Computer & Recht

In dieser Rubrik sollen aktuelle Rechtsprechungen und juristische Grundlagen rund um den Computer vorgestellt werden. Der Autor ist Rechtsanwalt in Frankfurt am Main und arbeitet im Büro auf ATARI ST/ TT-Computern.

Entwicklungen & Tendenzen

Die Oberfinanzdirektion Berlin hat in einem Schreiben vom 17.09.92 Richtlinien für die steuerliche Behandlung von Hard-und Software erlassen. Folgende Grundsätze sind hierbei entwickelt worden:

a. Hinsichtlich Software ist bislang die Auffassung vertreten worden, daß die Aufwendungen für Computerprogramme unabhängig von deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten wegen ihres immateriellen Charakters regelmäßig auf die gewöhnliche Nutzungsdauer von 5 Jahren zu verteilen und in jedem dieser Jahre anteilig als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. An dieser Auffassung wird nicht mehr festgehalten.

Bezugnehmend auf die neuen Einkommensteuer-Richtlinien 1990 für den gewerblichen Bereich ist nunmehr auch Software, deren Anschaffungskosten bis zu DM 800.00 (ausschließlich Umsatzsteuer) betragen hat, im Jahr der Verausgabung voll als Werbungskosten abzugsfähig. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von DM 800,00. bleibt es bei der bisherigen Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer von 5 Jahren.

b. Die Nutzungsdauer für Hardware wird auch weiterhin regelmäßig mit 5 Jahren anzunehmen sein. Eine geringere Nutzungsdauer kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (z B. erhöhter Verschleiß infolge häufigen Transports des Computers). Veräußert ein Steuerpflichtiger vor Ablauf der ursprünglich festgelegten Nutzungsdauer ein einzelnes Wirtschaftsgut oder die gesamte Computeranlage. so kann ein etwaiger Verlust (Erlös liegt unter den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich der Absetzungen für Abnutzung) als außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung berücksichtigt werden. Führt die Veräußerung zu einem Überschuß, können Absetzungen für Abnutzung für das veräußerte Wirtschaftsgut dennoch bis zum Veräußerungszeitpunkt berücksichtigt werden. Der Überschuß selbst ist nicht zu erfassen.

(Quelle : Schreiben der OFD Berlin vom 17.09.1992 zur Rundverfügung Nr. 10/1989 LSt-Nr.412. Az. des Schreibens St 422-S 2354-1/891

Rechtsprechung

Pflichtenheft

Individual-Software oder sonstige Auftragsprogrammierung erfordert üblicherweise die Erstellung eines Pflichtenheftes. Ein derartiges Pflichtenheft hat die Aufgabe, die zu erstellenden Programmierleistungen in Form der Leistungs-, Bedienungs- und Dokumentationsdaten im Detail aufzulisten und möglichst sogar anhand von Zeiterstellungsplänen festzuhalten. Damit wird es dem Auftraggeber ermöglicht, die Arbeit des Programmierers vorzugeben, und der Programmierer braucht sich nicht mit ständig neuen Ideen des Auftraggebers herumzuschlagen, weil er anhand des erstellten Pflichtenheftes seinen Auftrag genau Umrissen vorliegen hat. Soweit die Theorie.

In der Praxis sieht das natürlich alles ganz anders aus. Da wird munter drauflosprogrammiert. Die Betatester haben ständig neue Wünsche, die die Software möglichst gestern noch leisten sollte, und die Auftraggeber nerven den geplagten Programmierer mit ständigem Zeitdruck sowieso.

Im hiesigen Fall vordem Oberlandesgericht Düsseldorf stritten die Parteien um die Fertigstellung einer CAD-Software mit einem Auftragsvolumen von über 640.000,- DM. Nach Erstellung der Software. der Installation und der Funktionsprüfung stellte sich heraus, daß das Programm den Ansprüchen des Bestellers in keiner Weise genügte. Vielmehr sollte eine bereits bei einer anderen Firma erstellte Software entsprechend den Bedürfnissen des Auftraggebers modifiziert und angepaßt werden. Allerdings war eine derartige schriftliche Auftragsfixierung nie erfolgt. Der Auftraggeber verlangte Schadenersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages.

Das OLG Düsseldorf gab dem Besteller recht. Dies wurde damit begründet, daß für den Fall, daß das Software-Haus ein Pflichtenheft zu erstellen hat, es eine Ist-Analyse der Verhältnisse beim Kunden und eine konkrete Darstellung der allgemeinen und besonderen Funktionen der Software schuldet. Dies habe derart zu erfolgen, daß ein hinreichender Maßstab für die Bewertung des Endergebnisses zur Verfügung steht. Wenn eine derartige Analyse und Bewertung nicht erfolgt, muß sich das Software-Unternehmen auch die Fehler anrechnen lassen, die sich aus dem Defizit zwischen dem vermeintlich Gewollten und dem Erbrachten ergeben.

OLG Düsseldorf in CR 93/361

„90-Tage-Rücknahmegarantie“ bei Software

Die Werbung treibt immer neue Blüten. Kann ein Software-Hersteller schon nicht mehr damit werben, daß sein Programm über besonders viele Funktionen verfüge, müssen es schon besondere Werbetricks sein, um das Publikum auf seine Produkte aufmerksam zu machen. Dementsprechend warb eine Software-Firma mit der Möglichkeit für den Kunden mit den Worten: „Revolution auf dem Software-Markt: 90-Tage-Rücknahmegarantie ohne Begründung ... bei voller Kaufpreisrückerstattung". Dies ließ sich die Konkurrenz nicht gefallen und klagte auf Unterlassung.

Das OLG Frankfurt entschied nunmehr, daß eine derartige Werbung gegen die Zugabeverordnung verstoße. Ein sachlicher Grund zur Rücknahme komme bei Software-Erzeugnissen jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn Anwendungsprobleme mehr oder weniger ausgeschlossen seien, weil es sich um Standard-Software handele, die bereits seit langem auf dem Markt sei, und wenn die Rückgabe ohne Begründung stattfinden könne.

So ganz zu verstehen ist die Entscheidung nicht, da es nämlich grundsätzlich begrüßenswert wäre, wenn Software vor dem Einsatz getestet werden könnte. Nur dann könnten nämlich oftmals teure Flops vermieden werden. Voraussetzung für ei ne derartige Entwicklung wäre aber auch die Ehrlichkeit der Anwender, die „Probezeit" nicht zur „Kopierzeit“ zu nutzen. Hiervon wird aber wahrscheinlich in der nächsten Zeit nur zu träumen sein.

(OLG Frankfurt in NJW RR 1993/53)

CK



Aus: ST-Computer 10 / 1993, Seite 133

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