Haben Sie es - oder haben Sie es nicht? Was? Na, das „Magische Auge“. Sicherlich kennen Sie die bunten Bilder, die auf den ersten Blick nichts als Chaos zeigen. Erst beim zweiten oder dritten Blick präsentieren sich dem staunenden Betrachter dreidimensionale Bilder, und das ohne zusätzliche Hilfsmittel wie 3D-Brillen oder spezielle Beleuchtung. Sie benötigen lediglich Ihren ATARI, Magic Picture und zwei funktionstüchtige Augen. Bevor ich Ihnen aber Magic Picture von der MAXON-Sonderdisk-Serie genauer vorstelle, müssen Sie etwas graue Theorie über sich ergehen lassen.
Das dreidimensionale Bild, das wir ständig in unserer Umwelt sehen, ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine Berechnung des Gehirns aus den zwei Bildern, die unsere Augen aufnehmen. Die Blickwinkel der beiden Augen weichen leicht voneinander ab. Wenn Sie also einen Punkt im Raum anschauen, so erhält das Gehirn zwei Bilder, die aus unterschiedlichen Winkeln „aufgenommen“ sind. Das Gehirn legt diese beiden „Aufnahmen“ übereinander und liefert durch Berechnung und Erfahrungswerte den 3D-Effekt. Das Bild, was Sie momentan sehen, erhält die notwendigen Tiefeninformationen, die Sie benötigen, um beispielsweise zielsicher nach einem Glas auf dem Tisch zu greifen.
Für die Zielsicherheit ist eine besondere Eigenschaft der Augen (oder unseres Gehirns) notwendig: das automatische Scharfstellen. Beide Augen blicken genau auf einen Punkt, fehlt dieses, dann schielen Sie - und sehen zwei Bilder beziehungsweise ein Doppelbild.
Die magischen Bilder aus Magic Picture setzen genau hier an, beim Scharfsehen oder vielmehr beim unscharfen Sehen. Eigentlich besteht ein Stereogramm, so eine andere Bezeichnung der magischen Bilder, aus zwei Szenen, einem Ebenenbild mit dem Motiv und einem Hintergrund. Dieser verschlüsselt das Ebenenbild und verursacht letztendlich den dreidimensionalen Effekt.
Sie entdecken das 3D-Motiv nicht genau auf dem Bild, sondern etwas dahinter oder davor, in der räumlichen Tiefe. Sie müssen also praktisch das Scharfstellen der Augen verhindern, um zwei einzelne Bilder zu sehen, die das Gehirn dann zum 3D-Bild verschmilzt.
Schauen Sie die Bilder ganz entspannt an. Entdecken Sie im scheinbaren Chaos eine regelmäßige Struktur, die sich leicht verändert immer wiederholt? Suchen Sie zwei derartige Strukturen auf dem Bild, die nicht zu weit voneinander entfernt liegen, und blicken Sie zwischen diesen Punkten quasi durchs Bild hindurch. Es muß dabei der Eindruck entstehen, daß die beiden Punkte aufeinander zu wandern. Wenn beide Punkte sich überlappen, sehen Sie das dreidimensionale Bild, das Sie dann mit ein wenig Konzentration auch richtig „scharf stellen“ können.
Am besten stellen Sie sich in einiger Entfernung vom Heft auf und blicken ganz entspannt aufs Muster. Mit etwas Geduld stellt sich der gewünschte Effekt ein. Falls nichts passiert, legen Sie doch einmal eine Glasscheibe (aus einem Bilderrahmen) übers Bild und versuchen Ihrem Spiegelbild in die Augen zu schauen.
Magic Picture verknüpft ein Motiv, das sogenannte Ebenenbild, mit dem Hintergrund und berechnet daraus ein Stereogramm. Da die 3D-Wirkung nicht von Farbanzahl oder Auflösung abhängig ist, läuft Magic Picture auf allen Rechnern in allen Auflösungen, auch in der monochromen Darstellung.
Das Programm ist voll mausorientiert. Alle Funktionen verbergen sich in der Menüleiste, leider gibt es hier keine Tastenkürzel. Für Ebenenbilder und Hintergründe verwendet Magic Picture neben, IMG-, Neochrom-, oder Degas Elite-Formaten auch das „MiniMal“-Format, eine Eigenkreation des Programmautors. Sie wählen zunächst das gewünschte Format (warum erkennt das Programm das Format nicht automatisch?), danach die Datei und laden sie in den Speicher. Zur Kontrolle sehen Sie die Auswahl nochmals auf dem Monitor, ein Mausklick beendet die Darstellung, wie übrigens bei den meisten anderen Programmfunktionen auch. Auf dem selben Weg wählen Sie den Hintergrund und lassen dann das magische Bild in wenigen Sekunden berechnen. Dabei können Sie die Farbtiefe, in der berechnet werden soll, selbst festlegen. Als Ausgangswert nimmt Magic Picture die momentan eingestellte Monitorauflösung an.
Soweit zur grundsätzlichen Programmarbeit. Aber Magic Picture bietet noch ein paar interessante Extras. Falls Sie kein geeignetes Motiv für die Ebenen haben, berechnet das Programm geometrische Formen, wie etwa Kugeln, Sinuswellen oder Wellenkreise. Diese neuen Ebenenbilder enthalten verschiedene Farbverläufe.
Apropos Farbe: Die Farbanzahl der Ebenenbilder hat keinen Einfluß auf die Zahl der Farben im fertigen Stereogramm. In der Praxis heißt das. Sie können auch in den niedrigen Auflösungen Bilder mit 256 Farben verwenden und dann mit 2,4, oder vielleicht 16 Farben berechnen lassen. Falls die momentane Auflösung die gewünschte Farbzahl nicht darstellen kann, müssen Sie halt auf die Kontrolle verzichten, berechnet wird in jedem Fall.
Die Farben des Ebenenbilds bestimmen lediglich den räumlichen Eindruck. Jede Farbe ist einer Ebene zugeordnet, Farbe Null entspricht der tiefsten Stelle des Bildes, Farbe 1 liegt etwas näher und so weiter. Dabei entspricht die Farbe nicht der VDI-, sondern der Hardware-Farbe - ein Umstand, bei denen Grafikkartentreiber unter Umständen ganz schön ins Trudeln geraten können.
Zum Bearbeiten und Neuzeichnen eines Ebenenbilds steht eine Reihe von Werkzeugen bereit. Damit zeichnen Sie Rechtecke oder dreidimensionale Kugeln und plazieren sie frei im Bild. Besonders wichtig: Funktionen, mit denen Sie die Farben tauschen und damit den betreffenden Bildausschnitt in der Raumebene, also der Tiefe des Bilds, verschieben. Selbst eine kleine Lupe mit Zeichenstift zur Feinarbeit ist vorhanden.
Als Hintergrundbilder lassen sich entweder wieder Motive oder Zufallsmuster, die das Programm auf Wunsch berechnet, verwenden. Was Sie einsetzen, bleibt Ihrem Geschmack und Ihrer „Sehfähigkeit“ überlassen. Damit der 3D-Effekt richtig zur Geltung kommt, kopiert Magic Picture einen schmalen Streifen des Hintergrundmotivs nebeneinander, bevor es dann die beiden Bilder miteinander verknüpft. Streifenbreite und Verlaufsrichtung lassen sich frei einstellen. Damit ergeben sich zwar ganz reizvolle Effekte, das Herumexperimentieren ist jedoch etwas für die fortgeschrittenen 3D-Seher unter Ihnen.
Die Farbanzahl des Hintergrunds bestimmt im übrigen auch die Anzahl der Farben des fertigen Stereogramms. Falls Sie keinen Hintergrund wählen, verwendet Magic Picture ungefragt einen Standardhintergrund aus bunten Pixel-Mustern. Die Bilder dürfen nahezu beliebig groß sein, der sichtbare Ausschnitt rollt automatisch in Mausrichtung. Das fertige Bild läßt sich zusätzlich mit einem weiteren Stereogramm mischen, die Blue-Box-Funktion sorgt hier für interessante Effekte.
In der neuesten Version wurde Magic Picture um Funktionen zum Laden und Speichern von XIMG-Bildern erweitert, damit arbeitet es mit allen ATA RI-Malprogrammen zusammen. ATARI fremde Formate finden zur Zeit allerdings noch keine Beachtung. Für kommende Programmversionen ist hier aber ebenfalls Abhilfe angekündigt.
Ansonsten macht das Experimentieren mit Magic Picture durchaus Spaß, wenn mir auch Funktionen fehlen, die das „Sehenlernen“ unterstützen. Beispielsweise zwei „Augenpunkte“, die vom Programm langsam zusammengeführt werden. Dafür bietet Magic Picture eine einfache, aber ausreichende Druckausgabe, mit der Sie Ihre eigenen Stereogramme zu Papier bringen können.
Noch ein Tip zum „Sehenlernen“ in Magic Picture: Sie brauchen unter Umständen einige Zeit, bis Ihre Augen das sehen, was sie sollen. Auf dem Monitor stellt sich der Effekt nämlich nicht so leicht wie auf dem Papier ein. Schauen Sie deshalb leicht über die Monitorkante hinweg, der Bildschirm sollte sich dabei direkt vor Ihren Augen befinden.
Magic Picture
MAXON Sonderdisk Nr. 108 Preis 40- DM
Bezugsquelle:
MAXON-Computer Industrie Straße 26 65760 Eschborn
Aus presserechtlichen Gründen sind wir zu folgendem Hinweis verpflichtet: MAXON Computer als Herausgeber dieser Zeitschrift ist gleichzeitig Vertrieb des beschriebenen Programmes Magic Picture.
Positiv:
schnelle Berechnung der Bilder
auflösungsunabhängig
zusätzliche Bearbeitungswerkzeuge
Negativ:
Probleme mit Grafikkarten
keine Lernfunktionen fürs 3D-Sehen
spartanische Oberfläche