Gameboy-Spiele auf dem Falcon: Godboy

Der Game-Boy-Emulator für den Falcon.

Im Spiele-Angebot des Falcons gibt es trotz einiger Highlights viele Lücken. Neidisch schielen da manche auf den Game Boy, dessen s/w-Grafik zwar äußerst spartanisch wirkt, aber durch die Qualität einiger Spiele mehr als ausgeglichen wird. Nun sind auch auf dem Game Boy nur 1/10 aller Titel wirkliche Klassiker, aber bei einer Modulauswahl von 500 Spielen sind dies immer noch 50 Spiele. So, oder so ähnlich mögen auch die Reservoir Gods gedacht haben, als sie ihren Game-Boy-Emulator programmierten. Die Idee ist dabei nicht neu, denn für alle anderen Systeme gab es schon vorher einen oder mehrere Emulatoren. Die besten bieten eine Kompatibilität von 85-90% und sind auch der Grund für die (nicht ganz legale) Game-Boy-Modulschwemme im Internet.

Konzept des God-Boy

Jedes Release des God-Boys kann nur ein einziges Spiel abspielen, deshalb wäre es schon unmöglich, eine Aussage über die Kompatibilität zu treffen. Der den Releases zugrundeliegende Emulator soll aber laut Aussage der Reservoir Gods eine gute Kompatibilität bieten - dies wird wohl auch durch die drei schnell aufeinanderfolgenden Releases bestätigt.
Ein Nachteil dieses Konzeptes ist sicherlich, dass man u.U. sehr lange warten muss, bis es eine God-Boy-Version des Lieblingsspiels gibt. Wer z.B. ein Fan des Game-Boy-Flops "Popeye" ist, wird wohl lange warten müssen. Der God-Boy lässt sich auch nicht durch das Austauschen des mitgelieferten Spiels überlisten - dann stürzt er nämlich ab.
Übrigens sind die Reservoir Gods meines Wissens nach die ersten, die auf die Idee kamen, einen Emulator zu veröffentlichen, dessen Releases nur je ein Spiel ablaufen lassen können.

Geschwindigkeit

Einer der größten Vorteile des God-Boy ist seine Geschwindigkeit, denn jedes Release ist speziell für den Falcon optimiert. Ein Emulator der sich nicht auf ein Spiel festlegen möchte, wäre hier überfordert. Hier zeigt das spezielle Konzept seine Stärken, denn ein Falcon ist aufgrund seiner beschränkten Rechenleistung nur bedingt zu einer Emulation eines anderen Computersystems in der Lage - nicht umsonst setzen viele Emulatoren auf anderen Systemen einen leistungsfähigen Prozessor voraus. Trotz der Geschwindigkeitsoptimierung kamen mir aber manche Spiele stellenweise etwas langsam vor. Eine Beschleunigerkarte kann also nicht schaden und schließlich profitieren auch andere Programme davon.

Grafik

Jedes Release hat eine leicht aufgebohrte Grafik. Die Änderungen sind allerdings nicht dramatisch und beschränken sich auf das Colorieren einiger Sprites. Die nur leicht bessere Grafik erhöht die Übersicht, verbessert allerdings nur geringfügig die Spielbarkeit. Schön wäre es, wenn man die Hintergrundfarbe einstellen könnte, denn die lila Hintergrundfarbe ist nicht unbedingt das Augenfreundlichste, was man sich vorstellen könnte.

Sound

Musikalisch wartet der God-Boy mit Falcon-gemäßen Trackersounds und speziellen Samples auf. Während mir die Samples gut gefallen haben, ging mir der Trackersound nach 10 Minuten auf die Nerven, denn er ändert sich nicht, sondern plätschert im Hintergrund vor sich hin. Die Neuinterpretationen sind zudem Geschmackssache und manch einer hat gerade die "altmodische" Musik von Super Mario Land liebgewonnen. Die Samples sind hingegen durch die Bank gut gelungen und sorgen sogar teilweise für Erheiterung.
Trackersound und Samples lassen sich ausschalten - eine Emulation des Game-Boy-Soundchips gibt es jedoch nicht.

Cheat-Modes

Wer es unbedingt braucht, kann zu jedem Spiel verschiedene Cheat-Modi aktivieren. Dadurch kann auch ein ungeübter Spieler endlich den Endgegner von Bubble Bobble sehen. Prinzipbedingter Nachteil von Cheat-Modi ist allerdings, dass der Spielspaß nach dem Durchspielen stark nachlässt.

Spiele

Das wichtigste sind wohl die bis jetzt veröffentlichten Spiele und da jedes Release zwischen 200-700 KByte groß ist, ist die Qualität umso wichtiger. Die Wertungen für die Spiele gliedern sich in Grafik, Sound und Spielspaß. Grafik und Sound sollte man natürlich nicht mit Falcon-Spielen vergleichen.

Bubble Bobble

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Das erste Release ist die Game-Boy-Version von Bubble Bobble. Die GB-Version unterscheidet sich nur minimal von den Computerversionen, die auffälligste Änderungen ist der scrollende Bildschirm, damit die Grafiken auf dem kleinen GB-Bildschirm noch zur Geltung kommen. Das Spiel selber ist nett, aber nicht umwerfend und speziell der kleinere Bildschirmausschnitt geht zu Lasten der Übersichtlichkeit. Da ausgerechnet von den Reservoir Gods selber eine hervorragende Falcon-Version von Bubble Bobble veröffentlicht würde, wirkt GB-Bubble Bobble ziemlich blaß. Den neuen Trackersound sollte man sich allerdings ruhig mal anhören und mit der Cheat-Funktion kann man auch einmal das Ende sehen.

Grafik:65%
Sound:72%
Spielspaß:
67%

Bomb Jack

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Der zweite Release hat mich ähnlichen Problemen zu kämpfen: Es gibt bereits Konkurrenz. Die ST-Version ist wesentlich farbenfroher und die Spectrum-Version ist schneller. Zudem erscheinen bei der GB-Version nur drei Gegner, womit das Spiel schneller langweilig wird. Das eigentliche Spielprinzip ist schnell erklärt: Jack muss Bomben einsammeln (die aber nicht explodieren) und darf dabei die Gegner nicht berühren. Verschiedene Extras erleichtern das Spiel. Leider brannten beim vorliegenden Release noch nicht die Bomben, womit das Erreichen von Bonus-Punkten etwas schwierig sein dürfte.

Grafik:59%
Sound:67%
Spielspaß:
60%

Super Mario Land

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Unbestritten dürfte Super Mario Land das Highlight der God-Boy Releases sein: Ein besseres Jump and Run gibt es nicht für den Falcon. Grafisch wurde am Hintergrund gespart, der im Original teilweise animiert war. Dafür heben sich Hauptfigur und Gegner sehr schön vom Hintergrund ab. Die Musik ist Geschmackssache, aber wenigstens bei den Endgegnern könnte sich die Hintergrundmusik ändern. Trotz des kleinen Mankos bei der Musik wird die ST/Falcon-Konkurrenz (STario Land) weit hinter sich gelassen.

Grafik:74%
Sound:67%
Spielspaß:
86%

Copyright

Diese Thematik wurde leider bislang kaum beachtet - vielleicht liegt es auch daran, dass God-Boy der erste Videospielemulator für den Falcon ist. Es stimmt zwar, das massenhaft Spiele im Internet zu finden sind, aber das heißt noch lange nicht, das sie Freeware sind. Die Emulatoren und auch die Internet-Seiten bewegen sich auf rechtlich höchst unsicherem Gebiet und wöchentlich verschwinden Seiten, die GB-Spiele zum freien Download anbieten - es tauchen allerdings auch wöchentlich neue auf. Nintendo hat vor kurzem ein Machtwort gesprochen und rechtliche Schritte angekündigt. In gewisser Hinsicht ist dies verständlich, denn immerhin ist z.B. Super Mario Land von Nintendo programmiert worden und wird immer noch verkauft. Von einem Produktionsstop des Game-Boys ist derzeit auch noch nicht die Rede.
Ein Kompromiß wäre es, sich einfach das Original zu kaufen und das Spiel auf dem God-Boy zu spielen. Super Mario Land bekommt man recht günstig in fast allen Kaufhäusern und auch die anderen GB-Spiele sind nicht sehr teuer (zwischen 29 und 69 DM). Die Reservoir Gods könnten vielleicht auch mal über ein Release mit einem Game Boy-PD-Spiel nachdenken - immerhin wurden schon über 20 PD-Programme für Game Boy-Emulatoren programmiert, darunter sogar ein Basic-Interpreter.
Übrigens verhält sich Sega wesentlich toleranter (zumindest im Interview mit der Computer-Zeitschrift Chip) - eine Chance für den Falcon-Mega Drive Emulator?

Fazit

God-Boy ist durch seine Konzeption sehr stark von der Qualität der Releases abhängig. Super Mario Land bietet keinen Anlaß zur Kritik und alleine wegen der Möglichkeit, endlich den echten Mario auf dem Falcon zu spielen, sollte man den Reservoir Gods ein "Sehr gut" für ihren Emulator aussprechen. Die anderen Spiele sind jedoch mehr oder weniger Geschmackssache und stellen nicht unbedingt eine Bereicherung für den Falcon dar. Wenn sich die "Gods" in den nächsten Releases auf Game-Boy-spezifische Spiele spezialisieren und die Musik noch verbessern, wird der God-Boy zur unverzichtbaren Größe in der Spiele-Landschaft.
Es wäre übrigens schön, wenn der God-Boy auch auf anderen Computern lauffähig wäre. Dabei ist weniger an den ST oder STE gedacht, als an den TT und den neuen Atari-Clones.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 09 / 1997, Seite 42

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