformationen und Möglichkeiten zum Löschen, Kopieren und Ausschneiden von Einträgen bereithalten. Außerdem können hier Separationslinien gesetzt werden, um eine zusätzliche Unterscheidung zu verdeutlichen.

Was noch fehlt

Wie gesagt: Prokyon ist noch in der Entwicklung, Hinweise auf fehlende Funktionen sollten hier also als Anregung und keinesfalls als Kritik verstanden werden. Bisher ist noch keine sinnvolle Konfiguration der Piktogrammeinträge, die die Programmgruppen symbolisieren, möglich. Diese Icons müssen noch mit einem Ressource-Editor hinzu gefügt werden. Wie uns Richard Gordon Faika allerdings bestätigte, handelt es sich dabei natürlich nicht um die endgültige Lösung. Im Optimalfall sollen auch diese Einträge ganz einfach per Drag&Drop austauschbar sein, sodass der Anwender hier auch nicht auf den BeOS-Stil festgelegt ist.

Außerdem ist es noch nicht möglich, sich ein Startfenster für Voreinstellungen zu konfigurieren. CPX-Einträge können nämlich noch nicht auf die Startfenster gezogen werden. Auch hier wäre eine Aufnahme in die Wunschliste wünschenswert.

Toll wäre auch, wenn Prokyon die Arbeit z.B. mit jinnee optimieren würde. So sollte es möglich sein, z.B. Grafiken oder HTML-Dokumente auf ein Fenster zu ziehen, die bei ihrer Anwahl automatisch dem richtigen Programm zur Darstellung zugeordnet werden.

Erstes Fazit

Richard Gordon Faika feilt zur Zeit an einem interessanten Tool, das tatsächlich einen neuen Standard an Flexibilität und Eleganz auf Atari-Umgebungen setzen könnte. Wir sind auf eine finale Version sehr gespannt und mögen Prokyon schon jetzt nicht mehr auf unseren Systemen missen.

RGF Software Development, Richard Sorge Straße 24, D-10249 Berlin rgfsoft.com


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 02 / 2001, Seite 49

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