Bereits in [1] haben wir eine Menge kleiner Hilfsprogramme vorgestellt, die das Leben mit ATARI-Computern wesentlich einfacher machen. Die Resonanz auf diesen Artikel war riesig, so daß wir nun, knapp ein Jahr danach, erneut einen Blick auf die kleinen Hilfsprogramme wagen wollen.
Die meisten der hier beschriebenen Programme sind wie üblich auch dieses Mal wieder auf einer Dis kette zu finden, und zwar auf der ST-Computer-PD Nr.739. Für Modembesitzer liegen alle Programme, soweit sie PD-oder Shareware sind, in der MAUS Köln zum Download bereit. Genug der Vorrede, hier kommt sie, die ’94er Auswahl der Utility-Favoriten der Redaktion ...
Jetfind ist ein kleines Utility, mit dem sich Dateien auf einem großen Datenträger wiederauffinden lassen. Wie oft kommt es vor, daß man zwar noch den Dateinamen so einigermaßen im Kopf hat, die benötigte Datei sich aber derart in Unterverzeichnissen versteckt, daß man lange auf dem Desktop Ordner öffnen und schließen muß, bevor man das gewünschte File gefunden hat. Benutzer des Urvaters der grafischen Benutzeroberfläche, des Apple-Macintosh-Computers, kostet dieses Problem aber nur ein müdes Lächeln: Sie wählen den Menüpunkt „Dateien finden“ in ihrem Desktop an, und der Computer übernimmt die mühselige Suche für den Benutzer. Diese Funktion hat aber zwei Nachteil: Zum einen ist sie ziemlich langsam, so daß man bei großen Festplatten mit vielen Unterverzeichnissen schon mal einige Minuten auf das Ergebnis der Suche warten muß, zum anderen hat ATARI diese Funktion gänzlich ignoriert, als es an die Schaffung des Desktops für die ST-Computer ging.
Deshalb ist der „findige“ Benutzer heute auf kleine, externe Programme angewiesen, die diese Funktion erfüllen. Dabei gibt es Programme, die eine 1:1 -Kopie der Apple-Funktion, besonders in Sachen Geschwindigkeit, sind, aber auch Programme, die eigene Ideen in die Portierung auf den ATARI ST mitgebracht haben. Jetfind ist ein Programm der zweiten Kategorie.
Zum einen ist es in der Lage, Dateien zu suchen, die vom Benutzer mit UNIX-Wildcards beschrieben werden können, was besonders nützlich ist, wenn man den Dateinamen nicht mehr genau weiß. Es ist komplett in GEM eingebunden, was dafür sorgt, daß das Programm problemlos auf dem kleinsten ST genauso wie auf einem TT mit Grafikkarte funktioniert. Auch Multitasking-Systeme sind kein Problem für Jetfind: Sowohl MultiTOS als auch MagiC sind ideale Spielwiesen für das Programm. Hier aber tritt ein kleines Manko zutage: Jetfind bedient sich für alle Ein- und Ausgaben einer modalen Dialogbox, die für alle anderen Programme die Bildschirmausgabe unterbindet. Das hat zur Folge, daß damit alle anderen Programme auf einem Multitasking-System in dem Moment blockiert sind, in dem sie eine Bildschirmausgabe machen wollen. Da Jetfind jedoch extrem schnell ist und selbst auf großen Festplatten nur wenige Sekunden benötigt, um Dateien in den hintersten Ecken aufzuspüren, kann man dieses Manko jedoch problemlos ertragen. Hinzu kommt, daß Jetfind eine „Fairware“ ist. Der Autor stellt die Benutzung ausdrücklich frei, bittet aber bei Gefallen um eine Spende, deren Höhe dem Benutzer freigestellt ist.
Eine ähnliche Funktion wie Jetfind hat auch das Shareware-Programm GrepIt (Registriergebühr: 30,- DM). GrepIt ist dazu da, in Textdateien, die ASCII-Text enthalten, bestimmte Passagen herauszusuchen und die Dateien anzuzeigen, die den gewünschten Text enthalten. Auch hier ist die Anwendung klar: Irgendwann hat man mal einen Brief an den reichen Onkel aus Amerika geschrieben, in dem man sich nach dem voraussichtlichen Erbe erkundigt hat, und nun benötigt man diesen Brief noch einmal, kann sich aber absolut nicht mehr an den Dateinamen erinnern. Statt nun alle in Frage kommenden Dateien mit der Textverarbeitung zu öffnen und zu schauen, ob dies nun der gesuchte Brief ist, kann man hier das Programm GrepIt einsetzen.
Mittels sogenannter „Regulärer Ausdrücke“, eines Begriffs aus der Informatik, lassen sich mächtige Abfragen kreieren, die die gewünschte Datei ans Tageslicht bringen. So lassen sich damit Begriffe verknüpfen, kombinieren und weitere Abfragehilfen schaffen. Der gewünschte Brief an den Onkel aus Amerika ist nun ein ganz einfaches Suchobjekt: Mit „REGULÄRER AUSDRUCK“ wird die Suche gestartet, und GrepIt findet alle Dateien, in denen diese Stichworte Vorkommen. GrepIt ist dabei relativ schnell, selbst die Suche in einem umfangreichen Dateibaum mit mehreren hundert Dateien dauert dabei kaum mehr als eine Minute.
Obwohl GrepIt ein deutsches Programm ist, ist die komplette Benutzerführung in Englisch gehalten, was für den deutschsprachigen Benutzer unter Umständen zu Problemen, insbesondere bei der Auswahl des richtigen Menüpunktes, führen kann. Zwar gibt es eine deutsche Online-Hilfe, aber man muß sie erst extra installieren, da auch hier zunächst das englischsprachige Pendant eingestellt ist. Während man diese Sprachprobleme aber noch leicht in die Rubrik „Schönheitsfehler“ einsortieren kann, sind die beiden nächsten Punkte schon eher von Belang: Zum einen sind alle Menüs im Programm Pull-down-Menüs, das heißt, man muß erst einmal mit der Maus auf den entsprechenden Menüpunkt klicken, bevor man die Menüleiste zu sehen bekommt. Dies entspricht in keinster Weise den gängigen Richtlinien für ein GEM-Programm, bei dem normalerweise sogenannte Drop-Down-Menüs, die beim Berühren des Eintrags sofort erscheinen, verwendet werden. Da der Programmierer für sein Programm in Anspruch nimmt, daß es voll in GEM eingebunden sei, muß dieser Mangel zumindest angesprochen werden. Ein weiteres Problem werden Benutzer von Grafikkarten entdecken: In der vorliegenden Version ist das Programm dort nur eingeschränkt nutzbar. Das Programm beachtet bei der Ausgabe in das Fenster leider nicht dessen Maße und gibt, wenn man viele Fundstellen hat, munter auf dem kompletten Bildschirm aus, ohne sich um die anderen Programme und deren dort evtl, liegende Fenster zu kümmern. Hier ist dringend eine Nachbesserung durch den Autor erforderlich.
Insgesamt aber ist GrepIt durchaus interessant, um das langwierige Suchen in Dateien zu beschleunigen und zu vereinfachen. Wenn die genannten Mängel abgestellt sind, ist das Programm auch durchaus die geforderten 30,- DM Shareware-Gebühr wert.
Datensicherheit wird auch auf dem ST immer mehr zu einem Thema: jedoch ist der ST für den Datenräuber geradezu ein Paradies, was gelöschte Dateien angeht. Da ATARI beim TOS weitgehend das Dateisystem der IBM-Kompatiblen übernommen hat, wurden leider auch die Schwachstellen dieses Systems bei der Datensicherheit übernommen: Dateien, die der Benutzer nicht mehr benötigt, werden nicht vollständig gelöscht, sondern nur als gelöscht gekennzeichnet. Das hat zur Folge, daß die Datei nach dem „Löschen“ immer noch solange vollständig lesbar auf dem Datenträger vorhanden, ist bis der von ihr belegte Speicherplatz von einer anderen Datei benötigt wird und die Speicherblöcke überschrieben werden. Solange dies aber nicht geschehen ist, stehen dem Datendieb alle Türen offen: Mit einem einfachen Diskettenmonitor läßt sich der Inhalt der Datei teilweise oder sogar vollständig wiederherstellen. Auf diese Weise kann eine weggeworfene Diskette, auf der man vorher alle Dateien mit geheimen Inhalt gelöscht hat, zu einem eklatanten Sicherheitsrisiko werden.
Abhilfe schafft hier das kleine Freeware-Programm „Kill“, welches Dateien auf dem Datenträger physikalisch löscht, da die Datei vor der Löschung durch das Betriebssystem komplett mit der Ziffer „0“ überschrieben, also quasi „ausgenullt“ wird. Kill ist ein winzig kleines Programm und belegt nur rund 70 KB auf der Festplatte, ist aber trotzdem komplett über Dialog- und Dateiauswahlbox zu bedienen. Da die Dateien auf diese Weise natürlich endgültig gelöscht und unbrauchbar gemacht werden, sind im Programm, bevor die Funktion ausgeführt wird, zwei zusätzliche Sicherheitsabfragen integriert, damit man nicht aus Versehen die Arbeit von Wochen vernichtet.
Kill funktioniert problemlos mit allen gängigen TOS-Versionen, mit MultiTOS und MagiC, blockiert aber bei Multitasking-Systemen auch alle anderen Programme, die Bildschirmausgaben machen möchten. Etwas umständlich ist auch die Handhabung, wenn man mehrere Dateien gleichzeitig löschen möchte, da jede Datei einzeln angewählt werden muß. Auch dauert das Ausnullen der Dateien prinzipbedingt einige Zeit, so daß man gerade auf einer Diskette doch einige Zeit warten muß. Für wichtige und sensible Daten ist diese Zeit aber auf jeden Fall gut investiert.
Von ganz anderem Nutzen als die vorangegangenen Programme ist der Fileselector Boxkite, der als Ersatz für die im TOS integrierte Dateiauswahlbox konzipiert wurde. Damit stellt Boxkite auf den ersten Blick keine zusätzlichen Funktionen zur Verfügung, sondern erhöht nur den Bedienkomfort - das jedoch beachtlich. Boxkite ist dabei der einzige externe Fileselector, der bei Verwendung von MiNT und einem erweiterten Dateisystemtreiber in der Lage ist, auch mit langen Dateinamen, also Namen mit mehr als den TOS-üblichen 8+3 Zeichen umzugehen. Damit ist natürlich klar, daß Boxkite problemlos mit MultiTOS und MiNT zusammenarbeitet, aber auch „normales“ TOS und MagiC sind für das Programm keine unbekannten Größen. Allerdings hat Boxkite mit der Kombination Grafikkarten und MagiC noch ein paar kleinere Probleme: So werden nach erfolgter Dateiauswahl immer die oberen vier Pixel der Auswahlbox als Pixel-Müll auf dem Bildschirm zurückgelassen, was zwar dann keine weiteren Funktionsstörungen hervorruft, aber zumindest optisch unschön ist.
Gegenüber dem Fileselector Selectric, der in [1] genauer vorgestellt wurde, ist Boxkite optisch deutlich „schlanker“, aber auch etwas unaufgeräumter geraten als sein ärgster Konkurrent. Vom Funktionsumfang her tun sich die beiden Konkurrenten nur wenig: Kopieren, Verschieben und Löschen von Dateien ist möglich, Informationen über Dateien können angefordert werden, und in der registrierten Version gehört auch ein „Touch“ auf eine Datei (Setzen des Archiv-Bits und Aktualisieren des Dateidatums, um diese Datei beim nächsten Backup auch mitzusichern. obwohl sie seit dem letzten Backup nicht verändert wurde). Boxkite paßt sich in der Höhe immer der verfügbaren Bildschirmhöhe an, so daß möglichst viele Dateien gleichzeitig angezeigt werden können. Dabei lassen sich ein oder mehrere Suchmuster vorgeben, so daß nur Dateien angezeigt werden, die diesem Kriterium genügen (z.B. alle Textdateien mit der Endung TXT und mit der Endung ASC durch den Parameter .TXT,. ASC). Für dieses Kriterium können dabei die aus der UNIX-Welt bekannten Wildcards eingesetzt werden, die die bisher unter TOS bekannten Wildcards an Flexibilität um Längen übertreffen. So lassen sich z.B. mit dem Auswahlkriterium ,,*.AC[CX]“ alle Accessories anzeigen, egal, ob sie nun gerade aktiv sind oder nicht. Boxkite ist nahezu vollständig tastaturbedienbar, so daß auch die Benutzer, denen die Maus eigentlich ein lästiges Übel ist, zu ihrem Recht kommen. Die Tastenbelegung des Fileselectors orientiert sich dabei an den gängigen GEM-Konventionen.
Boxkite ist Shareware und kostet in der Vollversion 20,- DM. Sehr angenehm ist es, daß man neben der Version beim Autor für 30,- DM über die Whiteline-Händlergruppe eine Vollversion des Programms mitsamt gedrucktem Handbuch erwerben kann. So ist man sofort mit allen nötigen Informationen ausgestattet, um mit dem Fileselector Boxkite die eigene Arbeit so einfach wie möglich zu machen. Bleibt die Frage, welche der beiden externen Fileselect-Boxen die bessere ist. Hier kann man kein endgültiges Urteil abgeben, es hilft wirklich nur ausprobieren. Wer aber unter MiNT Dateisysteme mit langen File-Namen einsetzen möchte, kommt derzeit um Boxkite nicht herum.
Module für ATARIs modulares Kontrollfeld „Xcontrol“ gibt es inzwischen wie Sand am Meer, und neben einigem Nützlichen sind auch viele Dinge dabei, die nicht unbedingt ein CPX-Modul hätten werden müssen, z.B. sogar Spiele wie Tetris. Es ist also inzwischen immer schwieriger, dabei den Überblick zu behalten. Wir haben deshalb zwei kleine Utilities ausgesucht, die wir Ihnen wärmstens an Herz legen möchten.
Das erste kleine Modul mit dem Namen „680X0 Cache CPX“ ist dabei nur für Benutzer von Rechnern mit 68030-CPU interessant, also für Benutzer von TT, Falcon oder aufgerüsteten ATARIs (z.B. mit der PAK-3 Karte). Mit diesem CPX-Modul lassen sich alle Caches dieses Mikroprozessors, sowohl der chipinterne als auch der, z.B. bei der PAK-3 vorhandene, externe Cache ein- und ausschalten, falls irgendein älteres Programm damit Probleme haben sollte. Das Modul erkennt dabei automatisch, welche Hardware im Rechner vorliegt und gibt nur die Optionen an, die die Hardware auch unterstützt. Eine Fehlbedienung ist damit unmöglich. Das Programm ist außerdem auch noch sehr kompakt geraten und belegt nur wenige Kilobytes auf der Festplatte. Da es Freeware ist, ist es eigentlich ein Muß für alle Benutzer von Rechnern, die eine 68030-CPU haben.
Das zweite CPX-Modul, welches wir hier vorstellen wollen, widerstrebt eigentlich dem Sinn des Kontrollfeldes ein bißchen. Eigentlich war das Kontrollfeld dafür geschaffen worden, bestimmte Konfigurationen am System vornehmen zu können, ohne dafür eigens irgendwelche Programme starten zu müssen. Das „Harddisk-CPX“ hingegen ist nicht dazu da, irgendwelche Dinge zu konfigurieren, sondern zeigt die Belegung der angeschlossenen Festplatten an. Dabei wird im Kontrollfeldfenster der freie Speicherplatz aller angeschlossenen Laufwerke angezeigt, jedoch nicht grafisch mit winzig kleinen Zahlen wie bei manch anderen vergleichbaren Modulen, sondern als Text in der normalen Schriftgröße des System-Fonts. Diese Ausgabe ist dementsprechend gut lesbar und vor allem sehr übersichtlich, so daß man schnell einen Überblick über die noch verfügbare Speicherkapazität bekommt, außerdem ist eine Gesamtstatistik für alle angeschlossenen Laufwerke hinsichtlich belegtem und freiem Speicherplatz aufrufbar. Zudem kann man mit dem CPX-Modul noch ein paar Infos über das System erhalten, wobei man jedoch hierbei keine Wunderdinge erwarten darf, sondern dies nur als kleines Schmankerl betrachtet werden sollte. Da auch dieses Modul Freeware ist, kann es jedem ATARI-Besitzer mit Festplatte nur ausdrücklich empfohlen werden.
Bereits in [1] haben wir das Utility-Programm Sysinfo vorgestellt. Aber seitdem hat sich doch einiges getan, so daß das Programm noch einmal eine Vorstellung verdient hat. Während das Programm damals noch in einer mehr oder weniger verschachtelten Dialogbox seine Informationen über den Computer zum besten gab, hat der Autor in der neuen Version voll auf GEM gesetzt. Alle Ausgaben des Programms gehen nun in echte Fenster, so daß man auf einem Multitasking-Betriebssystem sogar diese Infos (bei entsprechend großem Bildschirm) immer im Hintergrund halten kann, ohne daß dabei die Hauptapplikation zum Stillstand kommt.
Sysinfo bietet inzwischen auch noch weitere Funktionen: Neben der Auswertung und Anzeige des Cookie-Jar und der XBRA-Liste, der Liste der Systemvektoren und der Speicherbelegung ist das Programm nun auch in der Lage, eine Liste der aktuellen Applikationen auszuwerfen, so daß man unter MultiTOS und MagiC immer auf einen Blick sieht, welche Programme derzeit noch im Speicher gehalten werden. Sysinfo „erkennt“ anhand von verschiedenen Einträgen im Cookie-Jar, auf welchem Computer es läuft und welche Hardware dem System zugrunde liegt. Auch exotische Systeme, wie zum Beispiel das SST-Board vom Spectre-Hersteller Dave Small, werden korrekt erkannt. Sogar die dazugehörigen Cookies wertet das Programm richtig aus, was auf ein wirklich umfassendes Cookie-Verzeichnis schließen läßt. Die Informationen, die Sysinfo geben kann, sind dabei übersichtlich nach Gebieten geordnet, und man bekommt alle wichtigen Informationen direkt auf einen Blick, ohne noch weiter in Untermenüs wandern zu müssen. Gerade bei der Fehlersuche, wenn mal ein Programm nicht so läuft wie es soll, sind derartige Informationen ausgesprochen wichtig und erleichtern den Hotline-Betreuern bei Software-Häusern etc. ihre Arbeit ungemein. Sysinfo ist in der aktuellen Version nun Shareware, die Registrierungsgebühr beträgt 15 - DM, die für ein derartig informatives Programm wirklich nicht zuviel sind.
Viele Programme verfügen seit einiger Zeit über sogenannte Online-Hilfen, die das meist mühselige Blättern in Handbüchern. Nachträgen zum Handbuch und Schnellreferenzkarten überflüssig machen sollen. Was bei kommerziell vertriebenen Programmen mittlerweile also fast zum guten Ton gehört, ist auf dem PD- und Shareware-Markt leider noch nicht so sehr weit verbreitet, da dort häufig der immense Aufwand gescheut wird, den ein derartiger Programmteil mit sich bringt. Abhilfe schaffen aber zwei Hypertextsysteme, die als Accessory laufen und ihre Funktion anderen Programmen mittels eines standardisierten Protokolls zur Verfügung stellen können. Besonders interessant ist hierbei das Programm ST-Guide, welches mittlerweile dem Urvater „1st Guide“ doch ziemlich stark den Rang streitig macht. ST-Guide ist ein sogenanntes Fairware-Programm, das heißt, daß die Benutzung grundsätzlich kostenlos für den Benutzer ist. Der Autor hat jedoch eine Bankverbindung angegeben, so daß man ihm bei Gefallen eine kleine Anerkennung für seine Arbeit überweisen kann.
Die Installation des Hilfesystems geht recht einfach vonstatten: Man kopiert die Dateien ST_GUIDE.ACC und ST_GUIDE.INF in das Wurzelverzeichnis des Boot-Laufwerks, paßt die Pfade in der INF-Datei an die eigenen Bedürfnisse an und startet den Rechner neu. Nun muß noch mit einem kleinen Programm die Katalogdatei angelegt werden (dies geschieht völlig automatisch), und die mitgelieferten Demotexte stehen zur Verfügung. Wird nun ein Programm mit einer entsprechenden Hilfedatei ausgeliefert, wird diese Datei einfach in das Verzeichnis mit den übrigen Hilfetexten kopiert, das Katalogprogramm neu gestartet, und die Hilfedatei ist im System integriert. Neben der Hilfefunktion für Programme wie „CoNnect“ oder „Zeig’s mir“ kann man aber auch noch weitere Hypertext-Dateien bekommen, die so manche nützliche Funktion ausführen. So gibt es zum Beispiel eine Datei, anhand derer man das nötige Porto für eine Brief- oder Paketsendung ermitteln kann, es gibt ein kleines Geschichtslexikon und noch weitere mehr oder minder nützliche Hypertext-Sammlungen, die mit ST-Guide betrachtet werden können. Etwas ärgerlich ist es. daß die Dokumentation zum ST-Guide-System komplett als Hypertext (also als Online-Dokumentation) vorliegt und man so nicht direkt an ein auf Papier gedrucktes Exemplar der Anleitung kommen kann. Man kann jedoch einzelne Seiten ausdrucken, so daß man auf diese Weise (wenn auch sehr umständlich) an eine gedruckte Anleitung kommen kann. ST-Guide läuft problemlos unter TOS, MultiTOS und MagiC sowie auf Grafikkarten, und als besonderes Schmankerl liegt dem Paket ein kleines Tool bei, mit dem die Hilfetextdateien des Konkurrenten 1st Guide automatisch in ST-Guide Format konvertiert werden können. Wer häufiger PD-Programme nutzt, für die es eine Hypertext-Hilfe gibt, sollte dieses Programm jedenfalls unbedingt einmal anschauen.
Eines der PD-Programme, die über eine Online-Hilfe in Verbindung mit dem gerade beschriebenen ST-Guide verfügen, ist das Programm Zeig’s mir. Bei diesem Programm handelt es sich im wesentlichen um einen Datei-Viewer, also um ein Programm, das in der Lage ist, viele verschiedene Dateiformate auf dem Bildschirm des STs darzustellen, ähnlich wie zum Beispiel das Programm „GEM-View“, welches in [2] näher vorgestellt wurde. Bei Zeig’s mir sind dabei den möglichen Dateien, die dargestellt werden können, nahezu keine Grenzen gesetzt, da das Programm mittels einer ausgeklügelten Modulschnittstelle fast unbegrenzt erweitert werden kann.
Das Shareware-Programm, welches 20,- DM in der Grundversion und 30,- DM in einer um die Möglichkeit, beliebig viele Farbbilder bearbeiten zu können, erweiterten Version kostet, kann derzeit bereits eine Menge Grafikformate erkennen, darstellen und transformieren. Dazu gehören unter anderem die Formate TIFF, JPEG und GIF, so daß ein Datenaustausch mit anderen Systemen keine Probleme bereitet. Zudem kann Zeig' s mir mit geeigneten Modulen auch Sound wiedergeben, seien es nun WAV- oder VOC-Files. und auch die von IBM-kompatiblen Computern bekannten FLI-Animations-Files lassen sich mit Zeig’s mir auf dem ST wiedergeben. Beeindruckend ist besonders die Geschwindigkeit, mit der Zeig’s mir zu Werke geht. Hier wird der direkte Konkurrent Gemview gleich um Größenordnungen geschlagen, die meisten Bilder werden bereits nach wenigen Sekunden dargestellt. Interessant ist auch, daß Zeig’s mir die Nachbearbeitung der eingeladenen Bildformate beherrscht. Anders als bei GEM-View sind diese Operationen aber ebenfalls als Modul ausgeführt und nicht fest im Programm implementiert, so daß man beliebige weitere Funktionen hinzufügen kann und nicht nur auf die eingebauten Funktionen beschränkt ist.
Soviel Gutes hat natürlich auch seine Kehrseite: Zum einen hat Zeig’s mir, trotz gegenteiliger Behauptung in der Online-Hilfe, einige Probleme mit MagiC, die hin und wieder zum kompletten Systemstillsland führen, zum zweiten sind Grafikkarten nicht unbedingt das Metier, auf dem sich das Programm wohlfühlt. Andererseits muß man auch hinzufügen, daß das Programm derzeit in der Version 0.28 vorliegt. also sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet. Ebenfalls gestört hat mich beim Test des Programms der doch wenig dezente Hinweis auf die unregistrierte Version. Dies mag für die Programmierer ja als Schutz vor einer un endlich langen Weiterbenutzung des Programms ohne Zahlung der Shareware-Gebühr dienlich sein, doch kann man solche Dinge sicher auch dezenter verpacken. Insgesamt aber sind die 20,- bzw. 30 - DM für Zeig’s mir gut angelegt.
Ebenfalls noch in einer sehr frühen Betaversion lag der Bavaria Event Manager zum Test vor. Dieses Progrämmchen ist derzeit nur für MultiTOS- oder MagiC-Benutzer interessant, da es nur als normale Applikation funktioniert und bei Single-Tasking-Systemen wie dem normalen TOS komplett den Rechner blockieren würde. Der Bavaria Event Manager ist aber ein derart interessantes Progrämmchen, daß sich bereits jetzt eine kurze Vorstellung lohnt. Sinn des Programms ist es, regelmäßig auftretende Vorgänge zu automatisieren. Dabei lassen sich diese Vorgänge ganz nach Belieben steuern: Es lassen sich Programme starten, bestimmte Aktionen auf dem ATARI auslösen oder einfach nur ein Signal zu einer bestimmten Zeit auf dem Bildschirm ausgeben. Dabei ist das Ereignis, welches die Aktion auslöst, auch wieder weit konfigurierbar. Sei es nun, daß das Programm zeitgesteuert aufgerufen wurde, auf einer Schnittstelle ein bestimmtes Signal anliegt (z.B. das Ringsignal auf einer seriellen Schnittstelle oder das Paper-out-Signal an der Druckerschnittstelle) oder aber eine bestimmte Tastenkombination gedrückt wurde, der Bavaria Event Manager ermöglicht damit eine weitestgehende Automatisierung von regelmäßig anfallenden Vorgängen. Sei es nun eine Datenbankreorganisation, die einige Zeit in Anspruch nimmt und deswegen am besten nachts durchgeführt wird oder aber ein regelmäßiges Defragmentieren der Festplatte: alles kann mit dem kleinen Tool pünktlich und wie von Geisterhand automatisiert ausgeführt werden. Leider jedoch hat das Programm noch eine Reihe von Macken und ist im Test mehr fach unerklärlich abgestürzt. Der Autor versucht jedoch sein bestes, Fehler zu finden und zu beheben, und so gab es während des Testzeitraums bereits 3 fehlerbereinigte Versionen. Der Bavaria Event Manager ist derzeit in der Betaversion Freeware und wird als endgültige Version 10,- DM Shareware-Gebühr kosten; für ein derart nützliches Programm sind die 10,- DM jedenfalls gut angelegt.
Last but not least wollen wir noch einen Blick auf ein Programm werfen, welches für die EDV-typischen Papierberge zuständig ist. Idealist ist ein Programm, mit dem sich Textdateien im ASCII-, RTF-und Wordplus-Format ausdrucken und gestalten lassen. Idealist kann dazu den Text in bis zu neun Spalten pro Seite fließen lassen, unterstützt die Druckausgabe mittels (Speedo-) GDOS mit den dazugehörigen skalierbaren Schriften, kann an nahezu jeden Drucker angepaßt werden und bietet noch viele weitere Funktionen, den Text nachzubearbeiten. Sehr schön ist dabei. daß sich Idealist bei der Arbeit weitestgehend über die Schulter gucken läßt und der Benutzer bis ins kleinste Detail alles justieren und einstellen kann. So sind alle Ränder frei einstellbar, man kann Kopf-und Fußzeilen fast unbegrenzt vorgeben. Zeilen können (leider nur der komplette Text und nicht für einzelne Textblocks) numeriert werden, und selbst die Art und Weise, wie die einzelnen Spalten zu füllen sind, läßt sich in gewissen Grenzen einstellen. Zudem werden alle Änderungen sofort in die Seitenansicht übernommen, so daß man direkt zu sehen bekommt, wie sich die gerade gemachten Änderungen auf das Druckbild auswirken.
Wenn man dann mit dem Ergebnis der Zusammenarbeit von Idealist und Benutzer zufrieden ist, wird aus dem elektronischen Text ein echter auf Papier. Auch hier kann Idealist mit ein paar Funktionen glänzen, die bei weitem nicht alltäglich sind und vom durchdachten Programmkonzept zeugen. So kann das Programm natürlich alle Seiten nacheinander ausgeben, wie dies bei Textverarbeitungen üblich ist; aber es ist auch möglich, zuerst alle Vorder- und dann alle Rückseiten auszugeben, um auf diese Weise Papier zu sparen. Hierbei kann Idealist sogar besonders glänzen und paßt sich auf die Art der Papierzuführung des verwendeten Druckers an, so daß man den Stapel mit dem mit der Vorderseite bedruckten Papier nur noch in den Papierschacht legen muß, ohne vorher von Hand die Seiten entsprechend umzusortieren. Auf Wunsch erzeugt Idealist sogar Leerseiten, um ungerade Seitenzahlen auszugleichen.
Idealist ist komplett GEM-konform und hat dementsprechend auch mit exotischen Systemkonfigurationen keine Probleme, sowohl normales TOS wie auch Multi-TOS oder MagiC machen Idealist keinerlei Probleme, und auch auf Grafikkarten kommt es zu keinerlei Zwischenfällen. Idealist ist Shareware und kostet 25 DM. Wer dazu ein gedrucktes Handbuch haben möchte, kann für 35 DM das komplette Programm zusammen mit dem Handbuch bei der Whiteline-Händlergruppe beziehen.
Alle öffentlichen Versionen der beschriebenen Programme können in der Maus Köln downgeloadet werden. Die öffentlichen Versionen der Programme GrepIt, Bavaria Event Manager, Boxkite, Jetfind, Kill, Sysinfo, ST-Guide sowie die beiden CPX-Module sind außerdem auf der PD-Disk Nr. 739 der ST-Computer zu finden. Die Vollversionen der Programme können immer bei den einzelnen Autoren bezogen werden.
Bei Boxkite und Idealist ist zusätzlich noch ein Bezug über die Whiteline-Händlergruppe, z.B. die Firma delta labs Software, Rembrandtstraße 1, 42329 Wuppertal, möglich.
[1] Dirk Johannwerner: "Hilfsbereit... Utilities für den ATARI", ST-Computer 12/93
[2] Eric Böhnisch: "Von Bildern und Formaten: GEM-View 2.0", ST-Computer 2/93