MP3 und kein Ende. Das Musikformat ist derzeit in aller Munde. Thomas Raukamp macht eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Atari-Situation.
MP3 ist auch auf Atari-Umgebungen längst kein Fremdwort mehr. Mit dem Multimedia-Tool AniPlayer steht ein Programm zur Verfügung, dass MP3 auf nahezu jedem Atari möglich macht. Für Falcon-Anwender sieht die Situation noch rosiger aus: Zuerst einmal können sie durch die immer noch aktuelle Soundlogik des Raubvogels MP3-Musik in CD-Qualität genießen, zweitens können sie mit FalcAMP auf ein Programm zurückgreifen, dass den DSP ihres Rechners für schnelle Decoding-Berechnungen nutzt. Doch ist damit alles im grünen Bereich in der MP3-Landschaft des Atari?
Längst ist das MP3-Format nicht mehr auf die reine Bereitstellung von abgeschlossenen Musikstücken beschränkt. Auch Online-Radiosender nutzen das Format um ihre Programme in hoher Qualität „senden" zu können. Besondere Verbreitung fand in dieser Hinsicht das Shoutcast-Protokoll. Dieses erlaubt das Versenden von MP3-Dateien als sogenanntes "Streaming Audio", was unerlässlich für Radiosendungen ist.
Auch auf dem Atari ist das Radiohören aus dem Netz mittlerweile problemlos möglich. Voraussetzung ist allerdings ein Atari Falcon, denn nur FalcAMP unterstützt in aktuellen Versionen das Shoutcast-Protokoll. Außerdem reicht hier natürlich kein 33.6-Baud-Modem mehr aus, 56 k sind schon Pflicht. Noch besser ist natürlich ein Zugang über ISDN.
In letzter Zeit tritt ein Begriff immer mehr in Vordergrund, wenn über die MP3Rechnologie geredet oder geschrieben wird: Napster. Scheinbar über Nacht ist diese MusikCommunity auf der einen Seite zum Synonym für freie Musikverbreitung und auf der anderen Seite für Urheberrechtsverletzungen geworden. Kürzlich einigten sich der Mediengigant Bertelsmann und der Emporkömmling Napster sogar auf eine offizielle Zusammenarbeit, die auf lange Sicht Napster wohl in einen zahlungspflichtigen kommerziellen Dienst verwandeln wird. Doch soweit ist es noch nicht. Bis dahin ist Napster der größte Umschlagsplatz für legale und illegale Musik-Downloads. Und hier hat die Atari-Plattform, einstmals Inbegriff für den Musikcomputer schlechthin, das Nachsehen, denn bisher gibt es keinen Napster-Client für unsere Plattform. Offizielle Umsetzungen gibt es derzeit nur für Windows und MacOS. Allerdings gibt es Clones auch für andere Plattformen. So steht mit Amster ein Napster-Client für den Amiga bereit, der in einigen Punkten dem Original sogar überlegen ist. So bietet nur dieses Programm die Möglichkeit, unterbrochene Downloads später fortzusetzen.
Eine Umsetzung eines Napster-Clients wäre letztendlich auch für den Atari unerlässlich. Immerhin bestimmt in erster Linie den Consumer-Freundlichkeit einer Plattform ihren Wert für den Anwender. Und je weiter sich Dienste wie Napster durchsetzen, umso größer ist die Gefahr, dass wegen einer nicht vorhandenen Nutzungsmöglichkeit desselben Anwender div Plattform wechseln. Aus diesem Grund hat die Redaktion der st-computer beschlossen, einen Napster-Client für den Atari zu fördern, indem wir über unsere Vertriebswege weitestgehende Unterstützung bieten und Entwickler mit Kontakten zu Portierungen auf andere Plattformen unterstützen.
Doch nicht nur die reine Abspielmöglichkeit ist für die Nutzung des MP3-Formats auf einer Plattform nötig. Ähnlich wichtig ist die Möglichkeit, MP3-Dateien z.B. von AudioCDs auf dem eigenen Rechner zu erzeugen. Zwar wurde der Open-Source-Encoder LAME auch für MINT und TOS, MagiC sowie N.AES umgesetzt, doch in der Praxis fehlt es den Classic-Atari-Systemen in dieser Hinsicht einfach an der nötigen Rechenpower. Eine 68k-CPU (benötigt wird mindestens ein 68020 mit FPU) ist einfach zu langsam für die aufwändigen Berechnungen. Hoffnung machen da Projekte wie der Medusa Pegasus mit Coldfire- und die britschen Beschleunigungskarten für den Falcon 030 mit PowerPC-CPU. Um diese Prozessoren jedoch gewinnbringend für das MP3-Encoding zu nutzen, müssten im Idealfall allerdings native Portierungen umgesetzt werden.
MP3-Dateien abzuspielen ist besonders auf schnellen Atari-Environments längst kein Problem mehr. Um jedoch Anwender auf der Plattform zu halten, müssen Trends wie Napster schnellstens auch den Weg auf unsere Plattform finden. Angesichts vorhandener Portierungen und zu erwartender schnellerer Hardware gibt es allerdings Grund zu verhaltender Zuversicht.