Atari-Scene - Interview Patrice Mandin

Für diese Ausgabe der Scene haben wir uns mit Patrice Mandin einen Gesprächspartner gesucht. Patrice hat sich vor allem it seiner DSP-Doom-Engine und seit kurzem auch mit den Portierungen einiger bekannter Spielehits einen Namen gemacht. Im Interview erfahren Sie mehr über ihn, seine Projekte sowie seine Pläne für die Zukunft.

ST-Computer: Hi, stell Dich doch bitte erst einmal unseren Lesern vor.

Patrice Mandin: Mein Name ist Patrice Mandin, ich bin 26 Jahre alt und gebürtiger Franzose. Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit Fernsehen, Programmieren/Games portieren und Games spielen.

STC: Wann hast Du mit der Computerei angefangen und wie ging es weiter?

Mandin: Also, ich bekam 1987 mit dem wundervollen Amstrad CPC 6128 meinen ersten Computer und begann, in Basic zu programmieren. Ich hatte einige Freunde, die andere 8-Bit-Computer hatten, und Basic war die gemeinsame Programmiersprache zwischen diesen Rechnern. Kurz bevor ich ihn verkaufte, habe ich auch noch ein bisschen Zeit damit verbracht, Z8O-Assembler zu lernen.

1989 holte ich mir einen Atari 520 STE und programmierte zunächst weiter in Basic (GFA). Innerhalb von drei Monaten habe ich dann 68000-Assembler gelernt - eine sehr leistungsfähige und mit Devpac auch leicht zu programmierende Sprache. Zwei Jahre lang habe ich dann meine Programmierkenntnisse erweitert, bis ich dann dachte, ich wäre bereit, Spiele zu programmieren. Zu diesem Zeitpunkt (1992) war Street Fighter 2 sehr populär, und ich dachte, ich könnte das auch: Zwei Sprites anzuzeigen und bloß den Hintergrund zu scrollen war keine schwere Aufgabe für einen STE.

Ich wartete bis 1994, bis ich mir den Falcon kaufte, da ich dachte, es wäre besser zu warten und zu sehen, welches Potential die Maschine hat. Einige meiner Freunde kauften ihn vor mir, und so konnte ich einige Tests machen. Es war eine gute Maschine. Der interessanteste Part war der DSP (eine Herausforderung für Coder!) und die Festplatte (kein Diskettenwechsel mehr). In diesem Jahr codete ich das "124 Beers later"-Demo (6 Monate, nachdem ich meinen Falcon hatte). 1995 spielte jeder auf dem PC Doom, und da meine Programmierkenntnisse weiter gewachsen waren, dachte ich, es wäre möglich, einen Clone für den Falcon mit DSP-Support zu programmieren. Ich begann mit DoomDSP im Juli 1995. Die ersten Test-Versionen waren ziemlich lame. Es ist schade, das ich sie nicht mehr habe. jeder hätte sehen können, weiche Fortschritte das Programm gemacht hat. Es war mein erstes großes Projekt, bis ich im Dezember 1996 zur Armee musste.

Nach der Armee suchte ich einen Job und fand ihn auch. Ich arbeite jetzt bei einer Firma, die Zugangskontrollsysteme baut (elektronische Schlüssel inkl. passender Lesegeräte, zeitbeschränkter Zugriff usw.) und programmiere Windows-Software in Delphi. Aber ich bin noch dabei, einen besseren Job zu finden: Ich möchte Spiele programmieren.

Zur gleichen Zeit hatte ID Software die originalen Doom-Sourcen veröffentlicht. Also schnappte ich sie mir, um zu sehen, ob ich sie auf dem Falcon kompilieren könnte. Das Resultat war da: eine komplett funktionierende, aber langsame Version. Da der DSP-Part schwer zu integrieren war, dachte ich, es wäre besser den Port einer größeren Masse zugänglich zu machen, und es halfen mir einige Leute, um das Programm auf vielen Ataris zum Laufen zu bringen. Während dieser Arbeit wurden auch die H****** und HSourcen frei erhältlich, und da sie ähnlich Doom waren, konnte ich die gleiche Funktionalität wie bei Doom integrieren. Jetzt mache ich zunächst Änderungen an Doom - und wenn es funktioniert, baue ich sie auch in H** und H**** ein. Ich mache nur die Atarispezifischen Teile auf meinem Falcon. Die meiste Zeit benutze ich den PC von meinem Bruder zum Debuggen (unter Linux). Da jetzt die Quake-Sourcen erhältlich sind, habe ich mit der Portierung angefangen - und es ist fast fertig.

STC: Wann bist Du das erste Mal mit der Atari-Scene in Kontakt gekommen?

Mandin: Ich kam als erstes mit der Scene in Kontakt, als ich als „Data“ zur Crew Trio kam. Meine Kontakte bekam ich hauptsächlich während der fünf „Place To Be“-Parties - die einzigen, zu denen ich ging. Ich habe dort zwei Demos veröffentlicht und eine Menge Leute getroffen. Ich denke, es ist jetzt wichtiger für mich, meine Produktionen mit meinem echten Namen zu unterzeichnen, denn „Reality is Life“.

STC: Versuche bitte, die Atari-Scene, so wie Du sie erlebt hast, zu beschreiben.

Mandin: Ich habe eine Menge cooler Typen kennengelernt. Ich hatte eine Menge Spaß während der Parties. Was Dein Rechner leisten kann, ist unwichtig: Zeige, was Du mit Deinem Rechner leisten kannst. Auf dem Atari möchten die Coder zeigen, welche Power in ihren Rechnern steckt - selbst, wenn sie heute vergleichsweise gering ist.

STC: Was fasziniert Dich an Demos? Magst Du sie oder hasst Du sie?

Mandin: Na ja, um ehrlich zu sein: Das letzte gute Demo, das ich gesehen habe, war "Dream Dimension". Es ist ein gutes Demo - aber das ist alles. Ein gutes Demo muss Dinge zeigen, die man noch nie zuvor gesehen hat - und das ist nicht mehr der Fall, da Spiele auf Konsolen oder dem PC heute viel beeindruckender sind. Sorry an alle Democoder, aber ich habe die Seiten gewechselt.

STC: Nachdem Du ein paar Demos und die Doom Engine gecodet hast, begannst Du mit dem Portieren von Spielen. Kannst Du uns einen kurzen Überblick über Deine bisherigen Ports geben? Was sind Deine Pläne mit ihnen?

Mandin: Tja, meine momentan fertigen Projekte sind Doom, H******, H**** und bald Quake. Ich benutze die Linux-Sourcen, um die MiNT-Version zum Laufen zu bringen, da es so am einfachsten ist. H****** und H**** wurden, basierend auf den DOS-Sourcen, erst auf Linux portiert. Wenn die Linux-Version läuft, brauche ich nur ein paar Änderungen machen und den Atari-spezifischen Code hinzufügen, um sie auf dem Atari zum Laufen zu kriegen. Mein Hauptziel ist es, jetzt meinen DSP-Rendering-Code in die Engines zu integrieren.

STC: Auf Deiner Webseite kann man eine ausführliche Liste von Programmen lesen, die Du in Zukunft umsetzen möchtest. Kannst Du uns nochmal einen kurzen Überblick geben - und vielleicht auch den aktuellen Status? Was kommt als nächstes?

Mandin: Sobald Quake läuft, möchte ich mich gerne an Snes9X und MAME wagen - für die beiden braucht es dann aber einen sehr schnellen Atari-Clone. Snes9X habe ich schon kompiliert, aber es fehlt noch der Atari-spezifische Teil. MAME ist ein sehr großes Programm, und ich weiß nicht, ob ich genügend Festplattenplatz habe, um es zu kompilieren. Diese Emulatoren brauchen jedoch auch eine Menge RAM.

STC: Planst Du Dich auf das Portieren von Software zu konzentrieren, oder möchtest Du auch neue eigene Projekte starten?

Mandin: Ich habe nur wenig Freizeit, daher ist es für mich besser, Software zu portieren, anstatt neue zu programmieren. Außerdem weiss ich auch gar nicht, was ich als nächstes Software-Projekt machen sollte.

STC: Was denkst Du über die neuen Atari-Clones? Würdest Du Dir einen kaufen?

Mandin: Es ist gut, zu sehen, dass heutzutage weiterhin neue Hardware erhältlich ist. Das Problem mit neuen Rechnern ist, dass es an Software fehlt, die auf ihnen läuft. Das ist auch der Grund, warum ich die Kompatibilität von Doom, H****** und H**** verbessert habe. Viele warten auf das DSP-Rendering auf dem Falcon, aber der Falcon ist nicht die einzige Maschine. Atari-Enthusiasten werden den Rechner kaufen, den sie mögen - aber ich bevorzuge, den Rechner zu kaufen, den ich brauche.

STC: Wie siehst Du die Zukunft der Atari-Scene?

Mandin: Dazu habe ich nur ein paar Worte zu sagen, da ich nicht mehr so sehr dabei bin: Ich denke die Scene ist gut, um Kontakte zu schließen und die eigenen (Coding-)Skills zu verbessern. Coder sollten offen sein und erklären, wie sie etwas machen, wenn jemand fragt. Ich frage mich, wieviele Scener in ein paar Jahren noch da sein werden.

Es wäre toll, wenn Demos Open Source wären, denn dann könnte keiner mehr Code klauen, da es frei wäre, ihn zu benutzen. Ich höre immer noch, dass Leute Code, Musik oder Grafiken von anderen stehlen. Das sind wirklich arme Lamer.

STC: Wie lauten Deine Top-3-ST- und Falcon-Demos?

Mandin:

ST(E):

Falcon:

STC: Ein paar letzte Worte?

Patrice Mandin: Ein gutes Jahr 2000 an alle Atari-User! Und ich möchte vor allem denjenigen danken, die etwas zu Doom (und H****** und H****) beigetragen haben: Johan Klockars (VDI-Routinen) und Xavier Joubert (Bug-Fixes und Zusätze). Der Code ist frei, jeder kann etwas beitragen!

ST-Computer: Danke für das ausführliche Interview!

Mit Patrice Mandin unterhielt sich Jan Daldrup


Jan Daldrup
Aus: ST-Computer 02 / 2000, Seite 62

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