Datenverlust - Na und? Teil 4 und Schluß

Ohne Fest- und Wechselplatten lädt sich ein komfortables Arbeiten mit dem Computer heutzutage kaum mehr vorstellen. Nachdem in den Anfangszeiten des ATARI Festplatten für viele Anwender noch unerschwinglich waren, stehen inzwischen preisgünstige Platten mit groben Kapazitäten bereit.

Was den Anschluß von Festplatten an ATARI-Computern betrifft. gab es in den letzten Jahren eine positive Entwicklung. Ließen sich die heute weit verbreiteten SCSI-Festplatten an den ST nur mit Hilfe eines Hardware-Interfaces (Host-Adapter) anschließen, erlauben TT und Falcon den direkten Anschluß über ein handelsübliches Kabel. Beide Geräte sind nämlich bereits standardmäßig mit einer SCSI-Schnittstelle ausgestattet. So spart man beim Anschluß einer SCSI-Platte ca. 200 DM ein, was dem Preis des Host-Adapters entspricht, den man für den ST benötigt.

Eine preisgünstige Alternative zu den SCSI-Platten steht mit IDE-Platten zur Verfügung. Der Falcon ist bereits ab Werk mit einer solchen Platte im 2.5 Zoll Format ausgestattet, für den ST lassen sich diese Platten über ein Interface anschließen. Wer eine maximale Geschwindigkeit bei der Datenübertragung erzielen möchte, sollte allerdings SCSI-Platten den Vorzug geben.

Egal mit welcher Platte Ihr Rechner ausgerüstet ist, in jedem Fall werden die Daten in identischen logischen Formaten abgespeichert. In der Regel wird eine Festplatte nach dem Formatieren in mehrere eigenständige Laufwerke (Partitionen) aufgeteilt, die auf dem Desktop ein eigenes Laufwerks-Icon erhalten. Die Notwendigkeit für eine Partitionierung ergibt sich spätestens dann, wenn eine Platte mit einer Kapazität von mehr als 256 MByte angeschlossen wird. Da die maximale Laufwerkskapazität unter TOS nur 256 MByte (ab TOS 1.04 512 MByte) betragen kann, ist eine Einteilung in kleinere Einheiten unumgänglich, um die gesamte Plattenkapazität nutzen zu können. Aber auch bei kleineren Platten macht eine Partitionierung insofern Sinn, als sich durch logisch voneinander getrennte Laufwerke Ordnung auf der Platte schaffen läßt.

Während des Boot-Vorgangs analysiert der Festplattentreiber die Plattenorganisation und richtet die der Partitionierung entsprechende Zahl der Laufwerke ein. Die Aufteilung in Partitionen muß natürlich irgendwo auf der Platte festgehalten werden. Da der Aufbau jeder Partition prinzipiell dem entspricht, was wir bereits bei Disketten kennengelemt haben, ist für solche Zusatzinformationen innerhalb der Partitionen kein Platz vorhanden. Daher werden bei Fest- und Wechselplatten spezielle Sektoren für Informationen reserviert. die in erster Linie Angaben über die Partitionierung enthalten. Eine besondere Rolle spielt dabei der sogenannte Root-Sektor. bei dem es sich um den allerersten Sektor der Platte handelt.

Extrawurst

Sektoren, die wie der Root-Sektor nicht Bestandteil einer bestimmten Partition sind, lassen sich nicht mit den üblichen logischen Festplattenzugriffen erreichen. Ein logischer Zugriff bezieht sich definitionsgemäß immer nur auf die Sektoren innerhalb einer konkreten Partition, also entweder auf die Verwaltungs- oder Datensektoren des Laufwerks. Der Boot-Sektor liegt grundsätzlich auf Sektor 0 einer Partition und ist nicht identisch mit dem Sektor 0 der Festplatte als Ganzes.

Um auf den Root-Sektor zuzugreifen, muß man sich eines physikalischen Zugriffs bedienen. Dabei wird die Unterteilung in Partitionen unterlaufen, die Platte wird in ihrer Gesamtheit betrachtet. ATARI-kompatible Festplattentreiber stellen einen speziellen Zugriffsmodus für physikalische Zugriffe bereit. Treiber mit XHDI-Unterstützung (CBHD, HDDRIVER, HuSHI) besitzen darüber hinaus einen weiteren Zugriffsmechnismus [1]. Wie sich physikalische von logischen Zugriffen programmtechnisch unterscheiden, soll an dieser Stelle nicht weiter interessieren. Darum hat sich der Diskmonitor zu kümmern, sofern er diese Art des Zugriffs überhaupt unterstützt (SED, Diskus).

Neben dem Root-Sektor gibt es noch weitere Bereiche auf der Platte, die ausschließlich über physikalische Operationen erreicht werden können. Hierzu zählen die Sektoren der Defektliste, die bei SCSI-Platten jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung besitzt, da die Verwaltung defekter Sektoren in der Regel von der Festplatte durchgeführt wird. Außerdem gibt es bei Platten mit mehr als 4 Partitionen einige Sektoren mit erweiterten Partitionierungs-Informationen.

Der Root-Sektor: Partitionen...

Werfen wir erst einmal einen Blick auf die Organisation der primären Partitionsdaten des Root-Sektors. Schaut man sich die letzten Bytes des Root-Sektors mit einem Diskmonitor an, fällt ein Bereich auf, in dem Zeichenketten wie „GEM“ oder „BGM“ untergebracht sind (Bild 1). Hierbei handelt es sich um Kennungen, denen der Festplattentreiber die Organisation der Platte entnehmen kann.

Der Partitionstyp „GEM“ ist bereits seit der Anfangszeit des ST vorhanden. Er kennzeichnet Partitionen mit einer Sektorgröße von 512 Bytes und einer maximalen Kapazität von 16 MByte (32 MByte ab TOS 1.04).

Bild 1: Ein Blick auf den Root-Sektor
Bild 2: Ein „XGM"-Sektor

„BGM“-Partitionen wurden mit AHD1 3.0 eingeführt und unterstützen logische Sektorgrößen bis zu 8192 Bytes, erlauben also erheblich größere Partitionen, als es bei „GEM“ der Fall ist. Um die ursprüngliche Beschränkung auf 4 Partitionen pro Platte aufzuheben, wurde die Kennung „XGM“ eingeführt.

Neben diesen von TOS-kompatiblen Festplattentreibern unterstützten Partitionstypen existieren noch einige weitere, die in erster Linie zur Kennzeichnung von Partitionen für alternative Betriebssysteme dienen. So besitzen Partitionen des Macintosh-Emulators Spectre die Kennung „OOP“. Das ATARI UNIX System V für den TT arbeitet mit „UNX“-Partitionen. Neueren Datums ist der Typ „RAW“, der von Treibern erkannt wird, die die XHDI-Spezifikation 1.10 erfüllen.

Für jede Partition enthält der Root-Sektor neben der Partitionskennung Angaben über den Startsektor und die Größe in physikalischen Sektoren. Schließlich existiert noch ein Byte, das eine Aussage darüber macht, ob eine Partition überhaupt gültig ist und ob von ihr gebootet werden kann. Damit ergibt sich folgender Aufbau für die Parameter einer Partition, die 12 Bytes umfassen und für die erste Partition ab Offset $1C6 im Root-Sektor beginnen:

pX_flag: Bit 0: Partition existiert
Bit 6: bootfähige UNIX-kompatible Partition
Bit 7: bootfähige TOS-kompatible Partition
pX_id: „GEM“, „BGM“,
pX_start: Physikalischer Start der Partition
pX_size: Partitionsgröße in Sektoren zu 512 Bytes

Mit diesen Angaben läßt sich der Root-Sektor in Abbildung 1 leicht auswerten. Bei der ersten Partition handelt es sich um eine Unix-Partition, die auf Sektor 1 beginnt und 479349 Sektoren umfaßt. Es folgt eine bootfähige „GEM“-Partition, deren Boot-Sektor auf dem physikalischen Sektor 479350 liegt, und eine nicht bootfähige „BGM“-Partition ab Sektor 487548. Genaue Informationen über den Aufbau dieser Partitionen enthält der jeweilige Boot-Sektor. Zum Eintrag „XGM“ kommen wir gleich.

... und mehr

Vorher noch eine kurze Beschreibung weiterer Felder des Root-Sektors, die wichtige Daten enthalten. Offset $1F6 definiert den Startsektor der Defektliste, meist Sektor 1. Die Länge dieser Liste in Sektoren findet sich ab $1FA. Steht hier eine Null, ist keine Defektliste vorhanden. Wer sich für den Aufbau der Defektliste interessiert, kann sich in [2] informieren. Für SCSI-Platten hat diese Liste eigentlich keine Bedeutung und da sie für das Beheben von Datenverlusten ohnehin nicht weiter wichtig ist, möchte ich nicht näher darauf eingehen.

Die letzten beiden Bytes im Root-Sektor sind für den Prüfsummenausgleich verantwortlich. Von einer Platte kann nur dann gebootet werden, wenn die Summe aller Wörter des Root-Sektors den „magischen“ Wert $1234 ergibt. Dies läßt sich für einen beliebigen Inhalt des Root-Sektors dadurch erreichen, daß das letzte Wort entsprechend angepaßt wird. Ist ein Booten von Platte nicht möglich, obwohl ursprünglich ein Treiber installiert war, kann dies an einer falschen Prüfsumme liegen. Eine Neuinstallation des Treibers sorgt hier für Abhilfe.

Ab Offset $1C2 ist die Gesamtkapazität der Platte eingetragen, in unserem Fall sind es 1015812 Sektoren, also knapp 500 MByte. Der genaue Wert ist für viele Festplattentreiber nicht von Bedeutung, allerdings sollte hier keine Null stehen, denn dann kann es sein, daß die Platte vom Treiber nicht akzeptiert wird. Wird eine Platte beim Booten zwar angesprochen (LED flackert auf), aber nicht ins System eingebunden, empfiehlt sich eine Überprüfung dieses Wertes. Eine Null sollte durch einen anderen Wert, möglichst durch die Sektorzahl der Platte, ersetzt werden. Wurde eine Änderung in den Daten eines ausführbaren Root-Sektors vorgenommen, muß unbedingt eine neue Prüfsumme geschrieben werden, damit die Platte weiterhin bootfähig bleibt. Dies kann durch erneutes Installieren des Treibers erreicht werden oder aber durch entsprechende Optionen in Diskus bzw. SED.

Erweiterte Informationen

Nun aber zurück zur vierten Partitionskennung, also der „XGM“-ID. Ursprünglich konnten auf einer Platte für den ATARI maximal 4 Partitionen eingerichtet werden. Die sprunghaft ansteigenden Plattenkapazitäten machten es jedoch notwendig, daß ATARI ein neues Format für die Anordnung der Partitionsinformationen einführte, das zu dem in der Anfangszeit benutzten Prinzip kompatibel sein mußte. So wurde der Partitionstyp „XGM“ eingeführt, bei dem es sich nicht um eine Partition im eigentlichen Sinne handelt. Die Angaben über Startsektor und Größe einer solchen Partition enthalten Informationen darüber, wo auf der Platte sich ein weiterer Sektor befindet, der ähnlich wie der Root Sektor Partitionsdaten enthält. Der Root-Sektor in Abbildung 1 weist Sektor 555132 als einen Sektor mit Partitionsdaten aus. Das Feld für die Größe einer „XGM“-Partition gibt die Zahl der Sektoren an, die von den bisher schon definierten Partitionen noch nicht erfaßt wurden. Dabei handelt es sich also um die Restkapazität der Platte, die noch nicht vergeben wurde. Im Beispiel sind das 460680 Sektoren, und in der Tat kommt man zusammen mit den 555132 bereits vergebenen Sektoren auf die Gesamtkapazität von 1015812 Sektoren. Für den Festplattentreiber ist diese Angabe in der Regel nicht von Bedeutung.

Der Aufbau einer erweiterten Partitionsinformation wird aus Abbildung 2 deutlich, die den „XGM“-Sektor mit der Sektornummer 555132 zeigt. Normalerweise enthält ein solcher Sektor Angaben über eine „normale“ Partition des Typs „GEM“ oder "BGM" sowie einen neuen „XGM“-Verweis, falls weitere Partitionen folgen. Die Sektornummer des Startsektors einer Partition, die innerhalb eines „XGM“-Sektors definiert wird, ist stets relativ zur Position des „XGM“-Sektors zu verstehen. Daher hat die „BGM“-Partition in Abbildung 2 Sektor 1 als Startsektor, beginnt also direkt hinter dem „XGM“-Sektor.

ICD und ATARI-Kompatibilität

Leider gibt es noch immer Software, die Platten mit einem nicht ATARI-kompatiblen Format einrichtet. Weit verbreitet auf dem ATARI-Sektor sind die Host-Adapter von ICD, die einen Anschluß von SCSI-Festplatten an den ST ermöglichen. Im Lieferumfang enthalten sind neben einer Reihe von Utilities ein Festplattentreiber sowie Software zur Formatierung und Partitionierung.

Ärgerlicherweise hat sich ICD bisher nicht zu einer ATARI-kompatiblen Partitionierung durchringen können. Platten, die mehr als 4 Partitionen aufweisen und mit der ICD Software eingerichtet wurden, können von ATARI-kompatiblen Treibern nicht korrekt angesprochen werden. Die Partionierung erfolgt nämlich in einem ICD-eigenen Format, das nicht kompatibel zum Standard ist, wie er von ATARI in [2] dokumentiert wurde. Man verbaut sich durch eine Partitionierung mit den ICD-Programmen also möglicherweise die Nutzung anderer Festplattentreiber und kann lediglich auf den von ICD mitgelieferten Treiber zurückgreifen.

Um dieses Problem zu umgehen, sollte man eine Platte nicht mit der ICD-Software, sondern mit ATARI-kompatiblen Programmen (HDX, SCSI-Tools, SED, Diskus) partitionieren. Danach steht der Verwendung eines beliebigen Plattentreibers nichts im Wege, auch der ICD-Treiber kann verwendet werden. Lediglich die Partitionierungs-Software von ICD weist nämlich keine volle ATARI-Kompatibilität auf, der Festplattentreiber hingegen schon.

Fehlschlag beim Booten

Nachdem geklärt ist, was es mit der Partitionierung einer Platte auf sich hat, lassen sich Anhaltspunkte dafür finden, was im Falle eines zerstörten Root-Sektors zu tun ist, um die Platte wieder ansprechbar zu machen. Wie macht sich ein defekter Root-Sektor eigentlich bemerkbar? Meistens läßt sich nicht mehr von Platte booten, oder ein Boot-Versuch bringt einen „Bombenerfolg“. Seltener kommt es vor, daß einige Partitionen vom Treiber nicht mehr erkannt werden.

Schlägt das Booten fehl, und man landet statt dessen direkt auf dem Desktop, startet man den Festplattentreiber zunächst von Diskette. Möglicherweise werden auf diesem Weg alle Partitionen erkannt und lassen sich anschließend fehlerfrei ansprechen. In diesem Fall kann eine Neuinstallation des Treibers die Probleme bereits beseitigen. Bevor man aber zu diesem Schritt übergeht, empfiehlt es sich, die Daten auf Partition C:, auf die bei der Installation die Treiberdatei geschrieben wird, zu testen (Kobold, Diskus, SED). Nur wenn sich in den Datenstrukturen des Boot-Laufwerks kein Fehler findet, darf man sicher sein, daß durch das Schreiben der Treiberdatei ein eventueller Datenverlust nicht noch größer wird.

Stürzt der ATARI beim Booten ab, muß der Boot-Vorgang komplett unterbunden werden, damit überhaupt weitere Aktionen möglich sind. Die meisten Treiber erlauben es, das Laden des Treibers von Platte zu unterbinden, meist durch eine Betätigung der [Alternate]-Taste während des Systemstarts. Schafft man es, auf diesem Weg in das Desktop zu gelangen, ist der nächste Schritt das Starten des Treibers von Disk, wie eben schon angedeutet.

Verantwortlich für das Nachladen des Treibers ist ein kleines Programm im Root-Sektor der Platte, das zunächst den Zustand der [ Alternate ]-Taste auswertet und den Boot-Vorgang auf Wunsch abbricht. Ist der Root-Sektor ausführbar, das besagte Programm jedoch nicht vorhanden oder sonstwie beschädigt, kann das dazu führen, daß ein Boot-Versuch grundsätzlich zu einem Absturz führt. (Offenbar hat man bei ATARI bisher nicht daran gedacht, eine Option zu schaffen, um das Booten vordem Einsprung in das möglicherweise fehlerhafte Root-Programm abzubrechen.) In diesem Extremfall ist ein Hochfahren des Systems bei betriebsbereiter Festplatte ausgeschlossen, da grundsätzlich ein Absturz folgt.

Gut lachen haben nur diejenigen, die keine interne Festplatte besitzen und daher die externe Platte vorübergehend vom restlichen System abklemmen (ausschalten) können.

Alle anderen sollten versuchen, die Platte zu „überlisten“, indem sie die ganze Computeranlage zunächst ausschalten und die Platte zum Stillstand kommen lassen. Anschließend schaltet man den ATARI ein und sorgt dafür, daß sofort ein Versuch unternommen wird, von Platte zu booten. Ab TOS 2.0 muß also gleich nach dem Einschalten eine Taste gedrückt werden, um den Speichertest abzubrechen. Ist die Platte beim nun erfolgenden Zugriff noch nicht hochgefahren, schlägt das Booten fehl und man landet wie beabsichtigt im Desktop. Sollte die Festplatte so schnell betriebsbereit sein, daß dieser Trick nicht fruchtet (beispielsweise beim Falcon), hilft wohl nur noch das Öffnen des Gerätes und das kurzzeitige Abklemmen der Platte von der Stromversorgung. Jedenfalls ist mir bisher keine elegantere Lösung bekannt. Falls ein Leser auf diesem Gebiet bereits Erfahrungen gesammelt und eine Alternativlösung parat hat, möge er sich doch bitte melden.

Platte ohne Partitionen

Hat man es geschafft, den Festplattentreiber von Diskette zu starten, und stellt anschließend fest, daß keine oder nicht alle Partitionen gefunden wurden, muß der Inhalt des Root-Sektors näher in Augenschein genommen werden. Zunächst gilt es zu prüfen, ob die Daten des Root-Sektors komplett zerstört (beispielsweise durch einen Fehler überschrieben) wurden oder ob nur einzelne Parameter fehlerhaft sind. Falls noch Daten wie „GEM“ oder „BGM“ vorhanden sind, wird es sich kaum um einen totalen Datenverlust handeln. Eventuell enthält lediglich die Angabe für die Sektorzahl der Platte eine Null, darauf bin ich bereits eingegangen.

Fehlen jegliche Partitionsdaten und wurden keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen (s.u.), steht die unangenehme Aufgabe bevor, die fehlenden Angaben in Erfahrung zu bringen und per Hand in den Root-Sektor einzutragen. Benötigt werden also in erster Linie die Startsektoren der einzelnen Partitionen (also die physikalischen Sektornummern der Boot-Sektoren) und die Partitionsgrößen. Nun wäre es ein erheblicher Aufwand, jeden Sektor der Platten daraufhin zu untersuchen, ob es sich um einen Boot-Sektor handeln könnte. Hier kommt es darauf an, gezielt vorzugehen. Für alle folgenden Operationen müssen grundsätzlich physikalische Plattenzugriffe unternommen werden (Diskus, SED).

Wer C sagt...

Ohne viel Mühe läßt sich der Boot-Sektor von Partition C: finden, sofern dieser nicht ebenfalls zerstört ist, da er sich kurz hinter dem Root-Sektor befindet. Partition C: beginnt bei Platten ohne Defektliste auf Sektor 1, sonst entsprechend später. Es kommt vor, daß die Software, mit der die Platte partitioniert wurde, zwischen Root-Sektor und dem Boot-Sektor von Partition C: neben der Defektliste noch zusätzliche Sektoren reserviert (SCSI-Tools). Dabei handelt es sich aber stets nur um einige wenige Sektoren, die an der grundsätzlichen Situation nichts ändern.

Einen Boot-Sektor erkennt man beispielsweise daran, daß er an den entsprechenden Stellen, die im ersten Teil dieser Serie beschrieben wurden, sinnvolle Angaben über das Format der zugehörigen Partition enthält. Dies läßt sich jedoch nicht auf den ersten Blick feststellen, so daß man sich besser dem nächsten Sektor widmet, also dem Startsektor der ersten FAT. Dieser hat nämlich meist ein recht charakteristisches Aussehen (Abbildung 3). Weist ein Sektor einen vergleichbaren Inhalt auf, wird es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den ersten Sektor der FAT handeln. Nun lohnt es sich, den vorausgehenden Sektor gezielt daraufhin zu überprüfen, ob es sich um einen Boot-Sektor handeln könnte Ist das nicht der Fall, hat man möglicherweise den ersten Sektorder zweiten FAT erwischt und sollte daher die vorausgehenden Sektoren unter die Lupe nehmen, bis man auf den ersten Sektor von FAT 1 gestoßen ist.

Hat man den Boot-Sektor von Partition C: gefunden, kann man ihm die Größe der Partition in logischen Sektoren entnehmen. Da im Root-Sektor stets physikalische Angaben vorliegen, muß man diesen Wert noch mit einem „Sektorfaktor“ multiplizieren. der sich als Quotient aus der logischen Sektorgröße und der physikalischen Größe von 512 Bytes ergibt. Der Partitionstyp schließlich ist „GEM“ bei Partitionen mit logischen Sektoren zu 512 Bytes, andernfalls „BGM“. Somit sind alle Daten bekannt, die im Root-Sektor ab Offset $1C6 eingetragen werden müssen, um die Partition wieder zu aktivieren. Man darf nicht vergessen, Bit 0 im Feld pX_flag zu setzen, da der Festplattentreiber die Partition sonst ignoriert.

... muß auch D sagen

Sobald Start und Größe der ersten Partition bekannt sind, ist Partition D: an der Reihe. Auf der Suche nach dem Boot-Sektor dieser Partition darf man davon ausgehen, daß seine Sektornummer ungefähr die Summe aus dem Startsektor von Partition C: und der Größe von C: in physikalischen Sektoren ist. Je nach Partitionierung kann sich dieser Wert um ein paar Sektoren nach hinten verschieben. Findet man dort keinen Sektor, der vom Aussehen her zu einem Boot-Sektor oder einer FAT paßt, sollte man die vorhergehenden Sektoren überprüfen. Zwar darf es bei korrekter Partitionierung nicht Vorkommen, daß der Beginn einer Partition vor dem Ende der vorherigen Partition liegt, aber offenbar gibt oder gab es Festplatten-Software, die es damit nicht so genau nimmt. (Ein solcher Fehler kann übrigens die Ursache für den Verlust einer kompletten Partition sein, sofern die vorhergehende Partition bis zum Rand mit Daten gefüllt wird.)

Hat man auf diese Weise Partition D: gefunden, trägt man deren Parameter wie gehabt im Root-Sektor ein und fährt mit der nächsten Partition fort. Je nach Partitionierung wird man dabei auf einen Sektor stoßen, der als „XGM"-Sektor zu erkennen ist. In diesem Fall gibt es keinen Wert, der einer Partitionsgröße entspricht, man sollte stattdessen die Zahl der verbleibenden Sektoren an der entsprechenden Stelle eintragen. Selbstverständlich müssen auch die „XGM“ Kennung sowie der Startsektor in den Root-Sektor übernommen werden. Alle Partitionen, die durch die „XGM“-Verkettung abgedeckt werden, sind dadurch bereits zurückgewonnen, denn deren Position ergibt sich für den Treiber automatisch. Bei ATARI-kompatibler Partitionierung findet man daher maximal 4 Partitionen, die im Root-Sektor neu eingetragen werden müssen.

Bild 3: Beginn einer typischen FAT

Erschwerniszulage

Je nach Art und Umfang des Datenverlustes kann es vorkommen, daß ein Boot-Sektor einer bestimmten Partition nicht an der vermuteten Stelle aufzufinden ist. Das macht die Reparatur natürlich komplizierter, aber noch lange nicht unmöglich. Um einen Anhaltspunkt dafür zu erhalten, wo sich der Boot-Sektor ungefähr befindet, hilft ein Disk-Monitor weiter, der es erlaubt, die Platte physikalisch auf eine Zeichenfolge hin zu durchsuchen (Diskus, SED). Es empfiehlt sich, den Dateinamen einer Datei im Wurzel Verzeichnis zu suchen. Direkt vor dem Wurzelverzeichnis befindet sich die zweite FAT, davor die erste, und davor muß der Boot-Sektor sein. Bei der Suche nach Dateinamen ist zu beachten, daß der Dateieintrag genau aus 8+3 Zeichen für Namen und Extension besteht, wobei beide Bestandteile nicht durch einen Punkt getrennt werden. Eventuell muß der Suchbegriff mit Leerzeichen aufgefüllt werden. Nach einer Datei mit dem Namen „QUELLE.C“ sucht man also mit dem Begriff „QUELLE C ... Findet man die Datei, läßt es sich unschwer erkennen, ob man einen Directory-Sektor vor sich hat, denn es dürften sich noch weitere Dateieinträge in diesem Sektor befinden.

Vorsorge ist Trumpf

Das Rekonstruieren der Root-Sektorinformationen ist also möglich, aber mit einiger Arbeit verbunden. Daher tut man gut daran, bereits im Vorfeld gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Der sicherste Weg, sich vor den Folgen eines defekten Root-Sektors zu schützen, besteht darin, den Sektorinhalt in Form einer Datei auf Disk zu sichern (Diskus, SED). So läßt sich der Root-Sektor schnell wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen. Natürlich muß man darauf achten, nach einer Neupartitionierung die Root-Sektordatei auf den neuesten Stand zu bringen. Ferner gibt es Software, die es erlaubt, die Boot-Sektoren einer Platte so zu markieren, daß ein automatisches Auffinden nach einem Verlust der Daten im Root-Sektor möglich ist. Egal mit welchem Verfahren man sich absichert (am besten mit beiden), man sollte das Handbuch zu seiner Festplatten-Software studieren, um solche Möglichkeiten nicht zu übersehen.

Ein Tip: Wenn durch einen Fehler der Root-Sektor vollständig überschrieben wurde, ist es nicht ungewöhnlich, wenn einige der auf den Root-Sektor folgenden Sektoren ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dazu genügt es bereits, wenn mehr als ein Sektor an die falsche Stelle geschrieben wurde. Insbesondere die ersten Sektoren von Partition C: sind in diesem Zusammenhang gefährdet. Daher sollte man sich überlegen, Partition C: nicht zu groß einzurichten und keine allzu wichtigen Daten darauf unterzubringen.

Unerschöpflich

Die Datenverlustproblematik stellt ein Thema dar, das sich in immer neuen Varianten präsentiert. Hat man sich mit den Grundlagen der Datenorganisation auf Disketten und Festplatten vertraut gemacht, besitzt man das Rüstzeug, potentiellen Datenverlusten wirksam entgegentreten oder zumindest entscheiden zu können, ob eine Reparatur möglich und welcher Aufwand damit verbunden ist. Voraussetzung ist natürlich, daß man im Besitz von Software ist, die die geeigneten Werkzeuge für einen Eingriff zur Verfügung stellt und Möglichkeiten bietet, Datenverlusten vorzubeugen. Viele Anwender machen sich darüber keine Gedanken oder erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Daher wird es wohl auch weiterhin Vorkommen, daß die entsprechende Software per Eilboten angefordert wird ...

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Literatur:

[1] Julian F. Reschke, "Die XHDI-Spezifikation", ST-Magazin 6/92

[2] „AHDI 3.00 Release Notes", ATARI Corp.


Uwe Seimet
Aus: ST-Computer 07 / 1993, Seite 81

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