Leserbriefe

Falcon oder MS-DOS?

Mein 1040STE wird mir langsam aber sicher zu klein. Die Prozessorleistung reicht für anspruchsvollere Aufgaben wie DTP und Grafik nicht mehr aus, zumal die Grafikfähigkeiten des Rechners für derartige Anwendungen unzureichend sind. Nun stellt sich die Frage, welcher Computer die Nachfolge meines STEs antreten soll.

Die MS-DOS-Rechner haben ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Leistungen von 10 MIPS und mehr, Grafikkarten mit 16 Mio.Farben, große Festplatten, gute Tastaturen, ein vernünftiges Gehäuse und HD-Floppies sind heute quasi für'n Appel und ’n Ei zu haben. ATARIs Falcon muß sich schon ganz schön anstrengen, um da mithalten zu können.

In Sachen Prozessorleistung zieht er auf jeden Fall den Kürzeren, da ein 40MHz-386er oder ein 33MHz-486er auf jeden Fall bessere Karten haben. Bei der Grafik bin ich mir noch nicht so sicher. Den 16 Mio. Farben einer Speedstar 24X, die mehr und mehr zum Standard wird, hat der Falcon nichts entgegenzusetzen; aber wie sieht es mit der Geschwindigkeit des Grafikaufbaus aus?

Beim ATARI wie beim PC unter Windows oder OS/2 ist die Geschwindigkeit des Grafikaufbaus ein entscheidender Faktor für angenehmes Arbeiten. Die Speedstar ist eine S3-VGA-Karte, hat also eine Art Blitter, der Falcon hat auch einen. Der AT-Bus, an dem die Speedstar angeschlossen ist, ist sehr langsam. Wie schnell ist der Datentransfer auf dem Falcon-Bus?

In Sachen Sound ist der Falcon in dieser Preisklasse unschlagbar. Es wäre allerdings schade, wenn der DSP nur für Soundeffekte eingesetzt würde, denn er ist offensichtlich in der Lage, dem 68030 einige Arbeit abzunehmen. Die Falcon-Tastatur soll zwar besser geworden sein, aber sie wurde in keiner ATARI-Zeitschrift lobend erwähnt. Deshalb gehe ich davon aus, daß sie auch nicht das Gelbe vom Ei ist.

Für mich spielt auch die Programmierbarkeit eine große Rolle, und da ist der ATARI dem PC überlegen. Das Angebot der Programmiersprachen ist auf einem PC sicherlich größer, aber selbst die beste Programmiersprache hat auf dem PC mit den vielen hard- und softwaremäßigen Unzulänglichkeiten des Rechners zu kämpfen, die sich aus der Forderung nach 100%tiger Kompatibilität zum Ur-PC ergeben. So ist es oft nicht möglich, Speicherbereiche über 64KB an einem Stück zu verwalten oder mehr als 640KB Programm Speicher zu belegen. Unter Windows oder OS/2 gehören diese Probleme eigentlich der Vergangenheit an, jedoch produzieren viele Compiler nur 8086- oder 80286-Code, so daß derartige Einschränkungen auch unter Windows gelten.

Ich werde mich wohl für einen Falcon entscheiden, da er der zur Zeit preiswerteste 68030-Rechner mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis ist. Die nicht gerade üppige Prozessorleistung wird hoffentlich durch die vielen Spezialbausteine weitgehend kompensiert. Vielleicht wird mich irgendwann die schlechte Erweiterbarkeit des Rechners stören. Aber man muß bedenken, daß beim PC der AT-Bus mit den heutigen Grafikkarten, Festplatten und Soundkarten schon an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist. Zukünftige Erweiterungen werden noch höhere Datentransferraten benötigen, die der Bus nicht mehr liefern kann. Es müßte dann ein Rechner mit einem schnelleren Bus her (z.B. EISA), doch der ist nicht mehr in der Falcon-Preisklasse.

D. Hohnmnn

Red.: Ein Vergleich MS-DOS/ Falcon030 ist im Augenblick sehr schwierig. Neueinsteiger werden sicherlich von den extrem niedrigen Preisen der DOS-Welt beeindruckt sein, demgegenüber erscheint ein Falcon030 (oberflächlich betrachtet) recht teuer. Wer allerdings bereits seit Jahren mit einem bestimmten System arbeitet und sich an die Software gewöhnt hat, wird kaum gerne umsteigen wollen. Dies sind die ersten potentiellen Kunden eines Falcon030; sie wollen weiterhin ihre gewohnte Software benutzen, sich aber durch die neuen Hardware-Möglichkeiten des Rechners neue Anwendungsgebiete z B. Video- oder Sound-Bearbeitung erschließen. Allerdings wird es nicht reichen, sich auf den bewährten Kundenstamm zu verlassen. ATARI braucht Neueinsteiger, um den Falcon030 weiter zu verbreiten. Diesbezüglich sollte man in den Führungsetagen ATARIs die Marketing-Strategie noch einmal überdenken.

Der Falcon auf der Baustelle

Seit Monaten warte ich auf das Auftauchen des Falcon. und vorgestern ist es mir endlich gelungen, einen zu entdecken (s. Foto). Ich war zugegebenermaßen etwas überrascht von seinem Erscheinungsbild, aber an seinem typischen ATARI-Grau habe ich ihn sofort erkannt. Zunächst überlegte ich. ob das wirklich das vielgelobte neue Produkt von ATARI sein könne, aber bald fiel mir auf, daß Jack Tramiel hiermit wieder ein genialer Coup gelungen ist. Während in der Computer-Branche viele Firmen durch den starken Preisverfall ums Überleben kämpfen, verzeichnet die Bauindustrie aufgrund der allgemeinen Wohnungsnot und durch den Aufbau in den neuen Bundesländern ungeahnte Zuwachsraten. Was liegt da näher, als mit einem mit vielen Vorschußlorbeeren bedachten Produkt genau in diesen Markt zu stoßen? Allen, die in letzter Zeit vielfach den Untergang von ATARI prognostiziert haben, wird hiermit der Wind aus den Segeln genommen. Nur die ATARI-Fachzeitschriften müssen ihren Inhalt noch entsprechend anpassen. Demnächst in der ST-Computer: Der Falcon zum Selberbauen. Man nehme einen Sack Zement...?

U. Weber W-5100 Aachen

Red.: Man möge es uns verzeihen, aber wir fanden diesen Brief nebst Foto so witzig, daß wir ihn unseren Lesern nicht vorenthalten wollten.

Was läuft am Falcon030?

Wie viele andere ATARIaner beobachte ich gespannt die Entwicklung auf dem ATARI-Markt. Auch ich spiele mit dem Gedanken, mir einen Falcon030 zu kauten, was mir mangels MultiTOS und spezieller Falcon-Produkte jedoch zu unsicher erscheint.

Wünschenswert ist vor allem, daß endlich einmal jemand die Befehle des DSP 56001 auflistet. Ein DSP-Kurs in der ST-Computer wäre sicherlich nicht unangebracht, ebenso eine Auflistung der Peripherie, die sich mit dem Falcon verträgt. Hier sind insbesondere Massenspeicher wie AT- und SCSI-Festplatten zu nennen (z.B Quantum 105LPS), aber auch Monitore (was leistet z.B. ein NEC 4FG an einem Falcon030 mit Screenblaster?). Ich bin sicher, daß für viele ATARIaner so eine „Auflistung der kompatiblen Hardware“ eine große Hilfe beim Umstieg wäre.

I. Raieczak, W-5300 Bonn

Red.: Wir sind natürlich bemüht, zusammenzustellen, welche Hardware am Falcon030 zu betreiben ist. Generell kann man sagen, daß es mit SCSI-Festplatten sehr selten Probleme gibt. Der SCSI-Anschluß am Falcon ist ein „echter“ SCSI-Bus, an dem Festplatten problemlos zu betreiben sind. Wie das mit andern Geräten (Scanner, Drucker usw.) aussieht, wird sich in Kürze erweisen, sobald der Falcon030 in größeren Stückzahlen im Handel befindlich ist.

Austauschplatte im Mega-STE?

Ich besitze einen ATARI Mega STE 4 mit einer 48-MB-Seagate ST157-N-Festplatte. Da die Festplatte für mehrere größere Software-Pakete (TEX usw.) recht klein ist, möchte ich gerne eine größere kaufen. Meine Frage: Ist es möglich, ein konventionelles SCSI Laufwerk direkt am Harddisk-Controller des Mega STE als Ersatz für das alte Laufwerk anzuschließen? Auf der Controller-Platine befindet sich nämlich ein Chip mit dem Aufkleber „SCSI“’. Zwar gibt es auch Laufwerke für den ACSI Anschluß, jedoch sind diese im Vergleich mit den Platten auf dem PC-Markt recht teuer.

M. Buckel. W 7XBH Rheinjelden-Minsein

Red.: Mit dem SCSI-Host-Adapter im Mega-STE kann man (nahezu) beliebige SCSI-Platten betreiben. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß das Laufwerk mechanisch in das Gehäuse paßt, sich die Parity-Option (Prüf-Bit) der Festplatte abschalten läßt und die SCSI-ID des Laufwerks auf 0 geschaltet wird. Meist ist dies über Jumper direkt auf der Platine der Festplatte möglich. Sie können diese Platte dann direkt im Austausch für die Seagate einsetzen. Allerdings kann der Host-Adapter nur eine einzige Platte verwalten. Wenn Sie Ihre Daten kopieren wollen, müssen Sie dies leider per Disketten-Backup tun.

Macht ATARI Fehler?

Da es in Deutschland mittlerweile Mode ist, über alles, was nicht läuft wie geplant, in ein mächtiges Gejammer zu verfallen, möchte ich auch mal einen Leserbrief los werden! Da wird über „Versäumnisse“ der Firma ATARI lamentiert, über die Probleme der Kunden und die der Händler. Es kommt aber keiner der „Experten“ einmal auf die Idee, sich vor Augen zu halten, was diese Firma in den letzten Jahren alles geleistet hat! Sie hat in Eigenregie, also Hard- und Software (Betriebssystem!), eine Vielzahl von guten Produkten entwickelt: den MEGA STE, das Notebook, das ST Pad, den Unix TT, FSM-GDOS ...

Alles Produkte der letzten Jahre, die, bis auf wenige Ausnahmen, vom Markt nicht angenommen wurden. Warum?

Weil jeder, der Computer sagt, IBM-PC denkt, aber sich keiner solch eine Maschine kauft. Es werden Nachbauten, sogenannte „Kompatible“ gekauft, an denen der Markt kein Interesse haben dürfte, weil an solchen Geräten kein Geld mehr zu verdienen ist. Aber trotzdem, es wird weiterhin auf einen PC/M-Ableger von Microsoft, das sog. DOS, gesetzt, dessen Unvermögen, ein Betriebssystem zu werden, mit der Arroganz der sogenannten „Experten“ ignoriert wird, die in der Gegenwart nur noch von der unserer Verkehrsplaner übertroffen wird.

Sicher, auch bei ATARI ist nicht alles in Ordnung. Aber man darf nicht die Leistungen dieser Firma mit dem PC-Markt vergleichen. Dort wird mit einem kaum zu vertretenden Einsatz von von Hard- und Software an einem Fossil festgehalten. Keine der an der Entwicklung dieses Rechners beteiligten Firmen (IBM & Microsoft & INTEL) hat wirklich etwas zu seiner Weiterentwicklung beigetragen (Speicherverwaltung, Chip-Sätze, Grafikkarten). Nun ist der PC nach 10 Jahren auf dem Stand, den ATARI mit seinen Rechnern schon immer hatte. Benutzeroberfläche und ein großer Speicher machen ihn nach außen hin fast zu einem ST. Doch um was für einen Preis! Festplatten sind so groß, daß man fast Bibliotheken darauf abspeichern könnte. Prozessoren stellen Rechenleistungen bereit, um damit zum Mond fliegen zu können, aber kein DOS nutzt sie. Speicher wird nur noch in MBs verschwendet, um ein DOS-Fenster simulieren zu können. Compiler linken zu den Programmen Routinen dazu, um die Schwächen von DOS zu umgehen, und brauchen dann mal eben 30 MB auf der Festplatte.

Nur ein PD-C-Compiler (GNU C) kann 32-Bit-Software erstellen, obwohl ein 386er das schon seit Jahren verarbeiten kann. Diese Liste der Versäumnisse und Fehler der DOS-Welt ließe sich beliebig fortsetzen. Aber was soll's? Solange es „User“ gibt, die lieber stundenlang an ihren Rechnern arbeiten als mit ihm zu arbeiten und schier endlose Fachgespräche über AUTOEXEC.BAT und CONFIG.SYS führen wollen, ist eines sicher: Der Computernachwuchs bleibt auf der Strecke. Das Ziel der Computer für alle ist zwar nicht mehr ganz so weit von uns entfernt, aber es gibt immer weniger Menschen, die ihn verstehen. Wer kann denn als 9jähriger mit einem PC unter Windows und TurboC++ den Einstieg in die EDV schaffen? Er erliegt doch der Faszination des Unbegreiflichen! Es muß immer einen Einstieg in ein Fach geben! Gerade beim Computer.

Die wettbewerbsverzerrenden Preise auf dem PC-Markt werden wohl hoffentlich bald der Vergangenheit angehören, denn wer will ein Produkt, an dem nichts mehr verdient wird? So, das mußte mal gesagt werden!

N.Kaiser, W-7082 Oberkochen



Aus: ST-Computer 02 / 1993, Seite 134

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