Phase 4 Teil 2 - Achtung Aufnahme

Wie im ersten Teil versprochen, sollen nun die Aufnahme gestartet und ein Film kreiert werden. Anschließend werden wir Phase 3 starten und die Bilder farbig nachbearbeiten. In der vierten Phase wird ein Bild gerendert, also berechnet. Die Hoffnung, daß der brandneue Iris-Render noch rechtzeitig zum Test auftaucht, hat sich leider nicht bestätigt. Obwohl der Hersteller es schon veröffentlicht hat und der Distributor uns mehrfach versicherte, uns auf dem aktuellen Stand zu halten, traf der Iris-Render bis zur letzten Sekunde nicht ein. Sobald er uns vorliegt, reichen wir einen entsprechenden Test nach.

Sind Chronos gestartet, die Objekte, die Kamera und das Licht positioniert, kann mit der Kamerafahrt begonnen werden. Selbstverständlich wird nicht jedes einzelne Bild vom User gestaltet und abgespeichert. Man unterscheidet zwei Arten von Frames (Rahmen/Bilder): Key- und Tween-Frames. Die Tween-Frames sind die vom Computer generierten Bilder zwischen den Key-Frames. Wurden im Frame-Window erst einmal genug Frames geöffnet, kann nun jeder angeklickt werden. Ist ein Rahmen selektiert und man verändert das Objekt, wird dieser Rahmen als Key-Frame genommen. Leider wird eine Kameraveränderung nicht registriert, und somit muß erst am Objekt eine winzige Veränderung vorgenommen werden, um auch die Kameraeinstellungen mit einfließen zu lassen. Wurden genug Key-Frames erarbeitet, kann der Film aufgenommen werden. Dazu wird im File-Menü der Punkt Record angewählt. In diesem Aufnahme-Center werden alle Filmeigenschaften eingestellt. In der erscheinenden Dialogbox können die Rahmen ausgewählt werden, die bearbeitet werden sollen: durch den Button ‚All‘ werden alle generierten Rahmen, während durch den Button ‚Selected‘ nur das jeweilige Start-und End-Bild, sowie bestimmte Zwischenrahmen beachtet werden. Dies ist recht nützlich um einen groben Überblick über den gesamten Film zu bekommen.

Nun muß die Farbe eingestellt werden. Hier stellt sich leider ein kleines Problem. In Cyber Sculpt konnten den Objekten noch max. 16 Farben zugeordnet werden. In Chronos wird diese Zuordnung aber ignoriert. Die einzige Farbänderung, die man vornehmen kann, existiert in Prism Paint. Nichtsdestotrotz muß man aber die Auflösung einstellen, und so bietet sich für den normalen TT-User die 256-Color-Lösung an. Auf einem ST oder STE ist nur die ‚Current‘-Auflösung anwählbar. Die beiden Grafikkarten, die hier noch unterstützt werden, waren mir leider nicht bekannt, in der neuesten Version wird bereits die 800x6(00-Auflösung der Matrixkarte unterstützt.

Im Render Mode wird entschieden, wie die Objekte behandelt werden sollen. Entweder alle, oder nur die sichbaren Kanten, bzw. ganze Flächen mit oder ohne Kanten. Der Button ‚Final‘ führt dabei dazu, daß die Berechnung optimale Ergebnisse erzielt.

Stichprobe

Da die Aufnahme recht lange dauern kann, möchte man vielleicht eine Kostprobe haben, um noch einmal alles zu kontrollieren. Dazu sollten einige Frames selektiert werden, und dann wird unter Preview eine Vorschau geliefert. Sie wird allerdings nicht auf Disk gesichert, und man kann sie später auch nicht als Animation abspielen. Ist alles in Ordnung, kann mit ‚Record‘ die Aufnahme gestartet werden. Sollte nicht genug Platz auf dem Speichermedium sein, wird davor gewarnt. Nach erfolgreichem Abschluß kann man sich die Animation wieder anschauen. Dazu muß im File-Menü ‚Play‘ angeklickt werden. Solch ein Play-Modul findet sich auch in allen Programmen wieder. Sogar als einzelnes Programm auf der Utility-Disk ist eins vorhanden. Im Play-Modul kann die Abspielgeschwindigkeit in feet per second eingestellt werden. Sollte die Animation nicht in den vorhandenen Speicher passen, kann die Abspielung direkt von Disk erfolgen. Im Normalfall wird der Film nach dem Beenden wieder von vorne gestartet. Durch Anwählen von ‚Ping-Pong’ wird der Film beim Ende in umgekehrter Reihenfolge der Rahmen abgespielt. Chronos TT läuft in der hohen und mittleren TT-Auflösung und analog dazu die Chronos ST-Version in ST Hoch und ST-Mittel.

Phase 3

Jetzt kommt endlich die Farbe ins Spiel. Prism Paint als dritte Stufe im Phase-4-Paket ähnelt beim Start dem altbekannten Degas Elite. Alle Funktionen sind in einem Fenster untergebracht und es soll hier darauf verzichtet werden, die einzelnen Zeichenfunktionen zu erklären. Es sei lediglich angemerkt, daß sie alle einwandfrei funktionieren. Ziel ist, unserem Film Farbe einzuhauchen. Da er in 256 Farben berechnet wurde, muß Prism Paint auch in TT-Low gestartet werden. Hält man beim Start von Prism Paint die Alternate-Taste gedrückt, erscheint ein Setup- Dialog. Dort kann dem Programm Speicher aus ST-RAM und TT-RAM zugewiesen werden.

Das Aufnahmestudio
Das generelle Abspielmodul
Speicherzuteilung beim Start
Jedem einzelnen Objekt kann eine Oberfläche zu geordnet werden.
Alles im Fenster bei Prism Paint

Am Ende des Regenbogens

Ist Prism Paint geladen, kann die Animation in den Speicher geholt werden. Die Größe der zu bearbeitenden Filmdateien ist somit durch den frei verfügbaren Arbeitsspeicher begrenzt, was durchaus ärgerlich sein kann. Die auf der Produktbeschreibung erwähnten „special effects“ konnte ich leider nicht entdecken, so daß Prism Paint eigentlich nur die ganz ‚normalen‘ Maleffekte bietet, was etwas enttäuscht ist. Hervorzuheben ist allerdings die Möglichkeit, GIF-Bilder laden und sichern zu können. Alles in allem scheint Prism Paint ein einfaches Malprogramm zu sein, das um die Möglichkeit der Filmbearbeitung erweitert wurde.

Phase 4

Nachdem das Malprogramm nicht gerade die Erwartungen erfüllte, soll der Renderer herhalten. Hier fehlt allerdings ein gedrucktes Handbuch, so daß der Drucker eingeschaltet werden muß, um die paar Seiten englischer Anleitung auszudrucken. Die Oberfläche kommt in GEM daher, und man staunt nicht schlecht über das Fehlen diverser Einstellmöglichkeiten. Im File-Menü kann die Animation geladen und abgespielt werden. Das geöffnete Objekt-Window zeigt die selektierten und geladenen Objekte. Unter dem Menü Scene verbergen sich die Environment-Einstellungen. Dort fällt aber lediglich die Entscheidung, ob eine kreiert werden soll. Nun wird den Objekten noch die Oberfläche zugewiesen und dann geht’s auch los. Die Oberflächen sind schon vorhanden, so daß ein unnötiges Experimentieren mit Farben, Reflexionen und Lichtdurchlässigkeit entfällt. Leider sind die Liste nicht erweiter- und die Oberflächen nicht veränderbar. Das ist natürlich sehr schade, deckt aber den allgemeinen Produktzustand noch weiter auf. Denn um den User die Möglichkeit zu geben, seine eigenen Oberflächen zu gestalten und seine eigene Umgebung zu entwickeln, ist einiges an Programmieraufwand erforderlich, der aber aus Zeitgründen unterblieb.

ST oder TT?

Und spätestens hier fängt jeder ST-Besitzer an, gegen die Tränen anzukämpfen. So dauerte die Berechnung der mitgelieferten Beispieldatei auf einem normalen ST ca. 5 Wochen!!! Eine Zeit, die niemandem zuzumuten ist. Wer sich jetzt aber als TT-Besitzer die Hände reibt, freut sich zu früh. Denn selbst mit Coprozessor-Unterstützung dauerte es noch 27 Stunden. So war es mir auch unmöglich, mehrere Einstellungen der Materialien auszuprobieren, ohne dabei den Rechner wochenlang zu blockieren. Eine Lösung wäre vielleicht Multi-TOS, wenn die Berechnung im Hintergrund laufen und das Programm nicht einen Statusbalken in einem Dialog anzeigen würde. Auf Grund dieser Tatsachen sollte man auf das Rendern mit diesem Programm z.Z. verzichten. Vielleicht bietet das angekündigte Programm Iris-Render (vom gleichen Hersteller) eine angenehme Überraschung.

Die Utilities

An Utilities wird wiederum nicht gegeizt. Da gibt es sowohl die einzelnen Play-Module als auch Bildkonverter. Als Neuerung gibt es einen VDO-Generator und einen Player dazu. Der Generator erstellt einen Film mit der Endung VDO, und man kann nacheinander GIF-Bilder bestimmen, die dort mit hineinkommen sollen. Die GIF-Bilder sollten dem Prism Paint in TT-Low entstammen, da sich der Generator sonst weigert, sie anzunehmen. Den restlichen Tools kann eine korrekte Funktion nicht abgesprochen werden, so daß hier wieder einiges an Boden gut gemacht wird.

Fazit

Die Erwartungen waren hoch bei mir. Besonders als ich die amerikanischen Produktbeschreibung in Händen hielt, war meine Spannung bzgl. der Leistungsfähigkeit des Pakets sehr groß. Auf das Dictionary konnte ich getrost verzichten, da die Anleitungen alle in sehr leicht verständlichem Englisch geschrieben waren. Unter Zuhilfenahme einiger fertiger Objekte gelang es auch recht schnell, in Cyber Sculpt das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Mit Chronos kam allerdings die Ernüchterung. Konnte man das Objekt auch stauchen, drehen und skalieren, so fehlten doch ein paar wichtige Funktionen (biegen, knicken etc.). Sehr schön sind dort die verschiedenen Blickmöglichkeiten (Regiestuhl, Kamera) auf das Objekt. Außer ein paar Bugs ein ausbaufähiges Programm, welches zweifelsohne das Herzstück von Phase-4 darstellt. Das Malprogramm enttäuscht leider, da es keine globalen Funktionen für den ganzen Film gibt. Und jedes einzelne Bild von Hand zu bearbeiten, sollte keinem zugemutet werden. Der Render steckt wohl noch in den Startlöchern fest. Die eingeschränkte Oberflächenbibliothek und die Rechenzeit machen ein vernünftiges und professionelles Arbeiten unmöglich. Und daß der professionelle Markt angesprochen wird, zeigt alleine der Preis von 598,- DM. Wer sich jetzt noch nicht dafür oder dagegen entscheiden kann, sollte die CeBit abwarten und auf den Iris-Render warten.

Bezugsquelle:
Richter Distributor
Hagener Straße 65
W-5820 Gevelsberg

Chronos

Positiv:

gute GEM-Oberfläche
übersichtliche Dialoge
schnelle Filmberechnung

Negativ:

Dongle
Farbzuteilung nicht möglich
geringe Anzahl von Tools zur Objektveränderung

Prism Privat

Positiv:

läuft in allen Auflösungen
lädt und sichert GIF-Bilder

Negativ:

Keine Bearbeitung von großen Filmdateien
bescheidener Funktionsumfang

Render 24

Positiv:

vorgefertigte Materialien

**Negativ: **

viel zu lange Berechnungszeiten keine Editiermöglichkeiten

Phase 4-gesamt

Positiv:

saubere GEM-Oberflächen
gute englische Dokumentation

Negativ:

schwacher Farbteil
zuviele Einzelprogramme
zu hoher Preis


Joachim Heller
Aus: ST-Computer 04 / 1993, Seite 100

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