Mehr Power! PowerUP TT und MegTT - ein Erfahrungsbericht

Die beiden ATARI-Clones „Eagle“ und „Medusa“ haben in Sachen Geschwindigkeit neue Maßstäbe in der Welt der TOS-Rechner gesetzt. Damit ist der ATARI TT schon lange nicht mehr der letzte Stand der Technik.

Allerdings kam vor einiger Zeit der „CaTTamaran" von Cybercube aus Kanada angesegelt, um dem TT Beine zu machen. Nun hat der kanadische CaTTamaran deutsche Konkurrenz bekommen: Catch Computer aus Aachen bieten mit dem selbstentwickelten PowerUP TT einen alternativen 48-MHz-Beschleuniger für die 68030-CPU des TT an.

Auf der ProTOS Ende November’94 in Hennef konnte man denPowerUPTT auf dem Stand von Catch Computer live bewundern. Die Mitarbeiter von Catch hatten einen alten TT von Gehäuse und Abschirmblechen befreit und zur Schau gestellt. Auffällig war ein kleines schwarzes Kästchen, kaum größer als eine Streichholzschachtel, das friedlich auf dem Netzteilgehäuse links im TT lag, und aus dem viele bunte Kabel zu den Innereien des TT führten. Die notwendigen Verlötungen schienen nicht allzu kompliziert zu sein. Nach einer Unterhaltung mit Herrn Förster von Catch, der mir bestätigte, daß der PowerUP TT im Prinzip genau dasselbe macht wie der CaTTamaran, nämlich den Takt der CPU und FPU von 32 auf 48 MHz hochzusetzen (Testbericht ST-Computer 11/94 Seite 28), überließ er mir eines der kleinen schwarzen Kästchen zum speziellen Messepreis. Zusätzlich erstand ich noch eine MegTT-Fastramkarte (Testbericht ST-Computer 9/93 Seite 118).

Die Black-Box

PowerUP läßt sich per CPX ein-und ausschalten.

Die Hardware des PowerUP TT ist im wahrsten Sinne des Wortes eine „Black-Box“ , denn wenn man das kleine Kästchen öffnet, stellt man fest, daß die darin befindliche Platine vollständig in undurchsichtigem roten Kunstharz gegossen ist. Es schauen einzig 16 verschiedenfarbige, ca. 15 cm lange Kabel heraus, die den Kontakt zum TT herstellen sollen. Zusätzlich werden vier Widerstände mitgeliefert, die je nach TT-Modell ebenfalls eingebaut werden müssen. Die beigelegte Einbauanleitung, die übrigens mit der gutgemeinten Warnung beginnt, doch seine eigenen Lötfähigkeiten nicht zu überschätzen, unterscheidet drei TT-Typen: Typ A mit der 68030-CPU auf einem separaten Daughterboard, Typ B ohne Daughterboard und den TOS-ROMs rechts unter der ST-RAM-Karte und schließlich Typ C ohne Daughterboard und den TOS-ROMs links unter der TT-RAM-Karte. Gelötet werden muß bei allen drei TT-Typen, egal - ob neu oder alt. In diesem Punkt unterscheidet sich der PowerUP-TT also vom CaTTamaran, bei dem nur die Besitzer sehr alter TTs löten müssen.

Die Arbeitszeit vom Lösen der ersten bis zum Anziehen der letzten Schraube beträgt etwa zwölf Stunden, wenn man sehr sorgfältig und sauber arbeitet. Es sind sechzehn Kabel und zwei Widerstände zu verlöten, bei den alten TTs vom Typ A müssen zusätzlich zwei weitere Widerstände für den fehlerfreien Betrieb der Fastramkarte geschaltet und zwei Leiterbahnen auf dem Daughterboard unterbrochen werden. Wenn man einen Lötkolben mit Feinlötspitze hat und nicht allzu ungeschickt ist, sollte dies jedoch kein Problem sein. Zusätzlich ist vielleicht ein Meßgerät ratsam, um die korrekte Herstellung oder Unterbrechung der Verbindungen zu überprüfen.

Die Software

Wenn der TT wieder zusammengebaut ist, muß nur noch die Software-Installation vorgenommen werden. Catch-Computer liefert eine Diskette mit, auf der sich ein CPX-Modul namens POWER-UP2.CPX befindet. Es kann mit dem Kontrollfeld XCONTROL.ACC von ATARI betrieben werden und verzichtet, verglichen mit dem Dashboard des CaTTamaran, wohltuend auf jeglichen grafischen Schnickschnack. Es gibt nur vier Knöpfe: „ON", „OFF", „CANCEL" und „OK“ (Auf die deutsche Sprache wurde also auch verzichtet). Beim Klick auf „OK“ wird die Schalterstellung automatisch abgespeichert. Wer auf den Betrieb des CPX-Moduls verzichten möchte, kann wie beim CaTTamaran auf zwei Kleinstprogrammev zum Umschalten des Systemtaktes zurückgreifen.

Allerdings hat der PowerUP-TT einen Schönheitsfehler. Man kann den Computer nämlich nicht immer ohne weiteres einschalten. Richtig gelesen: Manchmal bleibt der Schirm nach Anschalten des TT schwarz. Das Gefühl, das einen in just diesem Augenblick befällt, ist schier unbeschreiblich. Eine panische Anfrage meinerseits bei Catch Computer brachte rasch Aufklärung, denn dieses Verhalten ist durchaus bekannt: Beim Einschalten nach längerer Standzeit bekommt der PowerUP-TT vom ACIA-Chip, über den man ihn mit dem CPX-Modul ansteuert, nicht den gewöhnlichen Einschalt-Reset gesandt und schaltet den Prozessortakt sofort auf 48 MHz. Die CPU kann aber nur im 32 MHz-Betrieb booten. Also bleibt der Schirm schwarz. Für dieses Problem, an dem übrigens gearbeitet wird, gibt es laut Auskunft von Herrn Hofmann von Catch zwei Lösungen: Entweder man wartet ein bißchen und vollführt dann auf dem Reset-Schalter einen kleinen Steptanz, bis die ACIA sich bequemt, den geforderten Reset zu senden, oder man baut einen kleinen Schalter zwischen den entsprechenden Pin der ACIA und den PowerUP-TT, mit dem man beim Einschalten des Computers die besagte Leitung unterbricht, um sie nach Hellwerden des Bildschirmes wieder zu schließen. Ende der Geschichte: Innerhalb von 10 Minuten war ein kleiner Wechselschalter mit Klebstoff neben den Netzschalter auf die Rückseite des TT geklebt und mittels Signallitze mit sowohl der ACIA als auch dem PowerUP TT verbunden. Ein fehlerfreier Betrieb ist nun möglich.

An dieser Stelle wird auch der entscheidende Vorteil vom PowerUP-TT zum CaTTamaran deutlich: Die Entwickler sitzen nämlich hier in Deutschland und können bei Problemen schnell für Abhilfe sorgen. Ein Brief von mir an Catch wurde am darauffolgenden Tag telefonisch(l) und sehr kompetent beantwortet. Dieser Service ist heutzutage eine Rarität und verdient ein dickes Lob.

Was bringt’s?

Der durch den Betrieb vom PowerUP-TT erreichte Geschwindigkeitsgewinn hält sich wie beim CaTTamaran in Grenzen. Subjektiv hat man nicht unbedingt den Eindruck einer Beschleunigung. Das Shareware-Programm GEM-Bench ermittelt einen Zuwachs von durchschnittlich sieben Prozentpunkten. Völlig anders verhält sich die Sache aber, wenn man zusätzlich noch ein Fast-RAM einbaut, und alle Programme und vor allen Dingen das TOS im Fast-RAM betreibt (z.B. mittels des Shareware-Programmes ROMRAM.PRG) -denn dann geht die Post ab! Nicht nur GEM-Bench gibt nun ansehnliche Werte aus, auch im normalen Umgang mit dem Rechner meint man, er würde fliegen. Fenster und Pull-Down-Menüs sind deutlich schneller geworden. Davon profitiert z.B. Calamus besonders, wenn es darum geht, über eine vergrößert dargestellte Seite zu scrollen. Dies geht nämlich jetzt fast doppelt so schnell wie ohne PowerUP-TT und Fast-RAM. Da dies eine Operation ist, die man bei der Benutzung eines DTP-Programmes fast ständig ausführen muß, wird das Arbeiten mit dem kaum wiederzuerkennenden Computer eine wahre Freude. Auch Programme, die auf GEM-Window-Funktionen nicht zurückgreifen, sondern nur rechnen wie z.B. der Public-Domain-Postscript-lnterpreter Ghostscript, profitieren selbstverständlich vom schnelleren Prozessortakt und Speicherzugriff. Unerklärlicher und einziger Ausreißer aus der Reihe, der von mir benutzten Anwendungen, ist bedauerlicherweise dasjenige Programm, desbezüglich ich persönlich die größten Hoffnungen für PowerUP-TT und Fast-RAM hatte: Signum!3-Pull-Down-Menüs und Fensteraufbau sind zwar tatsächlich recht flott geworden. Signum!3 scrollt aber noch genauso unerträglich langsam durch Texte wie vor dem Umbau. Eine schriftliche Anfrage bei Application Systems Heidelberg hatte zur Antwort, daß man sich dort auch nicht erklären könne, „was ich da falsch gemacht hätte". Dankei

Fazit

Wer noch einen dieser langsamen TTs besitzt, sollte durchaus überlegen, ihn mit dem PowerUP-TT und natürlich einer Fast-RAM-Karte aufzurüsten. Die damit erreichte Leistungssteigerung ist teilweise beachtlich. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist recht ordentlich, wenn man die Alternative, nämlich einen Wechsel zu Eagle oder Medusa, bedenkt.

Preise:
PowerUPTT 248-DM
MegTT 4 MB 578,-DM

Bezugsquelle:

Catch Computer Hirschgraben 27 52062 Aachen

PowerUp TT & MegTT

Positiv:
hohe Geschwindigkeitssteigerung
einfache Software
gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
guter Service des Herstellers

Negativ:
unter Umständen Einschaltprobleme (siehe Text)

Benchmarktest Nr. 1: Programm GEM Bench GEM Bench v3.10 TT 030 TOS 3.06, MiNT not present
Blitter not present, NVDI 2.12 present Video Mode = 640 * 480 * 16 Colours LineF FPU installed

  A) B) C) D)
GEM Dialog Box: 100% 104% 134% 142%
VDI Text: " 102% 124% 131%
VDI Text Effects: " 107% 124% 135%
VDI Small Text: " 107% 135% 154%
VDI Graphics: " 110% 112% 123%
GEM Window: " 103% 123% 128%
Integer Division: " 152% 100% 152%
Float Math: " 100% 94% 100%
RAM Access: " 163% 197% 250%
ROM Access: " 114% 163% 206%
Blitting: " 105% 122% 151%
VDI Senil: " 102% 103% 105%
JustHied Text: " 101% 120% 125%
VDI Enquire: " 97% 173% 178%
Average: " 107% 129% 143%
Graphics: " 104% 129% 139%
CPU: " 127% 131% 164%

A): PowerUP TT inaktiv, TT-RAM nicht benutzt
B): PowerUP TT aktiv, TT-RAM nicht benutzt
C): PowerUP TT Inaktiv, TT-RAM benutzt
D): PowerUP TT aktiv. TT-RAM benutzt

Benchmarktest Nr. 2: Diverse Programme

A) B) C) D)
1) Signum3 100 102% 113%
2) Calamus 1.09 N " 107% 82%
3) WORDplus " 108% 157%
4) Ghostscript " 105% 178%
5) ST-Zip " 121% 148%

A|: PowerUP TT inaktiv, TT-RAM nicht benutzt
B) : PowerUP TT aktiv, TT-RAM nicht benutzt
C) : PowerUP TT inaktiv, TT-RAM benutzt
D) : PowerUP TT aktiv, TT-RAM benutzt

  1. : Scrollen durch 20 Seiten Text im Bearbeite-Modus
  2. : Scrollen über eine komplexe DIN A4 Seite („DRUCKER.CDK“) bei maximaler Vergrößerung
  3. : Suchen einer Zeichenkette in einem 130 KB großen Text
  4. : Interpretieren der Postscript-Datei "ESCHER.PS" und konvertieren ins .IMG-Format
  5. : Packen von 30 Dateien (820 KB)

Falk Langer
Aus: ST-Computer 04 / 1995, Seite 27

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