Low-Cost-High-Speed-Modem

Mitte letzten Jahres stellten wir Ihnen fünf High-Speed-Modems vor. Mittlerweile hat sich jedoch, wie der interessierte Leser bestimmt schon bemerkt hat, einiges auf dem Markt getan: Geräte mit DSP liegen nun unterhalb der 1000 I)M-Grenze, und es gibt einige Low-Cost-Produkte, die noch günstiger sind und anscheinend das gleiche wie die etwas teureren Brüder leisten. Wir haben uns zwei Angebote herausgepickt...

Diese zwei Modems waren schon gleich nach dem Öffnen der Verpackung für eine Überraschung gut: Sie sind baugleich und haben lediglich eine unterschiedliche Typenbezeichnung. Das Gerät der Firma TKR GmbH in Kiel nennt sich IM-144VF+, wobei IM andeutet. daß es sich um ein Exportgerät handelt. Das zweite Modem kommt vom DTP Service Julian Riedlbauer, ein in ATARI-Kreisen wohl eher unbekannteres Unternehmen. Dort heißt das gleiche Modem ACEEX DM 1496, was der Original-Bezeichnung des taiwanesischen Herstellers wohl am nächsten kommt: ACEEX 1496.

Einschalten

Hat man das Modem verkabelt und schaltet es ein, gibt der eingebaute Lautsprecher zur Begrüssung ein 'knack' von sich. Mit dem (Standard-)Befehl L0 bis L2 läßt sich die Lautstärke des Lautsprechers einstellen, aber leider kann der Anwender nur zwischen ziemlich laut, sehr laut und unerträglich laut wählen. Selbst die geringste Einstellung ist für einen Wohnraum mittlerer Größe unangenehm - also haben wir uns mit dem Einbau (Vorsicht: Garantieverlust!) eines kleinen Widerstandes beholfen (übrigens 82 Ohm) der die Lautstärke auf ein erträgliches Maß senkt.

An der Frontseite sind acht rote LEDs angebracht, die über den momentanen Zustand des Gerätes Auskunft geben. Rechts außen finden sich noch drei weitere LEDs zur Geschwindigkeitsanzeige. Offline geben Sie die Geschwindigkeit der seriellen Schnittstelle an. online die der aufgebauten Verbindung.

Konfiguration

Wie die Modems nun auch immer genannt werden, sie kommen vom gleichen Her steiler und sind somit völlig identisch in der Funktion. In Bild 1 sehen Sie die Aufmachung der Modemkonfiguration, die an das Terminal gesendet wird, wenn sie über AT&V abgerufen wird. Wie zu erkennen, verfügt das Modem über die Möglichkeit, zwei unterschiedliche Konfigurationen dauerhaft zu speichern. Das ist zwar nichts Besonderes, aber durchaus nicht Standard. Leider lassen sich nicht alle angezeigten Konfigurationsmöglichkeiten im NVRAM (nichtflüchtiger Speicher) speichern. Dazu gehören u.a. auch die Statusregister S7, S9 und SIO, die eine wichtige Rolle beim Aufbau einer Verbindung spielen. Die Default-Einstellung dieser Register machte bei uns zwar keine Probleme; sollte jedoch die Zeitspanne zwischen der letzten Ziffer einer gewählten Boxnummer und Beginn eines Carriers sehr lang sein, kann die in S7 spezifizierte Zeitspanne überschritten werden, und das Modem legt auf (wohlgemerkt: Die Werte von S7 usw. lassen sich natürlich verändern, nur halt nicht dauerhaft abspeichern).

Übersichtlich ist die Präsentation der einzelnen Modemeinstellungen nicht gerade, aber es läßt sich damit leben. Wer allerdings schon einmal längere Zeit mit einem Modem von US Robotics gearbeitet hat, wird etwas vermissen...

Betrieb

Kommen wir zu den technischen Daten: Das ACEEX 1496 ermöglicht eine Datenübertragung mit maximal 14400bps (CC-ITT Norm V.32bis) und einer Fehlerkorrektur nach V.42/MNP4 bzw. einer Datenkompression nach V.42bis/MNP5. Darüber hinaus beherrscht das Modem den FAX-Standard nach Gruppe3 (9600bps) -sowohl Senden als auch Empfangen und den neuen Standard Class 2. TKR liefert das FAX-Programm Tele Office bzw. Junior Office auf Wunsch gleich mit. natürlich mit Preisnachlaß. Die Firma Riedlbauer dagegen legt dem Modem, ohne Aufpreis, ein FAX-Programm nach Wahl für MS-DOS bei.

Anfänglich gab es im Betrieb noch einige Schwierigkeiten: das Modem baute eine Verbindung von 14400bps auf, konnte sich mit der Gegenstelle jedoch auf kein gemeinsames Protokoll einigen und legte einfach wieder auf. Des weiteren funktionierte nach einem Fallback (z.B. von 14400bps auf 9600bps) das RTS/CTS-Handshaking nicht mehr. Diese Bugs und noch einige mehr (übrigens auch im FAX-Modus) wurden durch eine neue Firmware (im Prinzip das Betriebssystem des Modems) beseitigt, so daß das Gerät mittlerweile recht stabil arbeitet. Selbst beim Dauerbetrieb an einer Mailbox traten keine gravierenden Probleme auf, natürlich abgesehen von den obligatorischen Anlaufschwierigkeiten.

Wir testeten die Funktionstüchtigkeit mit USR Courier/Dual Standard, Zyxel, Trailblazer (bieten das PEP-Protokoll, ein Multi-Carrier-Verfahren) und Worldblazer (beherrschen außerdem noch V.32bis, also 14400bps, und Turbo-PEP) und, natürlich, mit einem Gerät gleichen Typs (passenderweise hatten wir ja zwei...). Bei allen Tests funktionierte die Datenübertragung zufriedenstellend, sofern wir nicht gerade eine sehr schlechte Telefonleitung erwischt hatten. In solchen Fällen sinkt natürlich die Datenübertragungsrate, da die eingebaute Fehlerkorrektur (meist V.42) defekte Datenblöcke erneut überträgt. Im übrigen sollte man sowieso nach Möglichkeit V.42bis benutzen, da dieses Protokoll zum einen die angesprochene Fehlerkorrektur und auch eine Datenkompression bietet, sofern die Kompression den Datendurchsatz erhöht. Ansonsten werden die Daten einfach ungepackt übertragen (MNP5 dagegen packt egal was kommt, mit dem Ergebnis, daß das Endprodukt unter Umständen länger als die ursprüngliche Datei ist. Folge: die Datenrate geht in den Keller).

Mit dem sehr gebräuchlichen Übertragungsprotokoll ZMODEM und einer V.32bis/V.42bis-Verbindung erreicht man bei einer bereits komprimierten Datei zirka 1650cps (Zeichen pro Sekunde), bei 9600 Bit/s zwischen 1030 und 1040cps. Diese Werte sind zwar keine Rekorde, aber dennoch alltäglicher Durchschnitt weitaus teurerer Geräte.

Zyxel = USR = ACEEX?

Im Moment dominieren drei Modemtypen auf dem Markt: Das Dual Standard bzw. Courier von US Robotics über 1000,- DM. das Zyxel für knapp unter 1 (KM),- DM und einige andere Geräte für 600,- bis 700,- DM. Unter letzteres Fällt zusammen neben Supra und Best auch das ACEEX-Modem. Bis vor kurzer Zeit unterschieden sich diese drei Gruppen von der technischen Leistungsfähigkeit her kaum - bis auf einige Geräte von USR, die noch den HST-Modus bieten (firmeneigenes, asynchrones Protokoll).

Mittlerweile kristallisieren sich jedoch die Unterschiede heraus: Die Low-Cost-Modems arbeiten mit speziellen Chip-Sätzen von Rockwell oder AT&T. Dort ist die Leistungsfähigkeit der Hardware mit 14400bps vorerst ausgeschöpft, eine Erhöhung der Übertragungsgeschwindigkeit ließe sich nur mit anderen Chip-Sätzen und neuer Firmware erreichen. Allerdings ist es dem Anwender kaum zuzumuten, die Chipsätze auszutauschen, wobei man in der Praxis wohl eher ein neues Modem baut als irgendwelche kostenaufwendigen Hardware-Updates anzubieten. Zu diesem Zeitpunkt ist der Gedankengang sowieso hinfällig, da keine leistungsfähigeren Chip-Sätze von Rockwell erhältlich sind (ob von AT&T, entzieht sich unserer Kenntnis).

Das Zyxel arbeitet mit einem DSP (Digitaler Signalprozessor, auch in CD-Playern zu finden) und einem mit 10 MHz getakteten 68000er. Auch die USR-Geräte bieten hardwaremäßig noch einige Reserven, so daß für das Zyxel kürzlich eine neue Firmware erschienen ist, die eine Datenübertragung mit 16.800bps ermöglicht - nur durch das Auswechseln zweier EPROMs, wobei diese Option nur kompatibel zu sich selbst ist. Für die USR-Modems soll es bald etwas ähnliches geben, wobei man auch auf das noch ungenormte V.fast (angeblich 28.800bps) ein Auge geworfen hat. Allerdings wird bis dahin noch einige Zeit vergehen.

Dies ist der eigentliche, große Unterschied zwischen den unterschiedlichen Geräten: Das ACEEX 1496 ist mit FAX G3 und V.32bis hardwaremäßig ausgelastet, eine Erweiterung auf spätere und schnellere Normen ist nicht ohne weiteres möglich.

Fazit

Das TKR IM-144VF+ kostet 748,- DM. Tele Office im Paket mit dem Modem 138,- DM, und bei Junior Office kommen noch 60,-DM hinzu. DTP Service Riedlbauer bietet das gleiche Gerät unter anderer Typenbezeichnung inklusive MS-DOS-FAX-Programm und zwei Jahren Garantie für 799. DM an. Auch betreiben beide Firmen eine Service-Mailbox, in der die neuste Firmware für jedermann frei erhältlich ist. Leider sind beide Firmen (die letzte Gemeinsamkeit) nicht die schnellsten, wenn es um die aktuelle Version der Firmware geht, aber uns wurde eine Verbesserung zugesagt.

Der Leser wird an diesem Punkt des Artikel wahrscheinlich eine Kaufempfehlung erwarten, die wir aber nicht liefern können: Mittlerweile werden die Zyxels in Mailboxkreisen (SysOp-Preise oder Sammelbestellungen) auch schon für 800 DM gehandelt, so daß der preisliche Abstand zwischen den beiden Modems immer geringer wird. Dafür ist das ACEEX etwas kleiner, flacher und leiser beim Wählen (Pulswahl). Das Zyxel hingegen ist (noch?) etwas weiter verbreitet und hat auch einige Reserven zu bieten.

Für welches Modem man sich auch letztlich zu entscheiden vermag, es ist in erster Linie eine preisliche Diskussion. Das Datenaufkommen vor allem in den privaten Mailbox-Netzen steigt zwar immer mehr und kann auch das Bedürfnis nach immer höheren Geschwindigkeiten rechtfertigen, aber 14400bps oder, deutlicher, 1650 Zeichen in der Sekunde sind schon recht schnell. Wenn man bedenkt, daß man vor ein bis zwei Jahren für ein 2400-Baud-Modem schon 5(X),- DM ausgeben konnte, ist fast so etwas wie eine Inflation in diesem Marktbereich eingetreten. Wenn schon ein sehr schnelles, solides Modem benötigt wird, sollte man sich nach World-blazem (Hersteller: Telebit) oder zukünftig nach V.fast umsehen. Allerdings liegen sowohl US Robotics- als auch Telebit-Geräte auf preislich höherem Niveau (für Privatpersonen i.d.R. unattraktiv), so daß eigentlich nur das Zyxel als Konkurrenz zu dem ACEEX 1496 angesehen werden kann.

Bezugsadressen:

TKR GmbH Stadtparkweg 2 W-2300 Kiel 1

Modem: 748.- DM. 6 Monate Garantie
FAX-Software für ATARI 60.- DM/138.- DM
kostenloser Update-Service

DTP Service Julian Riedlbauer
Tannenweg 12
W-4505 Meerbusch 1

Modem: 799,- DM. 2 Jahre Garantie
inklusive FAX-Software für MS-DOS bzw. MS Windows
kostenloser Update-Service

Die Konfiguration des Modems läßt sich mit jedem Terminal-Programm (hier: Rufus) erfahren.

Robert Osten
Aus: ST-Computer 09 / 1992, Seite 54

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