All-Micro-Computer-Show 1999

Reine Atari-Messen gibt es in England äußerst selten. Daher genießen Messen mit Atari-Beteiligung großes Interesse.

Die AMC entspricht von der Konzeption her der Elmshorner Computertage. Alle Computertypen sind erwünscht, die Aussteller kommen hauptsächlich aus dem Händler und Clubbereich. Neben den Computern sind auch die Bereiche Modelleisenbahn und Telekommunikation stark vertreten. Mittlerweile dominieren auch auf solchen Messen natürlich die PCs, was die britischen Atari-Fans nicht daran hinderte, auch dieses Jahr wieder nach Stafford zu pilgern, ein kleines Städtchen in Mittelengland. Von den britischen Atari-Händlern und -Programmierern waren fast alle vertreten, die Beteiligung aus dem Ausland war hingegen äußerst bescheiden - einzig Centek traute sich mit einem kleinen Stand auf die Messe.

8-Bit-Club

Der 8-Bit Club verkaufte XL-Klassiker und gebrauchte 5,25"-Diskettenlaufwerke. Unter den Spielen konnte man Infocom-Adventures erblicken, die mittlerweile schon Sammlerwert haben. Ganz frei von 16-Bit-Software war der Stand trotzdem nicht, denn die ST-Version von Microsoft Write wurde für 5 Pfund angeboten.

16/32 Bit Systems

16/32 hatten kistenweise ST-Spiele mitgebracht, sowie ältere Ausgaben der Atari-Magazine ST-User und ST- Format.

Abingdon Synthesis Projects

ASP verkauften einige Hardware-Erweiterungen darunter die Produkte von Mario Becroft. Unter den Erweiterungen war ein Adapter für PC-Mäuse an die normale Mausschnittstelle, ohne Treibersoftware. Als Neuvorstellung gab es mit QWERTYX einen PC-Tastaturadapter. Angekündigt ist eine VME SVGA-Karte, ein SCSI-Ethernet-Host und "The Ultimate ST upgrade", eine Art Multiboard, das Beschleuniger, Grafikkarte und Speichererweiterung kombiniert. Der deutsche Vertrieb für die Produkte von Mario Becroft ist ag Computertechnik.

Atari Computing

Ihren letzten Auftritt auf einer Messe hatte die Redaktion der Atari Computing. Joe Connor, der das Magazin aufgrund von Zeit- und Geldmangel einstellen musste, und Mike Kerslake verteilten eifrig Ausgabe 16 der Atari Computing mit kostenloser CD für alle Abonnenten. Besonders bemerkenswert an der CD ist, dass auch nie veröffentlichte Artikel auf ihr zu finden sind. Insgesamt ein würdiger Abschluss für ein tolles Magazin. Alte Ausgaben der Atari Computing gab es auch zu kaufen.

Neben der Atari Computing stellt Joe Connor auch den Shareware-Registrierservice InterActive ein. Da der größte Teil der Programme schon seit Jahren nicht mehr gepflegt wird, war dieser Schritt wohl vorhersehbar. Weitergeführt werden hingegen der Übersetzungsservice Transaction und eventuell auch die Renegade-CD-ROM.

Zwei Rubriken werden im Internet von Mike Kerslake weitergeführt: die Liste der aktiven Atari- Händler/Programmierer/Magazine ("The Contact Files") und die Rubrik "Suggestive Remarks". Ersteres ist ein interessantes Projekt, das für Atari-Fans weltweit unentbehrlich sein wird. Die "Suggestive Remarks" waren eine Art Ideenbörse für Atari-Programmierer – Mike Kerslake und andere Atari-Anwender suchten nach Lücken im Atari-Softwareangebot und lieferten so wertvolle Anregungen für Programmierer. A-Z oder das HTML-Export-Modul sind zwei Programme, die ihre Entstehung dieser Rubrik zu verdanken haben. Neben dem Atari war Fußball ein Thema auf dem Stand der Atari Computing – schließlich spielten am gleichen Tag England gegen Schottland und Anhänger beider Teams waren am A.C.-Stand. Eine friedliche Rivalität, auch wenn Joe Connor sein England-Trikot lieber unter seinem Jackett versteckte.

Centek

Der einzige Aussteller außerhalb Großbritanniens bot einen Ausblick auf den Phenix.

Electronic Cow

Der Programmierer von Electronic Cow führte ständig seine Produkte vor, die in Deutschland vom Falke Verlag vertrieben werden. Neues gab es nicht zu bewundern, aber er wird weiter dem Atari treu bleiben.

Maggie

Das Szenemagazin Maggie stellte die letzte Ausgabe vor und versprach, auch weiterhin neue Ausgaben zu veröffentlichen. Dies ist umso wichtiger, da sowohl die Atari Times als auch die Atari Computing eingestellt wurden.

Mark Wherry

Der GEMTrade-Programmierer war auch als Vertretung von Paul Glover (FaST Club) am Stand. Von GEMTrade wird es in Kürze die Version 3.0 geben, die auch französische Texte übersetzen kann. GEMTrade läuft auch als CAB-Modul, wobei die Übersetzungsresultate in etwa dem der Suchmaschine Alta Vista entsprechen.

ST+

Dieses Fanzine stellte neue Ausgaben in Aussicht.

System Solutions

System Solutions führt praktisch die gesamte ASH-Produktpalette sowie Centek- und Soundpool-Programme. Programme, die man in Deutschland nicht kennt, gab es keine.

The Upgrade Shop

Einer der wenigen verbliebenen Atari-Läden rüstet alte Atari-Computer auf. Die Veloce+ ist eine 68020 Beschleunigerkarte, die mit 16 MHz läuft. Das andere Hauptprodukt von T.U.S. ist IDEal, eine IDE- Festplattenadapter.

What! Video Games

Der britische Videospielspezialist mit dem etwas skurrilen Namen verkaufte u.a. Jaguar- und Lynx-Spiele. Die Preise waren konkurrenzlos günstig: drei Jaguar-Spiele für zusammen 20 Pfund (entspricht etwa 60-70 DM). Die Auswahl war frei zwischen den angebotenen Spielen, dazu gehörten neben den wohl unvermeidlichen Jaguar-Flops Club Drive und Checkered Flag auch Spiele wie Power Drive Rally, Mutant Penguins, Defender 2000 oder Flashback.

Sonstiges

Natürlich waren nicht nur die Ataris vertreten. Neben unzähligen Ständen mit PC-Spielen und –CD-ROMs stellten einige Userclubs alte 8-Bit-Computer vor.

Die Einstein User Group widmet sich nicht etwa dem Studium der Relativitätstheorie, sondern dem wenig erfolgreichen CP/M-Computer Tatung Einstein von 1984. Der Einstein hat sich etwa so häufig verkauft wie der Falcon und bot ein eingebautes 3"-Diskettenlaufwerk sowie Farbgrafik (256*192 bei 16 Farben). Da 3"-Disketten noch nie besonders preiswert waren und heute zu Preisen von 15 DM pro Diskette verkauft werden, war an einigen der Geräte ein 3,5"-Laufwerk zu finden.

Auch die wesentlich größere Gemeinde der Sinclair-User zeigte sich in Sachen Hardware-Erweiterung erfinderisch. Während für den Spectrum hauptsächlich alte Bücher und Software verkauft wurde, zeigten die Sinclair QL-Gruppen einige interessante Erweiterungen. Der 16-Bit-Pionier Sinclair QL (der eigentlich eher ein 8/32-Bit-Computer war) konnte sich aufgrund endloser Produktverspätungen, missglücktem Marketing und mangelndem Support nie richtig durchsetzen, war aber immerhin Multitaskingfähig – und das im Jahr 1984! Die aufregendste Vorstellung war der Q40, quasi die Sinclair-QL-kompatible Version des Milans. Auf einem komplett neu designten Motherboard gibt ein MC68040 mit 40 MHz den Ton an, SVGA-Grafik, bis zu 32 MB RAM und weitgehende QL-Kompatibilität sind weitere Ausstattungsmerkmale. Nur die Microdrives und das QL-Netzwerk werden nicht mehr unterstützt.

Fazit

Der englische Atari-Markt ist durch das Wegfallen der Atari Computing noch weiter geschrumpft. Auch in Zeiten von Online-Magazinen ist eben ein "klassisches" Magazin immer noch enorm wichtig für die Händler und Anwender. Vermisst wurden die deutschen Aussteller und natürlich Best Electronics. Nicht nur für den britischen Atari-Markt ist zu wünschen, dass der Milan II ein durchschlagender Erfolg wird. Das Potential für einen Erfolg ist auch in Großbritannien vorhanden und würde sicherlich den einen oder anderen ex-Atarianer zu neuen Entwicklungen veranlassen.

Internet-Adressen: Mike Kerslake: http://www.cix.co.uk/~publish/


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 12 / 1999, Seite 48

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