Da ist ständig die Rede von Synthesizern, Expandern und Sequenzer-Programmen, aber keiner sagt mal, wie man einen Expander an ein Programm anpaßt, um eine Aufnahme per Computer zu starten. In der Regel bieten Sequenzer-Programme eine ganze Reihe Parameter, um dem angeschlossenen Gerät zu sagen, was es denn nun zu tun hat. Wird das Programm nun gewechselt, kommt man in die Verlegenheit, die Geräteeinstellungen von neuem vollziehen zu müssen.
Da die meisten Geräte über entsprechende Speichermöglichkeiten verfügen, scheint dies kein Problem zu sein, wenn da nicht ein meist viel zu klein geratenes Display wäre oder der interne Speicher nicht ausreichend erscheint. Da der Markt eine ganze Flut von Expandern bietet, haben wir uns entschlossen, ein Programm vorzustellen, das nicht veraltet und nicht brandneu unter den Editoren/Managern ist. „Two“ heißt der Kandidat. der den Presetsampler U20 (Keyboard-Version) und den U220 (Expander) softwareseitig unterstützt.
Die korrekte Bezeichnung des Expanders lautet ROLAND U-220 RS-PCM SOUND MODULE. RS-PCM steht für „Resynthesized Pulse Code Modulation“. PCM ist ein digitales Aufnahmeverfahren für Sound-Wellenformen. Die bloße Aufnahme und Wiedergabe eines Instrumentes ist aber zur Schaffung eines echten musikalischen Sounds nicht ausreichend. Grundschwingung und Obertongehalt müssen den Naturinstrumenten dynamisch nachempfunden werden, damit es auch natürlich klingt. Im U220 sind 128 hochqualitalive Instrumentalsounds enthalten - von Piano-und anderen für Klassik- oder Jazz-Ensembles passende Sounds bis zu den Synthesizersounds aus Rock und Pop. Verschiedene Parameter wie Stimmhöhe und Lautstärke können für jeden Ton (Sound) separat eingestellt werden, wodurch eine detaillierte Kontrolle über Klangfarben-Nuancen möglich ist. Tones von einer als Zubehör erhältlichen PCM-Card können zu den im U-220 schon enthaltenen Tones verwendet werden. Im U-220 ist ein mullitimbraler Sound-Generator enthalten, der gleichzeitig 6 Parts und einen Rhythmus-Part erzeugen kann. Die Sounds und Effekte (Chorus und Reverb) können in 64 Patches abgespeichert werden. Diese sind nicht per Card erweiterbar. Rückseitig sind 3 Stereoausgänge (6 mal Klinkenbuchse) zu finden, die jedem Part einen eigenen Ausgang ermöglichen. Der U-220 vermag gleichzeitig 30 Stimmen zu erzeugen und besitzt eigene sowie über Card erweitertere Percussionsounds. Also das ideale Gerät, um mit Sequenzer-Programmen zu arbeiten. Um nun eine über sichtliche und schnelle Programmierung zu gewährleisten, benutzen viele User ein Editor- bzw. Managerprogramm, um letztendlich auf einem billigen Speichermedium (3,5”- ATARI Diskette) abspeichern zu können.
Diese kleine Einführung in den U-220 sollte den Aufbau und die Funktionen von „TWO“ etwas verständlicher machen, damit auch die jenigen. die dieses Gerät nicht ihr eigen nennen, wissen, um was es eigentlich geht.
Ein Timbre ist die kleinste Einheit, auf die ein Klang zurückzuführen ist. Es besteht aus einem nicht veränderbaren „Preset-Tone“. Dies sind die eigentlichen Wellenformen. die auf dieser Seite bearbeitet werden können. Und dies ist schon eine Besonderheit. Bis zum Erscheinen dieses Gerätes war es nicht üblich, einen Presetsampier editieren zu können, jedenfalls nicht auf eine solche analoge Art und Weise. Werden die Tones manipuliert, ist dies ein Timbre, das später zur Einbindung in ein Patch dient. Diese Editor-Page teilt sich in drei Bereiche. Unter Level verbergen sich alle Lautstärkeneinstellungen: einmal der globale Pegel, die Beeinflussung durch die Anschlag-Stärke (Velocity) und der Channel-Aftertouch. Darunter ist die 4phasige Hüllkurve zu sehen, die den Lautstärkeverlauf eines Klanges bestimmt. Sie trägt den Namen ADSR-Hüllkurve und stellt die Anfangsbuchstaben der zeitlichen Phasen dar.
A = ATTACK = Zeit bis zur maximalen Lautstärke
D = DECAY = Zeit bis zum Erreichen des Sustain-Levels
S = SUSTAIN = endgültige Lautstärke bei gehaltener Taste
R = RELEASE = Zeit nach dem Loslassen der Taste, bis der Ton verstummt
Zugegeben, ein analoger Synthesizer würde hier noch eine Filter-Sektion und eine separate Hüllkurve bereitstellen, was aber bei Samplern mit erheblich mehr Aufwand verbunden wäre und den Verkaufspreis in die Höhe schnellen ließe. Aber das wollen wir doch gar nicht.
In der Mitte stehen die manuellen und die automatischen Verstimmungen zum Angriff. Coarse ist die grobe Stimmung mit einem Einstellbereich von +/- 2 Oktaven und daneben mit +/- 50 Cent als Finetune. Das manuelle Bender-Rad kann mit einem Wirkungsbereich von -36 bis +12 voreingestellt werden. Wer keine Hand frei hat, stellt einfach ein automatisches Bending ein und bestimmt die Tiefe sowie die Zeit bis zum Erreichen der original Tonhöhe. Weiter unten sind 2 Aftertouch-Parameter editierbar, die ein Verstimmen durch verstärkten Druck nach dem Anschlägen erlauben. Der Unterschied der beiden Parameter liegt darin, daß es bei Poly-Aftertouch egal ist, welche Taste verstärkt gedrückt wird, es werden alle gespielten Töne verstimmt. Bei Channel-Aftertouch betrifft dies nur die wirklich verstärkt gedrückten Töne und keine anderen. Letzteres ist nicht mit jedem MIDI-Keyboard zu erzeugen.
Detune Depth bestimmt das Verstimmen der Tones, die als Detune-Tones vorliegen. Ist ein solcher Klang gewählt, verbraucht jede angeschlagene Taste gleich 2 Stimmen. An dieser Tatsache kann der User nichts ändern, da werkseitig eigentlich gleich 2 Tones abgerufen werden. Dies geschieht in den Tiefen der Schaltkreise und ist nur mit dem Ohr nachzuvollziehen.
Zur Rechten verbleibt dann noch die Vibrato-Sektion. Hier werden die Modulationsgeschwindigkeit und die Wellenform eingestellt sowie die Verzögerung, die Tiefe und die Zeit, die bis zum Erreichen des vollen Effektes verstreicht. Auch hier ist mit Poly- und Channel-Aftertouch der Effekt erzeugbar. Ein Klick auf das Feld „List“ (rechts oben) öffnet die komplette Timbre-Liste. Von hier aus ist das Kopieren des Timbres in den temporären Bereich möglich. Der temporäre Bereich ist der Editierspeicher, in dem der Sound verändert wird. Die Auswahl der Tones erfolgt aus dem Feld unter „Level“. Mit der Maus wählt man dann aus dem internen Bereich oder von einer Card.
Nun haben wir den Zusammenhang zwischen Tones und Timbres kennengelernt. was ja noch kein multitimbrales Gerät ausmacht. Ein Patch, davon gibt es 64, organisiert die Timbres als Performance, oder wie man es auch immer nennen mag. Hier befinden sich gleich 6 Parts, die dann 6 Timbres spielen. Hinzu kommt noch das Schlagzeug, das den 7. MIDI Kanal erfordert. Jedem einzelnen Part wird eine bestimmte Anzahl an Stimmen zugeordnet. Das bedeutet, daß diese Stimmen auf jeden Fall diesem Sound gehören und nicht durch Voicestealing verlorengehen. Die wichtigsten Parts sollten also eine feste Stimmenzahl erhalten. Unwichtige Sounds, die nur gelegentlich und dann noch als Einzelsound gespielt werden, bedürfen keiner festen Stimmenzuweisung, da der U-220 die Stimmen auch dynamisch verteilt. Das bedeutet, daß jederzeit festgestellt wird, wieviel Stimmen gerade in Gebrauch sind und wieviele „geklaut“ werden dürfen.
Eine Reihe tiefer sind die Empfangskanäle angeordnet, auf denen dieser Part reagieren soll. Die Parts sind an keinen festen Tonumfang gebunden. Es können „Fenster“ von C1 bis G9 eingestellt werden. Theoretisch lassen sich 6 Timbres übereinander oder nebeneinander legen. Auch teilweise Überlappen lassen bringt schöne Ergebnisse. Als nächstes folgt der Velocity-Parameter. Anders als bei den Timbres bestimmt er hier, ab welcher Anschlagstärke dieser Part erklingen, bzw. nicht erklingen soll. Eine schöne Einrichtung, um ein dynamisches Spielen zu veredeln. Der Volume-, Pan- und Hold-Empfang ist für jeden Part abschaltbar. Ein Anwendungsbeispiel ist das Übereinanderlegen von Strings und einem Piano. Würde das Hold-Pedal für die Strings nicht abgeschaltet, entstünde entsetzlicher Brei, da die Strings dann bei vollem Pegel weiter tönen. Aus welchem Ausgang der Part nun seinen Sound ertönen läßt, entscheidet das Output-Assign-Feld links unten über Pan. Man hat die Wahl zwischen Dir1, Dir2 und Mix-Out. Letzterer erlaubt das Hinzuschalten eines Reverb-Effektes oder aber eine Kombination aus Chorus und Reverb. Auf Stellung DRY wird ebenfalls der Mix-Out benutzt, in diesem Fall ohne Effekte.
Zum Schluß noch die Lautstärke und das Stereopanorama einstellen und fertig ist ein Part bzw. Patch. Der sogenannte Rhythmus-Part nimmt eine Sonderstellung ein und bekommt daher ein eigenes Kapitel.
Das Schlagzeug ist immer schon eines der wichtigsten Instrumente gewesen und wird es wohl auch bleiben. Darum ist bei diesem Expander das Editieren jedes einzelnen Drumsounds vorgesehen. TWO erlaubt das Erstellen eines komplett neuen Drumsets und selbstverständlich auch das Abspeichern. In Abbildung 3 sehen wir links oben den Namen des Drumsets, in diesem Fall „Standard Set“. Durch Klicken darauf ist eine eigene Namensgebung möglich.
Unter dem Namen steht die alphanumerische MIDI-Notennummer, die auf die Schlagzeugnote, neben dem Feld „Source Key“, zugreift. Im eingerahmten Feld steht die genaue Bezeichnung des Percussionsounds. Es ist jetzt möglich, die Sourcekey-Nummer zu verändern, um die Anpassung an einen Sequenzersong vorzunehmen, der mal für ein anderes MIDI-Gerät programmiert wurde. Auf diese Art und Weise sind auch Fremdgeräte-Songs sofort lauffähig. Eine interessante Einrichtung ist noch der „Mute Key“, der einen lang ausklingenden Ton abschneiden kann. Nehmen wir an, mit der Taste Gis2 wird eine offene HiHat aktiviert, die aber dem User zu lange ausklänge. Da man nicht gleich mehrere Open-HiHats programmieren will, bestimmt man irgendeine Note, die die HiHat brutal abschneiden soll. Entweder ist dieser sogenannte Mute Key eine belegungsfreie oder eine Taste mit einem Schlagzeug-Sound, der ohnehin nach einer offenen HiHat klingen soll. Bei Verwendung einer belegungsfreien Taste gibt man die entsprechende Nummer am besten in den Grid-Editor eines Sequenzer-Programmes ein. Dieses Event wird dann wohl keinen Klang erzeugen, aber das zu lang ausklingende Instrument muten.
Das Feld „Out Assign“ bestimmt den Effekt bzw. den Output. Dieses Feld hätte der Markus Wiek ohne weiteres auf die Patch-Ebene plazieren können, da dieser Parameter für das komplette Set (z.B.: Tone 128) zuständig ist. Lautstärke, Anschlagdynamik, Panning und Hüllkurve sind für jede einzelne Taste einstellbar. Hinzu kommt noch die Verstimmung in groben und feinen Schritten, um ein individuelles Set erstellen zu können. Das Bender-Rad beeinflußt ebenfalls das komplette Set, wogegen die Auto-Bend-Sektion jede einzelne Note verbiegt. Dieser Effekt macht sich sehr gut bei Läufen mit elektronischen Toms. Der Drumset-Editor ist das Geld für alles zusammen schon alleine wert.
Einige Parameter werden sowieso ständig vom TWO an den U-220 gesendet, so daß ein Abspeichern am Gerät ausreichend wäre. Dennoch können Temp-Patch, All Patches, All Timbres, All Rhythm’s und Maps gesendet und empfangen werden. Wer seine kompletten U-220-Parameter sichern möchte, sendet einfach „All Date“ an TWO. Von dort ist dann alles auf ATARI-Diskette speicherbar. Für das Laden und Sichern sind nahezu die gleichen Routinen wie unter SEND/RECEIVE implementiert.
TWO unterstützt alle Funktionen des U-20 und U-220 sehr übersichtlich. Der bisher besprochene Editor ist noch nicht alles, was TWO zu bieten hat. Ein Manager erlaubt das komfortable Zusammenstellen neuer Bänke. Dies betrifft die Patches, Timbres, Rhythm-Sets und Keypatches (U-20). In Abbildung 4 sind die oben benannten Bereiche schnell zusammenzustellen.
TWO ist also ein Alleskönner, auch wenn es beim Senden eines Patches ein paar Ungereimtheiten gibt. Sendet man ein Patch an den U-220, so erscheint die Meldung „RECEIVING SYS EX“, was ja noch nichts zu bedeuten hat. Nach einer Weile meldet der U-220 dann „MIDI Buffer Full“. Dies gibt mir schon zu denken. Spielt man den ersten Ton, erscheint „SYS EX CHECK SUM ERROR“. TWO sendet also nicht timinggerecht und verursacht dadurch eventuell Datenverluste. Hier sollte das Übertragungsprotokoll noch einmal überdacht werden, um dem U-220 genügend Zeit für den Empfang zu geben. Die quadratische, deutsche Bedienungsanleitung (etwas kleiner als DIN A5) liefert mit ihren 39 Seiten und knappen Beschreibungen nur eine mäßige Einweisung in das Programm. Auf die Vermittlung von Hintergrundwissen ist ganz und gar verzichtet worden. Mal vorausgesetzt, alles funktioniere reibungslos, ist der Preis von DM 120,- auf jeden Fall gerechtfertigt. In manchen Windows wünscht man sich allerdings ein paar Buttons, die eine Funktion beim Namen nennen, denn wer sollte wissen, daß ein Timbre, zwischen den Bänken abgelegt, eine Löschroutine auslöst? TWO bietet einige dieser Beschreibungsnachschlagpflichten. Das Laden eines Timbres aus der List ist auch nicht ohne Tücken. Wird ein Timbre aus der List gewählt, das sich genau über dem darunter liegenden EXIT-Feld (noch verdeckt) befindet, wird diese Routine gleich wieder abgebrochen. Könnte das vielleicht an der Rechneranpassung liegen? Wie dem auch sei, in einigen Punkten bedarf TWO noch ein paar kleiner Überarbeitungen.
ww
Bezugsadresse:
Musikhalle Nürnberg
Bulmannstr. 20
W-8500 Nürnberg
TWO
Positiv:
Negativ: