Folienschneiden mit dem Rechner (3)

Die Oberfläche von G.M.A. Plot. Alle Grafiken werden platzsparend auf die Folienbahn montiert. Sind die Vorlagen größer als es die Breite des Plotters zulaßt kann die Software Passermarken setzen und so die Montage größerer Folienbahnen erleichtern.

Im zweiten Teil unseres Plott-Workshops wollen wir uns mit den Werkzeugen beschäftigen, die das Foiienschneiden am Rechner komfortabel ermöglichen sollen: der Plott-Software. Software-Werkzeuge, mit denen man seine Grafiken und Texte auf einem Schneideplotter ausgeben kann, gibt es auf ATARI-Basis gleich einige.

Ob eine Software auch für den professionellen Einsatz erfolgreich sein wird, hängt aber nicht nur von der möglichen Ansteuerung eines Plotters ab. Viel entscheidender ist hier die schnelle Eingabe von Text und Grafiken und deren effektive Montage auf die zu plottende Folienfläche.

Die Software

Bei den hier vorgestellten Plott-Programmen erübrigt sich eigentlich eine Differenzierung dahingehend, ob sie eher für den professionellen Anwender oder den „Gelegenheits-Plotter“ taugen. Allein die Anschaffungskosten für Hard- und Software schließen eine nur hobbymäßige Nutzung in diesem Arbeitsbereich von vornherein aus. Um es vorweg zu nehmen: mit jedem der hier vorgestellten Programme liegt eine Software vor, mit der man im Arbeitsalltag sein Geld verdienen kann und die sich auch dort schon zum Teil seit einigen Jahren bewährt.

Die Unterschiede liegen eher dort, ob schon eine ATARI-DTP-Konfiguration als Basis für den Betrieb eines Plotters vorhanden ist, und welche Dominanz man diesem neuen Arbeitsbereich zumessen will. Zudem ist man in diesem Service-Bereich, wie bei allen anderen Dienstleistern auch, immer darauf angewiesen, möglichst viele Datenformate auch von anderen Rechnerplattformen verarbeiten zu können. Es gibt ja nicht nur das CVG-Vektorformat des Calamus. Von PCs und Macintosh geschriebene Formate sollten ebenso verarbeitet werden können, hieran muß sich die Software also messen lassen.

Eine wichtige Frage ist also, in wieweit eine Software auch in einem auf professionelles Arbeiten orientierten Arbeitsalltag mithalten kann. Daß alle zu plottenden Objekte als Vektorobjekte vorliegen müssen, haben wir im letzten Monat gesehen. Grundsätzlich sind es also die Vektoreditoren, die sich als „Basisprogramm“ zur Software-Ansteuerung für den Plotter eignen. Und in der Tat beinhalten einige vektororientierte Programme dann auch spezielle Programmteile oder Treiber für die Ausgabe auf Folienplotter.

Diese Programme, die bereits mit entsprechenden Treibern ausgestattet sind oder über eine Software-Erweiterung „plotfahig" werden, sind beispielsweise: der Font-Editor „TypeArt“, der Vektoreditor „Avant Vektor Plot" und die EBV-Software „Cranach Pre-Vision“.

Wir wollen hier einmal drei Softwareprodukte genauer untersuchen, die sich für einen professionellen Plotterbetrieb anbieten, sich ansonsten aber in der Konzeption völlig voneinander unterscheiden: „G.M.A. Plot" von der Hamburger Firma G.M.A., das ohne eigene Editorfunktionen die Montage bereits vorhandener Vektorobjekte und deren Ausgabe auf den Plotter regelt; CutOut von Arrow-Computer, einer Software, die vom Scannen über Vektor- und Font-Arbeiten bis zur Plotterausgabe alle Funktionen in einem Programm vereinigt; sowie „Cut+Plot" von Frank Renkes, das als Modul im Calamus seinen Dienst verrichtet, und so natürlich auf alle bereits im Calamus vorhandenen Funktionen zugreifen kann.

G.M.A. Plot

Vor einigen Jahren, in der immer länger werdenden Entwicklungsphase des Calamus SL, machte sich die Hamburger Firma G.M.A. auf, ein Plot-Modul für den neuen SL und den stark expandierenden Dienstleistungsbereich der Folienschriftherstellung zu programmieren. Doch was zu lange warten muß, wird schließlich autonom, und so erschien „G.M.A.-Plot“ dann nicht als Calamus-Modul, sondern als eigenständige Plot-Software.

Wer bereits im Desktop Publishing professionell arbeitet, wird ohnehin mit den wichtigsten Software-Werkzeugen für vektorielle Arbeiten ausgestattet sein, - das wird die Überlegung gewesen sein, mit der die Programmierer ihr Produkt auf den Weg geschickt haben. „G.M.A. Plot" ist denn auch das einzige der hier vorgestellten Plot-Programme, das über keinerlei Editiermöglichkeiten der in ihr verarbeiteten Vektorobjekte verfügt. Die zu plottenden Objekte müssen also bereits vorher in anderen Editoren extern gefertigt worden sein und können in der Software „nur" auf eine im Monitor darstellbare Folienbahn positioniert und auf die Zielgröße gebracht werden. G.M.A. Plot bietet dabei alle Funktionen, die zum Plotten benötigt werden, nur eben keine einzige, die nicht auch ein externer Vektoreditor übernehmen könnte.

Eine einzige Ausnahme in diesem eher auf reine Treiberfunktionen reduzierten Programmkonzept bietet lediglich die im letzten Update hinzugekommene Outline-Generierung, so daß auch 2farbige Folienplotts und natürlich auch reine Outline-Objekte direkt im Programm angelegt werden können. Für ein präzises Arbeiten bietet diese Funktion jedoch noch einige Ungenauigkeiten, so daß man auch dieses lieber externen Editoren überlassen sollte.

Daß auf Texteingabe, Autotracer und Vektoreditor verzichtet wird, also all die Funktionen, die beim Folien-plotten ständig gebraucht werden, kommt natürlich auch der Bedienbarkeit zugute, da alle für den eigentlichen Plotvorgang bedeutungslosen Funktionen nicht den Blick aufs Wesentliche versperren. So können dann auch Ungeübtere bei einer kurzen Einarbeitung das Programm und mit ihm die Plottausgabe schnell erlernen. Diese Einfachheit in der Bedienung muß natürlich durch andere ergänzende Software erkauft werden, und zum Preis von etwa 1500,- für G.M.A. Plot hinzuaddiert werden.

Montage

Für die Arbeit im Programm wird einiges an Komfort geboten. Alle Objekte in G.M.A. Plot werden rahmenorientiert bearbeitet. Um zum Beispiel die richtige Größe einer Textzeile anzulegen, genügt ein Mausklick auf ein einzelnes Zeichen. In der daraufhin erscheinenden Eingabebox wird die gewünschte Größe des Zeichens eingetragen, zum Beispiel 120mm für das versale „F“, und schon wird die gesamte Textzeile proportional auf diese Größeneingabe skaliert. Über eine Lupe können auch kleine Plots präzise montiert werden. Die Funktionen „Drehen, Kopieren und Spiegeln“ helfen bei der effizienten Montage der zu plottenden Elemente.

Mit GMA-Plot kann auch auf den weit verbreiteten Roland CAMM1 Plottern eine Bahnlänge von maximal 10m ausgegeben werden. Wer in solchen Längen plotten will, muß bei einem Grip-Rollenplotter die Folie aber schon sehr genau einlegen, ohne daß sie nach den ersten Metern aus der Führung springt. Normalerweise wird man aber solche Längen kaum fertigen. Die Folien müssen ja schließlich auch noch montiert werden, und dazu reichen Stücke von bis zu 200cm bei größeren Flächen allemal aus. Zur exakten Montage größerer Längen oder mehrerer Farben können zu diesem Zweck von der Software zusätzlich Passermarken erzeugt und mitgeplottet werden. Auf diesem Weg ist es auch möglich, größere Breiten als die maximale Folienbreite auszugeben.

Richtig komfortabel gestaltet sich die Plotausgabe, wenn der Plotter bei der Arbeit mit G.M.A. Plot nicht über die parallele, sondern über die serielle Schnittstelle angeschlossen wird. Auf diesem Wege kann die Plottfläche (entsprechend der gerade einliegenden Folienbreite) direkt im Programm als Montagefläche dargestellt werden. Aber auch über die parallele Schnittstelle läßt es sich mitG.M.A.-Plot schnell und komfortabel arbeiten.

Handbuch und Formate

G.M.A. Plot läuft auf jedem ATARI in jeder Grafikauflösung. Da das Programm komplett in Assembler entwickelt wurde, läßt sich auch mit einem ATARI Mega STE ein Arbeitsplatz einrichten und zügig arbeiten. Aufgrund der Programmstruktur muß G.M.A. Plot möglichst viele Grafikformate lesen können, als da sind: das auf ATARI weitverbreitete CVG (Calamus), sowie GEM, VEK und RVP (Retouche Pro bzw. DA's Repro). Diese Formate können importiert und geplottet werden.

Das Handbuch ist sehr spartanisch gehalten, oder etwas konkreter ausgedrückt: die Software hält in der Praxis deutlich mehr, als der erste Eindruck dieser ca. 25 Begleitzettel im Ringordner versprechen kann. Hier werden lediglich die Funktionen des Programms knapp und ausreichend erklärt. Eine Art Tutorial mit Anwendungsbeispielen, Tips und Tricks für den Umgang mit Software, Folien und Plottern ist nicht vorhanden, obwohl das bei einer Software dieser Preisklasse eigentlich zu erwarten wäre.

G.M.A. Plot ermöglicht in kürzester Zeit einen sicheren Umgang mit der Plottausgabe von Vektorobjekten. Negativ zu bewerten ist lediglich, daß die Software nach Aussage des Herstellers bereits seit längerer Zeit nicht mehr weiterentwickelt wird. Für ein Programm, das seine Dienste gut erledigt, sicher kein allzu großes Problem. Besonders dann nicht, wenn jede größere funktionelle Erweiterung dem Programmkonzept entgegenstehen würde. Wie mit der Software im einzelnen gearbeitet werden kann, werden wir im nächsten Monat in unserem Praxisvergleich sehen.

Text eintippen, Größe festlegen und plotten! - so sieht die Praxis häufig aus, die mit G.M.A Plot halt nur über durchaus akzeptable Umwege mittels anderer Software zu erreichen ist. Manchmal ist es aber auch nur das Logo auf dem Briefbogen, das als Vorlage für die Folienbeschriftung herhalten muß. Da muß gescannt werden, und auch die Software, die diese gescannten Vorlagen ins Vektorformat bringt, sollte schon vorhanden sein. In CutOut, von Arrow-Computer in München, sind diese Funktionen bereits enthalten.

CufOut, die Werkzeugfelder. Über die Menüleisten sind alle weiteren Funktionen anwählbar. Die Software hält vielfältige Effekte zur Gestaltung von Vektorobjekten bereit

CutOut

Cutout ist eine Software, die alle für den Plotbereich relevanten Werkzeuge in einer Programmoberfläche zu vereinen sucht. Dem Programm liegt also ein völlig anderes Konzept zugrunde, als gerade in G.M.A. Plot kennengelernt. Im Programm befindet sich ein vollständiger und sehr gut ausgerüsteter Vektoreditor für die Erzeugung oder Modifikationen von Vektorobjekten, ein Autotracer zum automatischen Vektorisieren von Scans, die über optionale Treiber auch direkt vom Scanner ins Programm eingelesen werden können, sowie ein Font-Editor.

Schon allein durch diese Funktionsvielfalt wird sich eine andere Anwender-Zielgruppe von CutOut angesprochen fühlen, als dies vielleicht noch bei G.M.A. Plot der Fall war. Für den semiprofessionellen Arbeitsplatz, an dem neben den gewohnten DTP-Satzarbeiten auch mal ein Plot-Auftrag abzuarbeiten ist, ist das Programm dann auch nicht gedacht, und mit einem Preis von immerhin knapp 2300- auch um einiges zu kostspielig. Seinen Einsatz wird CutOut wohl eher in handwerklich orientierten Betrieben der Siebdruck- und Beschriftungstechnik finden, in denen dann die Einarbeitung in gleich mehrere Software-Produkte für einen professionell ausgelasteten Plotter-Arbeitsplatz entfallen kann.

Funktionen

Einen ersten Einstieg ins Programm ermöglicht ein mitgeliefertes gebundenes Handbuch, das auf 140 Seiten aber lediglich kurze Beschreibungen aller Software-Funktionen liefert. Weitergehende Informationen sind auch hier nicht vorhanden.

Es ist mir völlig unverständlich, warum gerade in einer so spezialisierten und damit relativ teuren Software-AnWendung kein Handbuchautor auf die Idee kommt, mehr als nur eine Funktionsbeschreibung der einzelnen Icons und Menüeinträge zusammenzufassen! Und das gilt für alle hier vorgestellten Programme. Praktische Anwendungsbeispiele, welche Funktion läßt sich für welche grafische Anwendung am sinnvollsten nutzen, wie lassen sich Jobs mit besonderen Möglichkeiten der Software auch besonders effektiv abarbeiten, - nichts dergleichen! Von einem Überblick über Folienqualitäten, Applikationsverfahren usw. ganz zu schweigen.

Da CutOut aber direkt aus der Beschriftungstechnik heraus entstanden ist, also auch die Software-Entwickler „vom Fach" sind, kann eine intensive Schulung in die Plot-Materie direkt vom Hersteller erfolgen.

CutOut legt einen deutlichen Programmschwerpunkt auf die grafische Modifikation der zu plottenden Objekte. Eine Aufbereitung der Grafiken und Texte durch z.B. automatische Outline-Generierung, Effekte wie „Schatten" und „Streifen", die Entgrätung ineinanderliegender Polygone, Projektionen auf Kugel, Kegel, Zylinder usw. können im Programm vorgenommen werden. Auch zur Erzeugung von Standardobjekten wie Kreisen, Elipsen und Rechtecken, deren Ecken sich nachträglich runden lassen, hält CutOut die entsprechenden Funktionen bereit.

Die Funktionen zur Bearbeitung von Vektorobjekten sind vielfältig und teilweise so anwendungsfreundlich aus-getüftelt, daß manches davon auch in anderen, auf Vektorgrafik spezialisierten Editoren sehr gut aussehen würde. Vor allem aber bietet CutOut Werkzeuge und Funktionen, die genau auf die Erfordernisse des Plottens zugeschnitten sind. Hier liegt auch eindeutig eine Stärke der Software, die so in keinem anderen der hier vorgestellten Programme zu finden ist. Es kann beispielsweise ein sogenannter „Überschnitt" eingestellt werden, durch den ein Plotter den Schnitt um den eingestellten Wert vor dem eigentlichen Startpunkt eines Polygonzuges beginnt und beendet. Diese Funktion ist besonders bei kleinen Versalhöhen wegen der besseren Auslösbarkeit sehr vorteilhaft.

Bei all dieser Menge an Funktionen wäre eine Online-Hilfe nützlich, die im professionellen Einsatz auch diejenigen Mitarbeiter ohne Handbuchwälzerei das Programm bedienen und die Iconisierung verstehen läßt, die noch nicht auf das Programm spezialisiert sind. Diese Hilfe fehlt in CutOut genauso wie eine Undo-Funktion für Bitmaps, da in manchen Funktionen, zum Beispiel „Filtern", je nach Einstellung der Parameter gar nicht abzusehen ist, was mit der Grafik im weiteren geschieht. Der Hinweis im Handbuch, immer vor einer neuen Funktion zu sichern, reicht da meines Erachtens nicht aus aus.

Der ins Programm integrierte Font-Editor liest auch Calamus-CFN-Fonts, ein Abspeichern der Fonts ist dann aber leider nur im CutOut eigenen OFN-Format möglich, daß von keiner anderen mir bekannten Software gelesen werden kann. Auch lassen sich in der mir vorliegenden Version serialisierte CFN-Fonts nicht laden. Nach Aussage des Herstellers sollte dieses Manko aber in der aktuellen Version beseitigt sein.

Arbeitsweisen

Daß CutOut seine Objekte nicht in Rahmen darstellt mag für den geübten ATARI-Grafiker anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig sein. Selektiert und montiert wird in CutOut ausschließlich mit dem „Gummiband", mit dem sich halt nicht immer so treffsicher arbeiten läßt, wie mit Objektrahmen. Die mit dem Gummiband umrahmten Bereiche - das können einzelne Zeichen, Objektteile oder die ganze Bahn sein - können dann skaliert oder modifiziert werden.

Ausgegeben werden kann jede Plottgröße, unabhängig vom verwendeten Plotter. Bei großen Endformaten kann dazu eine Überlappung eingestellt werden, die zusammen mit Passermarken auf den Trennlinien eine korrekte Montage der einzelnen Teile ermöglicht.

Wo derart viele, manchmal sehr ausgefeilte und manchmal auch gewöhnungsbedürftige Programmfunktionen für einen Spezialbereich geboten werden, die sonst nur, wenn überhaupt, in mehreren Programmen aufgeteilt zu finden sind, dürfte auch der Preis von CutOut akzeptabel sein. Wer bereits die im Programm integrierten Funktionen wie Tracer, Scansoftware und Vektoreditor als externe Programme besitzt (z.B. Look2, Avant Vektor, DA's Vektor usw.)( wird dagegen mit CutOut weniger gut beraten sein.

Für diejenigen, die professionell (also auf Gelderwerb orientiert) in den Folienplott-Service einsteigen wollen und denen ein zentales Werkzeug gerade recht ist, das alle fürs Plotten relevanten Funktionen in mehr als nur ausreichendem Maße am Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, der sollte sich CutOut einmal genauer anschauen.

Im nächsten Teil unserer kleinen Artikelserie zum Plotten auf dem ATARI werden wir die neueste Version des Calamus Plot-Moduls „Cut+Plot" vorstellen können. Außerdem wird zu sehen sein, wie sich der DTP-Arbeitsplatz „Plotter" eigentlich richtig kalkulieren läßt. Wichtig ist ja nicht nur die Plot-Software, daneben muß eigentlich auch immer zusätzliche Software und unter Umständen auch die entsprechende Hardware angeschafft werden. Auch werden dann, was heute aus Platzgründen nicht möglich ist, alle drei vorgestellten Software-Produkte in einem direkten Praxis- und Leistungsvergleich gegenübergestellt werden.


Jürgen Funcke
Aus: ST-Computer 03 / 1994, Seite 74

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