Trotz aller Verspieltheit, grafischer Möglichkeiten und audiovisueller Effekte ist die Akzeptanz eines Rechnersystems immer noch eng mit seiner Leistung im Büroeinsatz verbunden. Gelten die technischen Kabinettstückchen eines Computers als Kür, ist die harte Arbeit im Büro immer noch die Pflichtübung. Nachdem Atari über Jahrzehnte quasi als Synonym für Computerspiele und Entertainment galt, schaffte es das amerikanische Unternehmen in den 80er und 90er Jahren seine Rechner auch in Büros und Studios zu etablieren. Kann ein Atari auch heute noch seinen Dienst als Office Rechner verrichten? Wir gehen auf die bestehenden Lösungen ein und zeigen gezielte Einsatzmöglichkeiten auf.
Während der Computer im Heim- und Entertainment-Bereich durch die steigenden grafischen und klanglichen Ansprüche besonders von Spielen vor immer neue Herausforderungen gestellt wird, schreitet die Evolution im klassischen Officeeinsatz langsamer voran. Die tägliche Büroarbeit ist nach wie vor geprägt vom Editieren (zum Teil umfangreicher) Texte, der Verwaltung von Daten und der Kalkulation. Fanden sich Lösungen für diese Bereiche bereits für frühe Computersysteme wie, so sind in der heutigen Zeit jedoch die Möglichkeiten der Kommunikation weitaus vielfältiger und komplexer geworden. Das Internet hat auch und gerade die Arbeit mit dem Rechner im Büro stark geprägt: Angebote werden komfortabel im Web eingeholt und bei der Kommunikation mit Geschäftspartnern löst der eMail-Verkehr den klassischen Postweg immer weiter ab. Aber auch der Empfang und Versand von Faxnachrichten ist aus der heutigen Büroarbeitswelt kaum mehr wegzudenken.
Die digitale Revolution hat aus dem Computer also ein Arbeitsgerät gemacht, das nicht nur der Erfassung, Berechnung, Bereitstellung und Kommunikation mit und von Daten dient, sondern diese integral zur Verfügung stellt, wobei sie sich untereinander oftmals bedingen. Ein im Office einsetzbarer Computer muss sowohl im Hardware- als auch im Softwarebereich Ansätze und Lösungen bieten, die dieser Entwicklung Rechenschaft tragen.
Der Atari war von Anfang an durch seine 16- bzw. 32-Bit-CPU und seine hohe Grafikauflösung in Verbindung mit einer grafischen Benutzeroberfläche für den klassischen Büroeinsatz prädestiniert. Trotzdem ist die Zeit natürlich nicht stehengeblieben und z.B. das schnelle Bearbeiten von umfangreichen Texten und besonders das Surfen im Web verlangen auch im Office nach einiger Rechenleistung. Insofern ist es sinnvoll, sowohl klassische wie auch aktuelle Atari-Systeme nach ihrer Anwendbarkeit im Büro zu beleuchten.
Kaum ein anderes Atari-System hat sich soweit verbreitet wie die Rechner der ST- und Mega-ST-Serie. Ihre Leistungsdaten sind weitestgehend identisch: Als Herz dient eine 68000-CPU, die mit 8 MHz getaktet wird. Der Speicher ist für Aufrüstungen bis 4 MB RAM vorgesehen, mit Erweiterungen wie der Magnum ST sind bis zu 12 MB möglich. SCSI-Festplatten werden über einen Hostadapter an dem ACSI-Port des ST angeschlossen. Als hochauflösender Monitor z.B. für die Textverarbeitung wird meist der bekannte SM 124 verwendet, der die höchste Auflösung von 640x400 Bildpunkten in einer schwarzweißen Auflösung darstellen kann. Der Mega ST bietet ein internen Systembus, an den Crafikkarten anschließbar sind, was das Arbeitsgefühl verbessert. STs und Mega STs sind auf dem Cebrauchtmarkt zu Spottpreisen erhältlich - Preise für ein Komplettsystem ab DM 50.- sind keine Seltenheit mehr. Achten Sie für den Einsatz im Büro besonders darauf, dass der RAM-Speicher auf mindestens 4 MB ausgebaut ist.
Durch die aus heutiger Sicht sehr geringe Rechenleistung ist natürlich auch der Einsatz des ST im Büro eingeschränkt. Nach wie vor möglich und auch zum Teil empfehlenswert ist der Einsatz für klassische Büroarbeiten wie z.B. die Erfassung und Bearbeitung einfacher Briefe. Dazu zählen z.B. Geschäftsbriefe, Faxnachrichten usw. Aber auch die Arbeit mit einer Tabellenkalkulation oder die Verwaltung von nicht allzu umfangreichen Datenbanken ist problemlos möglich.
Die grafischen Möglichkeiten sind durch die heute unzureichenden Farbauflösungen und den Schwarzweiß-Modus dagegen eingeschränkt. Auch die Rechenleistung reicht für eine vernünftige Nutzung des Internets nicht mehr aus. Besonders das Web erfordert durch zum Teil umfangreiche HTML-Dokumente und zum Teil recht umfangreiche Grafiken schon einiges an Leistung, die ein ST einfach nicht mehr liefern kann.
Eine weitere interessante Einsatzmöglichkeit ist die „Zweckentfremdung" des ST als Faxmaschine. Jeder ST ist mit einer seriellen Schnittstelle ausgerüstet, die immerhin Übertragungsgeschwindigkeiten bis 19.200 kbps ermöglicht, was für das Senden und Empfangen von Faxen durchaus ausreicht.
Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass auch ein ST (wie jeder Atari) über einen erhältlichen ROM-Port-Adapter (http://www.asamnet.de/~hilgarte/) in ein lokales Netzwerk einzubinden ist. Wenn Sie z.B. den ST als Faxserver nutzen, können Sie ein erhaltenes Fax über das Netzwerk zur Weiterbearbeitung oder Ausdruck an einen anderen Rechner übertragen.
Ein Problem der ST-Serie ist seit jeher die etwas schwammige Tastatur. Wenn Sie also eine einfache Texterfassungsmaschine suchen, so sollten Sie auf jeden Fall einen Mega ST wählen, der eine externe Cherry-Tastatur bietet, die ein recht überzeugendes Tippgefühl bietet.
Was wir über die ST-Serie gesagt haben, lässt sich auf den STE übertragen. Die Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger (bessere Sound- und Farbgrafikmöglichkeiten) sind für den Büroeinsatz nicht wirklich entscheidend. Die Rechenleistung des 1040 STE ist nicht höher als die des ST oder Mega ST.
Interessanter für das Homeoffice ist dagegen der Mega STE, der kurz nach dem TT eingeführt wurde und den Mega ST als Arbeitspferd ablösen sollte. Zwar ist der Speicherausbau ebenfalls auf 4 MB begrenzt (per Magnum STE auf 12 MB), jedoch wurde der 68000-CPU ein Takt von 16 MHz gegönnt. Durch den integrierten VME-Bus lassen sich Grafikkarten einsetzen, die hauptsächlich für den TT vorgesehen sind. Somit werden auf dem Mega STE hochauflösende Bildschirmmodi möglich, die die Arbeit auf der Oberfläche angenehmer machen. Auch Gehäuse und Tastatur sind mit den Komponenten des TT identisch. Im Gegensatz zum ST bietet der Mega STE einen internen SCSI-Anschluss, der jedoch nur den Anschluss einer einzigen Festplatte im 3.5-Zoll-Format ermöglicht, die auch nicht über 1 GB groß sein darf. Die Platte verschwindet übrigens im Rechnergehäuse, sodass keine externen Gehäuse wie bei den 1040ern und dem Mega ST erforderlich sind. Für externe Anschlüsse existiert weiterhin leider nur der ACSI-Port.
Die Rechenleistung des Mega STE ist wie erwähnt praktisch doppelt so schnell wie bei der ST-Serie, was aus heutiger Sicht natürlich trotzdem nicht mehr wirklich akzeptabel ist. In Verbindung mit einer Grafikkarte lassen sich klassische Büroarbeiten jedoch recht komfortabel ausführen.
Eine weitere Neuerung macht den Mega STE für die Kommunikation interessant: Der Rechner ist mit insgesamt 3 seriellen Schnittstellen ausgerüstet. Die zusätzlichen Ports vertragen Geschwindigkeiten bis 38.400 bzw. 115.200 kbps, was durchaus aktuelle Übertragungsgeschwindigkeiten im Internet ermöglicht. Die Rechenleistung reicht natürlich trotzdem nicht für die Darstellung heutiger Webseiten - wer jedoch nur hin und wieder das Web besucht und hauptsächlich für eMails das Internet nutzt, der ist mit einem Mega STE mit Grafikkarte bereits ausreichend bedient. Durch die schnellen Schnittstellen ist auch der Einsatz als komplette Kommunikationsmaschine inklusive Anrufbeantworterfunktion ohne weiteres möglich.
Besonders im Textverarbeitungs- und DTP-Bereich erreichte der Atari TT in den 90er Jahren eine beachtenswerte Verbreitung. Dies hatte vor allem zwei Gründe: die im Vergleich zum ST/STE hohe Rechenleistung und die zusätzlichen hohen Grafikauflösungen mit bis zu 1280x960 Bildpunkten in Schwarzweiß. Als CPU dient eine vollständige 32-Bit-CPU, der MC68030, der mit immerhin 32 MHz getaktet wird. Auch der RAM-Speicher ist auf bis zu 256 MB aufrüstbar, als Verbindung zu schnellen Datenspeichern dient eine interne und externe SCSI-Schnittstelle. Grafikkarten lassen sich über den VME-Port anschließen.
Der 68030-Prozessor bietet einen Rechenleistung, die in Verbindung mit schlanken Atari-Betriebssystemen und -Programmen auch heute noch zufriedenstellende Ergebnisse liefert. Auch in hochauflösenden Grafikmodi sind klassische Office-Anwendungen in angenehmer Geschwindigkeit zu bedienen. Textverarbeitungen gestatten durch den zusätzlichen Speicher und durch die hohe Arbeitsgeschwindigkeit auch die Bearbeitung umfangreicher Dokumente. Auch die Arbeit mit Datenbanken und Tabellenkalkulationen ist in angenehmen Geschwindigkeiten möglich.
In Sachen Kommunikation ist der TT in Verbindung mit einer Grafikkarte der vielleicht interessanteste Rechner aus dem Hause Atari. Wie beim Mega STE sind Geschwindigkeiten von bis zu 115.200 kbps möglich, der 68030-Prozessor ermöglicht zumindest zufriedenstellende Geschwindigkeiten beim Surfen. Allerdings führen natürlich umfangreiche JPEG-Grafiken auch einen TT schnell zu seinen Grenzen und der Anwender muss bei der Berechnung des Bildes einige Geduld aufbringen.
Der TT ist nach wie vor eine interessante Plattform für den Einsatz im Büro und im Homeoffice.
Atari spezialisierte seinen Wundervogel Falcon 030 bei seiner Präsentation klar auf seine Hauptgebiete Audio und Entertainment. Während das amerikanische Unternehmen seinem leider letzten Rechner eine Soundlogik verpasste, die sich noch heute mit Erweiterungen für PC und Mac locker messen kann und eine Quasi-Echtfarben-Grafik bot, die besonders Spielehersteller beglücken sollte, zielte man nicht unbedingt auf den Einsatz im Bürobetrieb ab. Hauptkritikpunkt für den täglichen Einsatz im Office ist sicherlich die Reanimation des schon beim ST kritisierten Desktopgehäuses mit der ähnlich schwammigen Billigtastatur. Auch von der reinen Rechenleistung her reicht er nicht an den für das Büro besser geeigneten Atari TT heran, da er mit seinen standardmäßigen 16 MHz lediglich die Hälfte von dessen Rechentakt erreicht. In Hinblick auf die moderne Büroarbeit wissen leider auch die ansonsten beeindruckenden Grafikmöglichkeiten nicht zu überzeugen. Ohne Erweiterung kommt der Falcon auf 640x480 Bildpunkte, wobei die Geschwindigkeit speziell unter 256 Farben aus heutiger Sicht unzureichend ist. Da bei klassischen Büroarbeiten jedoch 16 oder weniger Farben durchaus ausreichend sein können, ist dies in diesem Büro unter vernunftbedingten Aspekten nicht unbedingt ein großes Problem. Die meisten Falcon-Rechner dürften heutzutage allerdings mit einer Grafikerweiterung ausgerüstet haben, die zumindest die erreichbaren Auflösungswerte nach oben schraubt. Ein Arbeiten in 800x600 Pixeln dürfte also keine Hürde mehr darstellen. Ein weiterer Vorteil ist, dass der RAM-Speicher des Falcon 030 standardmäßig auf immerhin 14 MB ausbaubar ist, was für nahezu alle Office-Anwendungen genug Raum bieten sollte. Ausserdem lassen sich über die interne IDE-und die externe SCSI-Schnittstelle z.B. moderne Festplatten und CD-ROMs betreiben. Ein kleines Manko ist dagegen der RCB-Monitoranschluss. Über einen im Atari-Fachhandel erhältlichen Adapter sind allerdings handelsüblichen SVGA-Monitore zu betreiben.
In Sachen Kommunikation ist positiv anzumerken, dass auch die serielle Schnittstelle des Falcon Geschwindigkeiten bis 115.200 kbps zulässt, was auch hohe Modemgeschwindigkeiten problemlos ermöglicht. Allerdings ist wie erwähnt die Darstellungsgeschwindigkeit des Falcon speziell unter 256 Farben beim Surfen im Web nicht immer akzeptabel. Durch seine Kompaktheit ist das Gerät als komfortables Kommunikationsterminal für Fax und Voicebetrieb allerdings absolut empfehlenswert.
Obwohl der Falcon sehr weniger Platz in seinem Innern bietet, ist er von Zubehörentwicklern recht gut mit Erweiterungen ausgestattet worden. So lässt sich zum Beispiel die Arbeitsgeschwindigkeit durch die Centurbo-II-Karte (68030/ 50 MHz) verbessern. Der Afterburner ist eine Beschleunigerkarte mit 040-CPU.
Beide Modelle werden leider nicht mehr hergestellt und sind auch auf dem Cebrauchtmarkt zumeist sehr schnell vergriffen. Anlass zur Hoffnung bieten Pläne, eine Centurbo-060-Karte zu veröffentlichen.
Von den Atari-kompatiblen Computern haben sich besonders der Hades und der Milan durchsetzen können, wobei der Milan auch aktuell bezogen werden kann. Beide Rechner bieten eine schnelle 040- bzw. 060-CPU und bieten somit auch für moderne Büroarbeiten genügend Leistung. Da Grafikkarten aus dem PC-Bereich über den PCI-Bus eingesetzt werden, ist auch die Grafikleistung als gut zu bezeichnen. Der RAM-Speicher ist durch den Einsatz von EDO-RAMs auf mindestens 512 MB erweiterbar, der Hades bietet zum Anschluss von Massenspeichern SCSI- und IDE-Bus. Der Milan setzt standardmäßig auf IDE, eine SCSI-Karte ist jedoch erhältlich. Für beide Rechner sind auch Standard-Ethernet-Karten erhältlich, die eine Einbindung in ein Netzwerk zulassen.
Auch in Hinblick auf die heutige Bürokommunikation sind sowohl Hades als auch Milan die sicherlich interessantesten „Ataris". Durch die schnellen Prozessoren ist die Darstellung von Webseiten erfreulich flüssig.
Erfreulich ist auch, dass speziell der Milan bereits mit einem Softwarepaket ausgerüstet ist, das zumindest leichte Büroarbeiten zulässt. So ist z.B. die Textverarbeitung Papyrus in einer Light-Version vorhanden.
Wer eine echte Alternative zum PC für den Büroeinsatz sucht, ist mit Hades und besonders dem Milan bestens bedient.
Aber nicht nur Besitzer der klassischen Ataris können mit Atari-Software arbeiten. Moderne Emulationen machen die Software auch auf dem Macintosh und dem PC nutzbar, sodass somit wirkliche Alternativen zu den hier etablierten Office-Lösungen erwachsen. Da Atari-Software oftmals flexibler, schneller und komfortabler als Konkurrenzprogramme auf Mac und PC sind, wird sie besonders von Umsteigern von reinen Atari-Systemen oftmals noch über Jahre weiter genutzt.
Für den PC sind mehrere (zum Teil kostenlose) Emulationen erhältlich. Der STEmulator und MagiC PC stellen hierbei sicherlich die interessantesten Lösungen dar. Auf dem Macintosh sorgt MagiCMac in Zusammenhang mit heutiger G3- bzw. G4-Hardware für Höchstleistungen. Den Emulationen ist gemeinsam, dass sie auf heutiger Hardware um ein Vielfaches schneller sind als die klassischen Ataris. Außerdem bieten sie einen problemlosen Datenaustausch mit ihren Wirtsystemen und ergänzen somit oftmals hier erhältliche Lösungen.
Ist die Auswahl des Betriebssystems wichtig für die tägliche Arbeit im Büro bzw. mit Office-Software? Natürlich sollten die meisten Programme problemlos unter allen TOS-kompatiblen Betriebssystemen problemlos ihren Dienst versehen. Trotzdem hat die Wahl des OS einen nicht unwichtigen Effekt auf die täglichen Vorgänge bei der Arbeit. Dieses betrifft nicht nur die Kompatibilität, sondern das allgemeine Arbeitsgefühl und den vernünftigen Einsatz von Programmen.
Grundsätzlich ist beim Atari zwischen Single- und Multitasking-Betriebssystemen zu unterscheiden. Das klassische TOS (Singletasking) hat es unter Atari bis zur Version 4.x gebracht, rudimentäre Verbesserungen wurden in erster Linie von Atari-Clone-Herstellern vorgenommen, um Anpassungen an die spezielle Hardware (060-CPU etc.) vorzunehmen. Ansonsten ist das TOS praktisch auf dem Stand der frühen 90er jahre geblieben, was zwar immer noch eine große Kompatibilität besonders zu alten Programmen gewährleistet, aber von vielen Anwendern als den heutigen Arbeitsanforderungen nicht mehr genügend empfunden wird. Trotzdem kann auch ein ST, STE, TT oder Falcon unter Single-TOS durchaus noch sinnvoll eingesetzt werden, zumal in diesem Falle fast der gesamte Arbeitsspeicher exklusiv den Applikationen bereitsteht, da sich das TOS im (schnellen) ROM-Bereich des Rechners befindet. So setzt z.B. der Einsatz eines „kleinen" Atari als Faxmaschine vernunftgemäß kein Multitasking voraus. Die Vorteile einer Minimalkonfiguration unter TOS liegen sogar klar auf der Hand: Auch beim nachträglichen Einschalten der „Faxmaschine" bei ankommenden Faxanrufen kann der Rechner sehr schnell hochfahren, um den Anruf anzunehmen und muss daher nicht permanent angeschaltet bleiben. Auch in anderen Bereich ist eine reine Singletas-king-Maschine sicherlich nicht sinnvoll einsetzbar. Arbeitet z.B. ein TT als reine Textverarbeitungsmaschine und werden andere Arbeiten, wie z.B. das Surfen im Netz, sowieso an anderen Maschinen vorgenommen, so ist der Einsatz des Single-TOS ohne große Nachteile denkbar.
Sollen aber mehrere Programmen gleichzeitig im Speicher gehalten werden, um z.B. untereinander Daten auszutauschen, wird die Installation eines Multitasking-Betriebssystems unumgänglich. Auf dem Atari haben sich vor allem die Produkte MagiC und N.AES durchgesetzt, die sowohl in Sachen Funktionalität als auch im Komfort auf dem heutigen Stand sind und in vielen Punkten einem heutigen MacOS oder Windows einiges vormachen. Vom Leistungsumfang sind beide Betriebssysteme absolut miteinander vergleichbar, in Sachen Kompatibilität hat MagiC besonders im Bereich der Internet-Applikationen noch immer die Nase vorn, da viele Programme direkt vom MagiC-Distributor Application Systems Heidelberg kommen und dieses System bindend voraussetzen. Komplettlösungen wie papyrus OFFICE und auch andere Office-Applikationen laufen jedoch auf beiden Systemen problemlos und stabil.
Wie bereits erwähnt stellen Internet-Applikationen einen Sonderfall dar. Lange Zeit waren Programme, die die Zugangssoftware I-Connect nutzen, exklusiv MagiC Vorbehalten. Die Liste dieser Programme wird jedoch immer kleiner. Mittlerweile sollten sich alle für den Büroeinsatz relevanten Internet-Applikationen sowohl unter MagiC als auch unter N.AES 2.0 einsetzen.
Office-Pakete. Zugegeben: Diesen Ausdruck in Mehrzahl zu setzen, ist etwas übertrieben. Streng genommen gibt es derzeit nur ein Office-Komplettpaket für den Atari: papyrus OFFICE.
papyrus konnte sich nach seiner Einführung Anfang der 90er jahre schnell einen guten Namen in der damals mit Textverarbeitungen noch üppig bedachten Atari-Welt machen. Von Anfang an lag der Fokus des Programms auf leichter Bedienbarkeit und hoher Arbeitsgeschwindigkeit bei stets auf der Höhe der Zeit liegenden Features. Zur konstanten Weiterentwicklung hat sicherlich die Tatsache beigetragen, dass papyrus parallel auch für Windows und OS/2 angeboten wird. Und so lässt papyrus auch heute so gut wie keine Features vermissen, die man von „großen" Textverarbeitungen auf anderen Plattformen kennt. Die anspruchsvolle WYSIWYG-Darstellung stößt das Tor zum Desktop Publishing weit auf. Für das heutige Online-Zeitalter gerüstet, bietet papyrus auch Exportmöglichkeiten des gesamten Textes als HTML-File. Noch wichtiger dürfte für die tägliche Arbeit jedoch die Importmöglichkeit von Texten im DOC-Format von Microsoft Word sein.
Zu einem Office-Paket gehört jedoch mehr als nur eine Textverarbeitung. Ergänzt wird papyrus durch die Datenbank papyrus BASE und seine integrierte Tabellenkalkulation.
Alles in allem stellt papyrus also ein rundum gelungenes Paket für alle diejenigen dar, die ein modernes und komfortables Komplettpaket suchen. Aber auch für Anwender, die „nur" eine moderne Textverarbeitung suchen, ist papyrus nach wie vor erste Wahl. Beruhigend für Atari-Anwender ist insbesondere die Weiterentwicklungs-Garantie, die R.O.M. logieware auf sein Paket gibt.
Wichtigster Bestandteil bei der täglichen Arbeit im Büro ist nach wie vor eine leistungsfähige Textverarbeitung. Auf dem Atari war diese Programmsparte jahrelang eine der Paradedisziplinen. Zwar zehrt man noch heute teilweise von dem einstmals großen Angebot, jedoch ist die Anzahl der Programme, die derzeit aktiv weiterentwickelt werden, auf zwei gesunken.
Zuverlässig in jeder Hinsicht ist dabei die Entwicklung des oben beschriebenen papyrus WORD. Diese äußerst leistungsfähige Textverarbeitung liegt mittlerweile in der Version 8 vor und bietet die beschriebenen Leistungen inklusive Datenbank und Tabellenkalkulation für DM 299.-, ein 200-seitiges Handbuch liegt ebenfalls bei.
Während papyrus jahrelang das Feld praktisch für sich allein hatte, wird nun (hoffentlich) in Kürze ein alter Bekannter wieder auferstehen: Tempus Word wird in der Version 4 erscheinen. Ein Preview auf das neue Release finden Sie in der st-computer 03/2000. Das Programm wurde komplett überarbeitet und bietet nun vollständiges über zusätzliche Arbeitsmodi WYSIWYG und eine neue, stark überarbeitete Benutzeroberfläche. Auch die Arbeit mit Farbe innerhalb von Texten und Bildern ist nun endlich möglich. Soviel Leistung verlangt jedoch einiges an Rechnenpower. Ein 68030-System sollte es schon sein, wenn man einigermaßen zufriedenstellend schnell arbeiten und formatieren möchte. Besser ist in jedem Fall ein 040- oder gar 060-Rechner, auch eine Emulation auf einem modernen Macintosh oder PC ist empfehlenswert.
In die Jahre gekommen ist dagegen das immer noch bei ASH erhältliche Signum!, das in der Version 4.4 vorliegt. Neben den bekannten Signum!-Fonts können alle von NVDI bereitgestellten CDOS-Zeichensätze verwendet werden. Besonders interessant ist das Programm immer noch für Anwender, die häufig in unterschiedlichen Sprachen schreiben. Es liegen handoptimierte Schriften für immerhin 60 Sprachen vor, was Signum! z.B. im theologischen Bereich zu einem echten Geheimtipp werden ließ. Der Formeleditor ist besonders interessant für den wissenschaftlichen Bereich. Setzt man den Atari jedoch nicht in einem dieser Bereiche ein, so ist der typische Office-Anwender mit papyrus und hoffentlich bald Tempus besser versorgt, da diese Programme ganz einfach einen moderneren Leistungsumfang bieten.
Frei erhältlich ist dagegen das einstmals kommerzielle Programm CyPress. Zwar kann der Leistungsumfang nicht mit modernen Textverarbeitungen wie papyrus und Tempus Word verglichen werden, trotzdem sind alle grundlegende Funktionen vorhanden, um die tägliche Korrespondenz zu ermöglichen. Besonders genügsam ist das Programm in Bezug auf seine Systemvoraussetzungen: CyPress sollte auf jedem Atari mit TOS 1.4 und 1 MB RAM.
Wie erwähnt ist eine Tabellenkalkulation im Office-Paket papyrus integriert. Als eigenständige und moderne Tabellenkalkulation ist Texel erhältlich. Texel bietet eine attraktive Oberfläche und ist komplett in CEM integriert. Die Blattgröße ist nur vom Hauptspeicher und Betriebssystem abhängig. Das Programm bietet bis zu 16384x702 (A-ZZ) Zellen pro Blatt. Vektorfonts bescheren (in Verbindung mit NVDI) beliebige Textschnitte und -grossen, beliebige Farben und beliebige Drehwinkel. Texel bietet über 100 Funktionen aus den Bereichen Statistik, Logik, (Finanz-) Mathematik sowie Datums- und Zeitberechnung. Funktionen können beliebig viele Parameter erhalten. Es gibt einen Funktionsmanager zum Zusammenklicken der Formel. Das Blatt wird voll rekursiv berechnet. Zellvariablen sorgen für Komfort. Für den Datenaustausch innerhalb des Büros stehen die Formate DIF, CSV, ASCII, LaTeX und DBASE III bereit.
Ebenfalls von Application Systems kommt der Klassiker Phoenix. Die aktuelle Version ist das Release 5. Das Programm besteht aus zwei Teilen: dem Manager, mit dem die Daten bearbeitet werden und dem Designer, mit dem die Struktur der Datenbank festgelegt wird. Verwaltet werden können alle Arten von Daten. Phoenix ist nach dem Modell einer relationalen Datenbank organisiert. Das bedeutet, dass eine Datenbank aus Tabellen besteht, die Tabellen ihrerseits aus Feldern. Über komplexe Regeln lässt sich im Datenbank- Designer meist einfach per Mausklick festlegen, in welchen Beziehungen die Daten zueinander stehen. Ein Import von Daten in den Formaten dBase III-, IV- und FoxPro2.x ist problemlos möglich. Es setzt 2 MB RAM voraus und kostet DM 99.-.
Seit Jahren bewährt ist auch die Datenbank Maxidat (http://www. heinrich-computer.de), die derzeit in der aktuellen Version 5.3 vorliegt. Zu den nach wie vor beeindruckenden Leistungsdaten zählen Datenübernahmemöglichkeiten aus Programmen wie 1 st Adress, 1stBase, Superbase und Datamat. Auch ein Import von dBase-lll- und Portfolio-Daten wird geboten. Ein Texteditor ist ebenfalls integriert. Die aktuelle Version kostet DM 69, eine ältere Version 4.33, die sich z.B. zum Verwalten von Adressen auf 1-MB-Maschinen eignet, ist für DM 29.- zu haben.
Über Jahre war First Million aus dem Hause Softbär die einzige Fakturierung für den Atari. Das Programm besticht durch einen großen Leistungsumfang, verlangt aber einiges an Einarbeitung. Es ist absolut für den professionellen Einsatz zu empfehlen. Ein Comeback feierte in jüngster Zeit die Fakturierung Reprok, die in der Version 5 vorliegt. Einen ausführlichen Test finden Sie in der Ausgabe 06/2000 der st-computer. Als wenn diese Entwicklung nicht schon positiv genug wäre, erlebte eine weitere Fakturierung kürzlich ihre Reinkarnation: Vielen Anwendern wird sicherlich das Programm SE-Fakt noch in guter Erinnerung sein. Unter der Federführung vom EDV-Service Sönke Diener ist nun die Version SE-Fakt 2000 erschienen, die unter anderem Jahr-2000-fähig ist.
In der heutigen Bürowelt wird die Kommunikation immer wichtiger. So ist das Internet schon lange nicht mehr auch aus deutschen Büros wegzudenken. Der Atari bietet alle notwendigen Programme für die Nutzung des Netzes. Als Zugangspakete haben sich die kommerziellen Lösungen I-Connect und Draconis sowie das frei erhältliche STinG etablieren können. Mit allen drei Lösungen sind die für das Büro wichtigsten Arbeiten verfügbar: Es kann ebenso im Web gesurft werden wie eMails abgerufen werden können. Besonders komfortabel ist dabei die Konfiguration und Nutzung von I-Connect, das den Internet-Applikationen von ASH beiliegt. Der aus dem gleichen Haus stammende Browser CAB ist allerdings in die Jahre gekommen und bietet nicht alle heutzutage im Web geltenden Standards. Leider wird der immer noch beliebteste Web-Browser für den Atari nicht mehr weiterentwickelt und musste sich daher mittlerweile von seinem Konkurrenten Light Of Adamas aus dem Draconis-Paket den Rang ablaufen lassen.
Weitaus umfangreicher ist das Angebot an eMail-Clients für die verschiedenen Stacks: Am komfortabelsten ist dabei der ASH EMailer, der unter MagiC und N.AES 2.0 arbeitet. Er verfügt über eine äußerst komfortable Oberfläche und weiß durch zeitgemäße Leistungen zu überzeugen. Als Zugangssoftware setzt er I-Connect voraus. Für den freien Internet-Stack STinG gibt es gleich eine Vielzahl von eMail-Clients, wobei besonders aMail und MyMail überzeugen dürften. Das Draconis-Paket kommt selbstverständlich mit einem eigenen Emailer daher.
Besonders im Heimbüro findet das Erledigen von Bankgeschäften per Internet immer weiter Verbreitung, da es schnell und unkompliziert ist. Hier haben wir es gleichzeitig mit einem echten Schwachpunkt der Atari-Plattform zu tun: Da immer mehr Banken zur Nutzung ihres Online-Banking-Systems vollständige Java-Applets (also kein Javascript) voraussetzen, haben reine Atari-Anwender das Nachsehen, da auf ihrer Plattform keine Java VM existiert und mit dieser in absehbarer Zeit auch nicht mehr zu rechnen ist. Einige Banken setzen jedoch nur Javascript ein, weshalb eine Arbeit mit Light Of Adamas vielleicht möglich sein sollte - wir bitten hier um Erfahrungswerte. Hinzu kommt, dass die Telekom AG den BTX-Service zum Jahresende abschalten wird, womit für Atari-Puristen der einzige Weg zum Online-Banking wegfällt.
Bürokommunikation bezieht sich aber nicht nur auf das Internet. Wie bereits mehrfach erwähnt, lässt sich der Atari auch hervorragend als komfortables Kommunikationszentrum einsetzen. So verwandelt die Kommunikationssoftware CoMa den Atari in ein Faxgerät mit integriertem Anrufbeantworter. Sogar eine kleine Mailbox ist enthalten. Der Voiceteil ist sogar so flexibel, dass er als Fax-On-Demand-System programmiert werden kann, mit dem z.B. Preislisten und Firmeninfos bereitgestellt werden können. Ergänzt wird die Palette guter Faxsoftware durch das Komplettpaket StarCall und das inzwischen als Freeware von TKR erhältliche TeleOffice.
Obwohl wir nur einen recht rudimentären Überblick über das Angebot und die Möglichkeiten, den Atari in der täglichen Büroarbeit einzusetzen, gegeben haben, sollte deutlich geworden sein, das der Vorsprung anderer Plattformen besonders im klassischen Officeeinsatz weitaus geringer sind, als dies vielleicht zu erwarten war. Besonders im Bereich der Textverarbeitung stehen dem Atari mit papyrus und Tempus Word Lösungen bereit, die si durchaus mit den etablierten Namen messen können oder diese in einigen Punkten (Benutzerfreundlichkeit, Stabilität) sogar übertreffen. Andere klassische Office-Bereiche sind zwar mittlerweile weniger gut mit Applikationen bestückt, doch reichen die vorhandenen Lösungen allemal für das Homeoffice aus, andere (z.B. die Tabellenkalkulation Texel) sind ohne Bedenken für den professionellen Einsatz zu empfehlen. Besonders hervorzuheben ist der einfache Datenaustausch mit anderen Plattformen im Büro. Es kommt eben nicht auf die Systemkompatibilität, aber häufig auf die Datenkompatibilität an.
Im Bereich der Online- und Kommunikationssoftware offenbart sich ein Bild mit Licht und Schatten. Auf der einen Seite ist auch der Atari mit mehreren guten Programmen zur Nutzung des Web und dem Bearbeiten von eMails ausgestattet. Auf der anderen Seite werden nicht genügend Standards unterstützt, um z.B. das Online-Banking in Zukunft noch zu ermöglichen. Ein echter Geheimtipp ist der Einsatz eines Ataris als Kommunikationsterminal für Fax und Voice. Hier bieten sich Möglichkeiten eines Einsatzes auch alter Hardware, die wieder zu Ehren kommen soll.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Atari nach wie vor gute Dienste im Bereich der klassischen Officeanwendungen leisten kann. Hier sind nahezu alle Anwendungsgebiete mit guter bis sehr guter Software versorgt. Selbst etwas in die Jahre gekommen Rechner gehören aufgrund der schnellen und unkomplizierten Software und eines schlanken Betriebssystems noch lange nicht zum alten Eisen. Besonders beschleunigte Classic-Ataris und heutige Clones sind nach wie vor eine Alternative für die tägliche Büroarbeit.