TOS2WIN: Der ATARI-Emulator für Windows 95

Der Testbericht der TOS2WIN Vorversion in der letzten ATARI-Inside (5/96) hat viele ATARIaner neugierig gemacht. In dieser Ausgabe wollen wir die Vollversion vorstellen, die seit ca. einer Woche im Handel erhältlich ist.

Wer sich selbst einen Eindruck verschaffen möchte, der kann direkt beim Hersteller aixit in Aachen eine Demo-Version anfordern, das Einsenden von DM 5-, in Briefmarken genügt. Schon auf den ersten Blick fallen Unterschiede auf. Die mühsame Installation von Hand entfällt. TOS2WIN installiert sich von der CD aus automatisch wenige Sekunden nach dem Einlegen der CD.

Es genügt, einen Pfad auszuwählen, wohin TOS2WIN kopiert werden soll. Ein Treiber zur De-Installation wird auch eingebunden.

Da die CD automatisch erkennt, ob schon eine Version von TOS2WIN auf dem Computer installiert ist, entfällt der Autostart in einem solchen Fall. Nach der erfolgreichen Installation befindet sich im Programm-Menü des Windows-Computers ein neuer Eintrag.

Das TOS2WIN-Konzept

Kein ATARI-Programm ist wie das andere. Es gibt Programme, die verlangen jede Menge Speicher und einen riesengroßen Bildschirm in monochromer Auflösung. Andere Programme erwarten Farbe und wenig Speicher. Wieder andere laufen nur mit 1 MB in ST-HIGH (640x400 monochrom). TOS2WIN wird allen Anforderungen gerecht. Für jedes einzelne Programm kann automatisch eine spezielle Datei erstellt werden, in der die Eigenschaften und Anforderungen abgespeichert werden können. Es ist sinnvoll, für jedes Programm die optimalen, möglichst alle Ressourcen schonenden Einstellungen zu wählen, diese können natürlich sehr unterschiedlich sein.

Während ein einfaches Maustausch-Programm sicherlich mit 1 MB RAM und einem schwarz/weiß-Fenster mit 640x400 Pixel optimal bedient wird, benötigt ein Bildbetrachter wie z. B. GEMVIEW eine große Auflösung und Farbe sowie 4 MB oder sogar 8 MB RAM.

Für Midi-Programme empfiehlt sich die Freischaltung der Hi-Speed-Ti-mer. Welche Einstellung für welches Programm sinnvoll ist, hängt von der Programmart und Ihrer Nutzung des Programms ab.

Sie haben bei TOS2WIN völlige Freiheit. Entscheiden Sie einfach selbst, was für welches Programm am besten ist. TOS2WIN speichert Ihre programmspezifischen Einstellungen in einer Datei ab, die genau so heißt wie das jeweilige Programm, jedoch mit der Endung T2W.

Im folgenden werden diese Eigenschafts-Dateien daher kurz als T2WDateien bezeichnet.

Buttons auf der Karte "Programm"

Das linke Fenster enthält einen Windowsüblichen Verzeichnisbaum.

Wenn Sie TOS2WIN direkt starten, wird es sich immer mit dem Verzeichnis melden, das Sie eingestellt hatten, als Sie zuletzt auf den Default-Button gedrückt haben. Sie können mit dem Fileselektor beliebig auf Ihrem Computer oder sogar in einem Netzwerk (falls Ihr Computer vernetzt ist) herumwandern.

Geräte-Selektor
Hier können Sie erkennen bzw. einstellen, von welchem Laufwerk Sie den Verzeichnisbaum angezeigt bekommen wollen. Auch die Einstellung des Laufwerkes können Sie durch den Default-Button festlegen.

Das rechte Fenster enthält wie bei Windows üblich den Inhalt des im linken Fenster ausgewählten Ordners. Dabei wird jedoch der Dateityp-Filter verwendet, den Sie im Datei-typ-Selector direkt unter dem Fenster einstellen können. Sinnvollerweise sollten Sie sich nur die ausführbaren ATARI-Programmdateien anzeigen lassen.

Wenn Sie eine Datei auswählen, die keine ATARI-Programmdatei ist, wird TOS2WIN einfach ohne Aktion beendet.

Datei-Typen-Selektor
Hier haben Sie zwei Einstellungen zur Auswahl. Sie können sich entweder alle ATARI-Programme anzeigen lassen, was sicherlich den meisten Sinn macht, da TOS2WIN ja die Aufgabe hat, ATARI-Programme zu starten. Aus informellen Gründen können Sie sich aber auch alle Dateien anzeigen lassen.

Buttons auf der Karte "System"

Speicher
Da der ST-RAM-Speicher, den Sie für ein Programm voreinsteilen, immer vom Windows-System zur Verfügung gestellt werden muß, ist es sinnvoll, wirklich nur so wenig Speicher zu wählen, wie das jeweilige Programm auch benötigt.

ST-RAM auto
Dieser reservierte Schalter dient in Zukunft dazu, den Speicherbedarf eines Programms automatisch zu ermitteln. Sie sparen sich dann die lästige Entscheidung, wieviel RAM einem ATARI-Prozess zugeteilt werden soll.

1MB -8 MB
Hier können Sie in vier Stufen einstellen, wieviel ST-RAM einem ATARI-Programm zugeteilt werden sollen. Es empfiehlt sich, nicht mehr Speicher einzustellen, als unbedingt benötigt wird, frei

Falls die vier Einstellungen nicht genügen, können Sie hier einen Wert manuell vorgeben.

FAST-RAM erlauben Dieser reservierte Schalter dient in Zukunft dazu, FAST-RAM-Anforderungen von ATARI-Programmen zu befriedigen.

Bildschirm
Hier finden Sie vielfältige Möglichkeiten, für jedes ATARI-Programm die optimale Bildschirmauflösung zu finden. Für die meisten älteren Programme empfiehlt sich die Einstellung:

Maximal ohne Titel
Mit dieser Einstellung startet der Emulator Ihr ATARI-Programm mit der vollen Größe des Windows-Desktops. Dies ist nützlich, wenn z. B. ein ATARI-Desktop wie Thing oder Gemini verwendet werden soll.

Maximal mit Titel
Im Prinzip genau wie die vorherige Einstellung, jedoch diesmal mit einer Fensterumrahmung. Dadurch kann das Fenster verschoben und geschrumpft werden. Die nutzbare Fläche ist ein wenig kleiner als bei der vorherigen Einstellung. 800x608

Darstellung im Fenster, eine sehr brauchbare Auflösung für die meisten sauberen GEM-Programme.

640x400
Die wichtigste Auflösung überhaupt. Das ist die Standard-Auflösung, in der die meisten Programme funktionieren sollten. In dieser Auflösung können im schwarz/weiß-Betrieb sogar direkte Zugriffe auf den Bildschirmspeicher erfolgen. Programme, die die sogenannte ST-HIGH-Auflösung verlangen, müssen in dieser Auflösung gestartet werden. Beachten Sie dazu auch den Schalter für die Benutzung von Farbe.

frei
Hier können Sie eine Bildschirmauflösung frei einstellen, falls die vorgefertigten Auflösungen nicht genügen. Dabei wird Ihre Eingabe bezüglich der X-Achse (horizontal) auf ein Vielfaches von 8 abgerundet. Ihre Eingabe bezüglich der Y-Achse (vertikal) wird auf ein Vielfaches von 16 abgerundet. Von diesen Möglichkeiten sollten Sie aus Kompatibilitätsgründen nur wenig Gebrauch machen.

Farbe benutzen
Dieser Schalter entscheidet, ob ein ATARI-Programm Farbe verwenden darf oder nicht. Bei den meisten alten Software-Schätzen ist es nicht sinnvoll, den Farbbetrieb zu erlauben. Insbesondere Programme, die ST-HIGH (640x400 monochrom) verlangen, müssen stets ohne diesen Schalter gestartet werden. Es macht nur Sinn, Farbe zu erlauben, wenn diese auch nützlich ist. Bei den meisten Programmen werden Sie bemerken, daß ATARI-Software im bewährten schwarz/weiß-Betrieb schneller arbeitet und auch übersichtlicher ist als bei Verwendung von Farbe. Beachten Sie an dieser Stelle auch den DAQ-Modus.

DAQ-Modus
DAQ steht für "dirty and quick". Dieser Schalter ist für Programme erforderlich, die versuchen, direkt auf den Bildschirmspeicher zuzugreifen. Ohne gesetzten DAQ-Schalter sind alle - im Grunde illegalen - Zugriffe auf den Bildschirmspeicher sehr langsam. Durch den DAQ-Modus geht natürlich die extreme Geschwindigkeit der TOS2WIN-VDI-Ausgabe nicht verloren. Dadurch arbeiten auch solche Programme mit voller Geschwindigkeit, die VDI- und Direktzugriffe mischen.

Pfade
Zwar sind die meisten Programme, die bislang Ihren AUTO-Ordner füllten, unter TOS2WIN nicht mehr notwendig, aber da das eine oder andere TOOL sicherlich auch unter TOS2WIN noch seinen Nutzen hat, haben Sie natürlich auch weiterhin die Möglichkeit, Ihre Programme im Auto-Ordner oder als ACC zu installieren. Hierbei gibt es neue Möglichkeiten, die Ihnen durch TOS2WIN eröffnet werden. Es ist nicht notwendig, immer alle ACCs oder alle Auto-Ordner-Programme zu laden, dies kostet lediglich zusätzlichen Speicherplatz und unter Umständen Rechenzeit. Der Inhalt des Auto-Ordners und die ACCs werden nur dann geladen, wenn Sie dies für ein jeweiliges Programm erlauben. Sie können ganz einfach festlegen, welche ACCs und welche Auto-Ordner-Programme zusammen mit der jeweiligen Applikation geladen werden sollen.

Auto-Ordner Hier kann ausgewählt werden, wo der Auto-Ordner für das jeweilige Programm steht. Da unter TOS2WIN Auto-Ordner-Programme z. T. überflüssig sind, kann mittels des benutzen Buttons der Auto-Ordner freigeschaltet werden.

ACC-Dateien
Dieser Schalter ist reserviert. Hier kann in Zukunft ausgewählt werden, wo der Ordner mit den ACCs für das jeweilige Programm steht.

Tip
In der aktuellen Version werden ACCs eingebunden, wenn sie wie auf einem echten ATARI im Root-Verzeichnis Ihres Bootlaufwerks stehen.

Da einige ACCs unter WIN95 hinfällig sind, kann auch das Einladen der ACCs mittels des benutzten Buttons freigeschaltet werden.

Buttons auf der Karte "Schnittstellen"

Aktivieren Sie nur dann Ports für ein Programm, wenn es diese Ports auch wirklich benötigt. Windows verwaltet als Multitasking-Betriebssystem die Ports gemeinsam für alle Programme. Es macht also keinen Sinn, einen Port zu belegen, wenn man ihn nicht wirklich benötigt.

Seriell-Port
Da moderne PCs unter Umständen mehrere serielle Ports besitzen, haben Sie unter TOS2WIN die Möglichkeit, frei einzustellen, welcher der Ports von ATARI-Programmen als serieller Port verwendet werden soll. Beachten Sie bitte, daß Sie nur nicht belegte Ports verwenden. Die meisten PCs belegen den Port C0M1 mit der Maus.

Midi
Midi-Programme sind eine Domaine der ATARI-Software. Durch TOS2WIN können Sie jetzt Ihre gewohnten ATARl-Midi-Programme sogar auf Notebooks einsetzen. Man sagte uns, daß man die Unterstützung der Midiports auch in Zukunft im Auge behalten werde.

Midi In Port Der Port kann zwar schon ausgewählt werden, ist aber in der aktuellen Version noch nicht verfügbar. Die Freischaltung erfolgt in einem der kostenlosen Zwischenupdates.

Midi Out Port
Der Midi-Out-Port ist vollständig verfügbar und kann entsprechend den Midi-Fähigkeiten Ihres Windows-Systems eingestellt werden.

Hi-Speed Timer zulassen
Für normale Programme reicht die Timer-Standard-Auflösung von TOS2WIN völlig aus. (Die Standard-Auflösung beträgt 200Hz.) Midi-Programme und manche Benchmark-Programme benötigen jedoch extrem präzise Timer. Für diese Programme wurde dieser zusätzliche Button eingeführt. Er erhöht die Auflösung der Timer auf volle 1000Hz.

Tip
Der High-Speed-Timer kann eigentlich immer erlaubt werden, da er nur dann Systemressourcen benötigt, wenn er auch aktiv benutzt wird. Bei Verwendung einer ATARI-Shell wie z. B. Gemini oder Thing sollte der High-Speed-Timer nicht freigeschaltet werden, da er nach der ersten Benutzung Ressourcen kostet, die nicht wieder abgegeben werden können. Wenn Sie also aus Gemini heraus ein Programm wie z. B. GEMTEST starten, wird der Timer aktiviert und benötigt auch nach dem Beenden von GEMTEST weiterhin Ressourcen, die Ihnen dann eventuell in anderen Applikationen fehlen können.

Buttons auf allen Karten

Programm immer so starten
Dies ist der wichtigste Schalter. Er entscheidet, ob Ihre Einstellungen nur für den aktuellen Programmstart verwendet werden oder ob das ausgewählte Programm immer mit diesen Einstellungen gestartet werden soll. Es ist sinnvoll, für jedes Programm die optimale und möglichst alle Ressourcen schonende Einstellung zu wählen.

OK
Sobald Sie den OK-Button klicken, wird das ausgewählte ATARI-Programm mit den von Ihnen gewählten Voreinstellungen gestartet. Falls Sie den Schalter Programm immer so starten aktiviert haben, werden die Einstellungen zusätzlich in einer T2W-Datei abgespeichert, die den gleichen Namen wie das ausgewählte Programm hat. (Als Endung wird dann aber T2W verwendet.)

Default
Der Default-Button erlaubt eine zentrale allgemeine Einstellung für den Start von ATARI-Programmen, die keine eigene T2W-Datei besitzen. Sinnvollerweise sollten Sie eine Default Einstellung wählen, mit der im allgemeinen alle ATARI-Programme zurechtkommen.

Das war's auch erst einmal für diese Ausgabe. Wer hier genaue Angaben über Geschwindigkeit und Kompatibilität dieses Emulators vermissen sollte, der möchte doch bitte eine Fotokopie unseres ausführlichen Tests aus der vergangenen Ausgabe der ATARI-Inside anfordern. Dies kostet DM 3,-, die in Briefmarken an den FALKE-Verlag zu senden sind.

Fazit

TOS2WIN ist sicherlich eine Bereicherung auf dem Emulator-Markt. Gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, daß man zunächst nicht über einen ATARI-Desktop verfügt, von dem man die ATARI-Programme aus startet. Zwar können Desktops wie Thing oder auch Ease nachgeladen werden, doch ist es auch witzig, wenn auf dem Win95-Desk z. B. "KOBOLD" liegt und direkt gestartet werden kann, ohne daß das Betriebssystem, auf dem dieses Programm nur läuft, direkt in Erscheinung tritt.

Eine TOP-aktuelle Information zum Schluß:

Signum wird in Kürze als echte Windows-Version erscheinen. Signum für Windows wird durch die aixit GmbH hergestellt und soll kompatibel zu den ATARI-Versionen sein.



Aus: ST-Computer 10 / 1996, Seite 8

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