Another cup of coffee - Java-Emulatoren

Nachdem wir in Ausgabe 10/97 bereits einen kurzen Überblick über die verschiedenen Java-Anwendungsgebiete gegeben haben, werden wir ab sofort in loser Folge etwas ausführlicher auf Java-Anwendungen eingehen. Aus aktuellem Anlass sind diesmal die Emulatoren an der Reihe.

Doch bevor die einzelnen Emulatoren vorgestellt werden, sollte erstmal auf einige Neuigkeiten rund um Java eingegangen werden. Die erstaunlichste war sicherlich der Quasi-Ausstieg von Corel aus Office für Java, der erst nach Redaktionsschluß bekannt wurde. Während Corel jedoch einen Rückzieher machte, hält die Hamburger Firma Star Division weiter an ihren Plänen für „Star Office Java“ fest und stellt in kürze die ersten Betas vor. Dem Anwender kann dies nur recht sein, denn immerhin hält Star Division einen Anteil von 25-30 Prozent bei den Office-Paketen für PCs - Tendenz steigend. Da Star Office seine Stärken jetzt schon durch die Integration des Internets bezieht, ist von der Seite kein Rückzieher zu erwarten. Für eine freudige Überraschung sorgte auch die IBM-Tochter Lotus: eSuite wird ein Programmpaket rund um die täglichen Anwendungen und wird voraussichtlich ein Teil des Netzcomputers (NC) werden. IBM hat mit Oracle, Sun und Netscape „paktiert“ und sieht insbesondere in Java eine Chance, die Monopolstellung Microsofts zurückzudrängen. Letztere sind zur Zeit mit allen möglichen Prozessen beschäftigt, unter anderem wurden sie auch von Sun wegen einer angeblichen Verletzung des Java-Lizenzvertrages verklagt - man darf gespannt sein, wie diese Prozesse ausgehen.

Emulatoren

In der Emulatorenszene ist Java zur Zeit eines der heißesten Themen, denn passend zum Trend, das Emulatoren immer vielseitiger werden (unter anderem M.A.M.E., Gemulator 97), träumen viele Programmierer davon, den lästigen Portierungen ein Ende zu bereiten. Ganz einfach ist es jedoch nicht, einen Java-Emulator auf die Beine zu stellen, da Java einen noch etwas leistungsfähigeren Prozessor benötigt, als ein normaler, in C(++) geschriebener Emulator. Dies liegt zum großen Teil aber noch an den zu optimierenden Java-Interpretern.

Im Folgenden werde ich chronologisch vorgehen, d.h. der älteste Computer genießt den Vortritt:

PDP-8

 Die meisten werden diesen Computer gar nicht mehr kennen, da er wirklich zu einer der ersten Computer-Generationen gehörte - damit sind die Computer gemeint, die sich durch Lämpchen versucht haben, verständlich zu machen. Für den Basic- oder GEM-verwöhnten Computer-Benutzer stellt der PDP-8 daher eine Art „Kulturschock“ dar und wird wohl von den meisten in die Kategorie „eigenartiger Taschenrechner“ eingeordnet. Brauchbar ist der PDP-8 zum erlernen der Funktionsweise eines Computers oder einfach aus Nostalgie. Anwendungen im „klassischen“ Sinne gibt es so gut wie keine, aber dafür gibt es mit Sicherheit geeignetere Computer als den PDP-8. Das Java-Applet erfüllt seine Aufgabe ohne größere Schwächen, jedoch fehlt mir die praktische Erfahrung mit dem Rechner, um den Emulator objektiv zu beurteilen.

JavaPhoenix

Harte Arcade-Action - nicht mehr und nicht weniger bietet dieser Emulator eines Automaten von 1980. Das Spielprinzip ist simpel und bedarf kaum großer Erklärungen: oben sind die Feinde und unten der Spieler. Es gibt keine Extras auf die man acht geben müsste und somit gehört Phoenix zu den simplen Ballerspielen. Trotz seines fortgeschrittenen Alters ist dieses Spiel sehr bunt und lehrt sicher auch noch heute einigen Ballerspielen das Fürchten. Phoenix hat eine Menge Fans im Internet und so gab es relativ schnell Emulatoren für PCs. Da die Automatenemulatoren, die nur ein paar Spiele zu bieten haben, langsam aussterben, bewegt sich diese Emulatorensparte auf die Java-Schiene zu. Es ist aber zu erwarten, dass die gleiche Entwicklung auch bei Java stattfindet und es somit bald auch Automatenemulatoren geben wird, die bis zu 200 Spiele bieten. Die Zeit bis dahin kann gut mit JavaPhoenix überbrückt werden.

Apple II

Noch etwas holperig läuft Applelet, der Apple II-Java-Emulator. Anwendungen können noch nicht benutzt werden, dafür Apple-Basic.

TRS-80 Basic

 Dies ist kein richtiger Emulator, denn es wurde "einfach" nur das TRS-80-Basic nachprogrammiert - trotzdem ist es ein überraschender Anblick, mitten im Browserfenster programmieren zu können!

JASP

Java Spectrum Emulator bewies zum ersten Mal, das auch ausgewachsene Heimcomputer mit Java emuliert werden können. Gleich zu Beginn fällt der Emulator schon dadurch positiv auf, dass man ihn sich nicht unbedingt im Internet anschauen muss. Einmal den Emulator zusammen mit einigen Spielen herunterziehen erspart Telefonkosten. Die Programme müssen im üblichen Snapshotformat (Z80) abgespeichert sein, wie sie auch vom Spectrum-Emulator für den ST unterstützt wird. Neben der Möglichkeit, für jedes Spiel eine eigene HTML-Datei zu schreiben, kann man Programme auch jederzeit nachladen. Sogar eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt es schon, denn JASP ist sehr schnell und auch kompatibel. Im Internet kann man über 20 Spiele-Klassiker direkt ausprobieren, darunter unter anderem Defender und JetPac. Die Qualität dieses Emulators wurde auch von JARS (Java Applet Rating Service) honoriert: JASP gehört zu den Top 1% der Java-Applets!

Von der JASP-Internetseite gibt es neuerdings einen Verweis auf die folgende Seite...

Java ST-Emulator

Im ersten Java-Artikel hatte ich noch spekuliert, dass es noch eine ganze Weile dauern dürfte, bis ein Atari ST-Emulator für Java verfügbar wäre, denn immerhin ist ein ST etwas schwieriger zu emulieren als ein ZX Spectrum. Doch entgegen dieser Logik wird wohl der nächste Java-Emulator den vertrauten ST in das Browserfenster befördern. Die Java-Version ist eine Portierung des bekannten ST-Emulators STonX, so dass die Kompatibilitätslisten des STonX auch für JavaST gelten sollten. Praktisch ausprobieren kann man dies z.Z. noch nicht, aber dafür gibt es einen Screenshot und den aktuellen Versionsstand. Laut Eigenaussage des Autors läuft der Emulator bereits bei ihm, so dass sicherlich eine öffentliche Version verfügbar ist.

Mit der Verfügbarkeit dieses Emulators sind dann auch weitere Emulationen möglich, z.B. Java ST in Netscape auf einem Atari TT mit Linux-Betriebssystem, wobei auf dem emulierten ST der QL-Emulator läuft, der wiederum einen Sinclair ZX81 emuliert. Über die Geschwindigkeit dieser etwas verrückten Kombination soll an dieser Stelle nicht spekuliert werden, aber möglich ist diese durchaus. Sobald Java auch für den Atari verfügbar ist, wird es dann auch möglich sein, einen ST mit einem ST zu emulieren - also praktisch ein "TOS-2-TOS".

Was kommt als nächstes?

Derzeit ist nichts Konkretes angekündigt, aber es wird wohl von allen in C geschriebenen Emulatoren auch Java-Versionen geben. Derzeit werden vor allem die klassischen Automatenspiele auf Java umgesetzt. Neue Möglichkeiten werden den Emulatoren durch die neue Java-Version ermöglicht, die vor allem im Bereich grafischer Bedienelemente, wie man sie z.B. vom Atari kennt, einige Verbesserungen enthält.

Nächstes Mal...

...wird es verspielter. Ist Java für Spiele geeignet und wenn ja, hat es mehr zu bieten als die üblichen Karten- und Denkspiele? Insbesondere werden die Java-Programme sich an ST-Programmen messen müssen. Vielleicht gibt es bis dahin auch schon eine erste verfügbare Beta von Star Office für Java.

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Aus: ST-Computer 01 / 1998, Seite 20

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