Die gute alte Zeit

Die Lochkarte wurde schon im den 50er Jahren von Banken, Sparkassen und Großbetrieben als Datenträger für Kontenbewegung und Rechnungserstellung benutzt.

Die Lochkarte wurde schon in den 50er Jahren von Banken, Sparkassen und Großbetrieben als Datenträger für Kontenbewegung und Rechnungserstellung benutzt. Damals hatte die Datenverarbeitung noch einen Hauch von Exklusivität an sich. Es gab Firmen, die in den Druckereien Rechnungsformulare mit Führungslochrand bestellten, obwohl sie ihre Rechnungen noch auf der Schreibmaschine tippten. Der Kunde sollte jedoch annehmen, man arbeite schon mit EDV.

Die Rechner zu den damaligen Lochkartenmaschinen hatten die Größe eines Kleiderschrankes, enthielten ca. 400 Röhren, kosteten mehr als 300.000 DM und heizten das ganze Rechenzentrum.

Programmiert wurden sie mit austauschbaren Schalttafeln von "Organisations-Technikern" - heute "Software-Ingenieur" - mit hungerten von steckbaren Strippen.

In den 60er Jahren kamen Rechner mit Kernspeicher auf den Markt, die zum Teil noch größer waren als ihre Vorgänger. Die Programme der Rechner wurden über Leser mit Lochkarten, Lochstreifen oder über Magnetbänder geladen.

Die Lochkarten hatten 80 Spalten in 12 Zeilen. Damit konnte man zum Beispiel eine Adresse mit 80 Stellen oder mehrere Befehle oder 80 andere Informationen speichern. Ein kaufmännisches Programm hatte einen Umfang von höchstens 300 Karten. Hauptsächlich fand die Lochkarte jedoch Verwendung als Datenträger für Adressen und Umsätze. Ich selbst habe solche Buchungsvorgänge vorgenommen und lange Zeit ca. 25.000 Lochkarten täglich in den Rechner eingelesen.

Mein größter Buchungstag war der 31.12.1967 oder 1968. Er umfasste sage und schreibe 110.000 Buchungen, also 110.000 Lochkarten, die in den Rechner einzulegen waren! Dies war eine zeitraubende und körperlich sehr anstrengende Tätigkeit. Sie dauerte mehrere Stunden, da der Leser, eine für heutige Begriffe riesige und laute Maschine, "nur" 42.000 Karten pro Stunde lesen konnte. Der Rechner, so groß wie ein 7türiger Schlafzimmerschrank, schrieb die Informationen auf ein großes 7-Kanal-Magnetband.

Die Arbeit war deshalb so anstrengend, weil die Lochkarten relativ schwer waren. In einer Schachtel, so groß wie eine Schuhkarton, nur etwas niedriger, befanden sich 2.000 Lochkarten. Eine Schachtel wog 5,5 kg. Man kann sich leicht ausrechnen, dass für die 110.000 Lochkarten 55 Schachteln benötigt wurden. Diese 55 Schachteln wogen nach Adam Riese 55 x 5,5 kg = 302,5 kg!

Die Lochkarten wurden nach der Bearbeitung (dem Lochen) auf einem Rollwagen in das Rechenzentrum gefahren. Nach der Datenerfassung brauchte man die Karten nicht mehr, bewahrte sie aber aus Sicherheitsgründen auf, bis der Rechner die ganze Buchung verarbeitet hatte. Dann kamen sie zum Altpapier!

Eine Information bestand damals beispielsweise aus Kontonummer, Betrag, Buchungsdatum und Textschlüssel, war also ca. 25 Stellen lang. Das ergibt nach heutiger Rechnung 110.000x25 = 2.75 MB. Heute könnte man diesen ganzen Buchungstag auf 4-5 Disketten speichern, hätte keine Schwerarbeit zu leisten und keine Müllprobleme, aber enorme Zeit- und Kostenersparnis

Die ganze Arbeit könnte ich heute mit meinem einfachen 520 ST erledigen. Wo bleibt "die gute alte Zeit"? Ich sehne mich nicht danach zurück!


Albert Schröder
Aus: ST-Computer 01 / 1997, Seite 50

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