1982: Für 1500 DM kaufte ich bei VOBIS mein erstes Diskettenlaufwerk, für den PET von COMMODORE. Volle 180 Kilobyte paßten 1981 auf eine Diskette. Ein Traum von Speicherplatz! Und heute? Eine 40seitige Dokumentation in CALAMUS mit einigen Grautonbildern, dazu die Backup-Files und die Roh-Scans - leicht kommen für das Archiv 50 MByte Platzbedarf zusammen. Ein Werbeprospekt mit Farbbildern verschlingt soviel für nur eine Seite. Wer sich mit DTP und elektronischer Bildverarbeitung beschäftigt, kennt das Problem. Meine 25 SYQUEST-Wechselmedien mit je 44MB reichen jedenfalls nicht mehr. Zeit für die nächste Generation von Massenspeichern.
Was kostet die Welt? Die Kostenaufstellung (Investition plus Medien) über dem kumulierten Speichervolumen im ersten Diagramm zeigt, daß die SY QUEST-Wechselfestplatten bei höherem Speicherbedarf zu teuer werden. Man bezahlt den Vorteil der im Vergleich mit Festplatten hohen Arbeitsgeschwindigkeit. Am günstigsten hinsichtlich der Kosten ist der Streamer: geringe Geräteinvestition bei vernachlässigbaren Medienpreisen. Keinesfalls vernachlässigbar dagegen sind die hohen Zugriffszeiten.
Einen guten Kompromiß zwischen den beiden Extremen verspricht die magnetooptische Wechselplatte. Seit einigen Jahren schon angeboten mit ca. 600 nutzbaren MByte pro Medium, gibt es neuerdings die kleine Version mit 128 Mbyte. Das Gerät kostet etwa 4.300 DM, ein Medium dazu ca. 190 DM. Passend für Computer mit SCSI-Schnittstelle. Dazu das Spezialpaket für den Betrieb am ATARI TT, Macintosh oder PC, je nach Gerät ab 300 DM (alles zzgl. MWSt.).
Das ATARI-graue Gehäuse nimmt nicht viel Platz ein. Von vorne sieht es aus wie ein externes Diskettenlaufwerk: Diskettenschlitz im 3,5"-Format, Auswurftaste und Leuchtdiode laden zum Verwechseln mit den Floppies ein. Von hinten beeindrucken die beiden SCSI-Buchsen und der einfach zugängliche Zweitast-Codierschalter für die Busadresse. Das Gerät ist hervorragend verarbeitet. Ein Minuspunkt ist das fehlende Verbindungskabel für Anwender, die bereits ein weiteres SCSI-Gerät betreiben, ein SYQUEST-Laufwerk zum Beispiel. Offensichtlich ist das Kabel mit den beiden 50poligen Steckern eher selten, es dauert zehn Tage bis zur Lieferung. Die beiliegende Software besteht aus dem schnellen Dateikopierer KOBOLD und dem Festplattentreiber von Hard&Soft mit hervorragender Dokumentation. Die Gerätedokumentation selber ist optisch professionell gearbeitet, inhaltlich eigentlich auch. Wenn nur der TT wenigstens einmal erwähnt wäre!
Den zweiten Minuspunkt erteile ich nach dem Einschalten: Der Lüfter rauscht unüberhörbar. Das fällt vor allem dann störend auf, wenn man den TT mit thermogeregeltem Lüfter betreibt. Es ist unbegreiflich, daß die Hersteller den Kunden noch derartige Geräuschkulissen zumuten.
Ein Medium gehört zum Lieferumfang. Von außen ist es völlig identisch mit einer normalen Floppy, bis auf die doppelte Dicke. Hinter dem Schutzschieber sieht man eine CD-ähnliche schillernde Oberfläche. Beim Beschreiben erhitzt ein Laserstrahl punktuell das Trägermaterial, in das magnetische Partikel eingebettet sind. In einem Magnetfeld lassen sich die Partikel dann in gewünschter Richtung ausrichten. Beim Lesevorgang wird der Laserstrahl an den Partikeln unterschiedlich reflektiert und entsprechend optisch ausgewertet. Das Verfahren ist völlig unempfindlich gegenüber äußeren Magnetfeldern. Mechanische Beschädigungen während des Betriebes sind sehr unwahrscheinlich, da die Schreib-/Leseeinheit im Gegensatz zu herkömmlichen magnetischen Festplatten einige Millimeter über der Medienoberfläche schwebt. Die Lagerung soll verlustlos über zehn Jahre möglich sein.
Der letzte kleine Minuspunkt ist fällig beim Versuch, ein Medium zu formatieren. Wie erwähnt, gibt die Anleitung keinerlei Hinweis zum Betrieb der GIGAFILE 128 am TT. Logischerweise probiert man also zuerst mit der eigenen Software. Mit der Original-ATARI-Software, Version 5.0, kommt man nicht weit; sie verweigert die Formatierung. Problemlos klappt es nur mit dem beiliegenden HU-SHI-Paket von Hard&Soft. Zwanzig Minuten dauert die Prozedur!
Über die Vorzüge des Kobold braucht man kein Wort zu verlieren. Jedenfalls kann er über seine Batch-Fähigkeiten nun alle Register bei der Automatisierung von Archivierung und Datensicherung ziehen.
Das Schöne an der GIGAFILE ist der kleine Raumbedarf: Neben meinem Meter SYQUEST-Medien im Regal sieht die 10cm-Reihe GIGA-Floppies eher putzig aus, bei gleicher Kapazität. Auch der Medienwechsel macht Spaß: die Gedenkminute während der Initialisierung der SYQUEST entfällt fast völlig, das Laufwerk läuft sofort hoch und ist unmittelbar zugriffsbereit. Ohne zusätzliche Geräuschentwicklung, die Zugriffe sind kaum hörbar. Ein Druck auf die Auswurftaste schiebt das Medium elektromotorisch sanft aus dem Gerät. Macintosh-Feeling.
Das zweite Diagramm zeigt die Zugriffszeiten und Übertragungsraten der von mir verwendeten QUANTUM-Festplatte, der SCSI-SYQUEST und der GIGAFILE 128. Alle Werte ermittelt mit dem Geschwindigkeitsmeßprogramm der HUSHI-Software. SYQUEST und GIGAFILE enthielten nur jeweils eine große Partition mit 44 bzw. 128 MB, die Zeiten für die QUANTUM wurden getrennt für eine 5MB- und eine 70MB-Partition gemessen. Die Werte zeigen, daß man den Einsatzzweck für die GIGAFILE vor Anschaffung sehr genau diskutieren muß. Verglichen mit einer SYQUEST darf man keine Geschwindigkeitswunder erwarten.
Als Arbeits-Massenspeicher eignet sich die GIGAFILE aufgrund der insgesamt langsamen Transferraten also weniger, wenn auch prinzipiell nichts dagegen spricht, sie bei der täglichen Arbeit einzusetzen. Aber bei der Arbeit mit großen Files im MB-Bereich und bei häufigem Zwischenspeichern ist eine große Fest-platten-Partition unabdingbar. Wenn, ja, wenn entsprechender Platz auf der Festplatte verfügbar ist. Und genau da liegt eine der Stärken der GIGAFILE: kurzfristiges Auslagern von Projektdaten in großer Menge, um Platz für aktuelle Arbeit zu schaffen. Das ideale Zwischenarchiv, wenn eine SYQUEST-Wechselplatte zu klein ist. Ideal ist die GIGAFILE dann bei der Tages- und der Wochensicherung der Festplatte. Automatisch durchführbar mit den Batch-Fähigkeiten des KOBOLD.
Haupteinsatzgebiet für die GIGAFILE 128 dürfte jedoch das Archiv sein. Ab etwa 2 Gigabyte Speicherbedarf lohnt sich die GIGAFILE wirtschaftlich gegenüber den SYQUEST-Systemen, wenn man häufigen und schnellen Zugriff auf bestimmte Daten braucht. Im Archiv zählt dann auch die Unempfindlichkeit des magneto-optischen Mediums gegenüber rein magnetischer Aufzeichnung. Und in diesem Punkt ist die GIGAFILE den konkurrenzlos preisgünstigen Streamer-Systemen haushoch überlegen.
Die GIGAFILE 128 ist ein zuverlässiges Wechselplattenmedium, dessen Einsatz sich dort lohnt, wo große Datenmengen in Zwischenablagen und langfristig beständigen Archiven im schnellen Zugriff stehen sollen. Das Medium ist ideal für Tages- und Wochensicherungen durch 128 MB kontinuierlicher Kapazität.
Wünschenswert wäre, wenn sich die GIGAFILE-Wechselfestplatten auch bei Belichtungsstudios durchsetzen würden; oft sind für größere Jobs SYQUEST-Wechsel-platten zu klein und dabei unhandlich und empfindlich beim Versand. Für die Arbeit im Direktzugriff sind SYQUEST-Wechselfestplatten aufgrund höherer Transfergeschwindigkeiten besser geeignet.
Dr.-Ing. Ulrich Thiele
Bezugsquelle:
Computer-Systeme Suplie GmbH
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