HP Laserjet 4 - Neue Perspektiven

Bei vielen Zeitgenossen hat der amerikanische Computerriese Hewlett- Packard das Image eines Druckerspezialisten, dem man ohne weiteres permanente Innovation zutraut. Nicht zu unrecht, wie der kürzlich vorgestellte Laserdrucker HP Laserjet 4 beweist.

Wichtigste Neuerung am HP 4 ist mit Sicherheit die Auflösung von nunmehr 600 DPI, die von der druckereigenen Kantenglättung auf 1200 DPI erhöht wird. Diese Werte entsprechen genau dem Doppelten dessen, was wir von Wald- und Wiesengeräten gewohnt waren, Allenfalls modifizierte Geräte von Spezialherstellern warteten bislang mit einer solchen Qualität auf.

Die Abbildung zeigt 12Punkt hohe Schrift in 600 DPI mit RET (links) und 300 DPI ohne RET (rechts)

Komplettangebot

Auch der Rest des Datenblattes kann sich sehen lassen: Mit acht Seiten pro Minute gibt HP die nominelle Geschwindigkeit des Druckwerks an. 250 Blatt faßt eine Papierkassette, die fest ins Gerät eingebaut ist. Ebenso wie sage und schreibe 45 skalierbare Fonts, die 16 verschiedene Schriften zur Verfügung stellen. Zwei Schnittstellen sind immer mit von der Partie, weitere (z.B. Ethernet-Einbindungen) lassen sich nachrüsten.

Mit dieser Ausstattung zu einem vernünftigen Preis setzt Hewlett-Packard Maßstäbe (tatsächlich den empfohlenen VK zu verlangen, kann sich heute kaum noch ein Händler leisten, will er nicht auf seiner Ware Sitzenbleiben). Gerade HP war es bisher, der den Nachbauten den Weg dadurch ebnete, daß sie ihre Geräte mager ausstattete. Die sog. Clones glänzten meist mit deutlich besserer Ausstattung und damit einem günstigeren Preis/Leistungsverhältnis. Die Konkurrenz (Verzeihung: Der Wettbewerb) wird sich nun etwas einfallen lassen müssen ...

Pixel-Flut

600 DPI sind ein kräftiger Schub, was die Qualität des Druckbildes betrifft. Allerdings zollen Sie auch Tribut. Die in jeder Richtung doppelt so große Auflösung verlangt viermal so viele Daten. Nicht nur, daß diese über die Schnittstelle transportiert werden müssen, sie müssen auch komplett im Speicher des Druckers abgelegt werden. Denn daran hat sich nichts geändert: Ein Seitendrucker braucht vor dem Beginn des Druckes sämtliche Information einer Seite. Deshalb macht der HP 4 auch in seiner 2-MB-Standardausstattung für jede Art grafischer Ausgabe keinen Sinn. Per Nachstecken von weiteren 2 MB Speicher in Form von SIMM-Modulen gelingt bereits sehr vieles, für komplexere Anwendungen empfiehlt es sich jedoch, dem HP insgesamt 6 MB zu gönnen.

Überraschendes tat sich auf, als wir die Geschwindigkeit der Schnittstelle testeten: fast 80 KB pro Sekunde konnte unser Testprogramm an den LaserJet 4 übermitteln. HP selbst gibt 156 kB/s an, ermöglicht auch durch den 20 MHz-RISC-Prozessor, der im Drucker seinen Dienst versieht. Das zeigt deutlich, welches Potential in der parallellen Übertragung steckt, denn bisher erreichte kaum ein Drucker ein Fünftel dieses Wertes. Im Praxistest am Calamus SL fällt dieser Zeitgewinn etwas zurück, denn die Daten werden nicht in einem Stück übertragen.

Der Klotz zeigt sein Innenleben. Herausgenommen: Die Toner-Belichtungseinheit oben rechts
Ein Anschnitt aus unserem bekannten Laserdrucker-Testbild. Es wurde mit 600 DPI und 35 l/cm mit Calamus SL eingescannt. Der waagerechte Streifen ist ein Scanner-Fehler.

Verborgenes

Viele Fähigkeiten stecken im neuen HP LaserJet 4, die wohl kaum von ATARI-Anwendungen ans Tageslicht befördert werden. Von den optionalen Netzwerkadaptern hatten wir bereits berichtet. Sie machen unter Novell NetWare oder anderen Umgebungen einen Printserver überflüssig, da sich der Drucker seine Aufträge selbständig aus dem Netz fischt. Doch in ATARI-Umgebungen sind solche Standardnetzwerke nur schlecht unterstützt.

Die bidirektionale parallele Schnittstelle scheint da schon greifbarer. Über sie lassen sich Fehler- und Statusmeldungen des Druckers abfragen. Der Download eines Fonts könnte so vermieden werden, wenn der Drucker ihn bereits kennt. Damit ist ein echter Dialog zwischen Treiber und Drucker denkbar. Allerdings lassen sich über ATARIs Centronics-Schnittstellen nicht ohne Modifikationen Daten einlesen.

Auch die eingebauten Schriften wird fast jede Anwendung schlicht ignorieren und trotzdem weiterhin ihre liebevoll gepixel-te 300 DPI-Schrift Zeichen für Zeichen zum Drucker senden. Wie unzeitgemäß Pixel-Schriften trotz all ihrer Vorteile sind, zeigt sich an dieser Stelle. Denn wer soll Plattenspeicher für 600DPI-Schriften freihalten können?

Speedo wird da mit Sicherheit eine Alternative zu den bisherigen Signum!- und GDOS-Konzepten sein, seine Einführung und Verbreitung wird unter dem Aspekt des HP 4 (dem bald weitere 600-DPI-Drucker folgen werden) dringlich. Z.Zt. ist allerdings kein Speedo-Treiber für den HP 4 in Sicht. Trotzdem gelangen uns sowohl mit Cypress als auch mit papyrus Ausdrucke in 600 DPI, denn diese Programme benutzen zwar die Speedo-Schriften, geben sie jedoch über eigene Treiber aus.

Apropos: Wäre es nicht möglich, anstatt die Schriften im Rechner zu skalieren und als Bitmaps an den Drucker zu schicken, mit einem entsprechenden Speedo-Treiber die eingebauten des Druckers zu benutzen? Natürlich nur. wenn Bildschirm- und Druckerschrift auch zueinander passen. Der Druckertreiber für Windows, der dem HP LaserJet 4 beiliegt, stellt diesem System die internen Schriften zur Verfügung, womit sich äußerst flinke Druckausgaben bewerkstelligen lassen.

Herzklopfen

Große Spannung macht sich bei den ersten Druckversuchen breit: Sieht man die 600 DPI oder ist alles nur ein Marketing-Gag?

Die Antwort lautet: Man sieht sie - und wie! Das menschliche Auge reagiert äußerst sensibel auf Abweichungen im Druckbild, wie sie in Pixel-Form gerade bei kleinen Schriften auftreten. Auch wenn das Lesen einer 8 Punkt-Schrift, gedruckt auf einem herkömmlichen Laserdrucker, kein Problem ist; selbst hartgesottene Computerfreaks werden zugeben, daß sich das Auge deutlich entspannt, wenn es die gleiche Schrift aus dem HP 4 entziffert.

Wir haben eine 12-Punkt-Schrift für Sie fotografiert. Einmal mit 300 DPI gedruckt, als käme sie z.B. aus einem ATARI SLM-Drucker und einmal mit 600 DPI und zusätzlicher Kantenglättung ausgegeben. Überzeugen Sie sich davon, wie sauber gerade die leicht kursiven Zeichen dargestellt werden. Möglich wird das durch einen noch feineren Toner, von dem HP sagt, daß seine Partikel 20- 30% kleiner sind als die des normalen ,300 DPL-To-ners.

Ähnlich Gutes läßt sich von der Wiedergabe gerasterter Fotovorlagen berichten. Durch die größere Anzahl verfügbarer Pixel können Bilder mit einer höheren Dichte gerastert werden. Versuche mit dem Druckertestbild ergaben mögliche Rasterweiten von ca. 35 Linien pro Zentimeter. Eine Dichte, die für den Laien eher nach Illustrierten als nach Tageszeitungsdruck aussieht. Sie können sich davon anhand des reproduzierten Ausdrucks überzeugen.

Die Bedienung des recht hohen, fast würfelförmigen Gerätes fällt leicht. Das auffällig leuchtende Display läßt sich auf deutsche Sprache umstellen, ja die Rechneranwendung kann dort sogar eigene Meldungen ausgeben. Sollen einzelne Blätter bedruckt werden, können sie auf die Klappe an der Vorderseite gelegt werden. Für den möglichst biegungsarmen Durchlauf von Umschlägen oder Folien steht eine entsprechende Klappe an der Rückseite zur Verfügung. Auf dieser wird das Druckgut bei Bedarf face-up ausgegeben. Der Wechsel der Verbrauchsmaterialien erschöpft sich im Austausch der Tonerkassette, in die HP-like die gesamte Belichtungseinheit integriert wurde. Mittlerweile gibt es aber immerhin einen Rücknahmeservice für die leeren Kassetten durch den Fachhandel.

Druckart: Text Text Text Grafik Grafik Text/Grafik Datenrate an Übertragungszeit
Test: 15 Seiten-Dokument Briet einzeln Brief. 10 Kopien Brief 300 S/W-Bild PCL-Testseite DRU.TEST PRG DRUCKTST.CDK *
Datenmenge. 32 kB 2600 Bytes je 2600 Bytes 171 kB 970 kB 116 kB 278 kB**
HP LaserJet 4 01:12/02:09 = 70ppm 00:22 = 2.7 ppm 01:28 = 68 ppm 00:23 00:32 00:03 / 00:27 81 290 B/s 00:19/1 17 **
Epson EPL-4300 00:07/02 39 = 5.7 ppm 00:18 = 3.3 ppm 01:50 = 5.5 ppm 00:34 01:21 00:07 / 00:31 15.753 B/s 00:28

** um einen Vergleich zu erlauben, wurde erst mit 300 DPI, dann mit 600 DPI ausgegeben (wobei sich die Datenmenge stark erhöht)

Alle Tests auf einem TT 030. Die Zeiten für die Datenabnahme sind mit früheren Tests der ST-Computer nicht vergleichbar

Sag: Ich will...

Nicht nur technisch ist er faszinierend; wie eingangs erwähnt, sprechen auch seine Ausstattungsmerkmale für den LaserJet 4. Eine Acht-Seiten-Maschine mit 250-Blatt-Kassette, 45 Schriften, zwei Schnittstellen (die automatisch erkannt werden) und 2 MB Speicher mußte bislang auch mit 300 DPI zu den Kosten des HP 4 veranschlagt werden. Und bei ihm gibt's die Qualität dazu.

Größtes Augenmerk werden vor allem zwei Gruppen auf den neuen LaserJet richten: die Grafiker, die dank der gesteigerten Auflösung eine deutlich bessere Vorabqualität ihrer Layouts erhalten. Vor allem dort, wo Fotos mit im Spiel sind, ist der Laserausdruck jetzt wesentlich besser prooffähig.

Die große Menge der Textbüros, Werbe-und Handzetteldrucker wird in der gestiegenen Qualität den Weg sehen, ihre Endprodukte am eigenen Drucker zu erstellen und dort die Druckerei einzusparen, wo keine besondere Druckqualität gefordert ist (z.B. bei den kleinen Zetteln an Ihrer Windschutzscheibe, die Sie auf den neuesten Pizzabringdienst hinweisen).

Schreiben Sie gerade an einem Handbuch? Z.B. für ein neues Software-Produkt, das nur in geringer Stückzahl ausgeliefert wird, jedoch schnell aktualisiert werden muß? Dann ist der HP LaserJet 4 vielleicht das richtige Gerät, um das Werk darauf zu drucken. Drucken Sie vergrößert in DIN A4 und verkleinern Sie’s im Copyshop zurück ins DIN-A5-Format. Schon steigt die Qualität noch einmal und für die Kleinauflage reicht's dann vielleicht schon.

So ließen sich mit Sicherheit noch viele andere Anwendungen Finden, für die der HP4 geeignet ist. Alle diejenigen, die jetzt noch nicht auf den 600 DPI-Zug aufspringen mögen, seien getröstet: Weitere Hersteller werden folgen, und sie werden sich irgendwie von HP absetzen müssen. Und sei es durch den Preis ihrer Clones.

IB

Hewlett Packard Laserjet 4

Unverbindlich empfohlene Preise lt. Hersteller inkl. MWSt:

Gerät: 4.128.- DM
Toner-Kassette (6.000 Blatt): 310,- DM
PostScript-Option: 1000,- DM
Speichererweiterung: 212,- DM
je Megabyte Seitenpreis
bei Schwärzungsgrad ohne Papier inkl. Verschleiß der Maschine: 8,4 Pf.



Aus: ST-Computer 06 / 1993, Seite 96

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