Thomas Raukamp hat sich auf dem Markt umgeschaut und liefert Übersichten und Entscheidungshilfen rund um das Atari-Computing am Anfang eines neuen Jahrzehnts.
Aari-Computing findet schon längst nicht mehr nur auf einer einzigen Plattform statt. Nicht überall, wo Apple draufsteht, ist nur MacOS drin; nicht überall, wo PC draufsteht, ist nur Windows drin: Nicht selten findet sich unter der "Oberfläche" ein Atari. Hinzu kommen die derzeitig und zukünftig angebotenen kompatiblen Atari-Nachfolger. Die Auswahl ist also gar nicht so klein, wie mancher meint. Ist die Wahl aber auch, eine Qual?
Wer von einer Atari-Welt zum letzten Mal zu dem Zeitpunkt gehört hat, als sich deren Mutterfirma aus Sunnyvale aus dem aktiven Computergeschäft zurückgezogen hat, mag auf die Frage, welche Atari-Plattform denn die beste ist, etwas erstaunt antworten: »Wieso? Es gibt doch gar keine neuen Rechner mehr!«. Das stimmt natürlich nur zum Teil: Während Atari vor knapp 8 Jahren mit dem Falcon sein letztes (Clanz-)Stück Computergeschichte ablieferte, teilte sich der Markt in der Folgezeit im Groben und Ganzen in zwei bedeutende Strömungen: Schon als klar war, dass Atari mit dem Falcon eher eine Maschine für Multimedia-Produzenten und -Konsumenten bzw. Freaks erschaffen wollte, machten sich die ersten Clone-Hersteller an die Arbeit, den leistungshungernden "Power-Usern" aus den Bereichen DTP und EBV einen TT-Nachfolger oder -Ersatz zu schaffen. Dem unsäglichen Versuch namens "Eagle" folgten schon bald die gelungenen Anläufe Medusa und (besonders) Hades. Vor zwei Jahren kam dann auch noch der Milan als erschwinglichere Alternative auf den Markt. Gleichzeitig wurden erste Gehversuche unternommen, das nie so richtig aus den Startlöchern gekommene MultiTOS durch ein kompatibles Betriebssystem zu ersetzen. Während N.AES heute als Vollendung dessen gilt, was Atari eigentlich mit einem multitaskingfähigen TOS geplant hatte, schielte MagiC schon bald nach seiner ersten Präsentation auf andere Plattformen, um ein "Leben nach Atari" zu ermöglichen. Da die irgendwie schon immer als etwas versnobter Verwandter angesehene Mac-Plattform Mitte der 90er Jahre auch für Normalverdiener einigermaßen erschwinglich wurde, schien diese aufgrund der ähnlichen 68k-Architektur als logische Ausweichmöglichkeit. Was lag also näher, als auch Atari-Programme auf dem Mac lauffähig zu machen? Das Ergebnis hieß MagiCMac und ist viel mehr als ein reiner Emulator: Es ist ein weitestgehend unabhängiges Atari-Betriebssystem, das parallel auch nativ für die "klassischen" Ataris weiterentwickelt wurde und so beide MagiC-Plattformen jedenfalls von der Leistungsfähigkeit des OS her auf demselben aktuellen Stand hält. Neben dem Atari und dem Mac gibt es aber noch eine weitere Plattform für heutiges Atari-Computing: den PC. Auch auf diese Plattform wurde MagiC mit Erfolg portiert. Daneben gab und gibt es allerdings noch eine weitaus größere Auswahl an kommerziellen und frei verfügbaren Emulatoren, die unter Windows die Arbeit mit TOS oder N.AES ermöglichen.
Der "aktuellste" Atari hat wie erwähnt mittlerweile schon einige Jährchen auf dem Buckel. Trotzdem erfreuen sich die klassischen Atari-Rechner aber unter Heimanwendern, im MIDI-Markt und im semiprofessionellen Bereich nach wie vor einer hohen Beliebtheit unter ihren Fans. Die Gründe hierfür sind vielfältig:
Oftmals entspringt die Favorisierung eines Atari gegenüber seinen leistungsmäßig weit überlegenen Konkurrenten aus dem Apple- und PC-Lager einfach einer grundsätzlichen Zufriedenheit mit seinen Möglichkeiten. Was ein PC erst Jahre später durch den (kostspieligen) Einsatz von High-End-Soundkarten zu leisten vermochte, meistert z. B. ein Atari Falcon im Audiobereich schon seit Anfang der 90er Jahre. Hochauflösende Grafikmodi z. B. für anspruchsvolle Layout-Arbeiten bietet ein Atari TT ebenso serienmäßig. Und selbst ein "simpler" 1040er oder ein Mega ST eignen sich noch hervorragend zum reinen Erfassen von Daten oder zum Schreiben der täglichen Korrespondenz. Im MIDI-Bereich werden auch die "Frühwerke" aus Sunnyvale gern als zuverlässige und nahezu unverwüstliche Sequencer für den Studio- und Bühneneinsatz eingesetzt.
Diese Situation mutet sicherlich etwas paradox an in einem Markt, der wie kein zweiter von dem Glauben und dem Streben nach Fortschritt bestimmt wird. Objektiv betrachtet offenbart sich allerdings nur eine Situation, die besonders im allmächtigen Wintel-Markt nur zu gern verschwiegen wird: Die eigentliche Revolution benutzerfreundlicher Systeme hat eigentlich schon vor mehr als 15 Jahren mit den ersten Macs, Ataris und Amigas im Consumerbereich stattgefunden - seitdem wurde zwar die zugrundeliegende Technik weiter verbessert, einen wirklichen Innovationssprung gab es aber streng genommen nicht mehr. Insofern ist es nur allzu logisch, dass die Produkte der direkt an dieser Revolution beteiligten Unternehmen und Visionäre auch heute noch gute Dienste leisten und für den Großteil der heute relevanten und für sie typischen Anwendungen durchaus genügen - und daran wird sich so bald auch nichts ändern. Innovation überlebt also verschiedene Phasen der Revolution und ermöglicht diese, Eklektizismus hingegen kann nur die Auswirkungen der eigentlichen Grundideen weiterführen und für sich selbst nutzen.
Ins Schwanken gerät diese Aussage natürlich, wenn es um besonders leistungshungrige Anwendungen geht, die bei der Konzeption der letzten Atari-Ma-schinen noch nicht in diesem Ausmaße absehbar waren. Dies trifft z. B. auf den Bereich Internet zu: Zwar ist es auch mit relativ einfach ausgestatteten Ataris möglich, nahezu alle Dienste des Internets zu nutzen, trotzdem führt das in diesem Bereich gewaltige Datenaufkommen auch beschleunigte Falcons und TTs an ihre Grenzen - auf die Darstellung einer umfangreichen JPEG-Grafik kann der Besitzer eines Atari schon etwas länger als ein Besitzer eines heutigen Mac oder PC warten; und gerade im Internet bedeutet Zeit auch in der Epoche von kostenfreien Providern und Call-By-Call-Diensten immer noch Geld. Auch ein 68030-Prozes-sor ist hier einfach besonders für den täglichen Einsatz etwas zu behäbig, und 040-Beschleuniger für den Falcon sind rar und erhöhen nicht gerade die Kompatibilität des Rechners. An diesem Punkt rächt sich im Nachhinein also das Bestreben von Atari, möglichst günstige Computer anzubieten: Die Erweiterbarkeit gerade im Hinblick auf die CPU ist nie zufriedenstellend gelöst worden. Hätte man dagegen die (kostspieligere) Methode gewählt, den Hauptprozessor z. B. des TT auf einer eigenen, auswechselbaren Platine unterzubringen, wie dies z. B. beim Amiga 3000/4000 der Fall ist, würden sich die originalen Atari-Geräte heute wohl noch auf einem ähnlich hohen Standard befinden wie gut ausgebaute Rechner des einstigen Hauptkonkurrenten (hier sind sogar G4-Boards angekündigt).
Genug die vergangenen Fehler beweint, denn es gibt auch positive Seiten: Während der Amiga durch seine patentierten und nur sehr schwer nachzubauenden Custom-Chips bisher noch nie mit einem wirklichen Clone bedacht wurde, taten sich Atari-Hardware-Entwickler in dieser Hinsicht schon immer etwas leichter. Zwar ist noch immer kein Atari-kompatibler Rechner mit PowerPC verfügbar, trotzdem gibt es mindestens zwei Geräte, die auch den Leistungshunger der oben genannten Anwendungen befriedigen können.
Der Hades ist der zweite Atari-kompatible Rechner aus dem Hause Medusa Computer Systems und der Nachfolger der Medusa 040/060. Er ist in zwei Varianten erhältlich: Der Hades 040 besitzt als Herz einen 68040-Hauptprozessor von Motorola, der mit 32 Mhz getaktet wird. Der Hades 060 besitzt eine 060-CPU und wird mit 60 Mhz getaktet. Bis zum Erscheinen des Milan II und des Phenix stellt der Hades in der zuletzt genannten Ausbaustufe also immer noch den schnellsten erhältliche "reinen" Atari-Rechner dar.
Ähnlich wie der Milan ist auch der Hades offen für Erweiterungen aus dem PC-Bereich: Er verfügt über 4 PCI- und 4-ISA-Slots. Im Gegensatz zum Milan ist er jedoch bereits serienmäßig mit einem zum Atari TT bzw. MegaSTE kompatiblen VME-Steckplatz ausgerüstet. Musiker werden sich ausserdem über die MIDI-Schnittstellen freuen. Massenspeicher lassen sich entweder über die ebenfalls serienmäßig integrierten SCSI- oder EIDE-Schnittstellen anschließen. Der interne Speicher ist mit handelsüblichen PS/2- bzw. EDO-Modulen auf bis zu 1 GB erweiterbar.
Besonders professionelle Anwender legen Wert auf eine gute Grafikdarstellung. Der Hades wird standardmäßig mit einer etwas in Jahre gekommenen Grafikkarte mit Trio-S3-Chipsatz geliefert. Optional bietet der deutsche Distributor ag Computertechnik jedoch die moderne PCI-Karte ATI Rage pro 3D an, die höchstwahrscheinlich auch vom Milan II genutzt werden wird. Diese bietet Auflösungen von bis zu 1600 x 1200 Pixeln bei einer Farbtiefe von 24 Bit und einer Bildwiederholfrequenz von 75 Hz.
Wie alle anderen kompatiblen Geräte verfügt auch der Hades über kein eigenes Soundsystem. Trotzdem ist er besonders im High-End-Audiobereich als äusserst leistungsfähiges Gerät einsetzbar, wenn er durch die VME-Karte StarTrack ergänzt wird. Diese verleiht dem Hades (und auch anderen Ataris mit VME-Bus, also auch TT und Milan) Klangqualitäten, die noch denen des Falcon überlegen sind: Verwendet wird der 56002-DSP von Motorla, der mit vollen 66 Mhz getaktet wird. Die digitalen Ein-und Ausgänge verarbeiten Samplingraten in bis zu 24 Bit bei bis zu 96 kHz. Soviel Audio-Power muss allerdings auch bezahlt werden: Die StarTrack schlägt mit immerhin DM 1499.-zu Buche.
Wie schon der Medusa verwendet auch der Hades die von TT her bekannte Version 3.06 des Atari-Betriebssystems TOS, das allerdings an die spezielle Hardware angepasst wurde. Als Multitasking-Betriebssystem kann entweder der MultiTOS-Nachfolger N.AES eingesetzt werden, für den Hades 060 ist auch eine speziell angepasste Version 5.2 des beliebten MagiC verfügbar. Die aktuelle Version 6.x ist allerdings nicht angepasst worden. Auch die Multitasking-Alternative aus den USA, Geneva (in Deutschland erhältlich bei Software-Service Seidel), soll auf dem Hades ihren Dienst tun.
Besonders mit einer 060-CPU und der ATl-Grafikkarte stellt der Hades ohne Zweifel eine äusserst leistungsstarke Plattform für nahezu alle heutigen Aufgaben dar und prädestiniert besonders für die Bereiche Grafik und Desktop Publishing. Auch die serienmäßige SCSI-Schnittstelle macht ihn als Ersatz für einen in die Jahre gekommenen TT für leistungshungrige Anwender interessant. Allerdings müssen diese dann auch etwas tiefer in die Tasche greifen: Inklusive 68060-Prozessor, ATl-Karte, 64 MB RAM, CD-ROM, großer Festplatte und Big Tower wird das System für knapp DM 4000.- verkauft. Bedenkt man, dass mit dem Milan II ein ähnlich guter und teilweise sogar besser ausgestatteter "Atari" zum fast halben Preis bereits in den Startlöchern steht, fällt die Argumentation pro Hades zunehmend schwer.
Der Milan wurde bei seinem Erscheinen im Jahre 1998 als der erste Atari-Nachfolger angesehen, der diesen Namen auch verdient. Er bietet attraktive Technologie zu einem sehr guten Preis -fast nach dem Motto "Power without the price". Ebenso wie der Hades kombiniert er moderne Technologie und Erweiterungsmöglichkeiten aus der PC-Welt mit der einfachen Handhabung eines Atari, jedoch macht sich diese Philosophie in erster Linie positiv im Preis bemerkbar. Für knappe DM 1600.- ist er in seiner derzeitigen Version mit 040-CPU, 4 PCI- und 2 ISA-Slots erhältlich. Für den Preis eines PC-Systems bekommt der Käufer ausserdem zumeist eine Festplatte, die größer als 6 GB ist, 32 MB RAM, ein schnelles CD-ROM-Laufwerk, eine PCI-Grafikkarte mit Trio-S3-Chipsatz und ein Midi-Tower-Gehäuse. Die PCI-Slots sind mit einer originalen Intel-PCI-Bridge realisiert, was für eine hohe Kompatibilität sorgt. Der Speicher wird wie beim Hades mit PS/2- bzw. EDO-Modulen aufgerüstet. Festplatten lassen sich über eine EIDE-Schnittstelle einbinden.
Bei der Anzahl der Schnittstellen ist der Milan etwas Atari-untypisch: Sowohl SCSI- als auch MIDI-Ports müssen nachgerüstet werden. Da auch hier jedoch kostengünstige PCI- bzw. ISA-Karten Verwendung und Unterstützung finden, ist bei Bedarf lediglich eine Zusatzinvestition von wenigen hundert Mark notwendig. Ebenso wie beim Hades können auch beim Milan die besonders im MIDI-Bereich wichtigen ROM-Ports nachgerüstet werden. Ein sicherer Betrieb von Sequencing- und HD-Recording-Software, die Dongles vorausetzt, kann allerdings aufgrund von Timing-Problemen nicht garantiert werden. Cubase 3.x läuft problemlos, mit dem Notator gibt es Probleme.
Im Gegensatz zum Hades ist beim Milan die Weiterentwicklung garantiert: Bereits Ende Februar dieses Jahres wird auf der CeBit 2000 der offizielle Nachfolger, der Milan 060 (Milan II), vorgestellt. Damit wird zum ersten Mal seit Jahren wieder einem Atari-System eine Plattform auf einer weltweiten Computermesse gegeben. Sollte dieser sich zufriedenstellend verkaufen, sollen auch endlich die Weichen für einen PPC-Atari gestellt werden.
Starker Partner von Milan Computersysteme ist dabei die deutsche Axro GmbH, eines der größten deutschen Vertriebsunternehmen im europäischen Computermarkt. Milan selbst übernimmt dabei weiterhin die Entwicklung der Hardware, während sich Axro um Kontakte zu den Hard- und Softwareentwicklern sowie zum Handel kümmert.
Wichtigste Neuerung des Milan II ist sicherlich die Verwendung der weitaus schnelleren 68060-CPU, die mit 66 bzw. 80 Mhz getaktet wird. Kombiniert mit der schnellen PCI-Grafikkarte Mach 64 von ATI und dem kompakten Betriebssystem wird dabei zumindest subjektiv eine Arbeitsgeschwindigkeit wie auf einem Pentium-PC erreicht. Standardmäßig ist ausserdem die Soundblaster-SB64-PCI-Karte für die Audioausgabe zuständig. Der Milan II verfügt darüber hinaus über 4 PCI-Schnittstellen (von denen 2 durch die Grafik- bzw. Soundkarte bereits belegt sind) und 3 ISA-Ports. Der RAM-Speicher umfasst 64 MB und kann mittels moderner SDRAMs auf bis zu 512 MB ausgebaut werden. Weiterhin bekam der Milan 060 zwei USB-Ports gegönnt, die ihn bereit machen für den Anschluss preiswerter Scanner, Drucker, Digitalkameras usw. Integriert ist auch ein 56-k-Modem für den schnellen Online-Zugang.
Während der Milan 040 standardmäßig mit dem Milan MultiOS, einer angepassten N.AES-Variante, ausgeliefert wurde, geht Milan bei seinem jüngsten Produkt neue Wege: Vorinstalliert ist das erst seit dem letzten Jahr auf dem Markt befindliche MagiC Milan. Im Gegensatz zu den bisherigen MagiC-Varianten für Atari, Macintosh und PC läuft es nicht komplett eigenständig, sondern setzt auf das TOS des Milan auf, das in Zukunft mehr und mehr nur noch die Rolle des BIOS spielen wird. Diese Kombination hat den Vorteil, das für zukünftige Weiterentwicklungen nur noch das TOS angepasst werden muss. Das darauf aufsetzende MagiC bleibt weiterhin kompatibel. Bedenkt man, wieviel Zeit allein die Anpassung des MagiC an den Falcon gekostet hat, ist diese Entwicklung nur zu begrüßen. Weiterhin kann natürlich N.AES als alternatives Betriebssystem auf dem Milan 060 verwendet werden - je nach Geschmack und Gewöhnung hat der Milan-Besitzer also die Wahl zwischen den beiden' besten Multitaskings-Systemen für den Atari.
Damit auch die Benutzung auf dem derzeit höchsten Niveau ist, wird als neuer Standard-Desktop die aktuelle Version von jinnee (bisher Thing) vorinstalliert. Kombiniert wird dieser Desktop mit ein paar Zusatztools, die Axro speziell für den Milan entwickeln ließ (z. B. eine Task- bzw. Startleiste mit Icon-Einbin-dung etc.). True-Type-Schriften und aktuelle Drucker werden systemtransparent über das ebenfalls beiliegende NVDI-System unterstützt. Sowieso kann der Milan II durch ein topaktuelles Softwareangebot für den Einsatz im Büro oder Homeoffice glänzen: Dazu gehören z. B. Perlen wie das Zeichenprogramm Pixart, die Bildverarbeitungen Smurf und Photoline, die Tabellenkalkulation Texel home und das Fax- und Voice-Programm CoMa. Durch das Draconis-Paket ist auch der Zugang zum Internet möglich. Wer den Milan hauptsächlich für die Textverarbeitung einsetzen möchte, kann sich auch über die Rückkehr eines Klassikers freuen: Die aktuelle Version 4 von Tempus Word soll zum Systemstart endlich verfügbar sein und dem Milan-Software-Paket beigelegt werden.
Es wird interessant sein, in welchen Stückzahlen sich der Milan II tatsächlich verkaufen wird. Auf der Atari-Messe in Hannover erklärte uns Axro, dass die neue Maschine knappe 6 Wochen nach der CeBit-Präsentation 2000 - 3000 deutsche Kaufhäuser bzw. Fachhändler erreichen wird - eine Zahl, die sicherlich Mut macht und es zum ersten Mal seit Jahren Atari-Anwendern wieder ermöglichen sollte, ihren Wunschrechner ausgiebig vor dem Kauf zu testen, ohne hunderte von Kilometern zu fahren. Sicherlich profitieren auch die bisherigen Atari-Fachhändler von diesem Angebot, da Software, Service und Zubehör sicherlich in erster Linie beim Systemhändler gekauft wird.
Sicherlich bleiben einige Fragen offen, die kritisch betrachtet werden müssen: Selbst eine riesige Firma wie Apple hat es nicht geschafft, Verkäufer in Kaufhäusern soweit zu schulen, dass sie die ohne Zweifel mittlerweile recht gut erhältlichen iMac-Systeme auch vorführen können. Apple hat auf diese Situation dadurch reagiert, dass auf den ausgestellten Geräten zumindest eine automatische Präsentation läuft, die die, Geräte selbst erklärt. Es ist zu hoffen, dass sich auch Axro dieser Aufgabe annimmt -ansonsten läuft ein Milan wie ein iMac Gefahr, in den Regalen nicht wahrgenommen zu werden. Weiterhin bleibt abzuwarten, ob der Milan II jedenfalls mittelfristig auch weltweit - also zumindest auch in den Atari-Domänen England, Frankreich und den USA - erhältlich sein wird. Milan Computer selbst ist es nie gelungen, ein weltweites Vertriebsnetz für den Milan 040 aufzubauen - hoffen wir, dass sich diese Situation mit einem starken Partner wie Axro ändern wird, da besonders Hard- und Softwareentwickler nur Perspektiven in einem System sehen, dass zumindest auch auf den wichtigsten Weltmärkten erhältlich ist.
Alles in allem stellt besonders der Milan II aber die posjtivste Entwicklung seit den Zeiten von Atari dar. Dass auch ein großes Unternehmen an den Verkaufserfolg glaubt, zeigt, dass hinter der Maschine ein unglaubliches Potential steckt. Kann der angepeilte Preis von DM 1699.- gehalten werden können, stehen die Chancen für einen Überaschungserfolg gut. Mit seiner Leistung kann der Milan II tatsächlich eine Marktlücke füllen, die seit dem Rückzug von Firmen wie Atari und Amiga klafft: ein Rechner für Leute, die keinen PC wollen, denen aber der Mac zu teuer ist. Wir dürfen gespannt sein!
In Ausgabe 11/99 haben wir einen mehrseitigen Bericht über den Phenix geliefert, der von vielen Atari-Fans als der Falcon-Nachfolger schlechthin gesehen wird. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan - leider nichts positives für alle die Anwender, die gehofft haben, den neuen Atari-Clone aus Frankreich schon bald kaufen zu können. Federführend bei der Entwicklung des Phenix war die Firma Centek/Class4, bei der immerhin 5 Mitarbeiter an dem ehrgeizigen Projekt arbeiteten. Vor kurzem ist jedoch u. a. der Hauptentwickler des geplanten TOS-kompatiblen Betriebssystems Dolmen vom Phenix-Projket abgesprungen. Daraufhin lag der geplante und von uns vorgestellte Phenix 060 erst einmal auf Eis. Chefdesigner Rodolphe Czuba machte daraufhin Pläne für einen Phenix 260 publik, der auf Basis von MiNT realisiert werden sollte und wohl am besten als abgespeckte Version des ursprünglichen Phenix gesehen werden konnte. Auffällig war vor allem, dass die geplante Integration eines DSP fallen gelassen wurde, womit die Berechtigung, den Phenix weiter als Nachfolger des Falcons zu bezeichnen, wohl nicht mehr gegeben ist. Allerdings sollte das Mehrprozessor-Prinzip weiter verfolgt werden, da ein Sockel für eine weitere 060-CPU vorgesehen war. Beide Prozessoren sollten übrigens mit 83 Mhz getaktet werden. Der Preis des Phenix 260 sollte bei knapp 1000 Euro (ca. DM 2000.-) liegen, womit der Rechner ähnlich preisgünstig und leistungsfähig wie der kommende Milan II gewesen wäre.
Wie es nun allerdings aussieht, wird auch dieser Rechner nicht erscheinen. Kurz vor Redaktionsschluss veröffentlichte Rodolphe Czuba in einem franzöisischen Atari-Forum im Internet, dass er nun die Firma Class4 verlassen habe und der Phenix 060 und auch der Phenix 260 damit gestorben seien. Stattdessen plane er neues Projekt, den Phenix PPC. Dieser Rechner soll mit einer C4-CPU ausgestattet sein und eine speziell angepasste Version von MiNT (PowerMiNT) als Betriebssystemkernel nutzen. Ausser-dem soll Linux/PPC als alternatives System beiliegen. Eine offizielle Presseerklärung soll in Kürze folgen.
So positiv auch die Meldung, dass eine Firma die Atari-Plattform nun endgültig auch nativ in die PowerPC-Welt führen will auch stimmt, umso größer ist auch die Enttäuschung, dass sich alle Pläne um den Phenix einmal mehr als heisse Luft erwiesen haben. Nach einer Vielzahl von Ankündigungen und darauffolgenden Enttäuschungen dürften nun wohl auch die größten Optimisten endgültig arge Zweifel daran haben, ob jemals ein Phenix - ob mit oder ohne PowerPC -erscheinen wird. Dass das Team um Rodolphe Czuba durchaus exzellente Hardware herstellen kann, steht ausser Zweifel: Die Centurbo-Karten für den Falcon sind Beweis genug. Trotzdem ist der "Geschichte" des Phenix ein weiteres trauriges Kapitel hinzugefügt worden. Rodolphe Czuba muss nun schnell Ergebnisse präsentieren, um auch nur annähernd Chancen zu besitzen, Entwickler zu finden, die den Schritt auf den PPC mitmachen. Auf neuerliche Versprechen kann sich niemand verlassen.
Nichtsdestotrotz werden wir die Entwicklungen rund um das Phenix-Projekt weiterverfolgen und freuen uns, schon in der vorliegenden Ausgabe ein Interview mit dem CEO des neuen Teams veröffentlichen zu können.
Es muss nicht immer gleich ein neuer Rechner sein, manchmal tut es auch der alte - wenn er beschleunigt wird. Die oben erwähnte Firma Class4 hat derzeit noch die letzten Exemplare der Centurbo II im Programm, einer Beschleunigerkarte für den Falcon von Atari bzw. C-LAB. Die CT II wurde von Class4 als Zwischenschritt zum Phenix gesehen, da sie in Kombination mit dem Falcon als Entwicklungsbasis für interessierte Programmierer galt, was schon aus der Vorsehung des Betriebs des nun eingestellten OS Dolmen ersichtlich wird. Die CT II stellt nicht einfach nur einen simplen 030-Beschleuniger dar, sondern gibt dem Falcon durch ein komplett neues neues Daughterboard mit eigenem Hauptprozessor, erweitertem Bussystem und RAM-Steckplätzen ein "zweites Herz". Ausserdem wird so die bisherige 14-MB-Grenze gesprengt, die Ataris Raubvogel von Anfang an etwas flügellahm gemacht hat. Der 68030-Prozessor wird mit vollen 50 Mhz getaktet, auch ein optional einsetzbarer Co-Prozessor kann mit dieser Frequenz betrieben werden. Ebenfalls mit 50 Mhz werden der DSP und das Bussystem des Falcon getaktet. Da die Grafikleistung des Rechners stark von der allgemeinen CPU-und Busauslastung abhängig ist, sind nach Einsatz der Centurbo auch erheblich bessere Auflösungen möglich: Zusammen mit der beiliegenden Software sind problemlos Auflösungen von bis zu 1024 * 768 Pixeln in 256 Farben möglich - auch heute noch ein stattlicher Wert, bei dem allerdings leichtes Interlace-Flimmern (bei einer Bildwiederholfrequenz von immerhin 99 Hz nicht unbedingt störend) in Kauf genommen werden muss.
Die Centurbo II kostet inkl. Einbau knapp DM 700.-. Wer noch ein Exemplar ergattern möchte, sollte sich beeilen, da Class4 nur noch die aktuelle Produktion abverkaufen und keine neue Platinen auflegen will. Wer die CT II nicht einbauen lassen will, sollte über grundlegende Lötkenntnisse verfügen. Trotz des hohen Preises ist die Centurbo eine lohnende Anschaffung für alle Falcon-Fans, die mit ihrem Rechner grundsätzlich zufrieden sind, sich aber neben einer höheren Geschwindigkeit vor allem mehr Speicher und höhere Auflösungen wünschen.
Etwas neidisch schielen Atari-Anwender auf die erwähnte Amiga-Platt-form: Hier sind 68k- und sogar PowerPC-Beschleunigerkarten weitaus kostengünstiger erhältlich. Eine 68030-Karte mit SCSI-Option kostet weniger als DM 300.-. Da die Bussysteme des Amiga 1200 und des Falcon 030 sich grundsätzlich nicht wesentlich voneinander unterscheiden, sind bereits verschiedene Versuche vorgenommen worden, um die Beschleuniger für den "kleinen" Amiga auch im Falcon zu betreiben. Interesse an einer Umsetzung hat auch der derzeitige Lizenznehmer der phase-5-Beschleunigerkarten, die Firma DCE, angemeldet. Erste Experimente wurden sogar schon unternommen. Auch die Firma Milan Computersysteme, Inhaber der Lizenzrechte am TOS, hat grundsätzlich Interesse bekundet, das Betriebssystem für den Betrieb der 68k-Beschleuniger im Falcon anzupassen. Voraussetzung sei jedoch ein zufriedenstellendes Konzept. Sollte es zu einer Zusammenarbeit kommen, könnte dem Falcon mittelfristig eine preisgünstige Palette von 68k-Beschleunigerboards bereitstehen - vom 68030/50 bis hin zum 68060/50.
Aber nicht nur Falcon-Besitzer können ihrem Rechner auf Wunsch "auf die Sprünge helfen". Vielen ST- und STE-Besitzern ist gar nicht klar, dass auch die PAK-Karten für die kleinen Ataris durchaus noch erhältlich sind. Die PAK68/3 ist eine Prozessor-Austausch-Karte für einen 68000er-Prozessor. Der Zusatz /3 deutet an, dass die PAK bereits in ihrer dritten Generation vorliegt. Dabei ist die Karte vom Design und Layout her dazu gedacht, den Prozessor in einem Atari ST oder Mega ST zu ersetzen. Für die E-Modelle - also STE und MegaSTE - ist ein Adapter nötig, da hier eine andere Bauform der CPU verwendet wird.
Als Prozessor kommt eine 68030-CPU zur Anwendung, die entweder mit 32 oder 50 Mhz getaktet wird. Optional kann eine 68881-/68882-FPU auf einem dafür vorgesehenen Sockel eingesetzt werden. Als Betriebssystem wird optional ein angepasstes TOS 3.06 mitgeliefert. Auf Wunsch ist aus Kompatibilitätsgründen eine Umschaltmöglichkeit auf die 68000er-CPU vorgesehen.
Durch die PAK wird aber nicht nur die reine Rechenleistung des ST/STE erhöht. Ergänzt man die Karte durch die FRAK/2, erhält man zusätzlich die Möglichkeit, bis zu 64 MB TT-kompatibles Fast-RAM im Rechner zu betreiben und so die lästige 4-MB-Grenze der alten Geräte zu sprengen. Auf der FRAK sind zwei PS/2-SIMM-Sockel für 4-, 8-, 16- oder 32-MB-Module vorhanden. Der schnelle Zugriff wird durch einen 32 Bit breiten Bus zum Speicher gewährleistet. FPM- und EDO-Burstmodes werden ebenfalls unterstützt.
Einige Dinge sind jedoch bei der Kombination PAK/FRAK zu beachten: Der ST/STE sollte in einen Tower eingebaut werden, da im originalen Gehäuse in der Regel nicht mehr genügend Platz vorhanden ist. Hinzu kommt die Investition in eine Pufferplatine, die aufgrund der Busentlastung und bei FPU-Problemen empfohlen wird.
Die PAK68/3 ist als Selbstbauprojekt oder als Fertiggerät verfügbar. Im ersten Fall kostet sie inklusive CPU und FPU (beide 50 Mhz) DM 299.-. Als Fertiggerät kommt sie auf DM 449.-. Die FRAK-Speicherkarte kostet als Fertiggerät DM 199.- (ohne Speicher), die Pufferplatine DM 59.-. Preise für Selbstbau-Sets sollten Sie beim Hersteller WRS Software-Design (www.ralfzimmermann.de) erfragen. Die genannten Preise mögen zwar den Wert eines ST bzw. eines STE übersteigen, wer jedoch an seiner gewohnten Umgebung hängt und hier gern noch einmal einige hundert Mark investieren möchte, erhält mit der Kombination PAK/FRAK fast einen komplett neuen Rechner, der sogar den TT abhängen kann.