Vom Entwurf bis zum Druck (1): Digital entwerfen

„Wer am Computer eine Gestaltung erarbeitet muß mindestens einen ausgefallenen Zeichensatz verwenden, zusammen mit einem peppigen und ausgefallenen Layout. Mit solchen Gedanken beginnen die gestalterischen Katastrophen, die sich Monat für Monat auch auf, den Anzeigenseiten der Computerzeitschriften finden. Computer, zeig was du kannst! Und hier hat ja jeder seinen Rechner, ein DTP-Programm findet sich, und zumindest auch einen Nadeldrucker. Daß für eine solche Gestaltung auch noch ein Film für den Druck benötigt wird und die lediglich auf Papier genadelte Vorlage vielleicht auch noch auf das richtige Format skaliert werden muß, gehört dann schon in die Sparte „hohe Kunst der Druckvorlagenerstellung.“

Ich will nicht länger lästern, es war mir jedoch einmal ein Anliegen, darauf hinzuweisen, daß für eine ansprechend gestaltete Zeitschrift nicht nur deren fest angestellte Grafiker und Layouter zuständig sind, sondern auch die Inserenten mit ihren ganz eigenen Gestaltungen.

Aber wie sollte es letztlich auch anders sein. Auf der einen Seite gibt es die Gestaltungsprofis, die irgendwann in den letzten Jahren damit begonnen haben, ihre Arbeit mit Hilfe des Computers zu erledigen, auf der anderen Seite all jene, die nicht über ihre Gestaltungsarbeit zum „Werkzeug Computer" fanden, sondern umgekehrt über ihre Arbeit am Rechner die Möglichkeit des kostengünstigen Publizierens kennenlernten. Zumindest unter technischen Gesichtspunkten kann mit DTP-Systemen ja auf spezialisierte Dienstleister aus den grafischen Berufen verzichtet werden. Die damit einhergehende relative Autonomie ist jedoch eine zweischneidige Sache. „Alles in einer Hand", eines der Schlagwörter des DTP-Marktes müßte dann doch korrekterweise nichts anderes bedeuten, als Typograf, Setzer, Grafiker und Druckvorlagenersteller in einer Person zu sein. Derart gebündelte Kompetenz ist natürlich kaum zu verwirklichen, auch wenn die kreativen Möglichkeiten einer DTP-Software dieses suggerieren mögen. Daß dem so ist, werden viele auf eine mehr oder weniger frustrierende Weise dann auch schnell erfahren haben.

Man sollte einmal versuchen, sich in den Werbealltag einer kleinen Agentur hineinzuversetzen, in der keine DTP-Plattform vorhanden ist. In diesem kleineren „Full Service"-Bereich sind das wahrscheinlich immer noch sehr, sehr viele. Das mag sicher auch daran liegen, daß man sich vor dem Hintergrund eines lange erlernten Handwerks erheblich schwerer mit einer neuen Technologie anfreunden kann, die zudem ganze Arbeitsabläufe in den Rechner verlegt. Es gibt inzwischen sogar einige Agenturen, die trotz vorhandener, aber selten genutzter DTP-Anlage geradezu damit werben, alles noch individuell, „per Hand" zu erledigen! Nun ja ...

Die direkt verfügbare Schriftenvielfalt solch einer noch nichtdigitalen Werbewerkstatt ergibt sich jedenfalls aus dem aktuell verfügbaren Bestand an „Abreibebuchstaben", die auf mehr oder weniger (und meistens sind es weniger...) vollständigen Bögen in verschiedenen Punktgraden vorliegen. Die zentrale technische Einrichtung besteht hier fast immer aus Reprokamera und Kopierer, mit der Zeichnungen und Schriften in die gewünschten Größen gebracht, zusammengeklebt und auf Papier oder Film ausbelichtet werden. Nach einigen Stunden Arbeit muß dann für eventuelle Entwurfsvarianten wieder der gleiche Weg eingeschlagen werden, mit der Konsequenz, daß dann oft nur noch die unbedingt notwendigen Vorlagen erstellt werden können, um die Kosten nicht in unvertretbare Höhen zu schrauben.

Mit dem Rechner sind Varianten der fertigen Gestaltung in wenigen Augenblicken hergestellt, und selbst im Entwurfsstadium arbeitet man quasi schon immer im „Reinzeichnungsmodus", das heißt, daß die technische Qualität in jedem Augenblick Druckvorlagenstatus hat. Wenn es dann plötzlich möglich wird, über die neue DTP-Anlage innerhalb einiger Augenblicke die tollsten Schatteneffekte, Verfremdungen und Rasterungen anzuwenden, wird anfangs jeder versucht sein, diese neuen Möglichkeiten auch spielerisch anzuwenden. Wer aber, bevor die neue Anlage dasteht, die Entwicklung einer Schrift und damit einhergehend des fertigen Layouts durch Skizzieren, Umkopieren, Kleben und Reproarbeiten jeweils in Handarbeit nachvollziehen mußte, dem wird wohl auch bei der Arbeit mit dem Rechner etwas bewußter, was da unter den eigenen Fingern entsteht. Ich will damit nicht sagen, da viele DTP-Arbeiten durch die Möglichkeiten des Rechners etwas „bewußtlos" geschehen, - oder vielleicht doch ..?

DTP in der Werbung

Ein großer Teil der DTP-Arbeit findet im direkten Umfeld der Werbung statt. Dies ist auch leicht nachvollziehbar, da es gerade in diesem Bereich kaum reicht, eine einmal entwickelte gute Produktwerbung ganz genau so und unverändert über lange Zeit zu schalten (so etwas kann sich wahrscheinlich nur Coca Cola erlauben...). Ständig muß neu entwickelt werden, um sich gegenüber der Konkurrenz abzuheben und um potentiellen Kunden neue Reize für neue oder auch dieselben Produkte zu geben; der Bedarf an Werbemitteln ist schlichtweg enorm.

Jede „Werbung" ist dabei im Grunde immer so angelegt, daß der erste Kontakt mit ihr über einen durch sie vermittelten Reiz geschieht. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um Reklame, eine Produktinformation oder einen Videoclip handelt. Lediglich die Zeit, die ein potentieller Interessent mit solch einer Werbung wahrscheinlich verbringen wird, läßt diese „reizvolle" Art der Kontaktaufnahme mehr oder weniger stark in den Vordergrund treten.

Die stärkste Wirkung wird dabei immer durch Bilder erzielt, wobei man daran denken muß, daß auch die Schrift in der Werbung als „typografisches" Element bildhafte Wirkung hat. Der schon oft gehörte Satz, daß „ein Bild mehr als 1000 Worte sagt", stimmt ja nur insofern, als daß ein Bild etwas schneller und direkter zu sagen vermag, indem es auf den ersten Blick auch schon ein Gefühl vermitteln und also daher emotional ansprechen kann. Die 1000 Worte könnten das, was das Bild so schnell transportiert, natürlich viel genauer und differenzierter sagen, können Umstände und Hintergründe schildern usw., wenn, ja, wenn man sie erst gelesen hat.

Eine gute Gestaltung setzt Effekte ein, ohne daß diese als solche im Vordergrund stehen. Das Gegenteil ist wie eine Musik, die nur aus Hall, Echo und rasenden Gitarrenläufen besteht. Die eigentliche Musik kommt dann oft zu kurz, ist nur noch das Medium, um ihre Werkzeuge in den Vordergrund zu stellen.
Der Reiz der Gegensätze, durch den schon mit einfachsten Mitteln ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erzielt werden kann
Groß und klein, oder alles in Versalien? Ein in Versalien gesetzter Text hat eine größere Laufweite und schafft andere Schwerpunkte in der Gestaltung.
Auch die Wahl der Buchstaben ist für eine grafisch ansprechende Wortmarke von großer Bedeutung. Manche Kombinationen, denen man dann auch häufiger begegnet eignen sich sehr gut und andere eben weniger.

Vom Logo an ...

Am Anfang war das Logo. In der Gestaltung von Geschäftsausstattungen wird man mit der Logogestaltung eigentlich in 3 Fällen konfrontiert: 1. Das Logo liegt bereits als reprofähige Vorlage vor und muß in die Neugestaltung lediglich übernommen werden. Hier wird die Praxis Ihnen zeigen, daß „reprofähige Vorlagen" zu einer recht seltenen Gattung gehören; in den meisten Fällen bekommt man als Vorlagen die bereits vorhandene Visitenkarte, Prospekte oder auch einfach nur schlechte Kopien. 2. Das Logo muß, zum Beispiel bei einem Besitzerwechsel, zwar übernommen, aber den Intentionen des neuen Firmeninhabers z.B. in Farbe und Hausschrift angepaßt werden. 3. Das Logo muß zusammen mit der kompletten Geschäftsausstattung, für eine neue Firma völlig neu entwickelt werden.

Dieser letzte Punkt, die Gestaltung vollständiger Geschäftsausstattungen gehört wohl mit zu den reizvollsten Aufgaben in der täglichen grafischen DTP-Arbeit. Vom Logo über Briefbogen, Visitenkarten, Formulare, Prospekte bis zu Tüten und Verpackungen: alles muß neu konzipiert und in einer einheitlichen Linie erstellt werden. „Corporate Identity" lautet hier das häufig benutzte Schlagwort. Zudem begegnet man bei solch einer Komplettgestaltung via DTP aber auch all dem, was für Typografen, Layouter, Grafiker und Drucker im einzelnen das tägliche Brot bedeutet: der Auswahl und Anwendung zukünftiger „Hausschriften", dem Layouten und Illustrieren, der Auswahl von Farben und Formaten für eine gewählte Papierqualität usw., all dies sind Faktoren, die zur gestalterischen Aufgabe gehören und mit Sorgfalt entschieden werden müssen.

Wie nun aber solch eine kleine Logogestaltung auf digitalem Wege vor sich gehen kann, wollen wir einmal ausführlicher an einem Beispiel untersuchen. In den nächsten Monaten werden dann in dieser kleinen Serie die Arbeiten in der Druckvorlagenerstellung, die Ausgabemöglichkeiten und Probleme der Filmbelichtung und die Vorbereitung der Dokumente für die unterschiedlichen Druckverfahren zur Sprache kommen.

Viele der Gestaltungen, die Sie täglich in Anzeigen, auf Briefbogen, Buchtiteln usw. betrachten können, erhalten ihren Reiz dadurch, daß ein klarer harmonischer Aufbau durch ein entgegenlaufendes Gestaltungselement gebrochen wird. Dieses Element kann aus der Verwendung typografischer Mittel, aus Bildern, Farben usw. bestehen. Das Resultat ist, richtig angewandt, immer eine Art positiver Spannung, die der gesamten Gestaltung oft erst das „gewisse Etwas" verleiht und damit natürlich auch unter werblichen Gesichtspunkten einen höheren Erkennungs- und Wiedererkennungswert bewirkt. Reine Ausgewogenheit unter homogenen Gestaltungselementen wirkt langweilig!

Um solche oder ähnliche Effekte zu erzielen, kann mit ganz verschiedenen kontrastierenden grafischen Elementen experimentiert werden. Eine Kombination aus Satzschrift und Zeichnung oder Satzschrift und Handschrift (z.B. die eigene mittels Scanner) bieten sich als einfache Möglichkeiten an. Das Ergebnis ist eine Gestaltung, die, auch wenn sie nur aus typografischen Elementen besteht, im wesentlichen „grafisch" als Bild erfaßt wird, und nicht mehr über den Intellekt als informierendes Wort. Und da Bilder nun einmal den schon angesprochenen höheren Wiedererkennungswert haben als bloßer Text, hat das natürlich auch einen positiven Einfluß auf die Werbewirksamkeit der Gestaltung.

Als Arbeitsbeispiel will ich einmal eine konkrete Situation aus der Praxis heranziehen. Den Kunden gibt's wirklich, das Logo ist so entwickelt worden, und die Ergebnisse liegen so auch in gedruckter Form vor. Und natürlich sind auch die beschriebenen Probleme in der Entwicklung leider real...

Gestaltet werden soll die Ausstattung fürden Malerbetrieb „Eberhardt". Benötigt wird die Anlage nicht nur für Geschäftspapiere wie Briefbogen, Endlosformulare und Visitenkarten, sondern auch für Firmenwerbung auf Gerüstplanen, Kraftfahrzeugen und Anzeigen.

Für unsere Logogestaltung wollen wir als erstes einmal den Firmennamen „Eberhardt" und ein stilisiertes „m" in Kontrast stellen, wobei wir für ersteres Satzschrift und für letzteres eine handschriftliche Vorlage wählen. Schreib- und Pinselschriften im Calamus CFN-Format gibt es sicherlich einige. Bei der Gestaltung wie in unserem Beispiel ist jedoch eine für die individuelle Anwendung handgezeichnete und über den Scannerdigitalisierte Vorlage den Satzschriften grundsätzlich vorzuziehen. Es sind eben auch diese kleinen und feinen Unterschiede, die eine Gestaltung von denen einer durchschnittlichen Präsentation absetzen.

Scannen und Entwerfen

Lassen Sie uns die Arbeit an solch einer handgezeichneten Vorlage einmal etwas genauer betrachten. Um ein möglichst ansprechendes Schriftbild zu erhalten, reicht es sicher nicht aus, ein Wort oder, wie in unserem Beispiel, einen Buchstaben als Scan-Vorlage einfach nur auf ein Blatt Papier zu schreiben und über den Scanner im Dokument zu plazieren.

Bei einer manuellen Anlage ist für die ästhetische Wirkung einer handschriftlichen Wortmarke neben der Wahl des Zeichenwerkzeugs (Filzstift, Kreide, Wachs) auch das Verhältnis zwischen Strichstärke und Zeichenhöhe, ihrer Laufweite und ihres Schwärzungsgrades von Bedeutung. Wird beispielsweise ein Wort bei gleichbleibendem

Zeichenwerkzeug in unterschiedlichen Größen geschrieben, so verändert sich relativ auch die Strichstärke der einzelnen Buchstaben. Klein geschriebene Wörter haben dann eine stärkere Linienführung als größer geschriebene. Auch Unterschiede in der Laufweite des Namens, bei gleichbleibender Zeichenhöhe, können einer Schrift den nötigen Effekt geben oder nehmen. So hängt es nicht zuletzt auch von der Anzahl und der Art der im Wort verwendeten Buchstaben ab, ob eine Schrift in ihrer grafischen Wirkung besser enger oder weiter gesetzt werden soll. Ein wichtiges Kriterium für die grafische Wirksamkeit einer Wortmarke ist nun einmal die gleichzeitige vollständige Erfaßbarkeit aller zugehörigen Elemente. Aus diesem Grund sind längere Wörter, denen das Auge erst folgen muß, um sie vollständig zu erfassen, nicht sonderlich dazu geeignet, sie satztechnisch noch länger anzulegen. Ein langer Name wie z.B. „Hoffmannsthal-Fallersleben" sollte also einer Weitung tunlichst nicht mehr unterzogen werden.

Daß auch die Buchstaben, also entweder Vokale oder Konsonanten von Bedeutung für die grafische Anlage des Wortes sind, mag im ersten Moment vielleicht etwas verwundern. Aber schon die Frage, ob wir das Wort „Eberhardt" für die Logogestaltung mit einem Großbuchstaben beginnen lassen oder alles in Versalien setzen oder das „m" als solches deutlich sichtbar machen oder den Buchstaben in einer Mischung zwischen Buchstaben und Gestrichel verschwimmen lassen, hat unter ästhetischen Gesichtspunkten einen deutlichen Einfluß auf das Erscheinungsbild des gesamten Logos.

Auch wenige unterschiedliche Buchstaben oder Buchstabenverdoppelungen erleichtern die grafische Aufnahme eines Wortes deutlich. Von Bedeutung ist auch, ob Linien oder runde Formen vorherrschen (z.B. I, i, oder o, c, e), was natürlich zum Teil auch von der gewählten Schrift unterstützt werden kann.

Es gibt also eine ganze Menge Varianten ei nes einzelnen Wortes, die zeichnerisch durchgespielt werden können, um den geeigneten Entwurf für das Logovorhaben zu finden. 20- bis 30mal auf einen Bogen Papier in unterschiedlichen Varianten skizziert, läßt sich schon eher eine gelungene Vorlage für den gewünschten Zweck herausfinden. Dieses Verfahren bietet sich für alle Anlagen an, die von einer Handskizze als grafischer Vorlage digitalisiert werden müssen. Locker wirkende Unterstriche, Haken, Initialen: all das hat bei jeder manuellen Neuanlage geringfügig andere Proportionen und einen anderen Schwung.

Erste einfache Entwurfsvarianten, mit unserem Mini-Font durchgespielt
Exakt gezeichnete Vektorgrafik und digitalisierte Handskizze kombiniert.

Sind schließlich alle zu Papier gebracht, sollte man sich die besten 3 oder 4 Skizzen auswählen und auf der Vorlage u.U. mit einem Zeichen kennzeichnen. Wird mit einem Flachbett-Scanner gearbeitet, können in der geringen Auflösung des Prescans (Vorscannens) die Unterscheidungen zwischen den einzelnen Skizzen mitunter schwerfallen. Anschließend werden die einzelnen Scans nachbearbeitet. Das geschieht im Scan-Programm selbst, falls es für diese Zwecke ausgestattet ist, oder in einem beliebigen Zeichenprogramm, z.B. in Arabesque. „Nachbearbeiten" heißt hier zunächst einmal, daß nicht erwünschte Elemente des Scans aus dem Bild entfernt werden. In unserem Beispiel sind dies vor allem Elemente der anderen Skizzenvarianten, die mit in den Scan gerutscht sind. Mit den Löschfunktionen der Zeichenprogramme oder auch dem „Brush“-Modul des Calamus ist dieses in Sekundenschnelle erledigt. Nun erst liegen die Scans so vor, daß eine gute Einschätzung über deren Wirkung getroffen werden kann.

Vektorlogo

In der Regel werden wir die Pixel-Grafik nun vektorisieren. Der wichtigste Grund für diese Arbeit liegt sicherlich in der freien Skalierbarkeit einer Vektorgrafik ohne Auflösungsverlust. Wir sind ja schließlich noch in einer Phase der Gestaltung, in der über die konkreten unterschiedlichen Größen des Logos noch keinerlei genauere Angaben gemacht werden können. Die endgültige Größe des Logos wird erst im jeweiligen Layout festgelegt. Die Nutzung einer Vektorvorlage bereits in der Entwurfsphase hat aber noch andere Vorteile. Wie wir noch sehen werden, stehen mit ihr wichtige Möglichkeiten der Färb- und zusätzlicher Effektgebung zur Verfügung.

Zur Vektorisierung der gewählten Pixel-Grafik bietet sich zunächst die automatische Vektorisierung mit einem sogenannten „Autotracer“ an, direkt im Calamus-Layout mit dem internen Modul „SpeedLine" oder einem externen Vektoreditor (Avant Vektor, DA's Vector, Convert usw.). Mit dieser Funktion werden alle Elemente der Grafik nach fest definierten Parametern vektorisiert. Daß diese Parameter, also die in der jeweiligen Software fest eingestellten Werte, in allen Bereichen der Pixel-Grafik (großen Kurven, kleinen Kurven, Geraden, spitzen Winkeln) gleich gute Ergebnisse bringen, ist umso unwahrscheinlicher, je komplexer die Grafik aufgebaut ist. Nach einer automatischen Vektorisierung muß also in jedem Fall eine mitunter recht umfangreiche manuelle Nachbearbeitung erfolgen.

Eine Vorlage wie ein Firmenlogo stellt nun einmal sehr hohe Qualitätsansprüche, da es zukünftig in jeder beliebigen Größe und Ausgabe (Laserdrucker, Belichter, Plotter für Folie und Siebdruck) abrufbar sein muß. Was bei einer qualitativ mäßigen Vektorisierung in der kleinen Darstellung eines Briefkopfes im 300dpi-Laserausdruck noch mit eleganten Rundungen versehen ist, wird in der weitaus größeren Anlage beispielsweise eines KFZ-Aufklebers als unsaubere Arbeit deutlich. Wie wir später noch sehen werden, wird auch unser Logo für Darstellungsgrößen zwischen 2cm und 70cm genutzt werden.

Nun kommen zwei Arbeitsschritte hinzu, die gerade in der Entwurfsphase interessant sind und ein hohes Maß an Variationsmöglichkeiten bieten. Um einzelne Entwurfsvarianten mit unserem vektorisierten Logoelement durchzuspielen, können wir uns die typografischen Funktionen zunutze machen, die in der Layoutsoftware für die Schriftgestaltung zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck legen wir unser „m" in einem Font-Editor einfach auf einen freien Zeichenplatz. Natürlich ist diese Vorgehensweise nur dann möglich, wenn ein Font-Editor zur Erzeugung und Manipulation von CFN-Vektor-Fonts vorhanden ist. DA's Layout, Avant Vektor und natürlich TypeArt bieten diese Dienste und ermöglichen daneben auch noch alle notwendigen Vektorisierungsarbeiten. Für eigene Versuche liegt der Mini-Font als M.CFN auf der DTP-Sonderdisk 1 bereit.

Da die Wirkung des Logos durch die oben beschriebene Kontrastwirkung, bei der auch die Farbgebung eine wichtige Rolle spielen wird, erzielt werden soll, darf das „m" natürlich nicht mit dominanten zusätzlichen Effekten zugedeckt werden. Ein nur leicht angelegter Schatten reicht völlig aus.

Überfüllung

Fehlt noch der Schriftzug „EBERHARDT". Nach unserer oben beschriebenen Vorgabe, eine Gestaltung mit gegensätzlichen Stilelementen aufzubauen, müßte in unserem Beispiel zum handschriftlichen „m" also ein geradliniges, klares Element als Kontrast hinzukommen, beispielsweise eine fette Groteske. Wir sind nicht ganz so konsequent und wählen eine ebensolche „Roxy" (Flying Fonts), die in einem die Gestaltung tragenden Balken negativ gesetzt wird.

Eigentlich sollte auch dieser Schriftzug gleich als Vektortext vorliegen. Im Calamus erledigen dies die externen Module wie Bridge oder der Dataformer sekundenschnell. Auch in anderen autonomen Editoren kann mit CFN-Vektor-Fonts Text gesetzt und als Vektorgrafik abgelegt werden. DA's Vektor, OutlineArt 3 oder Avant Vektor leisten hier gute Dienste.

Wenn Sie derartige Vektoranlagen im Calamus verarbeiten, werden Sie unter Umständen auch geradewegs mit einem ziemlich vertrackten SL-internen Problem konfrontiert! In der aktuellen Calamus-Version ist die Darstellung und Ausgabe von Vektorobjekten auf 32000 Pixel begrenzt. Das ist erst einmal nur ein Zahlenwert, und der damit verbundenen Einschränkung begegnet man in der täglichen Arbeit auch recht selten. Es sei denn, man versucht, ein Vektorobjekt mit einer beispielsweise 2 pt starken Outline anzulegen. Aber schon bei etwas komplexeren Objekten wird solch ein 2-pt-Outline-Objekt auf Drucker oder Laserbelichter nicht mehr auszugeben sein.

Was ist also zu tun, wenn man beispielsweise für eine Siebdruckvorlage eben diese 2-pt-Outline für die Überfüllung braucht? Eine ärgerliche Situation, die mir (und meinem Siebdrucker, der dann nach Filmen mit nur minimaler Überfüllung drucken mußte) schon einigen Streß bereitet hat. Wer den Font-Editor TypeArt zur Verfügung hat, wird dieses Manko zumindest in den weniger komplexen Vektoranlagen wieText oder eben bei unserem „m" elegant umgehen können. Das „m" wird mit der versteckten automatischen Outline-Generierung (siehe DTP-Praxis 8/93) auf Knopfdruck mit einem zusätzlichen Vektorpfad im gewünschten Abstand versehen, und fertig ist der echte Outline-Schriftzug.

Diese Vorgehensweise ist besonders dann ratsam, wenn mit dem fertigen Entwurf neben der Geschäftsausstattung in Zukunft zusätzlich auch noch KFZ-Aufkleber, Tüten, Prospekte usw. zu gestalten sind. Nur derartig angelegte „echte" Outlines lassen sich beispielsweise auch plotten. Doch dazu mehr in einer der nächsten Ausgaben der DTP-Praxis. Im nächsten Monat werden die Druckvorbereitung und die Nutzenanlagen von DTP-Gestaltungen unser Thema sein.


Jürgen Funcke
Aus: ST-Computer 09 / 1993, Seite 60

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