Plug and Play: Neue Hardware-Erweiterungen für ATARIs

Spätestens seit der vergangenen CeBIT ist klar: die ATARI-Hardware zählt noch lange nicht zum alten Eisen. Daß man durch relativ preisgünstige Erweiterungen aus seinem ATARI-Computer noch mehr herausholen kann, soll die folgende Übersicht neuer Produkte auf diesem Gebiet zeigen. Wir haben uns auf dem Markt umgesehen und einige interessante Neuerungen für Sie herausgesucht. Die Erweiterungen bewegen sich preislich alle im Rahmen bis 500,- DM, was allgemein als Schmerzgrenze für derartige Produkte angesehen wird.

AT-Bus-Adapter {.dashed}

Auf dem allgemeinen Computersektor konkurrieren zwei verschiedene Bussysteme für Massenspeicher miteinander, insbesondere bei Fest- bzw. Wechselplatten. Der sogenannte AT-Bus ist bei MS-DOS-kompatiblen Systemen wohl am weitesten verbreitet. Er bietet eine preisgünstige Anschlußmöglichkeit für bis zu zwei Fest- bzw. Wechselplatten. Der Nachteil ist, daß solche Festplatten in der Regel intern, also im Gehäuse des Computers untergebracht werden müssen, da der AT-Bus keine längeren Kabel zuläßt. Auch sind die Anschlußmöglichkeiten auf Massenspeicher begrenzt; Drucker, Scanner oder andere Peripheriegeräte müssen über einen anderen Anschluß versorgt werden. Im Gegensatz dazu steht der SCSI-Bus. Er läßt auch externe Geräte zu, da eine Kabellänge von mindestens 6 Metern garantiert wird. Zudem gibt es neben den eigentlichen Massenspeichern auch noch eine Vielzahl anderer Geräte wie Scanner, Drucker oder Belichter, die via SCSI-Bus Anschluß an einen Computer finden können. Dabei ist es zusätzlich von Vorteil, daß der SCSI-Bus bis zu acht Controller (Geräte) am Bus zuläßt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen AT-Bus- und SCSI-Geräten besteht in der Realisierung der Ansteuerung. Während SCSI-Geräte über Kommandos, die über den Bus geschickt werden, gesteuert werden, lassen sich AT -Busfestplatten nur über Register ansprechen, die direkt in den Hauptspeicher des Computers eingeblendet werden müssen. Hier übernimmt also die CPU des Computers die eigentliche Arbeit.

ATARI hat sich mit dem TT und dem Falcon030 ganz auf die Seite des SCSI-Busses geschlagen. Ganz? Nein, nicht ganz; der Falcon030 verfügt intern über eine AT-Busfestplatte. Der Grund: AT-Busmassenspeicher sind aufgrund ihrer weiten Verbreitung erheblich kostengünstiger als ihre vergleichbaren SCSI-Genossen.

Die neue 105-Megabyte SyQuest-Wechselplatte ist zunächst nur in der AT-Busversion erhältlich.

Gellerman-AT-Busadapter

Die Berliner Firma Gellermann hat sich die Kostengründe zum Anlaß genommen, einen AT-Busadapter für „ältere“ (vorerst können STEs und TTs nicht davon profitieren) ATARI-Computer zu konstruieren, um diese ebenfalls in den Genuß eines preiswerten Massenspeichers kommen zu lassen: Da AT-Busfestplatten von ATARI erst ab TOS 2.06 richtig unterstützt werden, hat man die Gelegenheit genutzt und eine TOS-Erweiterung gleich mit auf der Leiterplatte integriert. Dabei besteht auch die Möglichkeit, das ursprüngliche TOS auf der Hauptplatine per Umschalter weiter benutzen zu können. Die Platine ist mit ca. 90 mm x 60 mm erstaunlich klein ausgefallen. Verwunderlich ist auch, daß neben den TOS-2.06-EPROMS/-ROMS nur ein einziges weiteres Halbleiter-Bauteil auf der Platine zu finden ist. Es handelt sich um ein GAL, das alle notwendigen Signale sowohl für die TOS-Erweiterung als auch für die AT-Buseinbindung erzeugt. Das heißt allerdings auch, daß die Bussignale zur Festplatte ungepuffert sind. Hier ist also Vorsicht bei zu langem Flachbandkabel geboten.

Der AT-Busadapter der Firma Gellermann zeichnet sich durch die äußerst geringe Baugröße aus.

Der Einbau

Wie bei solchen Erweiterungen üblich, muß die 68000er CPU als Anschlußmöglichkeit herhalten. Wer seine CPU bereits gesockelt hat, ist fein raus; er braucht den Adapter lediglich in den CPU-Sockel auf der Hauptplatine und den Prozessor auf den Adapter zu stecken. Anschließend müssen nur zwei Kabel auf der Hauptplatine angelötet werden, und das Gerät ist einsatzbereit. Über ein 40poliges Flachbandkabel wird eine AT-Busfestplatte angeschlossen, wir hatten eine der brandneuen SyQuest-105MB-Wechselplatten in der IDE-Ausführung (AT-Bus) zur Verfügung. Die Platte ließ sich ohne große Probleme mit der original ATARI-Software (HDX) formatieren und partitionieren. Lediglich booten wollte unser Testrechner (ein Mega-ST 2) nicht von der SyQuest. Eine Nachfrage bei der Firma Gellermann ergab, daß manche Festplatten das Reset-Signal nicht einwandfrei erkennen und deshalb der Boot-Vorgang nicht von der Platte durchgeführt wird. Dies werde aber mit einer erweiterten Treiber-Software noch behoben werden. Eine Quantum LSP240-AT hatte dieses Problem nicht. Hier lief der Boot-Vorgang einwandfrei ab.

Geschwindigkeit

Prinzipbedingt kann der Datentransfer, mit IDE-Festplatten nicht ganz so schnell ablaufen wie per ACSI bzw. SCSI-Schnittstelle. Unsere Tests zeigen aber, daß sich die Werte durchaus sehen lassen können (siehe Grafiken).

Software

Die Firma Gellermann liefert mit dem AT-Busadapter auch eine Software aus, die aus einem AHDI-kompatiblen Treiber, der auch zwei AT-Buslaufwerke unterstützt, und einem Formatier- und Partitionierprogramm besteht. Leider war letzteres zum Zeitpunkt des Tests noch nicht ganz fertiggestellt, so daß wir darüber noch keine näheren Angaben machen können. Da sich der Adapter aber hardwarekompatibel zu der ATARI-eigenen Lösung des Falcon030 (bzw. ST-Book) verhält, ist die Einrichtung einer Festplatte problemlos mit beliebiger ATARI-kompatibler Software möglich. Wir verwendeten erfolgreich den ATARI-HDX (Version 6.02) und die SCSI-Tools der Firma Hard&Soft. Selbst die neueren Versionen der ICD-Software arbeiten mit der Erweiterung zusammen.

Fazit

Ein genauer Preis für den Adapter war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht bekannt. Man sagte uns jedoch daß der Endpreis um 100,- DM liegen werde. Damit stellt der Adapter eine durchaus lohnenswerte Anschaffung dar. Dazu muß man allerdings noch die Kosten für die TOS-2.06-Bausteine rechnen, die separat bei ATARI bezogen werden können.

CM

Bezugsquelle:
Fa. Gellermann Frankenbergstraße 38 O-1165 Berlin

AT-Bus-Adapter

Positiv:

unkomplizierter Einbau (nur 2 Lötstellen)
kleine Platine
Treiber unterstützt zwei AT-Busfestplatten
günstiger Preis

Negativ:

AT-Bus ungepuffert
TOS-2.06-EPROMS nicht im Lieferumfang
nicht für STE/TT geeignet


Hard & Soft AT BUS TOS Card 2.06 {.dashed}

Auch die durch externe und interne Festplattenlösungen bekannte Firma Hard & Soft Computerzubehör mit Sitz in Castrop-Rauxel hat sich Gedanken über ein AT-Bus-Interface gemacht. Herausgekommen ist die AT BUS TOS Card 2.06. Sie vereinigt eine TOS-Erweiterung und einen AT-Busadapter auf einer ca. 90mm x 100mm großen Platine. Die Karte wird über einen CPU-Sockel bzw. über die optionale PC-Bridge (Adapter für den Mega-Bus) angeschlossen. Allerdings müssen, um alle Eigenschaften des Adapters ausnutzen zu können, einige zusätzliche Leitungen innerhalb des Rechners angelötet werden. Dabei müssen auch PINs von Halbleiterchips auf der Hauptplatine durchtrennt werden. Der zusätzliche Aufwand lohnt sich allerdings, da er sich zugunsten der Betriebssicherheit aus wirkt. Die gut bebilderte Anleitung gibt zudem eine wesentliche Hilfestellung für alle Rechnermodelle. Anwender mit zwei linken Händen sollten trotzdem besser den Einbauservice der Firma Hard & Soft nutzen. Die AT BUS TOS Card 2.06 kann auch ohne Festplatte lediglich als TOS-Erweiterung genutzt werden, in diesem Fall brauchen nicht alle Kabel angelötet zu werden. Eine Möglichkeit, das alte Betriebssystem auf der Hauptplatine per Umschalter weiter zu benutzen, ist ebenfalls gegeben.

Laut Auskunft der Firma Hard&Soft wird in Kürze auch eine Version für STE-Modelle (mit PLCC-CPU) erscheinen, so können auch die Besitzer von 1040- bzw. Mega-STE-Computern die Vorteile der AT-Bus-Festplatten nutzen.

Die neue 3,5"-Syquest-Wechselplatte braucht sich in Sachen Geschwindigkeit nicht zu verstecken.
Im Vergleich zur SCSI-(siehe ST-Computer 10.92) Ist die AT-Busversion der Quantum LPS240 etwas langsamer.

3,5 Wechselplatte

Positiv fällt zunächst auf, daß die Bussignale für die Festplatte über Treiberbausteine gepuffert sind. Damit lassen sich auch längere Kabel anschließen, ja man kann sogar externe AT-Bus-Laufwerke verwirklichen. Hard & Soft hat dies im Falle des neuen SyQuest 3,5" Wechselplattenlaufwerks getan und es in ein normales Floppy-Gehäuse eingebaut. Eine 105-Megabyte-Wechselpl atte mit Medien, die nur wenig größer als eine 3,5"-Diskette sind, dürfte besonders für EBV-Betreibende interessant sein. Wir haben dieses Wechselplattenlaufwerk begleitend zu diesem Artikel mit unter die Lupe genommen und unseren obligatorischen HOW-FAST-Test gemacht (Bild 4). Die Resultate sind als recht gut zu bezeichnen.

Software

Hard & Soft liefert die bekannten SCSI-Tools mit, die wir schon ausführlich besprochen haben (siehe ST-Computer 10.92). Der Treiber (HUSHI genannt) wurde für den Betrieb mit AT-Busfest-platten erweitert und ist auch in der Lage, zwei davon zu betreiben. Die Software konnte ohne Probleme unsere Testfestplatten (Quantum LPS240-AT, SyQuest SQ3105 und Seagate ST9077A) formatieren und partitionieren. Durch ein separates Reset-Signal, das von einem Portbit des Soundchips erzeugt wird, hatte auch die SyQuest-Wechselplatte keine Probleme beim Booten. Überhaupt verhält sich die Hardware sehr stabil und kompatibel. Auch der original ATARI-Treiber läßt sich mit der AT BUS TOS Card 2.06 benutzen.

Zusammenfassung

Hard & Soft bietet die AT BUS TOS Card 2.06 in verschiedenen Versionen an, auch komplette Kits inklusive Festplatte sind erhältlich; dazu zählt auch ein Einbau-Kit für den 1040 ST, bei dem eine 2,5 "-Festplatte, ähnlich wie beim Falcon030, noch Platz im Gehäuse findet. Die leere Karte (ohne TOS-ROMs) kostet 99,- DM und ist somit als sehr preisgünstig zu bezeichnen. Hard & Soft bietet aber auch die EPROMs zur TOS-Aufrüstung mit an. Inklusive der EPROMS kostet die AT BUS TOS Card 2.06 179,- DM, was ebenfalls ein vertretbarer Preis ist. Die Einbau-Kits mit Festplatte liegen je nach Speicherkapazität zwischen 699,- und 999,- DM.

CM

Die AT Bus TOS Card 2.06 von Hard & Soft

Bezugsquelle:
Hard&Soft Computerzubehör GmbH Obere Münsterstr. 33-35 W-4620 Castrop-Rauxel

AT.BUS TOS Card 2.06

Positiv:

lange Zuleitung durch gepufferten AT-Bus möglich
gute Kompatibilität zur ATARI-Lösung
sehr gute Treiber-Software

Negativ:

recht aufwendiger Einbau mit viel Lötarbeit


Screenblaster: Megapixel {.dashed}

Kaum ist der Falcon030 in ausreichenden Stückzahlen erhältlich, hat die Firma OverScan auch schon eine passende Low-Cost-Grafikerweiterung parat. Screenblaster haben die findigen Berliner das kleine Technikwunder genannt. Es erweitert die Grafikauflösung des Falcon030 auf bis zu 300%.

Um so erstaunlicher mutet es an, wenn man sich die eigentliche Hardware des Screenblasters ansieht. Im Gegensatz zu den bisherigen Erweiterungen der Firma OverScan (Autoswitch-Overscan für STs und OverScan-TT) braucht beim Screenblaster der Computer nicht geöffnet zu werden. Die Hardware besteht aus einem einfachen Stecker, der zwischen Rechner und Monitor gesteckt wird, und 5poligen Flachbandkabel, das eine weitere Verbindung zu einem der Paddel-Ports auf der linken Seite des Falcon030 herstellt. Alles weitere wird per Software erledigt. Hier zeigt sich erstmalig, was das Grafiksystem des Falcon030 alles zu leisten imstande ist.

Die Software

Programmiert wurde das Treiberprogramm von den Gebrüdern Behne, die durch ihren Software-Beschleuniger NVDI bestens bekannt sein dürften. Das Programm wird einfach in den AUTO-Ordner kopiert, und die Installation ist soweit abgeschlossen. Zusätzlich dazu kann man noch ein CPX-Modul für das ATARI-Kontrollfeld einrichten, das die Einstellung der Bildlage bequem per Maus ermöglicht. Dies ist besonders für Monitore ohne Regelmöglichkeit von Nutzen. OverScan plant auch, ein Programm zur Erstellung eigener Videomodi mitzuliefern. Damit läßt sich Screenblaster dann individuell an jeden Monitor anpassen. Im Augenblick ist man allerdings noch auf die mitgelieferten Videomodi beschränkt. Aber auch die können sich schon sehen lassen. Sobald die Bildschirmauflösung gewechselt wird, sei es über das Desktop oder beim Systemstart (das Desktop selbst schaltet beim Start die Auflösung ebenfalls, je nach Eintrag in der NEWDESK.INF-Datei, um), erscheint ein Einstellungsmenü, in dem die neue Auflösung gewählt werden kann.

Diese kleine Hardware sorgt für enormen Grafikzuwachs auf dem Falcon030.

Neue Auflösungen

Die Palette der möglichen Auflösungen ist schier unendlich. Von 640x480 Pixeln (16/ 256) Farben in bis zu 80Hz bis hin zu 1152x832 Pixeln interlaced (16 Farben) ist fast alles machbar. Dies kann durch virtuelle Auflösungen (der sichtbare Bildschirm zeigt nur einen Ausschnitt der Gesamtauflösung) noch wesentlich weiter gehen. Natürlich hängen die verwendbaren Auflösungen auch vom angeschlossenen Monitor ab. Wir haben den VGA-kompatiblen TT-Monitor PTC 1426 und die Multisync-Monitore NEC 3FG und 4FG mit Screenblaster getestet. Auf dem ATARI-Monitor lassen sich immerhin noch Auflösungen bis 896x496 Pixel in knapp 60Hz und 16 bzw 256 Farben darstellen. Dies stellt schon eine beachtliche Leistung dar. Aber erst mit den Multisync-Monitoren kann der Screenblaster so richtig zeigen, was alles in ATARIs Raubvogel steckt. Mit dem NEC 3FG konnten wir 1024x768 Pixel in 87Hz (interlaced) erreichen. Der NEC 4FG schaffte sogar die momentane Höchstleistung von 1152x832 Pixeln, ebenfalls in 87Hz interlaced. Man muß deutlich dazu sagen: 87Hz interlaced sind naturgemäß nicht so flimmerfrei wie 70Hz noninterlaced, allerdings macht sich das Flimmern nur bei starken Kontrasten bzw. bei dünnen horizontalen Linien bemerkbar. Einfarbige Flächen, wie beispielsweise der Desktop-Hintergrund, flimmern absolut nicht. Somit kann man auch mit diesen Interlace-Auflösungen durchaus längere Zeit arbeiten, ohne die Augen allzusehr anzustrengen.

Durch den „Vorher-Nachher-Effekt“ wird deutlich, was Screenblaster bewirkt.

Geschwindigkeit

Natürlich nimmt die Performance des Falcon030 mit steigender Auflösung und mehr Farben ab. Dies wird klar, wenn man sich vor Augen führt, was für Datenmengen pro Sekunde zum Videochip geschaufelt werden müssen. Bei 896x496 Pixeln in 256 Farben und 60Hz werden über 400 KB Bildschirmspeicher 60mal pro Sekunde angefordert, Zeit, die der CPU bei Speicherzugriffen verlorengeht. Im praktischen Betrieb fällt das allerdings nicht sehr stark ins Gewicht. Besonders, wenn man Software-Beschleuniger wie NVDI einsetzt, spürt man zumindest beim Bildschirmaufbau kaum noch etwas von dem Geschwindigkeitsverlust.

Fazit

Screenblaster ist in jedem Fall eine lohnenswerte Bereicherung für alle Falcon030-Besitzer. Noch ist nicht ganz ausgelotet, was sich für Auflösungen mit Screenblaster verwirklichen lassen; man kann aber schon jetzt sagen, daß die technischen Möglichkeiten des Falcon030 erst mit Screenblaster so richtig ausgereizt werden können. Der Preis von ca. 150,- DM ist in jedem Fall gerechtfertigt. OverScan bietet zudem ein Bundle bestehend aus Screenblaster und NVDI für den Falcon030 an. Prädikat: Äußerst empfehlenswert!

CM

Bezugsquelle:
OverScan Scintisstraße 166 W-1000 Berlin 48

Screenblaster

Positiv:

sehr hohe Auflösungen erreichbar
einfache Installation ohne Löten
komfortable Software

Negativ:

leichter Geschwindigkeitsverlust bei hohen Auflösungen


MS-DOS auf dem Falcon030 FalconSpeed {.dashed}

Auch Windows 3.1 läuft problemlos auf dem FalconSpeed (hier noch in Monochrom).

Immer wieder kann man solche oder ähnliche Situationen erleben: Ein Kaufinteressent zeigt sich sichtlich beeindruckt von den Fähigkeiten des Falcon030, besonders Grafik- und Sound-Eigenschaften haben es ihm angetan. Doch schon die nächste Frage läßt alle Hoffnungen auf den Erwerb des Computers schwinden: „Ist er denn auch MS-DOS-kompatibel?“.

Nun kann man mit gutem Gewissen antworten: „Er ist!“. FalconSpeed nennt sich eine Hardware-Erweiterung, die dem Falcon030 zur begehrten MS-DOS-Kompatibilität verhilft. ATARI hat dem Falcon030 in weiser Voraussicht einen internen Erweiterungs-Slot spendiert, der den Einbau von Prozessorerweiterungskarten stark vereinfacht. Die Paderborner Firma Sack-Elektronik hat die meiste Erfahrung auf dem Gebiet der Hardware-Emulatoren für ATARI-Computer. Schon der PC-Speed war ein Bestseller, gefolgt von AT-Speed und AT-Speed C16. Nun setzt man auch auf den Falcon030 und hat dafür einen MS-DOS-Emulator fertiggestellt.

Der Einbau

Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen braucht beim FalconSpeed nichts gelötet zu werden. Der Computer wird lediglich aufgeschraubt und ein Teil der internen Abschirmbleche entfernt. Danach ist der aus zwei Pfostenfeldleisten bestehende Erweiterungsbus zugänglich. Hat die Emulatorplatine festen Halt gefunden, kann der Rechner nach einem Probelauf schon wieder zusammengebaut werden. Alles weitere läßt sich rein softwaremäßig installieren.

Die Installation

Die mitgelieferte Software ist denkbar einfach zu installieren. Die eigentliche Emulations-Software besteht aus einem einzigen Programm, welches sich durch ein separates Installations- und Konfigurationsprogramm an die Hardware-Gegebenheiten des Falcon030 anpassen läßt. Das ganze sieht den schon vom PC- und AT-Speed her bekannten Programmen sehr ähnlich und ist auch identisch zu bedienen. Das wichtigste ist dabei wohl die Festplattenunterstützung. Die Software erlaubt, AHDI-kompatible Partitionen als DOS-Laufwerke einzurichten. Dabei können die Partitionen bereits ATARI-Daten und Programme enthalten. Lediglich die DOS-Boot-Partition wird beim Einrichten der Boot-Fähigkeit komplett gelöscht. Dabei kann man aber einstellen, welche ATARI-Partition unter DOS die Boot-Partition darstellen soll. Dies alles ist auch schon von den Vorgängermodellen bekannt. Neu ist, daß die VGA-Emulation auf dem FalconOSO echte 640x480 Pixeln(statt 640x400 mit vertikaler Scroll-Möglichkeit) darstellen kann. Besonders unter Microsoft Windows ist dies vorteilhaft. Erwähnen sollte man noch, daß dem Emulator kein Betriebssystem beiliegt, man ist also darauf angewiesen, sich ein DOS (MS-DOS, DR-DOS) zusätzlich zu kaufen.

Die Hardware

Der FalconSpeed enthält eine Intel-80286-CPU, die mit 16MHz getaktet wird. Daß sie nicht gerade der neueste Stand der Technik ist, brauchen wir wohl nicht näher zu erläutern. Zudem besteht leider keine Möglichkeit, einen mathematischen Coprozessor nachzurüsten. Allerdings hat uns die Geschwindigkeit des Emulators um so mehr überrascht. Selbst unter Microsoft Windows 3.1 (was sich ohne Probleme auf Anhieb installieren ließ) ist ein flüssiges Arbeiten durchaus möglich. Im Augenblick kann der Emulator nur eine monochrome VGA-Darstellung erzeugen. Eine 16- bzw. 256-Farben-Emulation ist zur Zeit in Arbeit und wird in wenigen Wochen erhältlich sein.

Kompatibilität

MS-DOS kompatible Rechner schimpfen sich „offene Systeme“, was soviel bedeutet wie: man kann sie mit den verschiedensten Erweiterungen ausstatten, was dazu führt, daß jeder Hersteller solcher Erweiterungen sein eigenes Süppchen kocht und eigene Treiber-Software entwickeln muß. Zwangsläufig kann eine Emulation nicht alle Hardware-Gegebenheiten abdecken. Wir stellten leichte Probleme im Zusammenhang mit der seriellen Schnittstelle fest. Bis 9600 Baud arbeitet die Emulation zwar recht zufriedenstellend, darüber hinaus jedoch sind keine fehlerfreien Datenübertragungen mehr möglich. Besitzer von High-Speed-Modems sollten diese also besser unter TOS betreiben. Sehr hohe Kompatibilität kann man FalconSpeed allerdings unter Windows 3.1 bescheinigen. Da sich bis zu 8 Megabyte Hauptspeicher des Falcon030 unter DOS benutzen lassen, ist auch Speichermangel unter Windows nicht so schnell zu befürchten. Wünschenswert wäre noch ein Treiber, der die Soundfähigkeiten des Falcon030 auch unter Windows zum Einsatz brächte (wie wär’s mit einer Soundblaster-Emulation?).

Der FalconSpeed wird einfach auf den internen Erweiterungs-Slot des Falcon030 gesteckt.

Geschwindigkeit

Um in Sachen Geschwindigkeit eine Vergleichsmöglichkeit zu erhalten, haben wir den bekannten Windows-Benchmark-Test auf dem Falcon-Speed (monochrom) durchgeführt. In Tabelle 1 sehen Sie die Ergebnisse im Vergleich zu einem 20MHz-386er (ebenfalls in monochromer Auflösung). Deutlich erkennt man, daß der FalconSpeed durchaus mithalten kann. Bei den Bitblock-Transfers ist er meist sogar erheblich schneller. Dies liegt offensichtlich am BIitterchip, der vom FalconSpeed intensiv genutzt wird.

Fazit

Der ATARI Falcon030 ist im Augenblick technologisch zweifellos ganz oben anzusiedeln. In der Regel erhält man für das TOS-Betriebssystem alle nur denkbaren Anwendungen, meist sogar preisgünstiger als auf anderen Plattformen. Wer jedoch auf MS-DOS-Kompatibilität angewiesen ist, sich aber ungern zwei Computer zulegen möchte, ist mit dem FalconSpeed sehr gut beraten. Zwar kann der Emulator keinen echten 486er mit Super-VGA-Karte ersetzen, er reicht aber aus, um die täglichen Kleinigkeiten auch unter Windows 3.1 zufriedenstellend zu erledigen. Der Preis von 498,-DM daher als durchaus gerechtfertigt anzusehen.

CM

Bezugsquelle: Heim-Verlag Heidelberger Landstraße 194 W-6100 Darmstadt 13

Falcon Speed

Positiv:

einfache Installation
Windows-3.1-kompatibel
im Vergleich zu „echten” PCs hohe Geschwindigkeit

Negativ:

kein DOS im Lieferumfang
Probleme mit der seriellen Schnittstelle

PC Labs Windows Graphics Benchmark Version 2.010/08/91

Test FalconSpeed PC (386/20MHZ)
Bit-Block Transfer, Quelle und Ziel auf Wortgrenze:
32x32: 956381 Pixel/Sek. 1179722 Pixel/Sek.
64x64: 2686537 Pixel/Sek. 2046002 Pixel/Sek.
128x128: 5550196 Pixel/Sek. 2650493 Pixel/Sek.
256x256: 8097914 Pixel/Sek. 2808129 Pixel/Sek.
Bit-Block Transfer, Quelle und Ziel nicht auf Wortgrenze:
32x32 513504 Pixel/Sek. 725443 Pixel/Sek.
64x64 1003422 Pixel/Sek. 1205722 Pixel/Sek.
128x128 1544143 Pixel/Sek. 1578289 Pixel/Sek.
256x256 1875434 Pixel/Sek. 1817289 Pixel/Sek.
Bit-Block Transfer, überschneidend:
Horizontal: 2599775 Pixel/Sek. 1999192 Pixel/Sek.
Vertikal: 2696518 Pixel/Sek. 2040042 Pixel/Sek.
Polygone zeichnen:
Horizontal 1238920 Pixel/Sek. 1119181 Pixel/Sek.
Vertikal 168178 Pixel/Sek. 144562 Pixel/Sek.
Diagonal 60123 Pixel/Sek. 83504 Pixel/Sek.
Dialogboxen: 1.78 Dialoge/Sek. 2.85 Dialoge/Sek.
Gummibänder: 37014 Pixel/Sek. 43657 Pixel/Sek.
Text-Scrolling im Fenster:
auf Byte-Grenze: 733 Zeichen/Sek. 741 Zeichen/Sek.
nicht auf Byte-Grenze: 692 Zeichen/Sek. 706 Zeichen/Sek.
Fenster löschen: 9234863 Pixel/Sek. 4639589 Pixel/Sek.

Benchmark des Falcon Speed unter Window 3.1



Aus: ST-Computer 06 / 1993, Seite 8

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