Another cup of coffee - Java

Rund um die Programmiersprache Java tut sich etwas. Eine Atari-Umsetzung scheint nahe und die ersten großen Anwendungen wurden angekündigt.

Atari-JAVA

Die Gerüchte über eine Umsetzung von Java für den Atari reißen nicht ab und im Internet hat sogar jemand behauptet, eine Umsetzung programmiert zu haben. Zwar sollten solche Behauptungen kritisch gesehen werden, aber mittelfristig wird das Atari-Java kommen. Nachdem es Java inzwischen auch für Unix gibt, ist es theoretisch nur ein kurzer Weg zu einer MiNT- oder TOS-Umsetzung.

Ein JAVA-JIT (Just-in-Time) Interpreter ist Freeware und nennt sich Kaffe. Die Sourcen sind frei erhältlich und der Interpreter soll laut dem Autor auf verschiedenen Unix-Derivaten und dem Amiga laufen. Vom Amiga wäre es nur noch ein kleiner Sprung zum Atari, so dass die Hauptarbeit in die Geschwindigkeitsoptimierung zu stecken wäre.

Nach dem Wirbel, der um Java gemacht wurde und der Ernüchterung, die ihr folgte, stellte sich die Frage nach der Zukunft von Java. Weniger interessant sind hier die kleinen Java-Spiele oder Minianwendungen, die es in gleichwertiger Qualität für jeden Computer gibt.

Das Konzept von Java

Grundlegend ist die Systemunabhängigkeit. Der Programmcode wird nicht prozessor-spezifisch compiliert, sondern in einen Zwischencode übersetzt, der dann anschließend von den Java-Interpretern in den Maschinencode gewandelt wird. Praktisch heißt das, dass ein Java-Applet z.Z. ohne Žnderungen auf Win 3.1/95/NT, MacOS, OS/2 und dutzenden von Unix-Derivaten läuft. Die Idee dahinter ist nicht neu, denn es gab schon mehrere erfolglose Versuche dieser Art. Ebenso gab es auch schon in der Vergangenheit Versuche, Emulatoren einzusetzen, aber letztendlich führte dies zum Absterben des emulierten Systems und nicht zu einem neuen Aufschwung.

Weiterentwicklung von Java

Hinter Java stecken neben dem Erfinder Sun auch bekannte Firmen wie Netscape, Oracle und IBM, die ein großes Interesse an dem Erfolg der Sprache haben. Auch das Argument, das Java-Programme das Betriebssystem nie komplett ausnützen könnten, wird immer unbedeutender, denn mit den modernen Java-Eigenschaften ist es sogar möglich, 3D-Anwendungen und -Spiele zu programmieren. Die Weiterentwicklung geschieht weiterhin in einem Tempo, die von einem Emulator nicht erreicht werden könnte. Zudem wird es ungleich schwerer sein, Programmierer von anderen Systemen auf die TOS-kompatible Schiene zu locken als auf die Java-Sprache.

Netscape Communicator in Java

Eigentlich war es ein logischer Schritt von Netscape, aber dennoch waren viele überrascht: Netscape will die übernächste Version seines Browser-Multitalents komplett in die Java-Sprache umsetzen. Bis dahin sollen auch verbesserte Java-Interpreter verfügbar sein, damit es keinen allzu großen Geschwindigkeitseinbruch gibt. Die Frage, wie man die Plugins, die den Communicator noch leistungsfähiger machen, dann verwenden soll, wurde noch nicht geklärt, aber Netscape wird sich da sicherlich etwas einfallen lassen. Für Netscape hat die Umsetzung vor allem wirtschaftliche Vorteile, da das ständige Umschreiben des Browsers für die inzwischen 21 Betriebssysteme entfallen würde. Wichtiger für den Anwender ist jedoch die Signalwirkung auf andere Hersteller, denn nun werden auch kommerzielle Anbieter, die bis jetzt noch zögern, in Java investieren.

Zu erwarten ist die Java-Version des Communicators etwa Mitte bis Ende 1998. Eine Komponente wurde bereits in der aktuellen Communicator-Version auf Java umgestellt: IBM Host-on-demand.

Corel Office

Corel Office ist zwar nicht unbedingt der Marktführer in Sachen Office-Pakete, aber die Java-Version ist bereits fertig und macht einen vielversprechenden Eindruck. Somit ist nun wohl auch der Vorwurf aus der Welt geschafft, es gebe für Java keine Standardanwendungen (Textverarbeitung/ Datenbank/ Tabellenkalkulation). Da Corel sich bereits so früh für Java engagiert hat, ist auch eine Umsetzung des bekannten Grafikprogramms Corel Draw denkbar.

Beta-Versionen kann man sich bereits aus dem Netz herunterladen und es wurde tatsächlich das gesamte Office-Paket, das u.a. aus dem Textverarbeitungsprogramm WordPerfect und der Tabellenkalkulation Quattro besteht, umgesetzt. Neben den drei Standardanwendungen gibt es noch den zentralen Corel Office Desktop und ein Modul für Präsentationsgrafiken.

Star Office

Dieses Office-Packet bringt den lange unangefochtenen Marktführer Microsoft Office zur Zeit ins Schwitzen. Ebenso wie Corel Office vereint es die Standardanwendungen, jedoch wurden sie noch mehr ineinander verflochten, so dass die Bedienung sehr einheitlich bleibt. Zudem gibt es noch eine gut gelungene Internet-Einbindung, die Star Office einige gute Bewertungen eingebracht hat. Zur Zeit wird an einer Java-Version gearbeitet und im Hinblick auf den Kampf um Marktanteile und den bevorstehenden Börsengang von Star Divisions wird man wohl schon bald erste Beta-Versionen zu sehen bekommen.

Emulatoren

"Java. Ja, Java. Nein, das ist kein Witz! Java. Dieser ZX-Spectrum Emulator läuft unter Java. Ja, in Ihrem Browser. Nein, wirklich!". Dieses Zitat stammt von einer englischen Internetseite und obwohl es mittlerweile schon drei Emulatoren gibt, die als Java-Applet laufen, war eben dieser Spectrum-Emulator etwas besonderes. Nach PDP-8, TRS-80 und ZX-Spectrum wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis die Programmierer beim Atari ST angekommen sind. Es könnte allerdings auch von heute auf morgen ein ST-Emulator auftauchen, denn von fast allen in C(++) geschriebenen Emulatoren gibt es Gerüchte um eine Java-Umsetzung - selbst über eine Java-Version des UAE (Un*x Amiga Emulator) wird nachgedacht. Leider sind die bisherigen Atari-Emulatoren fast alle in Assembler geschrieben, was die Umstellung auf Java erschwert.

Andere Anwendungen

Die Liste ließe sich natürlich noch weiter fortführen und über einige bekannte Softwareprodukte gibt es auch schon Gerüchte. Prinzipiell sind aber fast alle Hersteller an Java interessiert, die zumindest für MacOS und Windows entwickeln. Ein besonders hohes Interesse zeigen derzeit alle Softwarefirmen, die Linux/Unix-Software im Angebot haben - und das sind nicht wenige, denn die Betriebssicherheit der Unix-Derivate hat bereits viele kommerzielle Anbieter dazu bewegt, ihre Software in C umzuschreiben. Durch Java bietet sich nun für all diese Softwarehäuser die Möglichkeit, Entwicklungskosten einzusparen, denn es sind keine großen Abteilungen mehr für jedes Betriebssystem notwendig.

Systemunabhängig

Obwohl ein großer Software-Hersteller versucht, Java systemabhängig zu machen, ist abzusehen, dass die großen Firmen Java vor allem wegen der Systemunabhängigkeit favorisieren. Über den Umweg Java gäbe es dann auch wieder große Firmen, die für Atari und Amiga entwickeln (wenn auch ungewollt). Die Vorstellung, den Netscape Communicator auf einem Atari laufen zu sehen, mag noch wie Zukunftsmusik erscheinen, aber Atari-Programmierer haben schon mehrfach für Überraschungen gesorgt. Atari-Hardware und Atari-Clones würden wieder konkurrenzfähig werden, denn das Betriebssystem bietet u.U. sogar eine bessere Basis für Java-Interpreter, da es kompakter aufgebaut ist als z.B. Windows. Für PCI-Atari-Clones wäre eine Karte mit einem Java-Prozessor denkbar. Da für PCs eine entsprechende Karte inkl. eingebautem Interpreter geplant ist, müsste nur noch die Treibersoftware geschrieben werden.

Für den Atari-Software-Markt würde dies natürlich eine verschärfte Konkurrenzsituation bedeuten, andererseits vergrößert sich die Anzahl der möglichen Kunden durch die Umstellung auf Java stark.

Quellen JAVA ZX Spectrum-Emulator: http://www.odie.demon.co.uk/spectrum/ PDP-8 Emulator: http://www.in.net/~bstern/PDP8/pdp8.html TRS-80 Basic-Emulator: http://www.cs.virginia.edu/~jlg8k/applets/trs80.html Corel Office for Java: http://officeforjava.corel.com Sun: http://www.sun.com

Sourcecodes für den JIT-Java-Interpreter Kaffe: ftp://ftp.sarc.city.ac.uk/pub/kaffe/kaffe-0.8.1.tgz ftp://ftp.doc.ic.ac.uk/packages/kaffe/kaffe-0.8.1.tgz ftp://ftp.lysator.liu.se/pub/languages/java/kaffe/kaffe-0.8.1.tgz


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 10 / 1997, Seite 18

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