Sage ich DTP, meine ich Calamus» - so oder so ähnlich mögen Äußerungen von DTP-Anwendern auf der Atari-Plattform in den letzten Jahren geklungen haben. Ende der 80er Jahre sah diese Situation noch etwas anders aus: Neben Calamus buhlten z.B. noch Programme wie der Publishing Partner Master (PPM) oder auch das mittlerweile nur noch für den Mac und den Amiga erhältliche PageStream um die Gunst der Käufer. Aber auch aus der Schweiz kam ein interessantes Produkt, das eine Zeit lang eine große Konkurrenz zu Calamus darstellte: DA's Layout. Nachdem sich Atari aus dem Computermarkt zurückgezogen hatte und für professionelles Layout geeignete Maschinen wie der Hades lange Zeit nur etwas betuchteren Anwenderkreisen zugänglich waren, wurde es etwas stiller um die Komplettlösung aus dem Hause Digital Arts. Kaum jemand scheint zu wissen, dass das Programm in einer aktuellen Version vom Sommer 1999 vorliegt. Grund genug also, noch einmal einen Blick auf den DTP-Profi zu werfen.
Lang und abwechslungsreich ist die Geschichte von DA's Layout und mit fast soviel Tradition behaftet wie die von Calamus: Angefangen als Editor für Zeichensätze im CFN-Format (DIDOT, DIDOT LineArt) entwickelte es sich stetig zum eigenständigen und kompletten Layoutsystem (DIDOT Professional) weiter. Mitte der 90er Jahre erschien dann die erste, komplett überarbeitete Version des Komplettpakets DA's Layout, das zuerst in getrennten Versionen für die Arbeit in Schwarzweiß- und Farblayouts vorlag. Später wurde dann mit einer Portierung auf den Macintosh begonnen und die Schwarzweiß-Version eingestellt, wobei die Entwicklung auf dem Atari parallel fortgeführt wurde. Die aktuelle Atari-Version ist vom 28. August 1999 und trägt die Versionsnummer 6.2
Leider scheint es sich dabei um die letzte offiziell von Digital Arts unterstützte Version für diese Plattform zu handeln. Die Weiterentwicklung ist eingestellt worden, ein Support wird nicht mehr geleistet. Zur Zeit überlegt jedoch die Firma thomas raukamp Communications, ob ein Vertrieb des Layout-Komplettsystems für den Atari über die Zeitschrift st-computer Sinn macht. Insofern bitten wir Sie, uns zu schreiben, falls sie einen solchen Service wünschen und Interesse an dem Produkt haben.
Derzeit besteht die einzige Möglichkeit, DA's Layout zu erhalten, über die Webseite der Entwicklerfirma Digital Arts. Das Programm liegt hier in Form von drei selbstextrahierenden TOS-Dateien vor, die je 720 KB groß sind und so jeweils eine DD-Diskette füllen würden. Nachdem Sie die Archive in einem erstellten Verzeichnis entpackt haben, steht Ihnen eine vollständige Testversion bereit, mit der Sie sich selbst von der Leistungsfähigkeit des Layoutprogramms überzeugen können. Diese Version enthält alle nötigen Dateien, beendet sich jedoch nach 30 Minuten selbständig wieder. Außerdem können erstellte Dokumente nicht gesichert werden. Wenn Ihnen das Programm zusagt, können Sie bei Digital Arts einen Schlüssel beziehen, den Sie in den entsprechenden Dialog eingeben müssen. Nun können Sie das Programm vollständig nutzen.
Auf der Homepage des schweizerischen Unternehmens findet sich auch eine aktuelle Preisliste. Die Komplettversion kostet zur Zeit SFr 750.-bzw. EUR 468.-. Zusammen mit einem Modul für den EPS-Import im AI-3-Format fallen SFr 950.- bzw. EUR 594.- an. Erhältlich ist auch ein Komplettpaket, das neben dem erwähnten Importer und dem Hauptprogramm noch die Module DA's 3D-Extruder, DA's Compose, DA's Archiv und DA's Calibration enthält. Dieses ist zum Preis von SFr 1500.- bzw. EUR 937.50 erhältlich.
Da der letzte Testbericht von DA's Layout schon einige Zeit zurückliegt [1], scheint mir zumindest ein Überblick über die gebotenen Funktionen und Konzepte recht sinnvoll. DA' s Layout stellt wie erwähnt ein komplexes Paket zum Erstellen von Layouts dar. Seine Herkunft und Verwandtschaft zu einem Vektoreditor (DA's Vektor) kann (und will) DA's Layout dabei nicht verleugnen, weshalb besonders die Möglichkeiten zum Bearbeiten von Vektorobjekten fast ebenso primär erscheinen wie die für das reine Layout.
Grundsätzlich handelt es sich bei DA's Layout um kein festes und abgeschlossenes Programm, sondern um eine durch verschiedene Module bestehende und erweiterbare Plattform für alle Arten von Layout-Arbeiten - also Text und Satzbearbeitung, Vektorbearbeitung, Bildintegration und Fontbearbeitung. Zur Zeit stehen die folgenden Module zur Ergänzung des Hauptprogramms bereit:
Die Preise für die nicht im Lieferumfang enthaltenen Module liegen je nach Modul zwischen 150 - und 500 - SFr -nicht wenig, da auch sie nicht mehr weiter gepflegt werden.
Das grundsätzliche Programmkonzept orientiert sich durchaus an anderen DTP-Lösungen: Auf einem Arbeitstisch kann direkt gearbeitet werden, wobei unterschiedliche Seitenformate in demselben Dokument angelegt und nebeneinander bearbeitet werden können. Die seitenbezogene Layer-technologie erlaubt eine beliebige Anzahl von Ebenen auf einer Seite, was besonders bei der Vektor- und Bildbearbeitung nützlich ist.
Die verschiedenen Funktionen sind ähnlich wie bei Calamus in verschiedenen Werkzeugboxen untergebracht, die in die zentralen Bereiche Montage, Seitenverwaltung, Mengensatz, Bilder und Vektorzeichnen aufgeteilt sind. Diese logische Gliederung begrenzt die Verschachtelungstiefe auf anwenderfreundliche zwei Ebenen, was eine generelle Übersichtlichkeit garantiert. Die Standard- bzw. Zusatzmodule sind im Kopfbalken des Arbeitsfensters untergebracht, auch hier dürfen also Parallelen zu Calamus gezogen werden.
Etwas ärgerlich ist, dass die Entwickler es nach wie vor nicht geschafft haben, alle Dialoge und Funktionen in vollständigen GEM-Fenstern unterzubringen. Anders als in älteren Version blockieren die Fenster nun aber nicht mehr das Multitasking und nutzen zumindest scheinbar durchgehend eigene Fensterroutinen. Einige Alert-Boxen blockieren den Rechner aber nach wie vor. Ähnlich wie Calamus nutzt auch DA's Layout eine eigene Dateiauswahlbox, die einige zusätzliche Möglichkeiten bietet (z.B. eine Preview-Funktion) und abschaltbar ist. Alles in allem wirkt die Oberfläche zwar recht komfortabel, ist aber im Vergleich zum CEM etwas behäbiger. Unbefriedigend ist, dass die Fenster keine Möglichkeit zur Größenveränderung bieten.
Vorbildlich ist dagegen die Verwaltung von Clipboards: Diese ermöglichen eine unbegrenzte Anzahl von Einträgen und können zusammen mit dem gerade bearbeiteten Job abgespeichert werden. Ebenso erfreulich ist die Arbeit mit Hilfslinien: Unterstützt wird ein Snap auf Hilfsraster, -linien und sogar -kreise. Vektorgrafiken können auf Stützpunkte, Lauftextspalten auf Textgrundlinien gefangen werden. Interessant ist dabei, dass die Mausbewegung auf eine gewünschte Richtung beschränkt werden kann.
Wie erwähnt wissen besonders die Vektorfunktionen nach wie vor zu beeindrucken. Fast alle Werkzeuge, die sich in dem Programm DA's Vektor Pro fanden, wurden auch in DA's Layout verwirklicht. Grundsätzlich ist dabei natürlich das Setzen von Vektorpfaden mit Geraden und Bezierkurven möglich. Auch Freihandlinien können gezeichnet werden. Die Manipulations von Pfaden ist in Echtzeitdarstellung auf dem Bildschirm möglich. Vorbildlich ist auch die automatische Erzeugung von Outlines und das Zusammenfügen (|oinen) von Vektorpfaden. Pfadflächen können als monotone Fläche, mit Überblendungen sowie als radiale oder lineare Verläufe gefüllt werden. Mittels des nun integrierten Clipping-Moduls ist die Definition jedes beliebigen Pfades als Begrenzungs-Pfad für Vektor- und Bitmapgrafiken möglich.
DA's Layout bietet vielfältige Möglichkeiten zur Manipulation von Text und Grafik. Alle Objekte können sowohl proportional als auch unproportional skaliert und um ein frei positionierbares Zentrum gedreht werden. Auch das perspektivische Neigen (Scheren) und nach hinten klappen von Objekten wird unterstützt. Transformationen können über eine frei definierbare Bezierkurven-Oberfläche oder über einen speziellen Grafikrechner vorgenommen werden. Auch die Erzeugung von Mehrfachkopien ist mit frei definierbaren Parametern möglich. So sind z.B. auch Rotationsbewegungen bei gleichzeitiger Farbveränderung zu erzeugen. Die Manipulationsmöglichkeiten werden durch das extern erhältliche Compose-Modul nochmals erweitert.
Ähnlich wie Calamus arbeitet auch DA's Layout mit Vektorfonts auch bei der Bildschirmdarstellung. Die Behauptung von Adobe, dass InDesign hier eine Revolution darstellt, ist also ein weiteres Mal berichtigt worden. Standardmäßig werden die Formate CFN (Calamus) und Postscript-Type-1 unterstützt. Außerdem kann das Didot-Format DFN eingelesen werden. Die Textverarbeitung kann dabei wahlweise im etwas unkomfortablen integrierten Editor oder direkt im Layout erfolgen.
Auch das integrierte Kerning weiß zu überzeugen: Neben dem Stufenker-ning ist auch die Bearbeitung von Kerningpaaren möglich. Manuelles Kerning wird in horizontaler und vertikaler Richtung unterstützt. Beeindruckend ist ausserdem, dass Lauftext komplett in eine Vektorgrafik gewandelt und als solche somit weiter editiert werden kann.
Alle Bilder werden vom Programm virtuell verwaltet und befinden sich zunächst einmal auf der Festplatte. Das Programm lädt lediglich ein verkleinertes Abbild, das in einem Zwischenspeicher gehalten wird. Die Darstellungsqualität von Bildern am Bildschirm ist allerdings daher nicht immer optimal. Praktisch ist dieses Verfahren aber deshalb, da es den Speicher schont und auch große Bilder sehr schnell darstellen kann, sofern diese mindestens einmal geladen wurden. Durch das Integrierte Clipping-Modul kann ein Begrenzungspfad zum Maskieren von Bildern genutzt werden.
DA's Layout verwendet ein recht flexibles Ausgabekonzept inklusive Schmuck- und Prozessfarben-Separaration. Satzbelichter können direkt angesteuert werden, alternativ können Dokumente als Postscript-File weitergegeben werden. Das Programm bietet hier recht umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten.
Wie erwähnt liegt seit Mitte des letzten Jahres die aktuelle Version 6.2 vor. Verbessert wurden hier in erster Linie die Details:
Die Neuerungen definieren das Programm natürlich nicht neu, beweisen jedoch, dass DA's Layout bis zum letzten Zeitpunkt kontinuierlich an die Wünsche seiner Anwender angepasst wurde und ein rundum gelungenes Gesamtkonzept darstellt. Da die Neuerungen in erster Linie sekundärer Natur sind, bewegen sich die Update-Preise im Vergleich zum Hauptprogramm in erträglichen Rahmen: Sind Sie Besitzer einer Version 6.x, werden SFr 150.- (EUR 94.00) fällig, wer noch mit der Version 5.x arbeitet, muss SFr 300.- (EUR 187.50) berappen.
Nach wie vor stellt DA's Layout ein ausgereiftes Gesamtpaket dar, das so manche andere Lösung in ihren Schranken verweist. Besonders zu überzeugen weiß der Vektoreditor, der sich durch seinen riesigen Funktionsumfang im täglichen Alltag beweisen kann. Wer sich etwas mit dem Programm befasst, wird sich schnell in dessen Handhabung erarbeiten können. Etwas gewöhnungsbedürftig ist einzig die etwas eigenwillige Oberfläche. Besonders durch die direkte Postscript-Ausgabe und die Unterstützung von Postscript-Fonts eignet es sich auch für das Erstellen von Dokumenten „für die Druckerei von nebenan".
Hauptmanko dürfte derzeit der Preis sein: Wäre eine Weiterentwicklung und der Support gewährleistet, wäre der mit Calamus vergleichbare Preis, der sich an der professionellen Zielgruppe orientiert, berechtigt. Da dies aber nicht der Fall ist, erscheint er trotz der beeindruckenden Möglichkeiten schlichtweg überzogen. Wäre z.B. ein Ausverkaufspreis von DM 299.- inklusive aller Module möglich, könnte jeder ambitionierte „Atari-Layouter" trotz mangelnder Weiterentwicklung seine Programmbibliothek um diesen Edelstein erweitern.
[1] Facelifting - DA's Layout im neuen Gewand, stc 07/08/1994 Seite 56
Digital Arts AG, Flurweg 1, CH-5503 Schafisheim, Thttp://www.digital-orts-ag.ch