Auf dem Sektor der kaufmännischen Anwendungen wie Finanzbuchhaltungen oder Fakturierungen herrschte lange Zeit Stille, bis nun mit Ultimo und Kundendirektor zwei sogenannte LowCost-Produkte dieses Marktsegment wieder etwas beleben möchten. Unser heutiger Test wird insbesondere klären, für welche Zielgruppe welches Programm geeignet ist.
Beide Testkandidaten werden von einer Händlerkooperative unter dem Namen Whiteline Soft Series vertrieben, wobei die Firma Delta Labs Media aus Wuppertal für Ultimo und Kundendirektor die Federführung übernommen hat. Angabegemäß sein ein einfaches Ausprobieren ohne Studium der Handbücher nicht möglich. Tatsache ist aber, daß sich Ultimo recht einfach und schnell bedienen läßt, während Kundendirektor eine etwas strukturiertere Bedienungsoberfläche verdient hätte. Ultimo wird durch einfaches Kopieren des Ordners installiert, Kundendirektor hingegen muß auf der gewünschten Partition erst einmal entpackt werden.
Beide Programme begnügen sich mit 2 MB freiem Arbeitsspeicher, so daß der Einsatz auf nahezu allen ATARI-Rechnern gewährleistet ist. Als Massenspeicher empfiehlt sich aus Gründen der Arbeitsgeschwindigkeit der Einsatz einer Festplatte. Ultimo belegt rund 300 KB, Kundendirektor hingegen rund 1,2 MB ohne Einbeziehung der Datendateien. Beide Programme verwenden überwiegend nichtmodale Dialogboxen sowie GEM-Fenster für die Datenausgabe. Dennoch wirkt die Aufmachung und Gestaltung der Dialoge auf Grund fehlender Farben zeitweise etwas altbacken. Die Betriebssicherheit beider Programme ist relativ hoch, auch wenn während des Testes vereinzelt unmotivierte Abstürze auftraten, die aber nicht reproduziert werden konnten. Von daher sollte dieser Punkt auch nicht überbewertet werden, denn beide Programme werden stetig weiterentwickelt. Registrierten Anwendern steht sogar eine Hotline zur Verfügung, was angesichts des Preises nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Ultimo begrenzt den Kreis der Anwender durch die fehlende Möglichkeit zur Bilanzierung und Aufstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung auf Kaufleute, die lediglich eine Einnahmen-Überschuß-Rechnung erstellen müssen. Dabei berücksichtigt Ultimo bis zu 30.000 Buchungen pro Monat, 200 Konten. 50 vordefinierbare Gegenstände, 500 Abschreibungen, GWG und Sachanlagen sowie 10 frei definierbare Steuersätze. Aus diesen Daten erstellt Ultimo Listen aller Buchungssätze und Kontostände, die Umsatzsteuer-Voranmeldung, die Umsatzsteuer-Erklärung und den Jahresabschluß. Ultimo sammelt Buchungen in einzelnen Dateien, die monatlich geführt werden. Das bedeutet, daß Buchungsjahr und Buchungsmonat erst aktiviert werden müssen, bevor eine Buchung erfaßbar ist. Im Einzelfall hat das zur Folge, daß man sich umständlich durch die einzelnen Buchungsmonate hindurchhangelt, um Buchungen mit unterschiedlichen Buchungsmonaten einzugeben. Dafür kann man allerdings jederzeit zurückliegende Buchungen hinzufügen, ohne durch eine abgeschlossene Buchungsperiode behindert zu werden. Etwas eigentümlich wirkt in jedem Fall die Auflistung aller Buchungssätze eines Buchungsmonats, die zurückliegende Buchungen anhängt, aber nicht nach dem Datum einsortiert.
Ultimo verarbeitet von Kundendirektor erstellte Buchungssätze, weist allerdings nicht selbständig auf vorliegende Import-Buchungen hin, sondern wartet auf den manuellen Aufruf des passenden Buchungsmonats. Alle offenen Importdaten werden in einer Dialogbox aufgelistet und können variabel eingelesen werden, so daß die Parameter eines Buchungssatzes wie Konto oder Betrag frei veränderbar sind. Da Ultimo alle Buchungen, Dateien, Abschreibungen und Einstellungen interimistisch im RAM vorhält, muß zeitweise, spätestens aber beim Wechsel eines Buchungsmonats, eine Datensicherung erfolgen, um keinen Datenverlust zu riskieren. Hier wäre eine automatische und zeitabhängige Datensicherung wünschenswert. Alle Buchungen werden in einer einheitlichen Buchungsmaske eingegeben, in der Buchungsmonat und Buchungsjahr vorgegeben werden. Variabel hingegen sind das Tagesdatum, die Belegnummer, die Zahlungsart, das Konto, der Gegenstand, der Betrag und die Steuersätze. Etwas unglücklich empfinde ich die Bezeichnung des Buchungstextes, der hier mit Gegenstand tituliert wird. Gänzlich abweichend von klassischen Finanzbuchhaltungen ist die Angabe der Buchungsrichtung. Ultimo orientiert sich nicht am Prinzip der doppelten Buchführung, sondern verwaltet die Buchungssätze kontenorientiert. In der Buchungsmaske wählt man ein Konto sowie die Buchungsrichtung in Form eines Pop-up-Menüs mit den Wahlfeldern Soll und Haben aus. Diese Form der Buchführung läßt leider keine Ausgabe einzelner Konten zu. Buchungen können lediglich in einem Journal, in Ultimo Buchungssätze genannt, aufgelistet werden. Zum Thema Storno kann man anmerken, daß sich Ultimo nicht an die GoB (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung) hält, da die letzten Buchungen gelöscht werden können. Diese Funktion läßt Ultimo dem Finanzamt gegenüber als nicht ganz wasserdicht erscheinen. Weiter zurückliegende Buchungen werden dagegen durch Ziehen auf das Papierkorb-Symbol und Anhängen einer Stornobuchung aufgehoben. Eine Funktion, die man in Ultiomo eigentlich gar nicht erwartet, ist die Führung von Abschreibungslisten. Bereits bei Eingabe einer Buchung kann man festlegen, ob der Anschaffungspreis als Abschreibung in der Gewinnermittlung berücksichtigt wird. Ultimo unterstützt lediglich lineare Abschreibungen, degressive Ab-
Schreibungen können nicht verwaltet werden. Kommen wir zum Schluß zur wichtigsten Funktion: dem Jahresabschluß. Hierbei werden die Betriebseinnahmen den Betriebsausgaben in einem GEM-Fenstergegenübergestellt und aus der Differenz der Gewinn ermittelt. Ultimo bietet aber nur eine starre Aufstellung an, die nicht individuell nach Gruppen oder zusammengehörenden Konten zusammengestellt werden kann. Hier sollten noch Verbesserungen möglich sein. Als Fazit kann man also abschließend festhal-ten, daß Ultimo eine gute und ideale Ergänzung für Kundendirektor ist. Als eigenständige Finanzbuchhaltung ist Ultimo auf Grund der geringen Flexibilität weniger geeignet.
Fakturierung mit Pluspunkten
Das Programm Kundendirektor plus kommt vielen Lesern sicherlich bekannt vor. Bereits in der Ausgabe April 94 der ST-Computer haben wir Ihnen diese durchaus interessante Fakturierung näher gebracht, allerdings seinerzeit im Rahmen der PD-News. Unsere heutige Version mit dem Plus an weiteren Ergänzungen und Verbesserungen wird im Gegensatz zur damaligen Version in einer kommerziellen Variante für kleine Gewerbetreibende mit einem rund 60 Seiten umfassenden Handbuch ausgeliefert. Kundendirektor setzt sich aus den Modulen Adreßverwaltung, Rechnungsverwaltung, Artikelverwaltung und Druckermodul zusammen, die modular aufgebaut und jederzeit durch weitere Module ergänzbar sind. Als Benutzeroberfläche fungiert das Standard-Desktop von ACS 2.05 von Stefan Bachert, welches eine generische Verwaltung der Dialoge und Fenster zuläßt. Die Modularität wird dadurch deutlich, daß die einzelnen Module und alle anderen wesentlichen Funktionen als Icons auf dem Desktop plaziert und somit per Doppelklick aktiviert werden .Nach dem Programmstart sollte man zuerst die Zugriffspfade zu den Dateien festlegen und ein Modem konfigurieren, damit eine Telefonnummer aus der Adreßverwaltung heraus angewählt werden kann. Des weiteren lassen sich im Modul Einstellungen bis zu zwei Adreßdateien vorgeben, die nach dem Programmstart automatisch nachgeladen werden. Wenden wir uns aber nun eben diesen Adreßdateien zu. Bis zu 31.000 Datensätze können je Datei verwaltet werden, was für die meisten Anwendungen ausreichen dürfte. Die Adreßverwaltung nimmt alle wesentlichen Angaben sowie bis zu vier Kommunikationsdaten auf, womit ein zügiges Arbeiten gewährleistet wird. Zudem können bis zu 10 sogenannte optionale Bit-Felder gesetzt werden, die im Dialog Feldernamen definiert werden. Das sind im wesentlichen Schaltflächen, um Markierungen wie Kunde, Lieferant oder Privat anzubringen. Darüber hinaus bietet Kundendirektor eine wirklich leistungsfähige Suchfunktion, die beispielsweise auch nach Postleitzahlenbereichen sucht. Die gefundenen Datensätze können wahlweise in eine Datei oder auf den Drucker ausgegeben werden. Ferner kann man aktuelle Datensätze auch über einen Druck-Selektor, der Druckmuster-Dateien zur Auswahl vorhält, ausgeben. Weitere sinnvolle Funktionen sind der Import von Adressen aus beliebigen Programmen sowie das Übertragen einer Adresse in die Rechnungsverwaltung. Alle Adressen können alphabetisch sortiert in einer Adressenliste dargestelIt werden, in der einzelne oder mehrere Adressen selektiert und über den bekannten Druck-Selektor ausgegeben werden. Ein sehr nützliches und interessantes Feature ist die Infopost-Analyse, die Adressen den einzelnen Leitbereichen zuordnet und damit unnötigen Portoaufwand zu vermeiden hilft. Als zweiten großen Bereich in Kundendirektor kann man die Rechnungsverwaltung bezeichnen, über die sich aus Adressen und Artikeln Rechnungen oder Angebote zusammenstellen lassen. Der obere Teil dieser Dialogbox nimmt die Adresse auf, und im unteren Bereich stellt man aus einer Scroll-Liste die Artikel zusammen. Nun kann man noch kleinere Ergänzungen wie Porto, Rabatte, Zahlungsmodalitäten oder Gutschriften eintragen, die Rechnung ausdrucken oder nur verbuchen - und schon ist die ganze Arbeit geschafft. Nützlich und überaus sinnvoll ist die Möglichkeit, an Rechnungen einen zusätzlichen Text anzuhängen. Für Werbeaktionen sehr praktisch. Weiterhin kann man individuell die Zahlungstexte, Steuersätze und Rabattstaffeln vorgeben. Kundendirektor vergibt automatisch fortlaufende Rechnungs- und Lieferschein-
nummern, die entweder unterschiedlich oder identisch sein dürfen. Rechnungen lassen sich übersichtlich in einem Fenster anzeigen. Von hier aus kann man selektierte Rechnungen erneut oder Mahnungen, Lieferscheine, Nachnahmekarten und Paketkarten ausdrucken. Neben der Anzeige der aufgelaufenen Außenstände kann auch ein Export von Rechnungen erfolgen. Die Artikelverwaltung läßt sich nicht direkt, sondern nur über den Umweg der Rechnungsverwaltung erreichen. Das ist etwas unpraktisch und sollte verbessert werden. Auch die Handhabung der Artikelliste sowie die Möglichkeit zur Aktualisierung der Lagerbestände von ganzen Artikelstrukturen erscheint etwas undurchsichtig und könnte einfacher gestaltet werden. Auf einen derwichtigsten Schnitt-punkte-auf das Druckermodul-möchte ich abschließend noch eingehen, über es alle Ausgaben auf den Drucker. Über den integrierten Texteditor kann man mittels einer eigenen Programmiersprache komplexe Formulare recht einfach erstellen und mit dem Druck-Compiler compilieren. Diese sogenannte Druckmusterdatei wird dann das Ausgabeverhalten steuern. Für die gängigsten Druckertypen werden Druckertreiber mitgeliefert, optional kann man sich seinen eigenen Druckertreiber durch Vorgabe der entsprechenden Befehlssequenzen einrichten. Die Ausgabe von Daten kann wahlweise direkt über den Drucker oder über NVDI oder SpeedoGDOS erfolgen. So leistungsfähig diese Funktionen auch sind, als so mangelhaft muß man das Handbuch bezeichnen, das nur in kurzen Zügen und zeitweise relativ unverständlich diese Möglichkeiten beschreibt. Abschließend bleibt festzuhalten, daß Kundendirektor einen wesentlich besseren Eindruck als Ultimo hinterläßt und durchaus eine Empfehlung verdient hat.
Ein abschließendes Fazit über beide Programme läßt sich nicht einfach ziehen, da beide Programme einen gemischten Eindruck hinterließen. Als Bundle betrachtet, haben beide Programme ihre Daseinsberechtigung, isoliert betrachtet allerdings nur der Kundendirektor. Ultimo zeigt zu viele Ecken und Kanten, um es als Einzelprodukt zu empfehlen. In Zusammenarbeit mit dem Kundendirektor zeigt Ultimo hingegen positive Signale, die nicht von der Hand zu weisen sind. Trotzdem sollte man bei beiden Produkten einmal die Preispolitik überdenken, die mir dann doch etwas zu hohe Preise zu machen scheint.
RW
Preise:
Ultimo 98- DM
Kundendirektor plus 98,- DM
Bundle Kundendirektor und Ultimo 179,-DM
Bezugsquelle:
Delta Labs Media B.Artz & T. Kohi Brliierstraße 40 42105 Wuppertal
Positiv:
Negativ:
Positiv
Negativ: