Kurz vorgestellt: LineArt - Neues Vektormodul für den Calamus

Die wichtigsten LineArt-Werkzeuge auf einen Blick

Durch die modulare Konzeption des Calamus können einzelne Module immer mehr auch ganz spezielle Aufgaben übernehmen, die bisher nur durch externe Software-Produkte ermöglicht wurden. Einzelne Gestaltungselemente können so in direkter Abhängigkeit vom Gesamt-Layout editiert werden. Wirklich nachvollziehbar wird dieses Konzept durch das neue „LineArt“-Modul, einen überraschend vielseitigen Vektorgrafikeditor für Calamus S/SL, der den in der SL-Version bereits vorliegenden Editor mehr als nur zu ersetzen vermag.

Lassen Sie uns dieses „kleine“ Modul einmal etwas näher betrachten. Es beinhaltet einiges an Überraschungen, die man bisher auch von manch einem externen Vektoreditor nun wirklich nicht erwartet hätte.

Vektortext

Wie die meisten Module im Calamus, klinkt sich LineArt nach dem Laden in die Kopfleiste ein und ist dann über ein eigenes Icon jederzeit zugänglich. Das Modul präsentiert sich mit einem eigenen Bearbeitungsfeld, dasauf den ersten Blick noch an den internen Vektoreditor erinnert. Hinter den ersten 7 Icons des Hauptmenüs befinden sich dann aber weitere Bearbeitungsfelder, deren Werkzeuge das Modul zu einem exzellenten Graf ikwerkzeug im Calamus werden lassen. Insgesamt teilt sich LineArt in 4 Arbeitsbereiche auf:

Das Hauptmenü. Hier befindet sich im Grunde der bereits bekannte Vektoreditor zur Objekt- und Pfadbearbeitung. Von diesem Menü aus lassen sich die weiteren Arbeitsbereiche des Moduls aufrufen sowie globale Operationen der Vektorbearbeitung vornehmen.

Und gleich hier bietet LineArt eine kleine Besonderheit. In Verbindung mit dem optional erhältlichen „ClipArt-Modul“ können Textrahmen inklusive des gesetzten Textes aus LineArt heraus direkt angewählt und als Vektorgrafik in einem Vektorrahmen abgelegt werden! Aber auch ohne ClipArt läßt sich diese Funktion auf die übrigen Calamus-Rahmentypen anwenden (Rasterflächen, Linien und Rastergrafiken).

Was bisher nur über den „Dataformer“ oder auch das neue „Bridge-Modul“ möglich ist, nämlich einen im Calamus konventionell gesetzten Text nebst anderer Rahmenelemente als Vektorobjekt abzulegen, läßt sich nun also direkt im Vektormodul durchführen. Textrahmen werden dazu aus LineArt heraus angewählt und können nach der Konvertierung wie eine Vektorgrafik auch auf Pfadebene bearbeitet werden. Das Icon zum Konvertieren der in LineArt übernommenen Rahmentypen befindet sich dabei seltsamerweise im Bearbeitungsfeld für die Netztransformationen. Hier haben offensichtlich Platzprobleme dazu geführt, von der sonst klaren Bedienungsführung des Moduls abzuweichen.

Allein diese Funktion und die damit verbundene Arbeitserleichterung bei der Arbeit im Calamus machen LineArt sicher auch für diejenigen zu einem interessanten Gestaltungswerkzeug, die mit Vektorarbeiten sonst nur wenig im Sinn haben. Für manch eine Textgestaltung bietet sich jetzt neben der (vertikalen) Textgradbestimmung durch Zahlenwerte (Punkt Schriftgröße) nach der Konvertierung ins Vektorformat auch eine horizontale Ausrichtung. Eine Headline-Zeile kann dann beispielsweise genau auf eine vorgegebene Breite gesetzt werden. Da der ursprüngliche Satztext bei der Konvertierung erhalten bleibt, können nachträgliche Textkorrekturen wie gewohnt im Textmodus des Calamus erfolgen. Bereits vorhandene grafische Elemente, die mit gesetztem Text kombiniert sind, wie das Logo eines Briefbogens oder auch ganze Dokumentenseiten, können so exakt auf beliebige Größen skaliert werden.

Text auf Pfaden: Kreistext

Noch so eine wichtige und den Calamus insgesamt sinnvoll ergänzende LineArt-Funktion für die kreative Arbeit mit Text: Pfad- und Kreistext kann nun direkt im Calamus-Layout angelegt werden. Beliebige Pfade, Linien, Béziers, Kreise, Ellipsen und Illustrationen lassen sich dabei als Schriftlinien nutzen. Zusätzliche Funktionen setzen den Text auf oder in den Pfad und richten ihn bündig aus. Nach dem Satz kann der Text als Vektorgrafik abgelegt und mit den dafür zur Verfügung stehenden Instrumenten weiterbearbeitet werden.

Auch in diesem Programmteil bleiben die Stilinformation der in der Pfadarbeit genutzten Schriften erhalten. Pfadtextobjekte können also auch unterschiedliche Zeichensätze enthalten, die bei einem späteren Editieren von LineArt geladen und dem Objekt zugeordnet werden.

Text auf allen Pfaden, auf Kreisen und Ellipsen ist mit LineArt endlich auch direkt im Calamus möglich. Zur Arbeit mit den vielfältigen Verlaufsmodellen können auch Palettenfarben wie HKS oder Focoltone benutzt werden.

Farb- und Grauverläufe

Die Fläche eines Vektorobjekts kann immer nur eine einzige definierte Flächenfarbe beinhalten. In einem Vektoreditor werden also Verläufe gewöhnlich durch die Anlage mehrerer Einzelobjekte erzeugt, die sich in der Farbe gering voneinander unterscheiden und so zusammen den Eindruck eines Verlauf hervorbringen. So arbeitet auch LineArt, in dem gleich mehrere Verlaufsmodelle zur Verfügung stehen: linearer Verlauf, Radialverlauf, Rechteckverlauf und eine Funktion zur Verlaufskopie.

Auf den Verlauf selbst kann detailliert Einfluß genommen werden. Neben einer Start- und Endfarbe kann ein zusätzlicher Wert für einen Farbübergang eingegeben werden. Ein Effekt beim Arbeiten mit diesem Farbmittelwert: Wird für den Farbübergang ein Farbton gewählt, der näher an einer der beiden Eckfarben steht, so wird der Verlauf in diese Richtung stärker „verschoben“. Die Feinheit der Verläufe kann zudem durch die Anzahl der zu erzeugenden Vektorobjekte beeinflußt werden.

Da die von LineArt erzeugten Verläufe vektorieller Natur sind, lassen sie sich auch stufenlos drehen oder auf Netzflächen projizieren. Beide Funktionen sind im Modul implementiert. Auch eine nachträgliche Änderung der Verlaufsfarben ist möglich, so daß man nach Erzeugen eines Verlaufs im Nachhinein die Wirkung anhand beliebiger Farben durchspielen kann. Als Farben können für den Verlauf auch normierte Farben, zum Beispiel aus der „Focoltone“-Palette, genutzt werden.

Eine recht kreative Funktion im Umgang mit Verläufen bietet LineArt zusätzlich noch mit der „Farbverlaufskopie“. Mit ihr lassen sich Verläufe zwischen zwei (auf Pfadebene identischen) Vektorobjekten erzeugen und so beispielsweise einfache Beleuchtungseffekte erzielen. Über eine Dialogbox kann hier ein Start- und Endwinkel eingegeben werden, um eine Drehung während der Verlaufskopie zu erzeugen.

Objekt-Projektion

Die Netzprojektion dient zur 3D-nahen Darstellung von Objekten. Die Präzision, die der Menüpunkt „Netzprojektion“ ermöglicht, muß durch viel Handarbeit erkauft werden. Das „Netz“ in LineArt, auf das Objekte (also auch Textrahmen!) projiziert werden können, ist ein Béziergitternetz. Wie eine entsprechend angelegte Vektorgrafik kann es über Stützpunkte und Béziers Punkt für Punkt in die gewünschte Form gebracht werden. Von unschätzbarem Vorteil ist dieses auf den ersten Blick etwas mühsame Verfahren bei der Projektion auf bereits vorhandene Bildvorlagen, die dan sehr gut mit dem Bézier-netz nachgezeichnet werden können.

ClipArt

Zur Textgestaltung im Vektormodus bietet das optional erhältliche ClipArt -Modul, wie bereits erwähnt, einige besondere Vorteile. ClipArt stellt dabei nur die zugehörige Funktion zur Verfügung, ohne selbst direkt in Erscheinung zu treten oder angewählt werden zu müssen. Ansonsten kann es als eigenständiges Modul auch ohne LineArt genutzt werden. Es ergänzt dann das im Calamus bereits vorhandene Clipboard um die Funktionen „Laden“ und „Speichern“ von Clipboard-Einträgen. Mit Hilfe dieses Moduls können dann beliebig große Bibliotheken von allen Rahmenobjekten des Calamus angelegt und zum Beispiel kundenspezifisch verwaltet werden. Lediglich Textblöcke kann ClipArt nicht verwalten.

LineArt arbeitet erfreulich betriebssicher, und auch das leidige Problem des SL-Vektormoduls, keine korrekten Liniendicken darzustellen, ist in LineArt, wie auch schon im neuesten Update des Vektor-Moduls, inzwischen gelöst worden; eine 5pt dicke Linie oder Outline ist also endlich auch eine 5pt dicke Linie!

Natürlich bleiben Wünsche offen, wie etwa eine Geschwindigkeitsoptimierung im Pfadtext oder auch der Wunsch nach einer automatischen Outline-Generierung, wie sie der Font-Editor TypeArt bereits bietet, die aber gerade in LineArt sehr viel Sinn machen würde.

Insgesamt wird der Calamus durch LineArt deutlich in Richtung grafisch orientierte Anwendung aufgewertet. LineArt ist ein Modul, das nicht wieder missen möchte, wer einmal damit gearbeitet hat. Es bietet eine Menge an durchdachten Werkzeugen, die besonders in der grafischen Arbeit direkt im Calamus eine große Hilfe sind und externe Vektor-Software teilweise überflüssig machen können.

Auch für die alternative Calamus-Zukunft ist gesorgt. Mit der NT-Version des Calamus soll auch LineArt für Windows NT als Modul erhältlich sein. Nach Auskunft von DMC wird der Update-Preis nur den entsprechenden Differenzbetrag zur LineArt NT-Version betragen.

LineArt und ClipArt können sowohl im Calamus SL als auch in Calamus S (ab Version 2.0) genutzt werden. LineArt kostet 498,- DM, inklusive dem ClipArt-Modul 549,- DM. Als Upgrade auf OutlineArt 3 kann es für 98,- DM bei DMC bezogen werden.



Aus: ST-Computer 11 / 1993, Seite 80

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite