1. Schritt: Der langersehnte Calamus SL99 ist lieferbar. Willkommen zu meinem Ausflug in die Feinheiten dieser neuen Version.
Es hat sich wirklich viel getan. Der Upgradepreis von 199 DM ab SL98 resp. 399 DM von allen (!) anderen Calamus-Versionen lohnt sich. Lassen Sie uns mal genauer untersuchen, was alles neu oder verbessert ist und ob sich auch für Sie dieses Upgrade lohnen würde.
Zunächst sind viele CalamusInnen über die Frage gestolpert, welche Calamus-Version denn nun die richtige sei. Es gibt zwar nur noch einen Calamus (den SL nämlich), aber der kommt in der 99er-Version gleich wieder in zwei Spielarten daher. Das TOS-Pack wird auf 4 Disketten ausgeliefert und wird mit dem hervorragenden GEMSetup-Programm von Joachim Fornallaz aus Zürich installiert, das viele schon von diversen anderen Atari-Programmen kennen. Endlich kein Gefummel mehr mit einzelnen Calamus-TOS-Dateien, die erst irgendwohin kopiert und dann "gestartet" und anschließend wieder gelöscht werdenmüssen. Das GEMSetup erledigt alle nötigen Arbeiten flott und elegant.
Zum Glück werden vorhandene CALAMUS.SET- und CALAMUS. CKT-Dateien nicht überschrieben, sondern umbenannt.
Dieses TOS-Pack kann natürlich genauso installiert werden, wenn man unter MagiCMac oder einem der für Windows erhältlichen Emulatoren arbeitet. Wer allerdings einen G3-Mac besitzt, wird ggf. feststellen, dass dieser kein eigenes Diskettenlaufwerk mehr besitzt (Price without the Power bei Apple?). Was tun? Die meisten G3-Macs sind keine Einzelkinder, sondern vernetzt und können die Daten auch von anderen Rechnern aus empfangen, die eben noch Diskettenlaufwerke haben. Bevor man das GEMSetup dort nutzen kann, sollte allerdings die Datei SETUP.GSC "sichtbar" geschaltet und geändert werden: Alle Einträge "DISC=n" (mit n=l bis 4) sollten auf "DISC=0" geändert werden, damit der Installer nicht hartnäckig auf Disketten besteht, sondern auch von Festplatte (oder CD) installiert.
Ganz Hartgesottene kopieren wie früher einfach das CALAMUS.PRG und die LZH-Archive auf den Zielrechnerund entpacken die Archive dort. (Obwohl das nun wirklich nicht der Sinn von GEMSetup ist.)
Unter Windows ist die Installation prinzipiell genauso einfach: Die 5 Windows-Pack-Disketten enthalten das Calamus.PRG samt seiner Module, Treiber usw. Dazu kommt noch der versteckt arbeitende TOS-Emulator (eine Spezialversion vom STEmulator). All dies wird, wie unter Windows üblich, über ein SETUP.EXE von Diskette installiert. Dabei wird Calamus automatisch ins Windows-System integriert, so dass man nach erfolgreicher Installation einfach das Start-Menü aufruft; dort unter "Programme" findet sich dann der Eintrag "MGI Calamus SL99", den man aufruft - los geht's.
Unter Windows sorgt der SL-STEmulator dafür, dass Calamus SL sich beinahe wie ein Windows-Programm verhält: Die Fenster nehmen die Windows-Optik an, die Calamus-Hilfstexte erscheinen unten links in der Fensterleiste statt oben rechts im Calamus-Menü; gleichzeitig kann natürlich in allen anderen Programmen weitergearbeitet werden. Der Clou des Windows-Packs aber ist, dass direkt aus Calamus SL heraus sämtliche Windows-Druckertreiber, die Sie in Ihrem Windows-System installiert haben, genutzt werdenkönnen. Einspezielles NVDI wird nicht benötigt, noch ist ein Zukauf-Druckertreiber erforderlich. Dies wird durch eine entsprechende GDI.DLL vom STEmulator ermöglicht sowie durch einen (in der Windows-Pack-Version automatisch mitgeladenen) GDIPRN.CDT-Druckertreiber in Calamus. Das heißt, Sie können ab jetzt direkt aus Calamus Faxe mit FritzlFax versenden, auf Ihren Netzwerklaserdrucker ausgeben oder sogar belichten. Voraussetzung ist immer, dass es einen Windows-Druckertreiber für das gewünschte Gerät gibt.
Fazit: Die Qual der Wahl haben Sie. Wir empfehlen trotzdem, das Windows-Pack zu nehmen (weil Ihnen sonst ggf. der Vorteil abhanden kommt, die Windows-Druckertreiber zu nutzen) oder sogar gleich beide Lieferformen (TOS-Pack und Windows-Pack zusammen für 30 DM Aufpreis) auf einmal. Wenn man nur eine Lieferform wählt, anschließend aber die andere noch nachbestellen will, wird's leider teurer. Dann werden gleich 99 DM z.B. für das nachträglich bestellte Windows-Pack berechnet.
Viele Calamus-User haben sich völlig verstört gezeigt, als ihnen das Angebot ins Haus flatterte, für knapp 400 DM von ihrer alten Calamus-Version auf den aktuellen SL99 aufzusteigen. Wir wissen natürlich, dass nicht nur im Atari-Markt 400 DM viel Geld ist. Doch das Upgrade kostet nicht für den Namen Calamus so viel, sondern bietet dafür sehr viel mehr. Stellen wir mal zusammen, was das genau ist:
Zunächst sind neue Module und Treiber zu nennen, die konkret berechenbar sind. Bridge 3 (light) kam als letztes in den Lieferumfang, lange nachdem die ersten Mailings gedruckt waren. Es nimmt in der 96seitigen Handbuch-Ergänzung mehr als die Hälfte ein und stellt auch gleich die erweiterten Funktionen der Vollversion von Bridge 3 vor. Der Light-Version fehlen prinzipiell nur die Möglichkeiten zur Ausgabe von PostScript-Daten, separierten Daten und ein paar Luxusbefehle, ansonsten lässt sich damit schon prima arbeiten. Und da der Upgradepreis von beliebigen Bridgeversionen auf die Vollversion auf nur noch 249 DM zurückgeschrumpft ist, hat Bridge 3 light schon einen guten Anteil am SL-Upgrade. Dazu findet man die Toolbox PLUS, den Klassiker der Rahmenbearbeitungsmodule, endlich auch im Standardlieferumfang. Dieses Modul kostete ursprünglich mal 199 DM und war zuletzt bei invers für 99 DM separat zu haben. Der Barcode-Generator mit sämtlichen unterstützten 14 Codefamilien ist nun ebenfalls im Standardlieferumfang (kostete sonst 399 DM), dazu das Gridplay-Modul (49 DM), das HKS-Palette-Modul (früher 299 DM, zuletzt 99 DM) sowie das GDPS-Modul (zuletzt 89 DM). Hinzu kommen neue Treiber, die ebenfalls bisher nur zu kaufen waren: GIF-89a-Import (39 DM), Mega-paint-BLD-Import (29 DM), JPEG-Import (49 DM), Photoshop-EPS-Import (49 DM) und Kodak-PhotoCD-Import (49 DM). Haben Sie mitgerechnet? Ich bin längst bei über 399 DM und lasse es jetzt bleiben. Lieber zähle ich noch ein paar Knaller auf, die der SL99 "einfach so" mitbringt:
Die Druck-Auflösungsbegrenzung, die DMC früher in den Calamus einbauen ließ, um mit dem Verkauf des Jobmoduls viel Geld zu verdienen, wurde von uns gestrichen, ersatzlos.
Endlich gibt es die Möglichkeit, Font-loader-Module nachzuladen, so dass in Zukunft weitaus mehr Fontformate von Calamus unterstützt werden können. Den Anfang macht der PostScript-Typel-Import, der sowohl PC-Dateien (mit der Endung *.PFB) unterstützt als auch die im MacOS üblichen PostScript-Schriften ohne Endung, aber mit merkwürdigen Fontkoffern. Natürlich wird kein spezieller Mac-nach-TOS-Konver-ter oder sonstwas benötigt, um die Fonts laden zu können, der Type-1-Importer erkennt natürlich alle diese Dateitypen, selbst unter MagiCMac. So werden auch "faule Kompromisse" wie Type-2-Type, ein externes Programm zum Wandeln von PC-Type-1-Schriften nach CFN, endlich überflüssig. Ach ja: Type-2-Type hat mal 199 DM gekostet...
Fairerweise müsste ich natürlich alle Features, die Calamus SL schon in den letzten Runden hinzubekommen hat, noch mit aufzählen, um die 399 DM wirklich abgerundet rechtfertigen zu können. Ein paar Punkte picke ich heraus: Calamus SL beherrscht seit SL98 Ästhetikblocksatz und beliebige (!) Registerhaltigkeit im Satz. Hoch- und tiefgestellte Schriften sind vollkommen frei einstellbar, die Bearbeitung der Textlineale wurde deutlich verbessert.
Der Rastergenerator wurde um die Cache-Variante erweitert (früher für 600 DM Aufpreis zuzukaufen...), gleichzeitig wurde er um die Möglichkeit bereichert, das in Calamus eingebaute Orde-red-Dithering-Rasterverfahren optional zu nutzen.
PKS Write ist tot, es lebe Eddie, der neue Texteditor, dessen vollwertige Lightversion seit SL96 den Calamus-Lieferumfang bereichert, zusammen mit dem Ausschießmodul light, FrankLIN light (einem sehr guten Kennlinieneditor mit vielen erweiterten Funktionen), dem SL-Hilfslinienmodul (farbige Hilfslinien und vieles mehr) und dem neuen Histogramm-Modul. Ach ja: Im Rahmenmodul ist die Scalelt-Funktion freigeschaltet, so dass man Textrahmen endlich beliebig skalieren kann, ohne ständig die Schriftstile neu anpassen zu müssen. (Vom A5 -Handzettel zum A2-Plaket in ein paar Mausklicks ...) Ein' hab' ich noch: Das Maskenmodul ist ebenfalls im Rahmenmodul integriert (jaja, hat mal über 1.000 DM gekostet). Jetzt ist aber wirklich Schluß mit dieser Preisstapelei, versprochen.
Ich möchte heute einen meiner Lieblingsbereiche aus der Arbeit mit Calamus anreißen, um in der nächsten Folge vielleicht schon genauer einzusteigen: die Geschwindigkeit.
Natürlich kenne ich wie kaum ein Zweiter die Gegenargumente zur Oberfläche von Calamus: Sie sei unverständlich, irritierend, nur langsam bedienbar (lange Mauswege), kaum erlernbar, kindisch albern (diese nichtssagenden und viel zu großen Bildchen) und überhaupt! Genau, überhaupt! Wer überhaupt nicht über Calamus' Oberfläche urteilen kann, sind die "Spezialisten", die auf konkrete Nachfragen immer nur bestätigen können, dass sie.....schon mal ein bißchen mit der Demo rumprobiert haben ..."
Diejenigen aber, für die wir Calamus pflegen und weiterentwickeln, die Anwenderinnen (!) nämlich, wollen partout nicht von genau dieser Oberfläche lassen und vermissen Ähnliches in anderen Programmen. Was sind die Vorteile dieser Oberfläche und was ist seit SL99 neu?
Die quasi beliebig erweiterbare Funktionsvielfalt der Module wird durch die Befehlsfelder fantastisch in überschaubaren (!), optisch noch erfaßbaren Gruppen eingeteiltundüberdies ziemlich gut strukturiert. Die Icons sind selbst auf heute üblichen 20-Zoll-Monitoren noch nicht zu klein (woran sich mehr und mehr andere Programme endlich ein Beispiel nehmen). Die Befehlsfelder lassen sich beliebig plazieren (ja, das können andere auch) und seit SL99 mit bestimmten Befehlsgruppen-Ansichten fixieren! So können Sie Ihren Bildschirm mit beliebigen Setups beliebiger Befehlsfelder "vollbrettern", ganz nach Belieben. Müssen Sie aber nicht, eben ganz nach Belieben.
Natürlich würde man irgendwann den Mauskoller bekommen, wenn alle diese Funktionen immer wieder mit dem Mauszeiger aufgerufen werden müssten. Daher bietet Calamus SL seit eh und je den fantastischen Makrorecorder, der dieArbeitsgeschwin-digkeit aufmotzen kann, bis der Kessel pfeift (wie meine große Tochter sagen würde).
Sie können generell jede beliebige Aktion, die Sie per Tastatur oder mit der Maus in Dialogen, auf den Befehlsfeldern oder im Calamus-Menü machen, mit einem Makrorecorder aufzeichnen, dieser Aktion ein Tastenkürzel und einen Namen zuweisen und die Aktion in Zukunft nur noch per Tastatur aufrufen. (Das ist an sich noch nicht wirklich der Knaller, viele andere Programme können Sie auch ohne Makrorecorder z.B. mit ALT-Q beenden.) Ich würde nicht über Calamus reden, wennichjetztschonfertigwäre. In Calamus können Sie natürlich beliebig lange Aktionen aufzeichnen, mit etwas Geschick oder je nach Bedarf kriegen Sie so sogar Makros hin, die ein paar Minuten laufen und Ihnen wirklich Arbeit abnehmen. (Erinnern Sie mich dran, dass ich das nächste Mal erkläre, wie man 4.000 RGß-Farben in CYMK-Farben umwandelt oder ein 128-Seiten-Layout mit ein paar Mausklicks ...)
Seit SL99 können Sie die MakroFunktionalität gleich doppelt auf die Spitze treiben, damit Ihnen wirklich kaum noch Wünsche bleiben, um Ihre Arbeit zu beschleunigen. Zum einen können Sie ab jetzt die Makros nicht nur global, sondern endlich auch lokal definieren. Lokal bedeutet hier, dass Makros nur dann ausgeführt werden, wenn das Modul, das zu Beginn der Makroaufzeichnung aktiv war, auch beim Abspielen aktiv war. So ist es z. B. möglich, im Vektoreditor die gleichen Tastenkürzel für "ähnliche" Funktionen zu nutzen, die Sie aus dem Rahmeneditor kennen, wie ALT-K zum Löschen von Objekten (sonst nur für Rahmen gebraucht) oder ALT-G zum Gruppieren von Vektorobjekten (sonst nur zum Rahmengruppieren verfügbar). Wie fast immer in Calamus sind auch hier keine Grenzen gesetzt, so dass Sie ab jetzt in Tastenkürzeln "baden" können, bis der Arzt kommt (wie meine kleine Tochter sagen würde). Falls Sie dabei baden gehen, gibt's immer noch den Makro-Manager, den ich Ihnen nächstes Mal am besten gleich mit vorstelle. Der hilft nicht nur aus einem Chaos unsortierter Makrolisten heraus, sondern bietet noch weitere, ebenfalls sehr praktische Erweiterungen zur Bedienung von Calamus.
Neben den globalen und lokalen Makros gibt es jetzt die ungemein praktische neue Option, "rahmenabhängige Mausaktionen einem Makro zuzuweisen". Das klingt nicht nur stark, das ist auch so. Beispiele gefällig? Stellen Sie sich vor, Sie ziehen einen Textrahmen auf und schwupps, schon öffnet sich ein Eddie-Fenster. Oder Sie haben einen Rasterbildrahmen vor sich, dessen Kontrast Sie regeln wollen. Ein Doppelklick drauf, zack, der FrankLIN-Kennlinieneditor ist da. Oder Sie machen einen Rechtsklick auf einen Vektorrahmen und im Nu ist der Vektoreditor aufgerufen und Sie können die einzelnen Vektorobjekte bearbeiten. Nein, das sind keine "verdrahteten" Nettigkeiten, das können Sie ganz individuell einstellen. Für jeden Rahmentyp, mit oder ohne Inhalt, für verschiedenste Kombinationen von Mausklicks, auch mit Tastenkombinationen zusammen, bis der Kessel kommt oder der Arzt pfeift ...
Von den vielen Kleinigkeiten, die das SL99-Upgrade "rund" machen, seien an dieser Stelle noch kurz einige erwähnt:
Im nächsten Heft geht's weiter ...