LINK96: Brückenschlag zur SCSI-Welt

An einen ATARI ST/STE lassen sich ohne zusätzliche Hardware lediglich die Festplatten der SH- und Megafile-Serie anschließen, wie sie vor Jahren von ATARI angeboten wurden. Für die heute weit verbreiteten SCSI- und IDE-Platten ist keine serienmäßige Schnittstelle vorhanden. Beim MegaSTE sieht es dank des eingebauten SCSI-Host-Adapters besser aus, aber mehr als zwei SCSI-Platten lassen sich auch hier nicht ohne weiteres betreiben, da dieser Host-Adapter nur eine einzige Platte ansteuern kann.

Zum problemlosen Betrieb von SCSI-Geräten an ST und MegaSTE fehlt das, was bei TT und Falcon bereits zur Grundausstattung gehört: dieSCSI-Schnittstelle. DerACSI-Bus, wie ATARI ihn beim ST/STE realisierte, läßt sich aber glücklicherweise mit vertretbarem Aufwand in einen fast vollwertigen SCSI-Bus umwandeln. Hierzu benötigt man lediglich die geeignete Hardware in Form eines sogenannten Host-Adapters. Dieser Adapter setzt die Signale der ACSI-Schnitt-stelle auf die SCSI-Norm um. SCSI-Host-Adapter waren anfangs verhältnismäßig groß und wurden daher im Festplattengehäuse untergebracht. Die fortschreitende Miniaturisierung erlaubtes seit einiger Zeit, die komplette Hardware des Host-Adapters im Stecker eines speziellen SCSI-Kabels unterzubringen. Diese Lösung führt nicht nur zu einer kompakteren Bauweise, sondern auch zu einem günstigeren Preis, verglichen mit getrennten Komponenten.

Plug’n’Play mit Einschränkungen

Plug’n’Play: Dieser Ausdruck ist inzwischen arg strapaziert, trifft aber auf den Anschluß von SCSI-Peripherie (auch SCSI-2) über einen SCSI-Host-Adapter in vielen Fällen zu. In der Praxis heißt dies: SCSI-Festplatte oder CD-ROM-Laufwerk von der Stange kaufen, in ein Gehäuse stecken, mit dem Host-Adapter die Verbindung zum ST herstellen, fertig. Dem Festplattentreiber wird durch den Host-Adapter vorgegaukelt, es hinge eine handelsübliche Platte am Bus, wie sie von ATARI hergestellt wurde. (Die meisten aktuellen Treiber bemerken dennoch den Unterschied und nutzen dann zusätzliche Leistungsmerkmale der SCSI-Platte.)

Bei Host-Adaptern älteren Typs ist zu beachten, daß nicht alle diese Adapter die Paritätsinformationen erzeugen können, die viele Platten neueren Datums von ihnen erwarten [1], [2]. An solche Adapter lassen sich daher nur Platten anschließen, bei denen die Paritätsprüfung abgeschaltet werden kann. Dies kann durch Jumper, oft aber auch nur mit geeigneter Software erfolgen (SCSITOOL, HDDRUTIL), nachdem diese Platten vorübergehend an einen TT oder Falcon angeschlossen wurden. Bei ZIP-Laufwerken besteht allerdings keine Möglichkeit, die Paritätsprüfung zu umgehen, so daß bei diesen Geräten die Verwendung eines Host-Adapters mit Paritätsunterstützung zwingend ist. Besitzer eines TT oder Falcon brauchen sich über all dies natürlich keine Gedanken zu machen. Einzige Ausnahme: Man will SCSI-Peripherie nicht am SCSI-, sondern am ACSI-Bus des TT anschließen. Davon ist jedoch abzuraten, da es ausschließlich mit Nachteilen verbunden ist, SCSI-Geräte nicht auch am für sie vorgesehenen SCSI-Bus zu betreiben.

Initiator, bitte melden

Einen weiteren Haken gibt es selbst dann noch, wenn man einen Host-Adapter mit Paritätsunterstützung besitzt. Betroffen davon sind allerdings nur gewisse Festplatten neueren Typs, insbesondere die Fireball-Serie von Quantum. Diese sowie einige andere SCSI-2-Platten erwarten, daß nicht nur sie selbst eine SCSI-ID besitzen, sondern auch der Computer. (Dieses Verhalten war übrigens schon immer im SCSI-2-Standard vorgesehen.) Wie man die Geräte-ID bei einer Festplatte einstellt, dürfte hinreichend bekannt sein: Hierzu existieren entsprechende Jumper auf der Platine der Platte bzw. ID-Umschalter am externen Gehäuse. Was aber ist mit der SCSI-ID des Computers, der in der Fachsprache auch SCSI-lnitiator genannt wird?

Für TT und Falcon ist diese Frage einfach zu beantworten. Hier genügt ein Festplattentreiber mit Unterstützung von Initiator-Identifizierung, um dem ATARI eine SCSI-ID zuzuordnen. Die SCSI-ID wird im nicht flüchtigen RAM (NVRAM) des ATARI abgelegt. Als Treiber kommen CBHD, HuSHI und HDDRIVER in Betracht. Lediglich booten können TT und Falcon von Platten, die Initiator-Identifizierung erwarten, nicht. Dies liegt daran, daß die ersten Zugriffe auf die Platte nicht durch den Treiber erfolgen, sondern durch die Festplattenroutinen des TOS im ROM. Diese Routinen unterstützen Initiator-Identifizierung jedoch nicht, es sei denn, sie wurden entsprechend gepatcht.

Nun zum ST/STE. Initiator-Identifizierung auf Software-Basis, also durch den Festplattentreiber, ist hier nicht möglich. Grund dafür sind die gegenüber einer vollwertigen SCSI-Schnitt-stelle eingeschränkten Möglichkeiten des ACSI-Busses. Nun ließen sich bereits die eigentliche Umsetzung von ACSI auf SCSI sowie die Paritätsproblematik durch einen Host-Adapter lösen. Warum also nicht auch die Initiator-Identifizierung?

Kontaktfreudig - der LINK96

Diese Frage stellte sich auch der Entwickler des bekannten LINK-II-Host-Adapters, der von Hard & Soft Herberg vertrieben wurde. Als Antwort auf das Problem der Initiator-Identifizierung wird uns nun der LINK96, eine Weiterentwicklung des LINK II, präsentiert. Vertrieben wird der neue Host-Adapter durch die Firma Hard- und Softwareentwicklung Norbert Wieczorek. Die für den Anwender wohl wichtigste Neuerung beim LINK96 ist, daß dieser Host-Adapter Initiator-Identifizierung auf Hardware-Ebene bietet, also unabhängig vom Festplattentreiber. Die SCSI-ID, die einem ATARI mit LINK96 zugeordnet wird, ist fest auf 7 eingestellt. Da der SCSI-Initiator stets eine höhere ID besitzen muß als die angeschlossenen Peripheriegeräte (auch SCSI-Targets genannt), ist dieser Wert sinnvoll gewählt und bedeutet gleichzeitig, daß der ST die höchste Priorität am Bus erhält.

Dadurch, daß die Initiator-Identifizierung fest in den LINK96 eingebaut ist, lassen sich SCSI-Peripheriegeräte, die Initiator-Identifizierung voraussetzen, erstmals ohne Einschränkungen am ST betreiben. Selbst das Booten von Festplatten wie der Quantum Empire über den ACSI-Bus ist mit dem LINK96 ohne weiteres möglich. Wie schon angesprochen, ist dieses Kunststück selbst beim TT und Falcon nicht ohne Eingriff ins TOS realisierbar. Wie der LINK II ist auch der LINK96 kompatibel zu den Host-Adaptern von ICD. Dies erweist sich besonders dann als nützlich, wenn es um die Ansteuerung von Festplatten mit einer Kapazität von mehr als einem GByte geht [2]. Die ICD-kompatiblen Adapter bieten dem Festplattentreiber die Möglichkeit, solche Platten trotz gewisser Beschränkungen durch den ACSI-Bus in ihrer vollen Kapazität zu nutzen. Da Festplatten geringerer Kapazität in Zukunft neu nicht mehr zu kaufen sein werden, sollte man dieses Leistungsmerkma! nicht unterschätzen.

Uneingeschränkt praxistauglich

Getestet wurde der LINK96 mit verschiedenen Quantum-Festplatten, einer SyQuest-Wechselplatte sowie einem Toshiba CD-ROM-Laufwerk. Der Anschluß des LINK96 ist unkompliziert. Es genügt das Einstecken des SCSI-Kabels, in das die Hardware des LINK96 integriert ist. Wie beim SCSI-Bus üblich, ist auf eine korrekte Terminierung zu achten. Nur das letzte Gerät am Bus darf terminiert sein, damit eine einwandfreie Funktion gewährleistet ist. Die Kabelverbindungen am ACSI-Bus sollten überdies möglichst kurz gehalten werden, da zu lange Kabel zu Übertragungsfehlern führen können. Zum Verlauf der Tests mit dem LINK96 gibt es eigentlich kaum Worte zu verlieren: Es gab keine besonderen Vorkommnisse. Das CD-ROM-Laufwerk ließ sich einwandfrei über die Software CDTOOL ansprechen. Auch die Festplatten arbeiteten fehlerfrei, unabhängig vom verwendeten Festplattentreiber. Was will man mehr als fehlerfrei arbeitende Hardware? Eventuell noch einen modernen Festplattentreiber. Besonders, wer noch immer AHDI als Festplattentreiber einsetzt, sollte daher beim Erwerb des LINK96 überlegen, zu einer leistungsfähigeren Software zu greifen. Die Treiber HuSHI oder HDDRIVER können nämlich zusammen mit dem LINK96 als preiswertes Paket erworben werden.

Zukunftssicher

Mit dem LINK96 lassen sich durch die eingebaute Initiator-Identifizierung SCSI-Peripheriegeräte am ST betreiben, die vom Computer eine eigene SCSI-ID erwarten. Dies ist bisher mit keinem anderen Host-Adapter möglich. Ferner lassen sich, geeignete Festplattentreiber vorausgesetzt, Festplatten beliebiger Größe am ACSI-Bus verwenden. Somit ist der LINK96 der einzige Host-Adapter für den ATARI, der für jedes SCSI- und SCSI-2-Gerät geeignet sein dürfte. Hier kann also wirklich von Plug’n’Play die Rede sein. Eine interne Variante des LINK96 ist übrigens in Vorbereitung, was für die Besitzer von Tower-Geh äusen eine gute Nachricht ist.

Alles in allem stellt der LINK96 somit eine Garantie für den ST-Anwender dar, in Sachen SCSI-Peripherie für die Zukunft gerüstet zu sein.

US

Preise:
LINK96 mit Software SCSITOOL junior/HuSHI: 149- DM
LINK96 mit Software HDDRUTIL/HDDRIVER: 159- DM
LINK96 ohne Treibersoftware: 135- DM

Bezugsquelle:

Hard-und-Softwareentwicklung Dipl.-Ing. Norbert Wieczorek Habichtseck 43 D-44575 Castrop-Rauxel

Literatur:

[1] Uwe Seimet, „Tierisch groß -Teil 1“, ST Computer 6/95 [2] Uwe Seimet, „Tierisch groß -Teil 2“, ST Computer 4/96

Positiv:

Negativ:



Aus: ST-Computer 07 / 1996, Seite 16

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