Könner nutzen MiNT bereits seit langem in Netzwerken. Wir möchten die Frage beantworten, ob dieses Betriebssystem und die entsprechenden Erweiterungen auch für die breite Masse tauglich sind. Einen besonderen Blick werden wir dabei auf die MiNT'98-Distribution von Bernd Ebert und Torsten Lang werfen. Es wird auch auf die Fragen eingegangen, worum es beim Thema Netzwerk überhaupt geht, wie man Dinge realisiert, und welche Funktionen dem Anwender dadurch bereitgestellt werden. Zwar wird MiNT-Net und dessen Einrichtung nicht im kleinsten Detail erläutert, Netzwerkneulinge sollen aber bereits wichtige Grundlagen lernen, um weiterführende Dokumente besser verstehen zu können.
Maschinen werden zu Kommunikationszwecken miteinander verschaltet. Welche Arten von Kommunikation damit realisiert werden können, wird später noch besprochen. Zum Verschalten greift man dabei auf Kanäle zurück, die beispielsweise durch Verbinden der seriellen RS232-Schnittstellen zweier Maschinen hergestellt werden.
Neben den Direktverbindungen zwischen zwei Maschinen gibt es auch sogenannte Bussysteme, wie etwa das Ethernet. Bei dieser Möglichkeit der Vernetzung werden gleich mehrere Maschinen über ein und denselben Kanal verbunden. So spart man sich eine Vermittlungsstelle, allerdings wird auch - man denke an einen Raum, in dem viele Menschen sitzen, die über unterschiedliche Wege miteinander reden möchten - zum einen das Chaos auf dem Kanal sehr groß, und zum anderen ist zunächst keine Abhörsicherheit zu erreichen.
Solche Bussysteme sind aber sehr kostengünstig zu realisieren. Eine Netzwerkkarte zum Anschluss eines Milan oder Hades an ein Ethernet kostet zwischen DM 20.- und DM 50.-. Netzwerkadapter zum Anschluss an die DMA-Schnittstellen der STs liegen ebenfalls in dieser Preisklasse. Während man bei RS232-Schnittstellen von Bits pro Sekunde (Baud) spricht, misst man hier die Übertragungsgeschwindigkeiten in Millionen Bits pro Sekunde (MBit/s). Selbst wenn sich viele Maschinen einen Kanal teilen, ist man dort also üblicherweise trotzdem um einige Größenordnungen schneller.
Nachdem die Rechner hardwaremäßig verbunden wurden, müssen sie noch bezüglich des Umgangs mit diesen Schnittstellen „angelernt" werden. Für die seriellen Schnittstellen gibt es seit einiger Zeit neue Treiber für alle STs, den Milan und den Hades [1]. Über die Treiber für Ethernetkarten sollte man sich bei dem Fachhändler informieren, bei dem man die Karte erworben hat. Ein bekannter Treiber, mit dem PCI-Karten im Hades betrieben werden können, stammt von Torsten Lang und ist über AG-Computertechnik erhältlich [2], Ein kommerzieller Treiber für ISA-Karten für den Milan liegt der MiNT'98-Distribution bei. Seit der Messe in Neuss ist von Torsten Lang nun auch ein Netzwerktreiber für PCI-NE2000-Karten für den Milan verfügbar. Manchen Treiber findet man auch im MiNT-Net-Paket, auf das später noch etwas genauer eingegangen wird. Die Treiber bestehen jeweils aus einer Datei des Typs .xdd oder .xif (siehe unten), die zur Installation in den MultiTOS-Ordner kopiert wird.
Bei einem Bussystem muss im Gegensatz zur Direktverbindung bereits ein Mechanismus zur Adressierung eingeführt werden. Nur wenn die Teilnehmer jeweils einen Namen haben, ist es möglich, dass sie sich gezielt miteinander „unterhalten" können. In Ethernet-Netzwerken hat man diesen Namen inzwischen bereits durch den Kartenhersteller vergeben lassen. Eine sechsstellige Bytekennung, die oft im Format 0:0:d:72:e1:32 notiert wird, wird für jede produzierte Karte neu ermittelt. Im Normalfall haben so keine zwei Karten auf der Welt die gleiche Kennung, wodurch es niemals möglich ist, dass zwei Karten mit dem gleichen Namen an denselben Bus angeschlossen werden.
Durch die installierten Schnittstellentreiber ist es möglich, dass ein Rechner mit allen seinen Nachbarrechnern Kontakt aufnehmen kann. Aus Sicht der Anwendungen ist es nun aber noch ein wenig unangenehm, die Nachbarrechner unter Angabe der Schnittstelle und unter Umständen auch noch der Busadresse identifizieren zu müssen, da diese Adressen ein sehr uneinheitliches Format hätten. In der Praxis möchte man zudem oft noch weitergehen und auch Maschinen erreichen können, mit denen man nicht direkt verbunden ist. Deshalb setzt man den Schnittstellentreibern üblicherweise noch einen Netzwerktreiber oben drauf. Oft werden Netzwerktreiber auch als „Stack" (engl. „Stapel", im Sinne von „Aufsatz") bezeichnet, und das Wort Netzwerktreiber wird oft auch für den Schnittstellentreiber von Netzwerkkarten benutzt. Hier werden nun mit Netzwerktreiber nur die „Stacks" bezeichnet. Wir betrachten hier nun nur IP-Treiber, die das „Internet-Protokoll" realisieren. Auf dem TOS-Sektor gibt es leider reichlich solcher Netzwerktreiber (vgl. [3]). Viele davon sind auch unter MiNT einsetzbar. Den wohl leistungsfähigsten bietet dabei das frei erhältliche MiNT-Net-Paket [4], welches derzeit unter der Leitung von Torsten Lang steht. Es besteht hauptsächlich aus dem Treiber (sockdev.xdd) und diversen Hilfsprogrammen zur Konfiguration.
Die Arbeiten, die zur Integration eines Ataris in ein IP-Netzwerk vonnöten sind, halten sich auch bei Verwendung von MiNT-Net in Grenzen. In der Tat ist das MiNT-Net-Paket nicht groß und recht übersichtlich aufgebaut. Das hier erläuterte Hintergrundwissen vorausgesetzt, ist die Installation bereits für viele zu bewältigen. Sie gestaltet sich Ataritypisch aus dem Kopieren einiger Dateien auf ihre vorgesehenen Plätze und dem Editieren einiger Konfigurationsdateien. Allerdings handelt es sich um mehr Dateien als bei „normalen" Anwendungen, weshalb viele Anwender davor zurückschrecken.
Nun wird die Frage beantwortet, wie die netzweite Kommunikation bei Verwendung des Internetprotokolls realisiert wird, und es wird angerissen, wie MiNT-Net dazu beispielhaft zu konfigurieren ist.
Identifikation, die zweite: Das Internet-Protokoll. Im ersten Schritt erhalten beim Internetprotokoll alle Schnittstellen aller im Netzwerk verschalteten Rechner eine eindeutige Kennung. Diese Kennung wird IP-Adresse genannt und hat üblicherweise ein Aussehen der Form 131. 246.9.116. Der Netzwerktreiber wird nun darüber informiert, wie die Schnittstellen des eigenen Rechners benannt wurden, und ferner, wie die der Nachbarrechner heißen. Dazu dient das Hilfsprogramm ifconfig (interface configuration, engl. Schnittstellenkonfiguration). Das Programm muss für jede Schnittstelle aufgerufen werden. Dabei wird jeweils die IP-Adresse dieser Schnittstelle sowie die Information, welche anderen IP-Adressen des Netzwerkes über diese Schnittstelle unmittelbar erreicht werden können, angegeben. Neben den realen Schnittstellen richtet man üblicherweise auch noch eine virtuelle Schnittstelle ein, deren Ausgang softwaremäßig direkt wieder mit ihrem Eingang verbunden ist. Über diese, sog. „Loop-Back-Schnittstel-le" kann ein Rechner nun auch sich selbst über das Netzwerkprotokoll erreichen.
Im zweiten Schritt teilt man dem Treiber mit, über jeweils welchen Nachbarn die anderen Teilnehmer des Netzwerkes zu erreichen sind. Dazu dient das Hilfsprogramm route. Oft gibt man aufgrund der großen Anzahl nicht alle Rechner explizit an, sondern nutzt die Hierarchie der IP-Nummern aus: 131.246... Meist teilt man dem Treiber hier auch noch die Adresse eines speziellen Nachbarn mit, an den dann alle Daten geschickt werden, deren Versandweg aufgrund der anderen Angaben nicht festgelegt wurde. Dieser Nachbar wird dann als Default-Gateway bezeichnet.
Der Netzwerktreiber nimmt nun eingehende Daten von den Anwendungsprogrammen oder von den konfigurierten Schnittstellen in Empfang - und falls diese nicht für Anwendungen des eigenen Rechners bestimmt sind, leitet er sie nach den gemachten Vorgaben in Richtung des korrekten Empfängers weiter. Nun steht also eine Infrastruktur zur Verfügung, über die jede Anwendung mit jeder anderen Anwendung im Netzwerk kommunizieren kann.
Die IP-Adressen sind zwar für die Maschinen leicht verarbeitbar, der Mensch als Benutzer kann sie sich aber nur schwer merken. Aus diesem Grund können für die IP-Adressen auch „lesbare" Ersatznamen angegeben werden. Bei MiNT-Net können diese Ersatznamen in der Text-Datei hosts eingetragen werden, was vom Treiber dann berücksichtigt wird. Einen entsprechenden Eintrag vorausgesetzt, kann man dann als Anwender statt 207.18.15.87 auch www.st-computer.net eingeben.
Für große Netzwerke (z.B. das Internet) führt man aufgrund der großen Dynamik und der Vielzahl der Adressen eigene Rechner ein, welche ganze Namensdatenbanken verwalten. Die IP-Adressen solcher sogenannter „Domain Name Server" (DNS) können dem Netzwerktreiber in der Textdatei resolv.conf mitgeteilt werden, jetzt kontaktiert der Netzwerktreiber bei Eingabe eines ihm unbekannten Ersatznamens einen dieser DN-Server und fragt ihn nach der zugehörigen IP-Nummer. Auf diese Weise können alle Anwender netzweit die gleichen, textuellen Namen verwenden, ohne die Konfiguration ihrer eigenen Rechner stets anpassen zu müssen.
Nach diesen Grundlagen kann darauf eingegangen werden, wie eine MiNT-Net-Installation konret vor sich geht. Der eigentliche Treiber wird wie üblich einfach durch Kopieren der Treiberdatei sockdev. xdd in den multitos-Ordner eingerichtet. Beim nächsten Booten wird er dann mitgeladen und steht zur Verfügung.
Seine Konfigurationsdateien sucht der Treiber im virtuellen Verzeichnis U:\etc. Um dieses anzubieten, legt man die Dateien in ein Verzeichnis auf einer Festplattenpartition (z.B. in C:\etc) und erwirkt beim Booten die automatische Erstellung eines Links von U:\etc\auf dieses Verzeichnis durch Einträgen der Zeile
sin C:\etc U:\etc
in die Datei mint.cnf.
Der einzige in den Netzwerktreiber eingebaute Schnittstellentreiber, ist derjenige für die virtuelle Loopback-Schnittstelle. Für alle anderen Schnittstellen muss jeweils ein Schnittstellentreiber installiert werden. Dabei handelt es sich um *.xif-Dateien (extended interface driver, engl, erweiterter Schnittstellentreiber). Diese Dateien werden beim sockdev.xdd im multitos-Ordner abgelegt. Diese Treiber sind sozusagen „Plug-Ins" für den Netzwerktreiber, die durch diesen beim Booten geladen werden, jede Schnittstelle erhält dabei einen Namen. Das Loopback-Interface heißt „loO", Ethernet-Schnittstellen nennen sich etwa „neO", „nel" usw. Im Falle von NE2000-Karten, „leO", „lei" usw. für LANCE-Karten, „reO", „rel" usw., für Riebl-Karten „deO", „del" usw. für an den ACSI-Port angeschlossene DMA-Karten.
Durch das Aufrufen der Programme ifconfig und route können nun die Netzwerkparameter jederzeit umgestellt werden. Insbesondere müssen sie aber bei jedem Systemstart überhaupt erst eingestellt werden. Dies automatisiert man in der Regel durch Einträgen von Aufrufen dieser Programme in die Datei mint.cnf. Bei komplexeren Konfigurationen lagert man die Einstellungen oft auch in andere Textdateien aus und lässt über einen Eintrag in der Datei mint.cnf beim Systemstart ein Skript ausführen, welches die Dateien interpretiert und die Einstellungen vornimmt. Dieses Skript wird bei der MiNT'98-Distribution z.B. unter dem Dateinamen U:\etc\rc.net, die Einstellungen in der Textdatei U:\etc\ config.if abgelegt. Als Interpreter wird dann das Programm sh eingesetzt. Hier betrachten wir die einfache Variante und tragen die Aufrufe direkt in die Datei mint.cnf ein (Listing 1). Wir haben die Hilfsprogramme route und ifconfig im Verzeichnis C:\bin\ abgelegt und wie zuvor bei den Konfigurationsdateien einen Link auf U:\bin\ angelegt.
Einträge in der Datei MINT.CNF
sln C:\bin U:\bin
sln C:\etc U:\etc
setenv PATH=U:\etc,U:\bin #
# ifconfig für alle Schnittstellentreiber aufrufen:
#
# Interf. IP-Adresse Netzmaske Broadcastadr.
U:\bin\ifconfig ne0 addr 127.0.0.1 netmask 255.255.255.0 broadaddr 127.0.0.255 up
U:\bin\ifconfLg neO addr 131.246.177.125 netmask 255.255.255.0 broadaddr 131.246.177.255 up
#
# Mit route werden die Nachbarrechner angemeldet:
#
# Netzadresse Interface
U:\bin\route add 131.246.177.0 ne0
# Und es wird angezeigt, wie das restliche Netz erreichbar ist:
# If. Defaultgateway
U:\bin\route add default ne0 gw 131.246.177.254
Wie oben besprochen besteht die Konfiguration aus drei Schritten. Zunächst wird ifconfig aufgerufen. Die notwendigen Paramter sind im Falle der Loopback-Schnittstelle immer gleich. Im Falle der Ethernetschnittstellen erhält man sie von demjenigen, der das Netzwerk verwaltet, an das man sich über diese Schnittstelle anschließt.
Im zweiten Schritt wird über das Programm route eingestellt, über welche Ausgangsschnittstellen welche anderen Maschinen erreicht werden können. Der letzte Schritt ist die Angabe des Default-Gateways (s.o.). Auch diese Angaben erhält man von dem Netzwerkbetreiber, an dessen Netzwerk man sich anschließt. Im Beispiellisting war es ein Unternetz der Universität Kaiserslautern:
Bislang wurde nur der Fall betrachtet, dass der Rechner in ein Netz statisch, also mit vorher festgelegter IP-Adresse, eingebunden wird. Dies ist für Benutzer mit Standverbindung zu Internetservern (etwa Studenten in Wohnheimen oder an den Universitäten selbst) oder mit lokalen „haus-internen" Netzwerken relevant. Erstere bekommen die statische IP-Adresse von ihrem Internetanbieter zugeteilt, letztere vergeben die IP-Adressen den vernetzten Maschinen eigenhändig. Für den Anwender, der seinen Rechner nur hin und wieder in ein Netzwerk integrieren will, vergibt man die IP-Adresse in der Regel hingegen dynamisch, also für jede Sitzung erneut. Dies betrifft praktisch alle Heimanwender, die sich nur gelegentlich „in das Internet" einwählen. Dazu erhalten sie von ihrem Internetanbieter die Telefonnummer eines Einwahlknotens sowie eine Benutzerkennung und ein Passwort.
Eine unersetzliche Hilfe ist nun das Programm pppd, genannt „PPP-Dämon". Dieses Programm ist in der Lage, ein an eine serielle Schnittstelle angeschlossenes Modem anzusteuern und damit den entfernten Rechner anzuwählen. Nach dem Verbindungsaufbau „unterhalten" sich die beiden Rechner nach einer Vereinbarung, die PPP (Punkt-zu-Punkt Protokoll) genannt wird. Daher hat das Programm pppd auch seinen Namen. Bei dieser „Unterhaltung" weist sich der anrufende Rechner durch die Benutzerkennung und das Passwort aus, das ihm dazu vom Benutzer mitgeteilt wurde. Anschließend bekommt er vom Rechner des Internetanbieters (u.a.) eine IP-Adresse zugewiesen. Das Programm pppd ruft nun automatisch die Netzwerk-Konfigurationsprogramme ifconfig und route auf, sodass der Benutzer von dieser Prozedur verschont bleibt.
Als „Plug-In" für den Netzwerktreiber ist für das PPP-Protokoll der Schnittstellentreiber slip.xif zu installieren. Dieser widerum benötigt, wie eingangs bezüglich der Direktverbindungen angesprochen wurde, einen Treiber für die serielle Schnittstelle [1], an die das Modem angeschlossen ist.
Die Konfiguration des PPP-Dämons wird nun nicht im einzelnen besprochen. Stattdessen wird später das Programm MiCo von Marc-Anton Kehr vorgestellt, welches die Eingabe der Parameter in GEM-Dialogen ermöglicht.
In Verbindung zum PPP-Dämon, der dem Benutzer ja bereits alle Handarbeit bei der Einwahl zu Internetanbietern abnimmt, gibt es mit dem Autodialer für MiNT eine weitere Erleichterung. Der Autodialer liegt dem MiNT-Net-Paket bei. Wird er eingerichtet, so wählt er sich bei Netzwerkzugriffen automatisch beim passenden Anbieter ein. Nach einer einstellbaren Zeit, in der keine Netzwerkzugriffe erfolgen, trennt der Autodialer die Verbindung wieder. Es sei angemerkt, dass der Autodialer zur Zeit noch in einem eher experimentellen Stadium ist. Es fehlen noch Erfahrungswerte. Feedback an den Autor ist daher willkommen.
Wenn man zurückblickt, ist die Installation von MiNT-Net für Menschen, die bereits Erfahrung mit Netzwerken haben, zu bewältigen. Da aber die Dokumentation von MiNT-Net zum einen in Englisch gehalten ist und es zum anderen nicht jedermanns Sache ist, mit den doch recht vielen Textdateien umzugehen, kommen hier die ersten Stärken einer sehr praktischen Alternative zum Tragen: die MiNT'98-Distribution.
MiNT'98 war lange Zeit über AG Computertechnik zu erhalten [2], Leider sind die Verkaufszahlen in der Vergangenheit so rückläufig gewesen, dass der Vertrieb vorerst eingestellt werden musste. Es gibt nur noch sehr geringe Restbestände. Wir gehen hier dennoch auf dieses Produkt ein, da uns bislang keine Alternative bekannt ist. Immerhin werden Interessenten gebeten, mit einem der beiden Autoren, Torsten Lang [5], in Kontakt zu treten. Eine Wiederaufnahme des Vertriebs könnte sich aufgrund neuer Bestellungen als möglich erweisen.
Das erste Lob zu MiNT'98 muss man dem Hersteller bereits bezüglich des Handbuches aussprechen. Es handelt sich zwar aufgrund der Seitengröße tatsächlich um ein „Hand"-Buch. Auf immerhin 60 Seiten erklärt es aber dennoch anschaulich die wichtigsten Grundlagen zu den unglaublich umfangreichen Funktionen, die dem Benutzer durch MiNT, MiNT-Net und die damit verbundenen Werkzeuge in die Hände gelegt werden. Zusätzlich gibt es sehr informative Hypertexte zum Thema Netzwerk als Beilage.
Die Installation direkt von CD-ROM gelang uns leider nicht, was vermutlich auf unseren CD-Treiber zurückzuführen war. Es empfiehlt sich aber auch aus einem anderen Grund, die Dateien zur Installation temporär auf die Platte zu kopieren: Das Programm install.tos ist nichts weiter als ein MiNT-Kernel (mint.prg). Diesen, sowie den Dateisystemtreiber minix.xfs und das damit verbundene Tool fsck, haben wir vor der Installation durch aktuelle Versionen ersetzt [4], Zur Kopie der Installationsdaten benötigt man bis zu 50 MB Speicherplatz auf der Festplatte. Grundsätzlich sollte die Installation vom Single-TOS aus gestartet werden.
Nach der Installation können alle weiteren Konfigurationsarbeiten - und damit auch das Einstellen der IP-Adressen, das Vergeben der Ersatznamen und das Tätigen der Angaben über die DN-Server - über die AdMiNTools vorgenommen werden (Abbildung 1).
Interessant ist, dass die AdMiNTools von allen Rechnern im Netzwerk aus mittels eines WWW-Browsers aufgerufen werden können. Nutzen zieht man daraus weniger bezüglich der Verän-derbarkeit der Netzwerkparameter, als vielmehr zur Veränderung von Einstellungen bezüglich von Diensten, die der Rechner im Netzwerk nun anbieten kann. Der Atari ist damit durch die AdMiNTools sehr komfortabel fernadministrierbar.
Für die statische Netzanbindung gibt es also mit MiNT '98 ein sehr anwenderfreundliches Tool. Bezüglich der dynamischen Netzanbindung sieht die Situation leider nicht so gut aus. Zunächst muss das pppd-Programm installiert werden. Das entsprechende Paket findet man z.B. unter [6], allerdings können wir im Rahmen dieses Artikels nicht darauf eingehen. Die MiNT'98-Distribution installiert dieses Programm automatisch.
Die Konfiguration des pppd-Programmes erwies sich leider als knifflig. Mit dem Programm MiCo von Marc-Anton Kehr [7] gibt es aber auch für diese Aufgabe ein GEM-Programm zur grafischen Konfiguration (Abbildung 2). Das Programm ermöglicht das Einrichten von und das Umschalten zwischen bis zu fünf verschiedenen Internetzugängen. Die Anwahl wird über das Programm MICo-Dial ausgelöst (Abbildung 3).
Netzwerkanwendungen. Nachdem nun die verschiedenen Möglichkeiten zur Anbindung eines Atari an ein Netzwerk besprochen wurden, kann endlich darauf eingegangen werden, welche Anwendungen für Netzwerke es gibt - welchen Nutzen der Benutzer also aus dieser Technik ziehen kann. Der Mensch kommuniziert zum Zwecke der Arbeitsteilung, der Konfliktlösung oder der Unterhaltung. In allen drei Fällen bietet die Netzwerktechnik eine Alternative z.B. zum Telefon oder zur Briefpost, aber auch bei öffentlichen Inhalten wie etwa in den Fällen Werbung, Presse und Diskussion. Für Menschen, die an Software arbeiten, z.B. an Programmen oder Dokumenten, eröffnet sie aber ferner nun die Möglichkeit, dass die bearbeiteten Objekte selbst sogar von verschiedenen Orten aus erreicht werden können. Dementsprechend sind die typischen Anwendungen dieser Technologie der schriftliche, private Briefverkehr (eMail), die schriftliche, private Unterhaltung (Talk), das schriftliche, öffentliche Diskutieren über unterschiedliche Themen in Diskussionsgruppen (News) oder online (Chat), das Veröffentlichen von Informationen (WWW) und das Austauschen von Daten (z.B. über ftp).
eMail (Abbildung 4), WWW, Talk/Chat (Abbildung 5) und ftp sind inzwischen geläufige Begriffe. Auch mit den Diskussionsgruppen (News) sind viele vertraut. Zum Datenaustausch gibt es neben ftp, wo Dateien erst mit einem FTP-Programm auf den lokalen Rechner geladen werden müssen (Abbildung 6) aber auch noch andere Möglichkeiten. Beim sog. file sharing (engl. „Datei-Teilen") können Dateiordner, die auf einem Rechner liegen, auch auf einem anderen Rechner „eingeblendet" werden. Dort kann man dann mit den Dateien aus dem Ordner arbeiten, als läge der Ordner auf einem lokalen Medium.
«Um MiNT-Net einzurichten, bedarf es einiger Arbeite« . Für den Anwender, der so wenig wie möglich mit der Technik konfrontiert werden möchte, ist MiNT '98 ideal. Andernfalls braucht man Freude an der Informationsbeschaffung, am Experimentieren und üblicherweise auch einige Englischkenntnisse.»
Da es für MiNT-Net sog. Gateways zu anderen IP-Netzwerktreibern gibt [3] (etwa zu Sting oder Draconis), sind die meisten Anwendungsprogramme, die in der Vergangenheit veröffentlich wurden, unter MiNT-Net einsetzbar - wie etwa CAB, Draconis-Adams, AMail, AFTP, MyMail, AtariRC usw.
Durch MiNT-Net erhält man nun aber nicht nur die Möglichkeit, diese Dienste bei anderen Anbietern als „Client" (engl. Kunde) in Anspruch zu nehmen. MiNT-Net bietet dem Anwender auch die Möglichkeit, diese Dienste in der Rolle des „Servers" (engl, im Sinne v. Dienstleister) selbst anzubieten. Dies ist zwar zunächst keine Funktion von MiNT-Net selbst, aber es gibt Software, die auf MiNT-Net aufsetzend die Bereitstellung dieser Dienste ermöglicht. Gerade dies macht MiNT-Net gegenüber den anderen, für den Atari erhältlichen IP-Netzwerktreibern, so leistungsfähig. Wer ein lokales Netzwerk (ein sog. LAN) aufbauen möchte, um nicht unbedingt mit Maschinen im Internet, sondern vornehmlich zwischen den lokalen Geräten eine Kommuniaktions-möglichkeit zu schaffen, benötigt dieses Feature zwingend. Wenn nur Maschinen im Netz vereint sind, die Dienste in Anspruch nehmen, aber keine, die sie anbieten, kann es natürlich auch nicht zur Leistung selbst kommen. Hier erst kommt die MiNT-'98-Distribution richtig zum Tragen. Die Konfiguration der Dienste geschieht wieder komfortabel und grafisch im Web-Browser.
Im Test gelang es uns in wenigen Schritten, die meisten Dienste einzurichten, etwa:
In Netzwerken arbeiten meist mehrere Personen zusammen. Deshalb ist eine Technik wichtig, über die Benutzer identifiziert werden können, damit nicht alle Benutzer auf allen Maschinen über alle deren Möglichkeiten verfügen können. Die MiNT'98-Distribution kann MiNT so einrichten, dass eine Mehrbenutzerumgebung entsteht. In den Administrationsdialogen können neue Benutzer angemeldet und bestehende entfernt oder in Gruppen eingeteilt werden. Nach dem Booten oder bei der Fernbedienung via Telnet weist sich der jeweilige Benutzer über seine Kennung und ein Passwort aus. Dort hat er dann nur Zugriff auf Dateien, Programme und Dienste, die ihm zugeteilt wurden. MiNT'98 richtet dabei das System so ein, dass jeder Benutzer z.B. einen ftp-Zugang von anderen Rechnern aus auf seine Dateien hat oder sich auch eine Homepage einrichten kann.
Um MiNT-Net einzurichten, bedarf es einiger Arbeiten. Für den Anwender, der so wenig wie möglich mit der Technik konfrontiert werden möchte, ist MiNT '98 ideal. Andernfalls braucht man Freude an der Informationsbeschaffung, am Experimentieren und üblicherweise auch einige Englischkenntnisse.
Für lokale Ethernet-Netzwerke oder bei der statischen Internetanbindung via Ethernet ist MiNT'98 durch seine Vollständigkeit, sein Installationsprogramm und seine AdMiNTools ein professionelles und mächtiges Werkzeug, mit dem auch Neulinge zurechtkommen. Viele Funktionen - so haben wir festgestellt - erachtete man zuvor nicht recht als nötig, will sie bald aber nicht mehr missen. MiNT '98 wird hier inzwischen seit über eineinhalb Jahren eingesetzt. Im Falle der dynamischen Anbindung - was für die meisten Heimanwender zutreffen wird - besteht noch Handlungsbedarf. Zwar wird durch MiCo bereits vieles so einfach, wie man es sich wünscht, es bleiben allerdings auch nach der Installation von MiNT '98 noch ein paar Schritte „Handarbeit" zu tun, ehe MiCo tatsächlich zum Einsatz kommen kann. Was man also derzeit vermisst, ist ein GEM-Programm, das diese Lücke schließt.
MiNT '98 ist nun ein komfortables, aber großes „Geschütz". Für kleine Rechner fehlt es an einer Möglichkeit, MiNT-Net anwenderfreundlich so einzurichten, dass gerade nur die PPP-Einwahl unterstützt wird.
MiNT-Net selbst wird von Hobbyprogrammieren entwickelt. Diese sind meist an der technischen Herausforderung interessiert, was wohl dazu führte, dass das System lange Zeit für Laien ein Buch mit sieben Siegeln war. Schade, dass dort, wo sich kommerzielle Anbieter in dieses Feld einbringen wollten, der wirkliche Erfolg bislang ausblieb. Wegen der großen Leistungsfähigkeit von MiNT-Net bleibt nur zu hoffen, dass sich noch Anwender finden, die diejenigen, die diese Lücke zwischen Programmierern und Anwendern zu schließen versuchen, unterstützen.
[1] http://www.cs.uni-magdeburg.de/~fnaumann/
[2] AG Computertechnik, Schützenstr. 10, D-87700 Memmingen
[3] Viele Wege führen ins Internet, |an Daldrup, st-computer 02/2000, S. 7
[4] wh58-508.st.uni-magdeburg.de in directory /pub/mint/
[5] Torsten Lang, http://www.TorstenLang.de
[6] ftp://ftp.cs.tu-berlin.de/pub/atari/MiNT/ Network/ppp-212.tgz
[7] http://mico-mint.atari.org