CrazySounds erweckt den ATARI zum Leben

Haben Sie auch manchmal das Gefühl, daß Ihnen Ihr Arbeitsplatz einfach zu still ist und Sie etwas mehr Abwechslung bzw. Leben benötigen? Wir wissen nicht, was Sie dagegen unternehmen, wir empfehlen eine ganz besondere Arznei. CrazySounds spielt Sound-Samples, also digitalisierte Klänge, ab. Dies aber nicht einzeln auf Anweisung, sondern selbständig nach verschiedensten, meist betriebssystemgesteuerten Ereignissen.

Das ganze wird besonders dann witzig und sogar nützlich, wenn man ereignisbezogene Samples benutzt. Es ist z.B. durchaus sinnvoll, auf eine Alertbox mit dem Ausrufezeichen, die ja „Achtung, aufpassen!“ signalisieren soll, einen durchdringenden Signalton zu legen. Die Warnung wird dadurch nicht nur optisch, sondern auch akustisch unterstrichen.

In Bild 1 sehen Sie den Konfigurationsdialog. Dieser ist als Accessory, als normales GEM-Programm und als HPG-Modul für das Multiaccessory Harlekin III verfügbar. Das Setup wurde in drei Bereiche aufgeteilt. Im Bereich „Aktionen“ werden die Ereignisse ausgewählt, auf die CrazySounds reagieren soll.

Der erste Eintrag z.B. lautet „Startsound“ und läßt beim Rechnerstart einen Sound abspielen. An dieser Stelle läßt sich auch einstellen, ob ein Sample nach- wird oder bereits beim Systemstart resident geladen wird. Das residente Laden von Samples ist bei einigen Funktionen notwendig, so z.B. bei der Tastaturbelegung oder bei dem Sound, der bei einem Systemabsturz gespielt werden soll.

Bild 1: Die Konfiguration von CrazySounds

Sound per Zufall

Alle Aktionen, die ein Nachladen erlauben, können statt mit einem einzigen Sound auch mit einem ganzen Unterverzeichnis belegt werden. CrazySounds sucht sich dann per Zufallsgenerator einen Klang aus diesem Ordner heraus, was für Abwechslung sorgt. Es lassen sich fast alle GEM-Ereignisse und Funktionen wie z.B. Rechnerstart, Form_Button, Fsel_Input, Window_Open und Window_Close belegen. Der Fileselector wird dadurch z.B. abwechselnd mit einem knallenden Sektkorken, einem Reißverschluß, dem Enterprise Kommunikator-Sound oder mit einem Zitat der Fantastischen Vier "Ist es die da oder die da?” unterlegt.

Programmstart mit Kommentar

Als weitere Möglichkeit, Samples abzuspielen, bieten sich Programmstarts an. Damit können Sie Ihr Lieblingsprogramm mit einer passenden Melodie unterlegen. Es bieten sich hier z.B. folgende Programm/Sound-Kombinationen an: der Postwerbesong „Ruf doch mal an ...“ bei DFÜ-Programmen, der bayerische Motivationsslogan „Pack’mers, buam“ bei LHARC oder ZIP, das Klingeln der Registrierkasse bei einem Kalkulationsprogramm und schließlich ein verzweifelter Hilferuf beim Start von CrazySounds selbst.

Kuck mal, wer da spricht

Die wohl mächtigste Möglichkeit, den Rechner zum Sprechen/Singen oder zu sonstigen Geräuschen zu bringen, ist die Option, beliebige Zeichenketten (Strings) mit Sounds zu belegen. CrazySounds unterscheidet hierbei zwischen Texten (oder Bruchstücken daraus), die in Alert- und Dialogboxen, Fenstertiteln oder direkt bei der VDI-Textausgabe Vorkommen und die überall dort greifen, wo Text ausgegeben wird. Das kann in einem Editor sein, in Menüleisten und im Desktop selbst. Das Sample wird zeitgleich mit dem Erscheinen des Textes auf dem Bildschirm abgespielt. Gerade mit diesem Feature hat man die Möglichkeit, seinen Rechner so zu vertonen, daß er zur richtigen Zeit ein passendes Sample abspielt. Hierzu gehören neben solchen Samples natürlich auch die passenden Ideen, doch die kommen sehr schnell. Man muß sich nur wichtige Meldungen anschauen, die die benutzten Programme produzieren, und einen darin enthaltenen Text in CrazySounds angeben. Schon bekommt man beim Löschen (die Texterkennung achtet hier z.B. auf den Text Datei löschen') die Sound-Meldung „Vorsicht“, nach erfolgtem Anwählen mit einem DFÜ-Programm die Meldung „Hallooo, hier ist Erika Berger“ oder beim Drucken mit dem Laserdrucker den schrillen Klang eines 8-Nadeldruckers. Ob sich CrazySounds sinnvoll oder eher lustig präsentiert, liegt einzig und alleine am Anwender selbst. Es zeigt sich aber, daß sich beides gut kombinieren läßt.

Bild 2: Das Studio von CrazySounds: CONVERT.APP

Bei so vielen Ideen häuft sich die Anzahl der zu überprüfenden Text-Samples leicht. Man muß darauf achten, daß die Überprüfung auch Zeit kostet, vor allem sollte man sich bei der Anzahl der verwendeten VDI-Text-Samples etwas einschränken, denn hier muß ja bei jedem auf dem Bildschirm ausgegebenen String die Vergleichsliste von CrazySounds durchsucht werden.

Der Sound-Konverter

Ein weiteres Programm, der Konverter (Bild 2), ist nicht nur für die Konfiguration von CrazySounds zuständig. In erster Linie können hier Samples geladen und bearbeitet werden. Dies ist wichtig, falls ein fremdes Sample-Format mit CrazySounds abgespielt werden soll. CrazySounds unterstützt eine Vielzahl von unterschiedlichen Sample-Formaten. Darunter sind neben den auf dem ATARI-Sektor bekannten Sample-Formaten SMP, SAM und AVR auch solche von Fremdsystemen: IFF (Amiga), WAV und VOC (PC). Der Konverter kann alle diese Samples laden und in das eigene Format wandeln. Bei den aufgezählten Formaten können aber auch Probleme auftreten, da z.B. nicht alle VOC-Dateien gleich sind. Prinzipiell aber läßt sich jeder Sound einladen. Fast alle Sample-Formate beinhalten einen Header, dem die eigentlichen Sample-Daten folgen. Wird dieser Header weggeschnitten, erhält man die reinen Sample-Daten. Somit kann man auch unbekannte Sample-Formate für CrazySounds aufbereiten. Die Wiedergabefrequenz muß man dabei allerdings durch Ausprobieren ermitteln und mit dem Konverter umrechnen.

Wo gibt es Samples?

Normale ST-/STE-/TT-Besitzer sind zunächst auf die mitgelieferten Sounds angewiesen (immerhin drei Disketten voll) bzw. können aus dem PD-Sektor z.B. MOD-Files umwandeln. Wer einen Fal-con030 besitzt, ist allerdings fein raus. Er braucht sich um die Beschaffung von Samples keine Sorgen zu machen, sondern muß lediglich eine Tonquelle an den Mikrofoneingang des Falcon030 anschließen und den Menüpunkt .Sample aufnehmen4 anwählen (Bild 3). Dort kann nach Einstellung der Sample-Frequenz und der Eingangsempfindlichkeit nach Herzenslust gesamplet und geschnitten werden.

Als letztes sollte noch der Player erwähnt werden, der einen Pfad oder eine ganze Partition samt Unterverzeichnissen nach Samples durchsucht und die gefundenen Dateien in einem GEM-Fenster darstellt (Bild 4). Diese Liste läßt sich entweder komplett oder nach einzelnen Dateien abspielen. Auch kann man hier zu jedem Sample einen kurzen Kommentar schreiben, der mit in der Sample-Datei gespeichert wird (acht Zeichen Dateiname sind selten ausreichend, um einen Klang zu beschreiben).

Bild 3: Hier kann der Falcon-Besitzer selbst samplen.

Zusammensetzung

CrazySounds enthält im Lieferumfang ein Handbuch im DIN-A5-Format, welches aus 34 Seiten besteht. Auf ihnen wird die Installation, Bedienung und Funktionsweise der Programme ausreichend beschrieben. Des weiteren werden die verschiedenen Einstellmöglichkeiten des Konverters besprochen. Überaus positiv ist, daß im Handbuch das CrazySounds eigene Sample-Format exakt beschrieben wird. Damit wird den Programmierern unter den Anwendern die Möglichkeit gegeben, die Samples aus eigenen Programmen zu nutzen bzw. eigene Konverterprogramme für exotische Formate zu entwickeln. Das Herzstück der Lieferung bilden allerdings die drei randvollen Disketten mit allen notwendigen Programmen, Accessories und natürlich den Samples. Diese sind in zwei verschiedenen Sample-Frequenzen vorhanden, um sie auch auf Rechnern ohne DMA-Sound-Unterstützung direkt einsetzen zu können. Auf solchen Rechnern (also dem 520ST, 1040ST und MegaST) müssen die Samples wegen der fehlenden DMA-Sound-Hardware über eine Software-Routine abgespielt werden, die brav im Hintergrund arbeitet, dort aber nicht beliebig hohe Sample-Frequenzen verarbeiten kann.

Bild 4: Das Sound-Archiv von CrazySounds

Fazit

CrazySounds läuft auf jedem Atari ST/ STE/TT und Falcon in beliebiger Auflösung. Als Mindestvoraussetzung sollte TOS 1.04 im Rechner installiert sein. Die Klangqualität ist abhängig vom Rechnertyp - klar, daß ein FALCON mit 16Bit Stereo-Sound besser klingt als 8Bit mono über den internen ST-Monitorlautsprecher. Doch auch letzteres klingt erstaunlich gut. Wer also seinen Rechner um eine neue akustische Dimension erweitern oder einfach etwas Leben in der Bude haben will, dem sei CrazySounds wärmstens empfohlen. Unvergleichlich ist auf jeden Fall das Gefühl, das einem der Rechner vermittelt, nachdem er das Sprechen oder Singen gelernt hat.

Bezugsquelle:
MAXON Computer Industriestr. 26 W-6236 Eschborn

Aus presserechtlichen Gründen sind wir zu folgendem Hinweis verpflichtet: MAXON Computer als Herausgeber dieser Zeitschrift ist gleichzeitig Vertrieb des beschriebenen Programmes CrazySounds.

CrazySounds

Positiv:

Negativ:


Joachim Heller
Aus: ST-Computer 06 / 1993, Seite 30

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