Jaguar: World Tour Racing

Ein 3-D-Autorennspektakel für den Jaguar.

Autorennspiele sind so beliebt wie kaum ein anderes Thema. Nicht zuletzt deswegen ist es sehr schade, dass mit Club-Drive und Checkered Flag für den Jaguar nur zwei recht unwürdige Vertreter dieses Genres erschienen sind. Nach Jahren der Verzögerung hat die Firma Telegames nun ein weiteres Programm unter ihre Fittiche genommen und dafür gesorgt, dass im Sommer dieses Jahres ein neues JaguarCD-ROM-Spiel erscheinen konnte.

World-Tour-Racing, so der Name des vielversprechenden Kandidaten, wird in einer Jaguar-Standard-Verpackung auf CD-ROM (keine CD-R) geliefert. Das Programm startet mit einer erstklassigen Videofilm-Animation, die von schönem CD-Sound begleitet wird.

Anschließend wird der Spieler direkt in einen Demo-Modus geleitet, den er jederzeit unterbrechen kann, um das Spiel zu beginnen. Das Programm bietet drei verschiedene Spiel-Modi:

Selbstverständlich gibt es bei WorldTour-Racing auch eine Art Boxenstop, den "car workshop", bei dem der Spieler kräftig am Fahrzeug herumtüfteln kann. So kann er hier die Bereifung für jedes einzelne Rad, die Einstellung der Front- und Heckspoiler sowie die Bremsen und Schaltung seinen Bedürfnissen entsprechend einstellen.

Für alle, die nicht so gerne Gänge wechseln, besteht auch die Möglichkeit, ein Automatikgetriebe zu wählen.

Ein Wermutstropfen sollte aber nicht unerwähnt bleiben: Das Spiel macht leider überhaupt keinen Gebrauch von dem "Memory-Track". D.h., dass all diese Einstellungen nach dem Ausschalten des Jaguar auch wieder verlorengehen.

Nach dem Debakel mit Checkered Flag und Club Drive ist die Frage der Fragen natürlich, wie denn die Steuerung ist.

Ich kann Sie beruhigen: Die Steuerung ist absolut gelungen. Die Umsetzung der Lenkung, des Bremsens usw. ist realistisch und lässt ein tolles Autorenn-Feeling aufkommen. Voraussetzung ist allerdings, dass die richtigen Reifen zum jeweiligen Wetter passend gewählt wurden.

Einen weiteren Pluspunkt verdienen sich die Programmierer für die gegnerischen Autos. Diese fahren fair und mit einer realistischen eigenen Intelligenz. Sie kämpfen hart um die oberen Ränge, so dass man auch als guter Fahrer nicht so schnell alle hinter sich lässt und zusehen muss, nur noch bis zum Ziel durchzukommen.

Fährt der Fahrer in die Pit-Stop-Box, kann er viele Einstellungen am Fahrzeug vornehmen. Dazu wird eine Videosequenz abgespielt, die die Umbauten in einen Film faßt, der sich inhaltlich an die zu reparierenden Teile anpaßt.

Allerdings ist es nicht immer leicht, in die Pit-Stop-Box zu kommen. Das klingt merkwürdig, ist aber wahr, denn das Programm hat einen eingebauten Spieler- Lenk-Hilfe-Modus. Dieses unglaubliche Wort bedeutet, dass WorldTour-Racing den Fahrer bei seiner Arbeit unterstützen will und aus diesem Grunde selbst bei der Lenkung mitwirkt.

Machmal kann man deutlich sehen, dass sich der Lenker in die richtige Richtung bewegt, ohne dass man das Joypad betätigt hätte. Es ist zwar nicht so, dass man selbst nichts mehr tun müßte, aber es ist manchmal schon erstaunlich, dass der Computer einen partout nicht in die Box fahren lässt, wenn man nicht in perfekter Linie angefahren kommt.

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Sound

Die Musik wurde vom Komponisten des Val d'isere-Soundtracks gemacht. Sie ist peppig und wird den Fähigkeiten des Jaguar gerecht. Leider scheint es aber so zu sein, dass es nur zwei Musikstücke gibt, die sich auf die 12 Rennstrecken verteilen müssen. Außerdem wird die Musik nicht direkt von der CD-ROM abgespielt, sondern vom Jaguar generiert, was leider Rechenreserven kostet.

Die Soundeffekte an sich sind leider etwas mager ausgefallen. Ein bißchen dröhnender Motorsound, quietschende Reifen und die Ankündigung der letzten Runde - das war es auch schon fast.

Grafik

Die Grafik ist im großen und ganzen gelungen, wenngleich sie nicht so spektakulär wie die von Playstationspielen ist. Der Spieler kann zwischen drei verschiedenen Kamerapositionen wählen. Gegnerische Autos sind, auch wenn sie nahe an der Kamera sind, detailliert gezeichnet und mit Details wie Werbestickern usw. versehen. Der Bildschirm wird von Statusanzeigen wie Streckenposition, Rundenzahl, Gang, Geschwindigkeit, Rennzeit usw. überlagert. Diese Anzeigen scheinen ein wenig groß geraten, erfüllen aber absolut gut ihren Zweck.

Leider sind viele Grafiken aber nur in halber Horizontalauflösung, so dass sie gelegentlich etwas zu pixelig erscheinen. Es half den Programmierern allerdings dabei, Rechenzeit zu gewinnen.

Darüber hinaus wurde für viele Dinge, die am Straßenrand stehen, nicht auf realistische Polygone, sondern auf Pixelgrafik zurückgegriffen.

Fazit

Das Urteil ist zwiespältig, zumal das Spiel viele gute, aber auch ein paar schlechte Seiten hat, die gelegentlich ein wenig enttäuschen. Hervorzuheben sind auf jeden Fall die gute Steuerung und der Zweispielermodus, der gleich viel mehr Spaß macht als ein Rennen gegen den Rechner.

Schade, dass in einigen Details, z.B. in Bezug auf die Grafik, nicht konsequent die Möglichkeiten des Jaguar genutzt wurden.

Alles in allem ist World Tour Racing zwar deutlich besser als seine Vorgänger, aber auch nicht der "Überhammer", der den Jaguar vor zwei Jahren zum Bestseller hätte avancieren können.

Dennoch:

Wer ein CD-ROM-Laufwerk sein eigen nennt und Autorennspiele mag, sollte zu- schlagen. Eine CD-Anschaffung nur dieses Spieles wegen würde ich allerdings nicht empfehlen.

Genre: Autorennen
Rechnertyp: Jaguar
Monitortyp: RGB/VGA
Preis: 85,- DM

Wertung: Grafik: 75% Sound: 65% Spaß: 65% Gesamt: 70%


Helge Bollinger
Aus: ST-Computer 10 / 1997, Seite 55

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